Religionstheologischer Pluralismus

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Der religionstheologische Pluralismus (auch pluralistische Religionstheologie) ist ein Modell der Religionstheologie , also eine Form der theologischen Beurteilung anderer Religionen , die auf Gleichwertigkeit abzielt.

Einteilung und Abgrenzung

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Wahrend der Exklusivismus nur die eigene Religion fur wahr halt (siehe auch Absolutheitsanspruch ) und der Inklusivismus zwar andere Religionen teilweise anerkennt, die eigene Religion jedoch als in irgendeiner Weise vorrangig, uberlegen oder zentraler betrachtet, sieht der Pluralismus zumindest einige Religionen als prinzipiell moglicherweise gleichwertige Wege an. Das heißt jedoch nicht, dass alle Religionen oder religiosen Lehren, Praktiken etc. letztlich gleich waren und auch nicht, dass alle Religionen theologisch gleichwertig sind. Beispielsweise wird die Moglichkeit offen gehalten, dass fur einen bestimmten Menschen eine gegebene Religion tatsachlich einen Weg eroffnet, eine andere gegebene Religion aber nicht. Ebenso konnen sich manche Religionen oder Kulte auch als destruktiv erweisen. Religioser Pluralismus ist also nicht mit Relativismus gleichzusetzen. Die Konzeptionen eines religionstheologischen Pluralismus werden von unterschiedlichen Standpunkten her und aus verschiedenen Grunden kritisiert.

Aus der Perspektive des Neuansatzes einer Theologie Interreligioser Beziehungen erscheinen pluralistische Religionstheologien als zu kognitiv ausgerichtet. Sie unterschatzen die in interreligiosen Beziehungen bedeutenden Medien, Raume und Zeiten, stellen religiose Menschen wesentlich individualistisch dar und unterschatzen die Tatsache, dass Beziehungen nicht monolinear funktionieren, sondern sich in einer Mehrzahl von Beziehungsebenen und sozialen Vernetzungen ereignen. [1]

Wahrend fur viele Vertreter einer pluralistischen Religionstheologie die Frage nach dem endzeitlichen Heil zentral ist, wird von anderen eingewendet, dass diese Betonung des Erlosungsgedankens die Frage nach der objektiven Wahrheit der Religionen ausblende oder verkurze, so beispielsweise von Armin Kreiner und Max Seckler .

Bekannte christliche Theologen, die einen religionstheologischen Pluralismus vertreten, sind John Hick , Perry Schmidt-Leukel , Eugen Drewermann , Aloysius Pieris und Paul F. Knitter .

Das Modell John Hicks fuhrt hierbei den Begriff des ?Ewigen Einen“ als inhaltliche Komponente aller Religionen ein. Unterschiedliche religiose Ansichten und Praktiken fußen hierbei auf dem jeweiligen menschlichen Betrachten der transzendentalen gottlichen Realitat. Somit schreibt Hick jeder Religion ein gewisses Maß an Wahrheit, aber auch an partikularen Traditionen und historisch gepragten Konstruktionen zu.

Das Bahaitum vertritt eine grundlegend pluralistische Position bezuglich religioser und metaphysischer Lehren. [2]

  • Edmund Arens : Gottesverstandigung. Eine kommunikative Religionstheologie. Herder, Freiburg 2007.
  • Christian Augustin u. a. (Hrsg.): Religioser Pluralismus und Toleranz in Europa. VS Verlag fur Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14811-7 .
  • Reinhold Bernhardt : Ende des Dialogs? Die Begegnung der Religionen und ihre theologische Reflexion (= Beitrage zu einer Theologie der Religionen. Band 2), Zurich 2006.
  • Reinhold Bernhardt: Der Absolutheitsanspruch des Christentums. Von der Aufklarung bis zur Pluralistischen Religionstheologie. Gutersloher Verlagshaus G. Mohn, Gutersloh 1990.
  • Reinhold Bernhardt: Literaturbericht ?Theologie der Religionen“. Zwei Teile. In: Theologische Rundschau 72/2, 2007, S. 1?35 und 127?149.
  • Reinhold Bernhardt: Inter-Religio Das Christentum in Beziehung zu anderen Religionen (Beitrage zu einer Theologie der Religionen 16), Zurich 2019.
  • Werner Gephart , Hans Waldenfels (Hrsg.): Religion und Identitat. Im Horizont des Pluralismus. Frankfurt am Main, Suhrkamp 1999, ISBN 3-518-29011-8 .
  • Gerhard Gade : Viele Religionen ? ein Wort Gottes. Einspruch gegen John Hicks pluralistische Religionstheologie. Gutersloher Verlagshaus, Gutersloh 1998.
  • Kurt Hubner : Das Christentum im Wettstreit der Weltreligionen . Tubingen 2003.
  • Hans Kessler : Der universale Christus und die Religionen . In: Theologische Quartalschrift 181, 2001, S. 212?237.
  • John Hick : Gott hat viele Namen. In: Ders.: Gott und seine vielen Namen. Otto Lembeck, Frankfurt a.M.2002, S. 44?65.
  • John Hick u. a.: Four Views on Salvation in a Pluralistic World. Zondervan Pub. House, Grand Rapids 1996, ISBN 0-310-21276-6 (kontradiktorische Behandlung von exklusiver, inklusiver und pluralistischer Sicht).
  • Paul F. Knitter : Horizonte der Befreiung. Auf dem Weg zu einer pluralistischen Theologie der Religionen. Bonifatius Verlag, Paderborn 1997.
  • Perry Schmidt-Leukel : Gott ohne Grenzen. Eine christliche und pluralistische Theologie der Religionen. Gutersloher Verlagshaus, Gutersloh 2005, ISBN 3-579-05219-5 .
  • Raymund Schwager (Hrsg.): Christus allein? Der Streit um die pluralistische Religionstheologie (= Qaestiones disputatae. Band 160). Herder, Freiburg 1996.
  • Bertram Stubenrauch: Die Theologie und die Religionen. In: Klaus Muller (Hrsg.): Fundamentaltheologie. Fluchtlinien und gegenwartige Herausforderungen. Regensburg 1998, S. 349?367.
  • Klaus von Stosch : Komparative Theologie als Wegweiser in der Welt der Religionen. Paderborn 2012.
  • Henning Wrogemann : Theologie Interreligioser Beziehungen. Religionstheologische Denkwege, kulturwissenschaftliche Anfragen und ein methodischer Neuansatz. Gutersloh 2015, ISBN 978-3-579-08143-4 .
  • Aloysisus Pieris : Fire and Water: Basic Issues in Asian Buddhism and Christianity. Orbis Books, Maryknoll, NY 1996, ISBN 978-1-57075-055-7 .

Einzelnachweise

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  1. Henning Wrogemann: Theologie Interreligioser Beziehungen. Religionstheologische Denkwege, kulturwissenschaftliche Anfragen und ein methodischer Neuansatz. Gutersloh 2015, ISBN 978-3-579-08143-4 .
  2. ?Ihre Lehren drehen sich um den Leit- und Grundsatz, daß religiose Wahrheit nicht absolut, sondern relativ, gottliche Offenbarung fortschreitend und nicht endgultig ist. Unzweideutig, ohne den geringsten Vorbehalt bekennt sie, daß alle anerkannten Religionen gottlich im Ursprung, identisch in ihren Zielen, einander erganzend in ihren Aufgaben, kontinuierlich in ihrer Zielsetzung und unabdingbar in ihrem Wert fur die Menschheit sind“ (Shoghi Effendi: Die Weltordnung Baha’u‘llahs . Hofheim 1977, 4:5. ). Fur eine wissenschaftliche Veroffentlichung siehe Fazel: Religious Pluralism and the Baha'i Faith, Interreligious Insight, 1:3, pages 42-49, 2003-07 oder Warburg, Margit: Citizens of the World. A History and Sociology of the Baha’is from a Globalisation Perspective . Leiden 2006, S.   54 .
  3. theophil-online.de ( Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today )