Raymund Fugger. Kolorierter Kupferstich aus
Fuggerorum et Fuggerarum imagines
, 1618.
Raymund Fugger
von der Lilie
(auch
Raimund Fugger
) (*
24. Oktober
1489
in
Augsburg
; †
3. Dezember
1535
in
Mickhausen
) war Mitglied der Augsburger Familie der
Fugger
,
Reichsgraf
und Kunstsammler.
Raymund Fugger wurde am 24. Oktober 1489 als zweiter Sohn von
Georg Fugger
geboren. Nachdem sein Vater 1506 gestorben war, sorgte wohl
Jakob Fugger
fur die Ausbildung von Raymund. Vom Herbst 1509 bis 1510 vertrat Raymund seinen Onkel in finanzpolitischen Angelegenheiten am Hoflager Kaiser
Maximilians
.
Zwischen Februar und Mai 1511 agierte Raymund Fugger anscheinend als Vertreter auf einem Gesandtenkongress in
Mantua
und verweilte danach bei
Papst
Julius II.
Am 30. Dezember 1512 setzte Jakob Fugger ein
Testament
auf, laut dem nach seinem Tode erst
Ulrich Fugger der Jungere
und danach Raymund Fugger den Handel leiten sollten. Auch in einem gleichzeitig uber die
ungarischen
Bergwerke
und die liegenden Guter geschlossenen Sondervertrag nannte Jakob Fugger Ulrich und Raymund an bevorzugter Stelle. Raymund und sein Bruder
Anton
erhielten damals zusammen ein Drittel an liegenden Gutern der Handelsgesellschaft.
Die nachste Station im Leben von Raymund Fugger war
Krakau
, ein wichtiger Handelsplatz der Fugger und
Thurzo
. Am 16. Januar 1513 schloss Raymund Fugger seine Ehe mit
Katherina Thurzo
. Jakob Fugger dachte Raymund Fugger zunachst die Aufgabe zu, vor Ort in Krakau das gemeinsame Unternehmen
Fugger-Thurzo
zu kontrollieren. Raymund Fugger stimmte dem zu, kaufte jedoch zusammen mit seinem Vetter Ulrich die
Herrschaft Biberbach
und ließ sich ? wie aus den Steuerbuchern hervorgeht ? spatestens 1515 in Augsburg nieder. Seine Frau blieb anscheinend noch in Krakau, denn sein zweiter Sohn ist 1516 zu Krakau geboren und im selben Jahr dort gestorben.
Wahrend der folgenden Jahre unternahm Raymund Fugger noch mehrmals Reisen im Dienste der Handelsgesellschaft. Eine schwierige Aufgabe unterlag ihm, als er 1522/23 die Fuggersche Handelsgesellschaft im Monopolienstreit in
Nurnberg
zu vertreten hatte. Die an die Existenz des Unternehmens greifende Lage konnte aber gemeistert werden.
Grafliches Wappen der Fugger, gemaß kaiserlicher Erlaubnis von 1530 wurde das bisherige Wappen standesgemaß vermehrt mit den Symbolen der Grafschaft Kirchberg und der Herrschaft Weißenhorn
Ehefrau Katharina Thurzo
Am 22. Dezember 1525 anderte Jakob Fugger sein Testament. Da sein Neffe
Hieronymus Fugger
sich aus den Handelsangelegenheiten zuruckgezogen hatte, sollten Raymund Fugger und sein Bruder Anton Fugger nach Jakob Fuggers Tod Leiter des Unternehmens werden und bei der Gewinnabrechnung bevorzugt werden. Jakob Fugger starb acht Tage spater.
Auf Grund der finanzpolitischen Verbindungen der Fugger zu dem Haus
Habsburg
empfing Raymund am 25. April 1526 von
Karl V.
die Ernennung zum Kaiserlichen Rat und die Befreiung vom
Hofgericht zu Rottweil
, von den Westfalischen und anderen Gerichten. Am 30. Juni beurkundete Karl V. fur Raymund und seine Miterben ferner auch die Bestatigung des Besitzes von
Kirchberg
,
Weißenhorn
,
Wullenstetten
und
Biberbach (Schwaben)
.
Beim Einzug von Karl V. im
Reichstag in Augsburg am 15. Juni 1530
war Raymund zugegen. Am 14. November erteilte Karl V. den Fuggern die Berechtigung zu standesgemaßer Anderung oder Mehrung ihres bisherigen Wappens. Am 1. Marz 1534 verlieh Karl V. den Fuggern das
Munzrecht
. Am 20. Juni 1535 erließ Konig
Ferdinand I.
aus Wien ein Privileg, wonach die Fugger sich
Grafen zu Kirchberg, Weißenhorn und Marstetten
nennen durften. Am 24. Juni 1535 wurde Raymund auch in den ungarischen Adelsstand erhoben.
Am 3. Dezember 1535 starb Raymund Fugger in Gegenwart seiner Arzte an einem
Schlaganfall
.
Nach der
Fuggerchronik
war Raymund Fugger ?eine schone lange und lustige Person, stark von Leib und Gemuht“. Bei ihm wird aber auch ein zu Jahzorn und Derbheit neigendes Temperament deutlich.
Korper und Wesen waren von Krankheit gepragt und wechselseitig bestimmt. Schon auf Bildnissen aus seiner Jugend (u. a. von Holbein) erscheint er ungesund. Durch die Krankheiten verlor er fruh seine
Jugendlichkeit. Diese Anfalligkeit fur Krankheiten ließ ihn auch nur ein Alter von 46 Jahren erreichen.
Diese korperliche Konstitution schrankte ihn auch bei seinen Handelsreisen ein. Die Hemmung praktischer Fahigkeit und Energie ließ ihn immer mehr das Interesse am Handel verlieren. Diese eher negativen Seiten Raymund Fuggers wurden aber durch positive aufgewogen. Er beteiligte sich an der Gestaltung Augsburgs sowie an der seiner Besitztumer. Im Bewusstsein sozialer Verantwortung wollte er mit dem Schloßbau von Mickhausen Not leidenden Arbeitskraften und Handwerkern Verdienst schaffen.
Mit herzhafter Neigung war Raymund Fugger den Kunsten und Kunstlern zugetan. Er war nicht nur ein Sammler, sondern ausgesprochener
Kunstkenner
. Dass es von Raymund Fugger viele und kunstlerisch anspruchsvolle Bildnismedaillen gibt, bezeugt eine besondere Neigung zu diesem eigenen Objekt des Kunstgenusses, des Sammler- und Schenkerfreude des gebildeten Renaissancemenschen.
Sein Augsburger Anwesen erschien Beatus Rhenanus ebenburtig mit dem Garten Konig Franz I.
Sein Verhaltnis zu Kunst und Kunstlern verband sich mit den allgemeinen Interessen Raymund Fuggers. Wahrend Jakob der Reiche zum Humanismus und gegenuber wissenschaftlichen Bestrebungen und Neigungen eher zuruckhaltend war, wird bei Raymund eine weite Aufgeschlossenheit und offene Anteilnahme deutlich.
Zu den humanistischen Gesinnungsgenossen und Freunden Raymund Fuggers gehorten unter anderen
Beatus Rhenanus
,
Erasmus von Rotterdam
und
Philipp Melanchthon
.
Sein Interesse an Geschichte (vor allem die seiner eigenen Familie) und seine Beziehungen zu Schriftstellern spiegelten sich in einer großen Bibliothek wider.
Im Vordergrund seines Interesses stand aber die romische und griechische Antike.
Raymund Fugger forderte wissenschaftliche Studien aller Art und beteiligte sich an historischen Forschungen.
Raymund konnte die weiten Beziehungen des fuggerschen Handelns dem Sammeln und seinen wissenschaftlichen Interessen nutzbar machen. Unter den von ihm gesammelten Werken mogen manche gewesen sein, die erstmals einen Hauch echter Antike in den Norden trugen.
Auch auf die zeitgenossische Kunst der Renaissance sind vermutlich Anregungen ubergegangen.
Im Hause Raymund Fugger finden wir erstmals das Phanomen des eigentlichen Kunstsammlers und historischen eingestellten Kenners vor. Raymund Fuggers Kunstbesitz und Sammlungen sind langst verstreut und großtenteils verschollen.
Fur die Gesamtanschauung kommt uns allerdings die Schilderung des
Beatus Rhenanus
zu Hilfe, der 1530 Raymund Fuggers Sitz in der
Kleesattlergasse
besichtigen durfte. (Es ist zu bemerken, dass der genaue Inhalt der Kunstsammlung heute nicht mehr nachzuvollziehen ist. Alle Hinweise auf den Inhalt ergeben sich aus den Texten von Beatus Rhenanus und aus einigen Inventurlisten von Erbschaften die aber, wahrscheinlich aus mangelndem Wissen, außerst ungenau und unvollstandig sind.)
Von den Gemalden im Haus Raymund Fuggers hat Beatus Rhenanus vor allem die italienischen Bilder hervorgehoben. Dabei wird man vor allem an Werke venezianischer Maler denken durfen. Bekannt ist aber nur ein einzelnes Bild das von Vincenzo Catena geschaffene Bildnis Raymund Fuggers selbst. Besonders zahlreich fand Beatus Renanus die Gemalde
Lucas Cranachs
vertreten. Die Verbindung mit dem sachsischen Hofmaler von
Wittenberg
ist eine in der Augsburger Kunstgeschichte auffallende Erscheinung. Vielleicht ist die Beziehung in Raymund Fuggers Krakauer Zeit angeknupft worden. Nicht ausgeschlossen ist es, dass Cranach auch schon anlasslich des Reichstages 1530 in Augsburg weilte. Die Sammlung umfassten auch verschiedene Bucher. Unter anderem ein illuminiertes Gebetbuch dessen Gebete nicht fur einen Kleriker, sondern fur einen Laien formuliert wurden, und zwar mit den hohen Anspruchen humanistischer Bildung.
Das Hauptinteresse Raymund Fuggers war die Antikensammlung. Raymund hat zum Ausbau seiner Sammlung keine Kosten gescheut. Die auf seinem Anwesen in der Kleesattlergasse verwahrten Monumente waren aus der ganzen Welt zusammengebracht. Hauptsachlich aus Griechenland und Sizilien (Unteritalien). Die aus Griechenland erworbenen Kunstwerke durften mit der Fuggerschen Handelsgesellschaft uber Venedig nach Augsburg gekommen sein.
Beatus Rhenanus beschrieb unter anderem ?Eine bekleidete, tanzelnd schreitende Figur, in der erhobenen Rechten ein Gefaß in Tierform haltend, in der linken eine kleine Schale mit einem Lowenkopf;“ und ?ein nackter Krieger mit Helm, in den Handen zwei Schlangen haltend“. Die Sammlung darf man sich keineswegs wie ein heutiges Museum vorstellen. So wurden die meisten Kunstwerke in gewisser Ordnung doch keineswegs museal aufgestellt waren. Die Kunstwerke verteilten sich durch das ganze Haus sowie eventuell auch durch den Garten.
Neben Skulpturen sammelte Raymund Fugger auch antike
Bildnismunzen
. Er ließ auch Munzen von sich selber herstellen.
Mit dem, was er fur Kunste, Kunstler, Wissenschaften und Gelehrte geleistet hat, gehort er zu den bedeutsamsten Gestalten der Renaissance.
Grabgelege der Fuggers in der St. Anna-Kirche, Augsburg
Aus der 1513 geschlossenen Ehe mit Katharina
Thurzo
stammen u. a.:
Im Jahre 1535 starb Raymund Fugger. Er wurde in der Gruft unter dem Fußboden der
Fuggerkapelle
bestattet.
- Norbert Lieb:
Die Fugger und die Kunst
, Band 2, Munchen 1958