Raimund von Capua
(nach seinem Geburtsort; Familienname
delle Vigne
, lat.
de Vineis
; * um
1330
in
Capua
; †
5. Oktober
1399
in
Nurnberg
) war ein
italienischer
Dominikaner
und von 1380 bis zu seinem Tod
Generalmeister
desjenigen Teils des Dominikanerordens, der im
Großen Abendlandischen Schisma
der romischen
Obodienz
folgte. Er ist vor allem als geistlicher Begleiter und Biograf der heiligen
Katharina von Siena
bedeutsam. Papst
Leo XIII.
sprach ihn 1899
selig
.
Die uberlieferte Biografie Raimunds weist einige Lucken auf. Er stammte aus einer einflussreichen Capuaner Familie und war Nachkomme eines Bruders von
Pier delle Vigne
. Der Familientradition folgend studierte Raimund zunachst Rechtswissenschaften, wahrscheinlich in
Bologna
. In den Dominikanerorden trat er in
Orvieto
ein, wo er nach dem Tod seines Vaters Pietro (18. Dezember 1348) die
Profess
ablegte. Damit wurde er Mitglied der romischen Ordensprovinz, der er zeitlebens angehorte. Nach dem Empfang der hoheren Weihen wurde er als
lector
nach Bologna geschickt, spater vielleicht auch nach Rom. 1363 wurde er zum Rektor des Dominikanerinnenkonvents in
Montepulciano
ernannt. Sein erster hagiographischer Versuch war dem Leben der
Agnes von Montepulciano
gewidmet, deren Legende er auf der Grundlage schriftlicher und mundlicher Zeugnisse 1366 niederschrieb und veroffentlichte. Im Jahr darauf wurde er zum
Prior
von
Santa Maria sopra Minerva
in
Rom
gewahlt. Anschließend ging er als akademischer Lehrer an die Ordensschule von
Santa Maria Novella
in
Florenz
.
1374 wurde Raimund der
Laiendominikanerin
Katharina in Siena, die durch ihr radikales Leben, ihre
Visionen
und ihre offentlichen kirchlich-politischen Außerungen von sich reden machte, als geistlicher Begleiter und Beichtvater zur Seite gestellt. Ihre Personlichkeit beeindruckte ihn tief und hatte Einfluss auf sein weiteres Leben. Sie stellte ihre Leidenschaft in den Dienst der Uberwindung der ?
Babylonischen Gefangenschaft der Kirche
“. 1376 begleitete Raimund sie nach
Avignon
, wo sie den dort residierenden
Gregor XI.
zur Ruckkehr nach Rom bewegte, und anschließend nach Rom, wo beide dem neuen Papst
Urban VI.
begegneten. In den folgenden Wirren des
abendlandischen Schismas
, als die Spaltung auch durch den Dominikanerorden ging, blieb Raimund auf der Seite Urbans und spater
Bonifatius’ IX.
1380 starb Katharina, und im selben Jahr wurde Raimund zum Ordensmeister der Dominikaner gewahlt. Er widmete sich der schwierigen Aufgabe mit großem Eifer und trieb, unterstutzt u. a. von
Giovanni Dominici
, die Reform der Kloster gemaß den ursprunglichen Maßstaben gegen viele Widerstande voran. Dazu unternahm er Visitationsreisen durch halb Europa. Zugleich forderte er die
Heiligsprechung
Katharinas und schrieb zu diesem Zweck zwischen 1385 und 1395 die
Legenda maior
, die wichtigste Quelle zu Katharinas innerem und außerem Leben.
Raimund starb 1399 wahrend der Visitation des
Nurnberger Dominikanerklosters
. Er wurde zunachst in der dortigen Klosterkirche beigesetzt. Spater wurden seine sterblichen Uberreste in die Kirche
San Domenico Maggiore
in
Neapel
uberfuhrt.
- Legenda s. Agnetis de Montepolitiano
(1366)
- Depositio super electione Urbani VI
(um 1380)
- Officium de Visitatione Beatae Mariae Virginis
(1390)
- Legenda s. Catherinae Senensis
(1385?1395)
- Expositio cantici Magnificat
(verloren, um 1378 wohl im Besitz des Prager Erzbischofs
Johann von Jenstein
)
Im Dominikanerorden stand Raimund schon fruh im Ruf der Heiligkeit. Aber erst aus Anlass seines 500. Todestags gab Papst Leo XIII. seiner liturgischen Verehrung die kirchliche Approbation.
- Eugenio Dupre Theseider
:
Raimondo da Capua, beato
. In:
Enciclopedia Italiana
Bd. 29, 1935
- Laura Gaffuri:
Raimund von Capua
. In:
Lexikon des Mittelalters
(LexMA)
.
Band
7
. LexMA-Verlag, Munchen 1995,
ISBN 3-7608-8907-7
,
Sp.
414
.
- Katherine Walsh
, Paolo Bertolini:
Della Vigna, Raimondo.
In: Massimiliano Pavan (Hrsg.):
Dizionario Biografico degli Italiani
(DBI). Band 37:
Della Fratta?Della Volpaia.
Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1989.
- P. Tylus (ed.),
La 'Legenda Maior' de Raymond de Capoue en francais ancien
(= Textes vernaculaires du moyen age, 15). Turnhout, 2015.