Unter
Radiowerbung
(Horfunkwerbung) versteht man die Ausstrahlung von
Werbung
im
Programm
eines
Horfunksenders
. Zumeist wird sie von
Werbeagenturen
im Auftrag eines Markeninhabers oder Produktanbieters entworfen. Hergestellt wird Radiowerbung meist von Tonstudios, die auch fur das Casting der Sprecher, die Musikrecherche bzw. -komposition, das Sounddesign sowie die finale Tonmischung verantwortlich sind. Die ausstrahlenden Radiostationen lassen sich die Ausstrahlung nach Sekunden verguten. Radio- oder Horfunkwerbung sind umgangssprachliche Begriffe,
medienrechtlich
ist von Rundfunkwerbung die Rede.
In den USA wurde die erste bezahlte Radiowerbung am 28. August 1922 um 15.15 Uhr von WEAF in New York fur ein Appartementhaus ausgestrahlt. Das Radio Broadcast-Magazine war noch 1924 der Auffassung, dass die Finanzierung durch Rundfunkwerbung ungeeignet sei.
[1]
Der Seifen- und Waschmittelhersteller
Procter & Gamble
prasentierte erstmals am 14. August 1933 mit
Ma Perkins
eine fur
Hausfrauen
gedachte
Werbeserie, die der
Soap Opera
spater ihren Namen gab.
[2]
Am 29. Oktober 1923 wurde die erste deutsche
Rundfunksendung
ausgestrahlt. Im Mai 1924 genehmigte die
Reichspost
den Regionalgesellschaften die sogenannten ?Radio-Inserate“;
[3]
die ?Inserate aus der Luft“ durften aber nur ?in maßigem Umfange und allervorsichtigster Form“ gesendet werden. Unter allen Umstanden musse ?vermieden werden, dass die kulturelle Bedeutung des Rundfunks durch die Ausubung von
Reklame
beeintrachtigt wird.“ Die ?Deutsche Reichs-Postreklame GmbH“ war in die Abwicklung der Rundfunkwerbung eingeschaltet. Am 1. Juli 1924 strahlte die
schlesische ?Funkstunde Breslau“
die erste Werbung aus. Damals gab es erst 100.000 Rundfunkteilnehmer; 1925 machte bei ihr der Werbeanteil bereits 20 % des Programms aus.
[4]
Lange Zeit ist die Radiowerbung jedoch unbedeutend geblieben. Sie erbrachte 1930 gerade 0,3 % der Gesamteinnahmen.
Damals formulierte
Elly Heuss-Knapp
fur Nivea in einem
Werbespot
?Im Sommer hocken wir nimmer im Haus, da lockt uns die Sonne hinaus“. Die
Werbetexterin
der
Beiersdorf AG
und Ehefrau des spateren Bundesprasidenten wurde zur Pionierin der deutschen Funkwerbung.
[4]
Zwischen 1933 und 1939 war sie fur Beiersdorf in der Werbung tatig. Sie erfand den Musik-
Jingle
fur die Radiowerbung, als sie ab Mai 1933 fur
Wybert-Hustenpastillen
mit akustischem Warenzeichen den Produktnamen in eine gesungene Melodie umsetzte.
[5]
Diese Idee ließ sich Heuss-Knapp patentieren und setzte sie auch fur andere Unternehmen und Produkte ein; insbesondere fur
Nivea
,
Erdal
,
Kaffee Hag
,
Blaupunkt
und
Persil
.
[6]
Ab 9. Juni 1932 gab es Radiowerbung fur die
Agfa Box
, 1935 fur
Hansaplast
(Dauer: 1:16 Minuten).
Propagandaminister
Joseph Goebbels
stand der Radiowerbung negativ gegenuber; sie wurde 1936 vom
NS-Regime
verboten.
[7]
Die ersten deutschen Horfunkwerbespots nach dem Krieg strahlte im Herbst 1949 der
Bayerische Rundfunk
aus;
[8]
[9]
sie wurden noch ?tonende Anzeige“ genannt. Alle offentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten außer dem
NWDR
fuhrten in den Jahren 1948 bis 1950 Horfunkwerbung ein. Am 10. Mai 1954 wurde die
Arbeitsgemeinschaft Rundfunkwerbung (ARW)
gegrundet, die die Werbeinteressen der ARD-Horfunkanstalten wahrnahm. Der Werbeanteil im offentlich-rechtlichen Horfunk blieb gering; weiten Horerkreisen wurden intensive Werbeblocke nur durch
Radio Luxemburg
bekannt, das ab April 1958 ein deutsches Programm mit Werbeeinblendungen sendete. Der
NDR
und der
WDR
hatten mit Rucksicht auf die ?erzieherischen und volksbildnerischen Aufgaben des Rundfunks“ bisher jede Art von Werbesendungen in ihren Programmen unterbunden.
[10]
Der NDR begann erst im Januar 1981 mit Radiowerbung; der WDR begann damit im November 1987 (als letzter ARD-Sender). Die bundesweiten Programme des ebenfalls offentlich-rechtlichen
Deutschlandradio
sind bis heute werbefrei.
Am 27. November 1980 wurde in Rheinland-Pfalz das Landesgesetz uber einen Versuch mit
Breitbandkabel
verabschiedet. Ab 1. Januar 1984 sendete das
Kabelpilotprojekt
in Ludwigshafen. Das Angebot umfasste neben Fernseh-Programmen vier Horfunkkanale:
Radio Weinstraße
, einen offenen Kanal fur Burgerradio und zwei Kanale, in denen sich zahlreiche Anbieter die Sendezeit aufteilten (?Frequenzsplitting“). Inzwischen gibt es 220 kommerzielle Horfunksender. Der Verkauf von Werbezeiten an die Auftraggeber von Radiowerbung stellt die kommerzielle Basis der privaten Horfunksender dar.
Die Sender der in Deutschland stationierten ehemaligen alliierten Streitkrafte (
AFN
,
BFBS Radio Germany
) strahlen keine Werbung aus. Dies gilt auch fur die Auslandsdienste
Voice of America
,
Voice of Russia
und
Radio Free Europe
.
Die Horfunkwerbung ist in Deutschland gesetzlich in den
Landesmediengesetzen
, den
Landesrundfunkgesetzen
und dem
Rundfunkstaatsvertrag
(RStV) geregelt. Der 13. Rundfunkanderungsstaatsvertrag vom 30. Oktober/20. November 2009 hat die Vorschriften fur Radiowerbung erheblich liberalisiert. Das fruher geltende Blockwerbegebot sowie Vorgaben fur die Werbeunterbrechung von Horfunksendungen sind entfallen. Die rechtliche Grundlage fur Werbung im privaten Horfunk liefern die ? auf § 46 RStV beruhenden ? gemeinsamen
Werberichtlinien der Landesmedienanstalten
[11]
und die europaischen Werberichtlinien. Danach muss der Beginn der Horfunkwerbung durch ein akustisches Signal (Werbejingle, Ansage) eindeutig gekennzeichnet und fur den Zuhorer wahrnehmbar sein (Ziffer 3 Werberichtlinie), damit Programm und Werbung unterscheidbar bleiben. Die
ARD
-Anstalten und das
ZDF
haben Werberichtlinien auf der Grundlage des § 16f RStV erlassen.
[12]
Im
offentlich-rechtlichen Rundfunk
ist die Gesamtdauer der Radiowerbung durch § 16 Abs. 5 RStV grundsatzlich auf hochstens 90 Minuten werktaglich im Jahresdurchschnitt begrenzt. In einzelnen Landern ist ein zum Stichtag 1. Januar 1987 erlaubter großerer Werbeumfang bestehen geblieben (vgl. § 16 Abs. 5 2. HS RStV). Das gilt z. B. fur den Bayerischen Rundfunk (Art. 4 Abs. 4 Satz 3 BayRG) oder den Hessischen Rundfunk, dem der Landesgesetzgeber 128 Minuten werktaglich im Jahresdurchschnitt zugesteht (§ 3a HRG).
Im
privaten Rundfunk
ist Radiowerbung weitgehend dereguliert. Auch im privaten Horfunk durfen wie im offentlich-rechtlichen Horfunk Ubertragungen von
Gottesdiensten
und
Kindersendungen
nicht unterbrochen werden (§ 7a Abs. 1 RStV).
Horfunkwerbung ist ein Nebenmedium, mit dem parallel andere menschliche Aktivitaten (Autofahren, Hausarbeit, Zeitunglesen) verrichtet werden konnen, so dass die Aufmerksamkeit reduziert ist. Dies muss bei der Gestaltung von Funkspots berucksichtigt werden. Mangels
Visualisierbarkeit
setzt man alle sonst in der Horfunk-Dramaturgie verwendeten Elemente ein, und zwar
Sprache
(
Dialog
/
Monolog
),
Stimme
(
Stimmklang
,
Sprachmelodie
),
Musik
(insbesondere
Gesang
/
Sprechgesang
,
Lied
,
Jingle
,
Musikbett
),
Gerausche
,
Live
-
Moderation
, atmospharische Einblendungen, Stille und Sonderelemente wie das ?akustische Logo“/?Sound-Logo“. Zudem stellen spezifische dramaturgische Muster die Grundlage fur Werbespots im
Werbetrager
Horfunk dar. Eingesetzt werden konnen verbale oder tonale/musikalische Gestaltungsverfahren,
Presenter
,
Slice of life
,
[13]
Testimonial
, reales oder fiktionales Horstuck,
Interview
oder Jingle. Im aktuellen Programm werden die Werbespots in der Regel innerhalb von Werbeblocken (in einem
Stop Set
[14]
) gesendet, wobei mehrere Grundformen des Spots unterschieden werden konnen:
- Der
klassische Werbespot
ist die Normalform des Werbemittels im Radio, hat eine Dauer von ca. 20 bis 30 Sekunden und steht im Werbeblock fur sich allein.
- Der so genannte
Tandem-Spot
besteht aus zwei zusammengehorenden Elementen innerhalb eines Werbeblocks, die durch mindestens einen anderen Spot (fur ein anderes Produkt) voneinander getrennt sind. Das Tandem besteht entweder aus einem kurzen ?Teaser“ mit anschließendem Haupt-Spot oder aus einem Haupt-Spot mit folgendem ?Reminder“.
- Doppel-Spot
: Wie beim Tandem-Spot werden auch beim Doppel-Spot zwei Spots innerhalb eines Werbeblocks platziert, allerdings sind sie in diesem Fall beide identisch.
- Der Kurz- oder
Mini-Spot
weist nur eine kurze Dauer von etwa funf bis zehn Sekunden auf.
- Der
Single-Spot
wird nicht als Teil eines Werbeblocks gesendet, sondern isoliert im laufenden Programm.
- Ein
Live-Reader
wird live von einem Mitglied der Redaktion verlesen.
- Ein
Allonge-Spot
besteht aus zwei Teilen, dem gleichbleibenden Basisspot und der sich unmittelbar anschließenden Allonge (Anhang mit wechselnden aktuellen Informationen), die beiden Teile bilden eine Einheit.
- Content-Spot
ist ein zweiteiliger Werbespot innerhalb eines Werbeblocks, wobei zwischen den beiden Teilen (
Intro-Werbung
und
Outro-Werbung
) nicht ein Spot fur ein anderes Produkt gesendet wird, sondern ein festgelegter redaktioneller Teil.
- Der
Cover-Spot
besteht aus zwei Spots im Verlauf eines Werbeblocks, die beiden Teile liegen jedoch jeweils unmittelbar am Anfang und am Ende des Blocks, also an den Nahtstellen zum redaktionellen Programm.
Da es dem Horfunk an der visuellen Attraktivitat von Fernsehen, Kino und Printmedien fehlt, sind seine
Marktanteile
relativ gering.
[15]
Sein Marktanteil lag 2011 in Deutschland mit 709,15 Millionen Euro Netto-Werbeeinnahmen oder 3,7 % an den gesamten Einnahmen an viertletzter Stelle der 13 Werbetrager.
[16]
Der private Horfunk kann seit seinem Beginn im Januar 1984 auf eine gunstige Entwicklung zuruckblicken, da er durch seine Regionalitat eine besondere Nahe zum Publikum aufweist. Die nationalen Vermarkter fur Radiowerbung sind die Firmen
Radio Marketing Service
, die
ARD Werbung Sales & Services GmbH
(ARD-Werbung) und
Studio Gong
. Wahrend die RMS und Studio Gong nur private Radiosender vermarkten, vermarktet die ARD-Werbung alle offentlich-rechtlichen Radiosender, die Radiowerbung ausstrahlen, sowie ebenfalls einige private Radiosender. 77 % der Deutschen horten 2011 taglich 186 Minuten Radio, womit es das beliebteste Medium ist.
Der
ORF
ist in seinen regionalen Angeboten auf funf Minuten Werbezeit beschrankt. Die moglichen Werbezeiten fur den ORF sind in § 13 Abs. 6 ORF-Gesetz wie folgt geregelt: ?Eines der osterreichweiten Programme des Horfunks gemaß § 3 hat von Werbesendungen frei zu bleiben. In osterreichweit verbreiteten Horfunkprogrammen sind Werbesendungen nur osterreichweit zulassig. Horfunkwerbesendungen durfen im Jahresdurchschnitt die tagliche Dauer von insgesamt 172 Minuten nicht uberschreiten, wobei Abweichungen von hochstens 20 v.H. pro Tag zulassig sind. In einem Programm durfen Werbesendungen im Jahresdurchschnitt 8 v.H. der taglichen Sendezeit nicht uberschreiten. Horfunkwerbesendungen, die in bundeslandweiten Programmen gesendet werden, sind nur einmal zu zahlen und durfen im Jahresdurchschnitt die tagliche Dauer von funf Minuten nicht uberschreiten, wobei Abweichungen von hochstens 20 v.H. pro Tag zulassig sind. Die Dauer von Werbesendungen, die zeitgleich in mehr als einem bundeslandweiten Programm ausgestrahlt werden (Ringwerbesendungen), ist jeweils in die funfminutige Werbedauer des betreffenden bundeslandweiten Programms einzurechnen.“
Privatradios realisieren zwischen der Halfte und zwei Drittel ihrer Einnahmen aus der regional eigenvermarkteten Werbezeit, so dass der Marktanteil der Horfunkwerbung in den Privatradios bei rund 40 % liegt; denn der ORF musste seit 1998 ? dem Beginn des Privatradios in Osterreich ? insgesamt etwa 20 % Horer-Marktanteil an die privaten Sender abgeben. Der Anteil des osterreichischen Privatradios am Gesamtwerbemarkt lag 2002 mit 7,8 % hoher als in Deutschland.
Auch in der Schweiz muss Werbung vom redaktionellen Teil des Programms deutlich getrennt und als solche eindeutig erkennbar sein (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes uber Radio und Fernsehen; RTVG). Werbung muss grundsatzlich zwischen einzelne Sendungen eingefugt und in Blocken gesendet werden (Art. 11 Abs. 1 RTVG). Sie darf grundsatzlich nicht mehr als 15 % der taglichen Sendezeit eines Programms sowie 20 % der Sendezeit einer Stunde beanspruchen (Art. 11 Abs. 2 RTGV).
In der Schweiz lag 1997 der Marktanteil der Horfunkwerbung bei lediglich 2,7 %, bis 2001 konnte er kontinuierlich auf 5,7 % gesteigert werden. Die relativ geringe Bedeutung der Horfunkwerbung in der Schweiz wird auf das Fehlen eines nationalen Werbeangebots in der als gemeinnutziger Verein organisierten
SRG
zuruckgefuhrt.
Spitzenreiter bei den Marktanteilen in der Radiowerbung ist
Luxemburg
mit 16,2 %, gefolgt von den USA mit 11,7 %. Wahrend die hohen Marktanteile in Luxemburg auf Radio Luxemburg zuruckzufuhren sind, konnen sie in den USA mit dem hoheren Stellenwert des privaten Radios begrundet werden (1997).
Die Universitat Regensburg betreibt ein
Historisches Werbefunkarchiv
mit Werbesendungen aus den Jahren 1948 bis 1987.
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Reiner Burger:
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eine frei gewahlte Szenendarstellung aus dem Alltagsleben
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der Zeitpunkt, an dem Werbeblocke gewohnlich gesendet werden
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Peter Winkelmann:
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Die meisten Medien im Plus
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