Radikale Republikaner

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Die Radikalen Republikaner ( englisch Radical Republicans ) waren eine Fraktion innerhalb der Republikanischen Partei der USA , die von 1854 bis 1877 bestand. Dieser informelle Zusammenschluss von republikanischen Senatoren und Abgeordneten bestimmte vor allem die Politik wahrend der Endphase des Sezessionskrieges sowie die darauf folgende Periode der Reconstruction . Hauptanliegen der Radikalen Republikaner waren die Abschaffung der Sklaverei , weitgehende Burgerrechte fur die befreiten Afroamerikaner sowie eine harte Bestrafung der Anfuhrer und Unterstutzer der Konfoderierten Staaten . Die Radikalen Republikaner widersetzten sich vor allem der Politik der konservativen Demokraten und standen teils auch den moderaten Republikanern wie Prasident Abraham Lincoln kritisch gegenuber. Den Hohepunkt dieser politischen Konflikte bildeten die Jahre der Prasidentschaft Andrew Johnsons , als es zu starken politischen Zerwurfnissen ? bis hin zu einem knapp gescheiterten Amtsenthebungsverfahren ? zwischen den Radikalen Republikanern im Kongress und dem Prasidenten kam.

Vorgeschichte und Burgerkrieg

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Die Republikanische Partei wurde 1854 mit dem Ziel gegrundet, die Sklaverei auf dem gesamten Gebiet der Vereinigten Staaten abzuschaffen. Eine Reihe nordlicher Bundesstaaten hatte dies bereits vollzogen, doch in den Sudstaaten war die Sklaverei weit verbreitet und inniger Bestandteil der kulturellen und politischen Identitat sowie des Wirtschaftssystems (vor allem beim Anbau von Baumwolle ). Die in den Sudstaaten dominierenden Demokraten pladierten daher fur eine Beibehaltung der Sklaverei. Die Whig Party , ein Vorlaufer der Republikanischen Partei, war in der ersten Halfte der 1850er-Jahre am Streit um die Sklaverei zerbrochen, nachdem im Zuge der Vergroßerung des US-Staatsgebietes (als Folge des Mexikanisch-Amerikanischen Krieges ) die politischen Konflikte wieder aufbrachen. Die politische Positionierung innerhalb der Republikanischen Partei war jedoch seit Parteigrundung nicht vollig einheitlich: Viele Abolitionisten bezeichneten sich als Radikale Republikaner; ihr Ziel war die vollige Abschaffung der Sklaverei innerhalb der USA sowie weitreichende Rechte fur die zu befreienden Sklaven. Dem radikalen Flugel standen die moderaten Republikaner gegenuber, die sich zunachst fur eine strikte territoriale Begrenzung der Sklaverei aussprachen. Langfristig verfolgten sie ebenfalls das Ziel der Abschaffung. Allerdings waren viele Moderate der Auffassung, eine Integration der farbigen Sklaven in die amerikanische Gesellschaft sei nicht realisierbar. Sie favorisierten daher eine schrittweise Rucksiedlung der Schwarzen nach Afrika . Mit diesem moderaten Kurs versuchte man auch die Sudstaaten zu beschwichtigen; denn fur den Fall eines Sklavereiverbots gab es von Politikern aus dem Suden immer wieder Drohungen bezuglich einer Abspaltung von den USA ( Sezession ). Dem moderaten Flugel gehorte auch der fruhere Kongressabgeordnete Abraham Lincoln an. Dieser sah vor allem die Bewahrung der Einheit des Landes als sein wichtigstes Ziel an.

Die politischen Konflikte zwischen den die Sklaverei befurwortenden Sudstaaten (?slave states“) und den die Sklaverei ablehnenden Nordstaaten (?free states“) hatten sich aufgrund einer Reihe von Ereignissen uber die 1850er-Jahre (besonders der Kompromiss von 1850 , der Kansas-Nebraska Act und das Gerichtsurteil Dred Scott v. Sandford ) zugespitzt. Als Reaktion auf die Wahl Abraham Lincolns zum Prasidenten im Herbst 1860 traten 1860/61 eine Reihe Sudstaaten aus den USA aus und schlossen sich zu den Konfoderierten Staaten zusammen, obgleich Lincoln nur gemaßigter Gegner der Sklaverei war. Ab 1861 kam es zum Burgerkrieg zwischen Nord und Sud, da die US-Regierung unter Lincoln sich weigerte, die abtrunnigen Staaten als souveran anzuerkennen. Hauptanliegen des Prasidenten blieb zunachst die Bewahrung der Einheit der Vereinigten Staaten, doch ab 1863 gab Lincoln mit seiner Emanzipations-Proklamation dem Krieg ein weiteres politisches Ziel: Die Abschaffung der Sklaverei. Auch andere Moderate schlossen sich diesem Kurs an. Obwohl er mit diesem Schritt ein zentrales Anliegen der Radikalen Republikaner umsetzte, waren sie sich in den Fragen einer Nachkriegsordnung uneinig. Speziell die Frage des Umgangs mit den politischen und gesellschaftlichen Eliten der Sudstaaten, die fur die Rebellion verantwortlich gemacht wurden, erwies sich als Streitfrage. Prasident Lincoln warb fur eine milde Behandlung; auch die Bevolkerung der Sudstaaten sollte mit Nachsicht behandelt zu werden. Damit wollte er vor allem eine weitere kulturelle und politische Spaltung verhindern. Lincoln wollte insbesondere im Suden kein Gefuhl der Erniedrigung durch den Norden heraufbeschworen. Radikale Republikaner sprachen sich fur eine harte Bestrafung der Sudstaaten aus. Auch verlangten sie von der Bevolkerung klare Bekenntnisse zur Nationalregierung in Washington. Die Teilsouveranitat, welche die US-Bundesstaaten genießen, sollte dem Suden vorerst verwehrt bleiben. Stattdessen wollten sie diese Staaten als besetzte Gebiete behandeln. [1]

Ab 1864 wurde klar, dass der Norden den Krieg gewinnen und das Land vereint bleiben wurde. Lincoln wertete seinen deutlichen Wahlsieg vom Herbst 1864 als Mandat zur Durchsetzung seiner Reconstruction-Plane. Bei den Feierlichkeiten zu seiner Vereidigung fur eine zweite Amtszeit im Marz 1865 warb er nochmals eindringlich fur die milde Behandlungen des Sudens (?mit Groll gegen niemanden“). Unterdessen endete der Krieg wenige Wochen spater mit der Kapitulation der Konfoderation. Bereits im Januar 1865 wurde mit dem 13. Verfassungszusatz die Sklaverei endgultig abgeschafft. Dem Amendement hatten samtliche Republikaner sowie eine Reihe Demokraten aus dem Norden zugestimmt. Bis Dezember des Jahres hatte auch eine hinreichende Anzahl an Bundesstaaten den Zusatz ratifiziert .

Mit dem Kriegsende sowie dem Sklavereiverbot waren jedoch keineswegs alle politischen Konflikte gelost. Die Nachkriegsordnung ( Reconstruction ) war Streitpunkt zwischen und innerhalb der Parteien. Die republikanischen Abgeordneten waren in das moderate und das radikale Lager gespalten, die Demokraten sprachen sich ohnehin fur eine milde Wiederaufnahme des Sudens aus. Mit Ausnahme des formalen Sklavereiverbots sollten die alten gesellschaftlichen Strukturen im Suden bestehen bleiben. Moderate Republikaner sprachen sich fur Zugestandnisse an Schwarze aus, indem ihnen einige naturliche Rechte (wie entlohnte Arbeit) zugestanden werden sollten. Die Radikalen Republikaner hingegen wollten Afroamerikanern auch das Wahlrecht und die Staatsburgerschaft zuerkennen. Eine Mehrheit im Kongress hatten die Republikaner nur durch beide Parteiflugel. In den letzten Tagen seines Lebens zeigte sich Lincoln durchaus offen fur den Vorschlag, Schwarzen das Wahlrecht einzuraumen. Allerdings starb der Prasident am 15. April 1865 an den Folgen eines Attentats , das der fanatische Sudstaaten-Sympathisant John Wilkes Booth am Vorabend auf ihn verubt hatte. Neuer Prasident wurde Andrew Johnson , der bei der Wahl von 1864 als Lincolns Vizeprasidentschaftskandidat angetreten war (im Rahmen der National Union Party ). Mit der Besetzung der Vizeprasidentschaft durch den Demokraten Johnson wollte Lincoln seine Absicht verdeutlichen, den Suden mit Milde zu behandeln. [2]

Der neue Prasident trat wie auch Lincoln fur Milde gegenuber der ehemaligen Konfoderation ein. Durch sein politisches Agieren in den kommenden Jahren brachte er jedoch nicht nur die Radikalen Republikaner gegen sich auf, auch die anfangs kompromissbereiten Moderaten wandten sich von ihm ab. Zu ersten Spannungen zwischen dem Prasidenten und den Radikalen Republikanern kam es, als er in den besetzten Sudstaaten eine Reihe von Militargouverneuren ernannte, die der ehemaligen Sudstaaten-Elite entstammten und zum Teil enge Verbindungen zu den Anfuhrern der Rebellion hatten. Daruber hinaus erteilte er den sudlichen Bundesstaaten keine Auflagen fur die Ausarbeitung neuer ( republikanischer ) Staatsverfassungen. Durch die Ernennung demokratischer Militargouverneure aus den Sudstaaten-Eliten begrenzte der Prasident zudem das Wahlrecht auf diejenigen, die bereits vor dem Burgerkrieg ein Stimmrecht hatten. Durch die Einfuhrung von Black Codes , die den fruheren Slave Codes sehr ahnlich waren, blieb vielen Afroamerikanern die Teilnahme an Wahlen und damit politischer Einfluss verwehrt. Vor allem die Radikalen Republikaner kritisierten diese Politik scharf, wahrend sich Johnson durch Nachsicht gegenuber dem Suden in der Tradition Lincolns sah. [3] [1]

Mit der Verabschiedung des Civil Rights Act von 1866 , ein Gesetz zum Schutz jener Rechte von Afroamerikanern, kam es zu neuen Zerwurfnissen. Dieses Gesetz war das Ergebnis eines Kompromisses zwischen moderaten und radikalen Republikanern, die im Kongress gemeinsam die Mehrheit stellten. [4] Nachdem Prasident Johnson am 27. Marz 1866 sein Veto einlegte, kam es zum Bruch zwischen dem Weißen Haus und bis dato gemaßigten Republikaner. Viele von ihnen schwenkten auf die Linie der Radikalen Republikaner um, da sie der Auffassung waren, die Reconstruction konne mit Johnson nicht zum Erfolg fuhren. Eine Koalition aus beiden Blocken konnte wenige Wochen spater das prasidiale Veto gegen den Civil Rights Act mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit uberstimmen, womit die Vorlage auch ohne die Zustimmung des Prasidenten in Kraft trat. [4] [5]

Eine weitere Reaktion auf Johnsons Kurs war die Durchsetzung des 14. Verfassungszusatzes , der Schwarze zu Burgern der Vereinigten Staaten erklarte, was eine formale Gleichbehandlung vor dem Gesetz verfassungsrechtlich garantierte (auch wenn die praktische Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht war). Johnson sprach sich vehement gegen den Zusatz aus, den er als Racheakt des Kongresses gegen den Suden betrachtete. [6]

Aus den Kongresswahlen 1866 gingen die Radikalen Republikaner gestarkt hervor. Uber das Jahr 1867 konnten sie die von Nachsicht gepragte "Reconstruction"-Politik des Prasidenten weitgehend revidieren, indem eine Reihe prasidialer Vetos uberstimmt wurden. Auch Johnsons Militargouverneure in den Sudstaaten wurden durch die Kongressmehrheit ersetzt. Bereits uber den Sommer und Herbst 1867 gelangten besonders Radikale Republikaner im Kongress zu der Auffassung, die Losung der anhaltenden Konflikte mit dem Prasidenten liege in der Amtsenthebung Johnsons. Viele Radikale Republikaner außerten, ?die Reconstruction konne am Widerstand eines starrsinnigen Prasidenten scheitern“. [7] Im Fruhjahr 1868, rund ein halbes Jahr vor der nachsten Prasidentschaftswahl, sahen viele Radikale Republikaner die Chance zur Amtsenthebung gekommen, nachdem Johnson entgegen den Bestimmungen des Tenure of Office Act seinen Kriegsminister Edwin M. Stanton ohne Billigung des Senats hatte entlassen wollen. Zwischen Prasident und Kriegsminister war es in vergangenen Monaten zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten uber die Reconstruction gekommen. Am Ende scheiterte die Amtsenthebung an einer Stimme im Senat, weil sich sieben moderate Republikaner gegen die Parteilinie stellten. Sie waren politisch zwar ebenfalls mit Johnson uneinig, doch sahen die dessen angestrebte Amtsenthebung als politisch motiviert. Da die Verfassung eine Amtsenthebung nicht aus politischen Grunden vorsieht, sondern das Begehen schwerer Straftaten zur Voraussetzung eines "Impeachment" vorsieht, verweigerten diese Senatoren der vorzeitigen Absetzung Johnsons ihre Stimme. Durch die anstehende Prasidentschaftswahl waren aus ihrer Sicht Johnsons Tage als Prasident ohnehin gezahlt, da auch die Demokraten mit einer weniger kontroversen Personlichkeit in den Wahlkampf ziehen wollten. [8]

Abschluss der Reconstruction

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Im Herbst 1868 wurde der Burgerkriegsgeneral Ulysses S. Grant als republikanischer Kandidat zum Prasidenten gewahlt. Er setzte sich gegen Horatio Seymour durch, der anstelle Johnsons fur die Demokraten angetreten war. Der bis dato weitgehend unpolitische Grant identifizierte sich selbst mit den Radikalen Republikanern und blockierte anders als sein Vorganger den Kongress nicht langer. Obwohl die sudlichen Bundesstaaten schon ab 1868 nach und nach ihre vollen Rechte als teilsouverane Gliedstaaten zuruckerhielten, verhinderten Radikale Republikaner und Prasident Grant einen Abzug der Besatzungstruppen des Nordens aus den ehemaligen Konfoderierten Staaten. Auch eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Afroamerikaner im Suden wurden unter Grant, gegen erbitterte Widerstande von den politischen Eliten aus dem Suden, ergriffen. Der Truppenabzug war vor allem ein Anliegen der Demokraten gewesen sowie die Forderung einer Reihe gemaßigter Republikaner. Die Besatzung wurde erst ab 1877 im Zuge eines Kompromisses aufgehoben, der die Folge des umstrittenen Ausgangs der Prasidentschaftswahl 1876 war. [9]

Fuhrende Vertreter der Radikalen Republikaner

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Fuhrende Kopfe der Radikalen Republikaner waren unter anderen:

Einzelnachweise

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  1. a b Andrew Johnson: Domestic Affairs , American President, Miller Center of Public Affairs, University of Virginia (englisch).
  2. PBS.org Political Party Timeline
  3. Vera Nunning: Andrew Johnson (1865?1869). Der Streit um die Rekonstruktion. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Prasidenten. 5., fortgefuhrte und aktualisierte Auflage. Munchen 2009, S. 194?204, hier: S. 198; David O. Stewart: Impeached. The Trial of President Andrew Johnson and the Fight for Lincoln's Legacy. Simon & Schuster Paperbacks, New York NY 2010, S. 36?39; Annette Gordon-Reed: Andrew Johnson (= American Presidents Series. ). Times Books/Henry Holt, New York City NY 2011, S. 88?91.
  4. a b Vera Nunning: Andrew Johnson (1865?1869). Der Streit um die Rekonstruktion. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Prasidenten. 5., fortgefuhrte und aktualisierte Auflage. Munchen 2009, S. 194?204, hier: S. 199?200.
  5. David O. Stewart: Impeached. The Trial of President Andrew Johnson and the Fight for Lincoln’s Legacy. Simon & Schuster Paperbacks, New York NY 2010, S. 60.
  6. Vera Nunning: Andrew Johnson (1865?1869). Der Streit um die Rekonstruktion. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Prasidenten. 5., fortgefuhrte und aktualisierte Auflage. Munchen 2009, S. 194?204, hier: S. 200.
  7. Vera Nunning: Andrew Johnson (1865?1869). Der Streit um die Rekonstruktion. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Prasidenten. 5., fortgefuhrte und aktualisierte Auflage. Munchen 2009, S. 194?204, hier: S. 201.
  8. Vera Nunning: Andrew Johnson (1865?1869). Der Streit um die Rekonstruktion. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Prasidenten. 5., fortgefuhrte und aktualisierte Auflage. Munchen 2009, S. 194?204, hier: S. 202.
  9. Vera Nunning: Andrew Johnson (1865?1869). Der Streit um die Rekonstruktion. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Prasidenten. 5., fortgefuhrte und aktualisierte Auflage. Munchen 2009, S. 194?204, hier: S. 203.