Rauchern
(in
Osterreich
und
Bayern
auch
Selchen
[1]
) ist ein Verfahren zur
Konservierung
und
Aromatisierung
von
Lebensmitteln
, etwa von
Fisch
,
Fleisch
oder
Tofu
.
[2]
[3]
[4]
Dabei werden die zuvor
eingesalzenen
oder
gepokelten
Lebensmittel uber einen langeren Zeitraum dem Rauch von Holzfeuern ausgesetzt. Durch die damit einhergehende Trocknung sinkt deren Wassergehalt um etwa 10 bis 40 Prozent; außerdem wirken viele der im Rauch vorhandenen chemischen Verbindungen antimikrobiell (siehe unten). Zudem erfolgt durch das Rauchern eine Hartung der Oberflache des Raucherguts, was das Eindringen von Mikroorganismen und Kleintieren (Insekten etc.) verhindert.
Neben der Erhohung der Haltbarkeit dient das Rauchern auch dem Zweck, Eigenschaften wie die Farbe, den Geruch und den Geschmack uber
Aromabildung
sowie die Textur durch die Hartung der Oberflache des Raucherguts positiv zu beeinflussen.
Eine Sonderform ist das Rauchern mit Temperatur zum
Garen
von Speisen in einem
Barbecue-Smoker
(siehe auch
Barbecue
).
Der Schornstein wurde erst im 10.?11. Jahrhundert entwickelt,
[5]
vorher gab es vor allem Einraumhauser (woraus sich unter anderem
Dielenhauser
entwickelten). Der Rauch zog von der Kochstelle durch das ganze Haus und entwich uber Offnungen im Dach. Das fuhrte dazu, dass das ganze Haus beheizt wurde, aber auch dass der Ruß sich im Kochbereich (?Rauchkuchl“) und im ganzen Haus (samt Kleidung, Lungen und Haut der Bewohner) niederschlug und die Feuergefahr stieg. Nahrungsmittel wurden nahe der Kochstelle oder unterm Dach vor Nagern oder Haustieren gesichert aufgehangt und wurden dort automatisch getrocknet und gerauchert. Die lange Haltbarkeit solcherart konservierter Waren und die bei einer Schlachtung oder einem Fischzug anfallenden großen Mengen an Fleisch oder Fisch fuhrten dazu, das Rauchern gesondert auszufuhren (indem der
Rauchfang
am Dachboden endete oder sich dort zu einer ?Rauchkammer“ erweiterte).
Zum Rauchern wird das Rauchermaterial (
Smok
aus englisch
smoke
'Rauch') in die vorgesehene Lade der
Raucherkammer
geschuttet. Dabei finden fast ausschließlich harte Holzer, vorzugsweise
Buche
in Form von angefeuchtetem
Holzmehl
oder
Spanen
, Verwendung. Anschließend wird das zu rauchernde Gut eingebracht. Durch das
Verschwelen
des Rauchermaterials wird der Rauchervorgang des Rauchergutes eingeleitet.
Gerauchert werden neben Fisch und Fleisch auch manche
Kasesorten
,
Gemuse
,
Eier
,
Fruchte
sowie
Tee
,
Tofu
und
Gerstenmalz
.
Die
Pyrolyse
des Holzes fuhrt zur Zersetzung
polymerer
Substanzen wie
Cellulose
bis 310 °C,
Hemicellulose
bis 260 °C und
Lignin
bis etwa 500 °C. Die Pyrolyse erfolgt in Rauchgeneratoren, sie kann auch durch bis auf 350 °C uberhitzten Wasserdampf eingeleitet werden. Der
Rauch
besteht neben gasformigen Stoffen auch aus nichtfluchtigen partikularen Stoffen wie
Asche
,
Ruß
,
Teer
und
Harzen
, die dem zu behandelnden Nahrungsmittel den charakteristischen Geschmack verleihen. Nach der Pyrolyse bleibt
Holzkohle
zuruck, die wiederum durch nun folgende Verbrennung die weitere Pyrolyse des Smok aufrechterhalt. Unter anderem entstehen wahrend der unvollstandigen Verbrennung, dem
Schwelen
, folgende Substanzen:
Praktisch alle hier aufgefuhrten Verbindungen wirken zugleich auch
antimikrobiell
und tragen so erheblich zur Haltbarkeit bei.
Werden rohes Fleisch oder roher Fisch uber wenige Stunden hinweg bei einer Temperatur von 50 bis 85 °C gegart und konserviert, spricht man von Heißrauchern. So behandelte Lebensmittel sind nur wenige Tage haltbar und fur den baldigen Verzehr gedacht. Beim Heißrauchern wird die Temperatur nicht durch das Verbrennen des Smok (Rauchermaterial), sondern durch eine zusatzliche Heizquelle in der Raucherkammer erreicht. Diese muss unabhangig vom Rauchervorgang vorhanden sein. Bei Brat-, Fleischwursten und Kochpokelware wird diese Form der Raucherung und Haltbarmachung angewendet.
Intensives trockenes Heißrauchern bei Temperaturen von 80 °C nennt man
Braten
. Es fuhrt zu einem hohen Wasserverlust und starkerer Geschmacksausbildung. Produkte mit der Bezeichnung
gebraten
haben ein mindestens 0,5 % geringeres Wasser-Eiweiß-Verhaltnis als nicht gebratene Produkte. In modernen Raucherofen erfolgt der Garvorgang durch Gasfeuerung und nicht mehr direkt uber einem Holzfeuer. Der Rauch wird dann in einen solchen
Ofen
dosiert eingeblasen.
Fruher wurde in manchen Gegenden zum Rauchern von Fisch der speziell dafur entwickelte
Altonaer Ofen
verwendet, der heute jedoch so gut wie nicht mehr in Gebrauch ist.
Produkte, die heiß gerauchert werden, sind vor allem gekochter
Schinken
,
Jagdwurst
,
Aale
,
Makrele
,
Sprotten
,
Heilbutt
.
[6]
Daruber hinaus gibt es eine etwas mildere Variante, das sogenannte Warmrauchern, bei dem sich die Temperaturen in einem Rahmen von 25 bis 50 °C bewegen. Ein typisches Produkt, das warm gerauchert wird, ist das
Frankfurter Wurstchen
.
[6]
Das Kaltrauchern erfolgt bei 15?25 °C mit speziellen Holzern (in erster Linie Hartholzer). Fur
Schwarzwalder Schinken
etwa werden allerdings
Tannenspane
(ein
Nadelholz
und somit
Weichholz
) benutzt. Kaltgerauchert werden Lebensmittel, die langer haltbar gemacht werden sollen, wie zum Beispiel
Wurst
,
Schinken
,
Speck
oder Raucherlachs. Das Kaltrauchern ist ein tagelanger Prozess, der in Wiederholungen zweier Phasen eingeteilt ist: Raucherphasen und Frischluftphasen. Je nach Fleisch-, Schinken- oder Wurstart erfolgen drei bis funf ? zum Teil noch wesentlich mehr ? Raucherphasen. Gerauchert wird in einer
Raucherkammer
, in die
Rauch
aus einem speziellen Ofen oder dem Schornstein des Hauses geleitet wird. In vielen alteren Bauernhausern befindet sich eine Raucherkammer im Dachgeschoss. Diese Form des Raucherns wird bei Rohschinken und Rohwurstwaren angewendet. Namensvorsatze wie ?Land-“ oder ?Bauern-“ werden in Osterreich dem
Lebensmittelkodex
nach fur Produkte verwendet, die kaltgerauchert wurden.
Typische Produkte, die kalt gerauchert werden, sind
Rohwurst
, roher
Schinken
,
Cervelatwurst
,
Mettwurst
.
[6]
Auch regionale Produkte, wie der
Kipper
in
Großbritannien
werden kalt gerauchert.
Das Dielenrauchern ist eine ursprungliche Form des Raucherns. Hier wird in einem großen Raum, in Osterreich und Bayern haufig
Selche
genannt, wie auf der
Diele
der Rauch bodenstandig von einem offenen Herdfeuer oder einem schwelenden Sagemehl erzeugt. Die Raumtemperatur auf der Diele wird nicht durch technische Vorgange, sondern durch Luftverbindungen zur Außenwelt und damit auch vom jahreszeitlichen Wettergeschehen bestimmt. Der Rauchervorgang kann vier bis funf Monate in Anspruch nehmen und eine weitere uberjahrige Reifezeit vorbereiten.
Im Reiberauchverfahren wird der Rauch erzeugt, indem Kantholzer an einem sich drehenden Reiberad abgerieben werden. Hierbei entsteht ein Rauch von ca. 300?400 °C mit niedrigem Teerstoffgehalt und geringem PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe). Reiberauchanlagen konnen weitestgehend emissionsfrei arbeiten.
Das sogenannte
Flussigrauchverfahren
ist kein Raucherverfahren, sondern bezeichnet den Zusatz von festen oder flussigen
Raucharomen
.
- Maria Haumaier, Melanie Haizmann, Katrin Wittmann u. a.:
Teubner Grillen und Rauchern.
Teubner, Munchen 2014,
ISBN 978-3-8338-3847-7
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- Laszlo Toth:
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- Laszlo Toth, Reiner Wittkowski:
Das Rauchern ? aus der Sicht der Chemie.
In:
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ISSN
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- Reiner Wittkowski
:
Phenole im Raucherrauch ? Nachweis und Identifizierung.
(=
Wissenschaftliche Arbeitspapiere der Senatskommission der DFG zur Prufung von Lebensmittelzusatz- und -inhaltsstoffen
). VCH, Weinheim 1985,
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- ↑
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Band
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, Heft 3/4 (bearbeitet von Andreas Deutsch, Richard Schroder). Hermann Bohlaus Nachfolger, Weimar 2015,
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