Quirino Cristiani
(*
2. Juli
1896
in
Santa Giuletta
,
Italien
; †
2. August
1984
in
Bernal
,
Argentinien
) war ein
italienischer
Animationsfilmer
und
Karikaturist
. Er produzierte ab 1916 zahlreiche
Animationsfilme
, darunter mit
El Apostol
aus dem Jahre
1917
den ersten Animationsfilm in
Spielfilmlange
, der allerdings seit einem Filmstudio-Brand 1926 als
verschollen
gilt.
Cristiani wurde 1896 im norditalienischen Dorf
Santa Giuletta
als eines von funf Kindern des Kommunalbediensteten Luigi Cristiani und der Hausfrau Adele Martinotti geboren.
[1]
Nachdem seinem Vater die Anstellung gekundigt wurde, zog dieser zunachst allein nach Argentinien und ließ sich dann mit seiner Familie im Jahr 1900 in
Buenos Aires
nieder.
[1]
Als Jugendlicher entdeckte Cristiani sein Interesse fur das
Zeichnen
. Erste
Karikaturen
erschienen in argentinischen Tageszeitungen. Dann lernte Cristiani den ebenfalls aus Italien emigrierten Produzenten
Federico Valle
kennen, fur den er Karikaturen fur
Wochenschauen
erstellte.
[1]
1916 erstellte Cristiani fur die Wochenschau
Actualidades Valle
den Kurzanimationsfilm
La intervencion en la provincia de Buenos Aires
, der die Absetzung des Gouverneurs der Provinz Buenos Aires,
Marcelino Ugarte
, durch Prasident
Hipolito Yrigoyen
thematisierte. Die Animations-Technik des
Flachfigurenfilms
mit ausgeschnittenen
Schablonen
hatte er sich durch das Studium von
Emile Cohls
Filmen aus Valles Besitz selbst beigebracht.
[1]
Da der Film beim Publikum sehr gut ankam, nahm Cristiani ein ambitioniertes Projekt in Angriff: den ersten Zeichentrickfilm in
Spielfilmlange
.
El Apostol
entstand aus 58.000 Einzelbildern und war 70 Minuten lang. Er thematisierte erneut die Politik des argentinischen Prasidenten Hipolito Yrigoyen. Der Prasident wird durch die Kraft des Gottes
Jupiter
befahigt, Blitze zu schleudern, wodurch die unmoralische und korrupte Stadt
Buenos Aires
in Flammen aufgeht. Der Film feierte seine Premiere am 9. November 1917 in ausgewahlten argentinischen Kinos.
[1]
Die Kritiken fielen sehr positiv aus und auch beim Publikum kam der Film gut an.
[1]
Alle bekannten Kopien des Films wurden 1926 bei einem Brand in Federico Valles Filmstudio zerstort.
1918 entstand mit
Sin dejar rastros
Cristianis zweiter Zeichentrick-Langfilm, der diesmal die
Luxburg-Affare
thematisierte, bei der der deutsche Gesandte in Argentinien,
Karl von Luxburg
, die Versenkung argentinischer Handelsschiffe durch deutsche U-Boote gefordert hatte. Diesmal wurde der Film nicht in der Presse rezensiert und dann aus ?diplomatischen Grunden“ sogar konfisziert.
[1]
Um seinen Lebensunterhalt seiner vierkopfigen Familie zu sichern, wandte sich Cristiani in der Folge wieder der Erstellung von Karikaturen zu.
[1]
Daneben zeigte er Filme und Werbung mit einem mobilen Kino, was zunachst sehr erfolgreich war, dann aber von den Behorden als Eingriff in den Straßenverkehr unterbunden wurde.
[1]
1923 entstanden zwei Filme uber die Kampfe des in Argentinien popularen Schwergewichtsboxers
Luis Firpo
gegen
Jack Dempsey
und
Bill Brennan
. Im Jahr darauf produzierte Cristiani mit
Uruguayos Forever
einen Film, der den uberwaltigenden Erfolg der
uruguayischen Fußballnationalmannschaft
beim
Fußballturnier
der
Olympischen Sommerspiele 1924
darstellte.
Humberto de Garufa
war vom Staatsbesuch des italienischen Kronprinzen
Umberto II.
inspiriert. 1925 entstanden die Kurzfilme
Gastronomia
und
Rhinoplastia
. Ab 1927 war Cristiani als Leiter der
Offentlichkeitsarbeit
fur
Metro-Goldwyn-Mayer
in Argentinien tatig. Parallel grundete er die Cristiani Studios, in denen animierte
Werbespots
entstanden.
[1]
Ab dem Jahr 1929 arbeitete Cristiani an seinem dritten Animations-Langfilm
Peludopolis
, der sich erneut Prasident Hipolito Irigoyens Politik widmen sollte. Der 80 Minuten lange Film war der erste Animationsfilm mit
Ton
.
[1]
Er hatte seine Premiere erst im September 1931. Irigoyen war allerdings bereits im Jahr zuvor nach einem Militarputsch gesturzt worden. Obwohl Cristiani diese Entwicklungen im Film noch zum Teil berucksichtigt hatte, erzielte der Film beim Publikum nicht mehr die gewunschte Wirkung. Als Irigoyen im Juli 1933 starb, stoppte Cristiani die Auffuhrungen des Films komplett.
[1]
Da sich das Projekt als finanzielles Fiasko erwies und auch in Argentinien die Zeichentrickfilme von
Walt Disney
ein immer großeres Publikum erreichten, zog sich Cristiani von der Produktion eigener Filme zuruck.
[1]
In den nachsten Jahren ubersetzte und untertitelte er in seinen Cristiani Studios auslandische Filme.
[1]
Ende der 1930er Jahre kontaktierte ihn der Autor
Constancio C. Vigil
, damit er auf Basis seiner Geschichten Animationskurzfilme erstellen sollte.
[1]
Als erster Film entstand 1938
El Mono relojero
. Trotz guter Publikumsreaktionen wollte Vigil danach keine weiteren Filme mehr umsetzen. Durch zahlreiche Auftrage fur die Untertitelung von Filmen konnte Cristiani mit
Entre pitos y flautas
(1941) und
Carbonada
nur noch zwei weitere Kurzfilme umsetzen, die allerdings nicht mehr an fruhere Erfolge anknupfen konnten. 1941 lernte Cristiani
Walt Disney
bei dessen Sudamerika-Reise kennen und konnte ihm einige seiner Filme vorfuhren.
[1]
Eine Zusammenarbeit kam nicht zustande, aber Cristiani empfahl Disney den Illustrator
Florencio Molina Campos
, der spater als Kreativberater fur Disney tatig wurde.
Cristianis Werk mit samtlichen Filmkopien, Negativen, Zeichnungen und Papieren wurde bei zwei Branden in den Jahren 1957 und 1961 zerstort. Danach zog er sich vom Filmemachen komplett zuruck. Seinen Lebensabend verbrachte er mit seiner Familie in
Bernal
. Im November 1981 konnte er auf Einladung des Provinzrates von
Pavia
seinen Geburtsort Santa Giuletta besuchen.
[1]
Bei dieser Gelegenheit entstand das einzige Filminterview mit ihm.
[2]
Am 2. August 1984 starb er in Bernal im Alter von 88 Jahren.
Regie, Drehbuch und Animation
- 1916: La intervencion en la provincia de Buenos Aires (Kurzfilm)
- 1917:
El Apostol
- 1918: Sin dejar rastros
- 1923: Firpo-Dempsey (Kurzfilm)
- 1923: Firpo-Brennan (Kurzfilm)
- 1924: Uruguayos Forever (Kurzfilm)
- 1924: Humberto de Garufa (Kurzfilm)
- 1925: Gastronomia (Kurzfilm)
- 1925: Rhinoplastia (Kurzfilm)
- 1931: Peludopolis
- 1941: Entre pitos y flautas (Kurzfilm)
- 1943: Carbonada (Kurzfilm)
- Giannalberto Bendazzi
:
Due volte l’oceano. Vita di Quirino Cristiani, pioniere dell’animazione.
La Casa Usher, Florenz, 1983.
- 2007: Quirino Cristiani (Dokumentarfilm, Regie: Gabriele Zucchelli, 88 Minuten)
[3]
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
h
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j
k
l
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n
o
p
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Giannalberto Bendazzi
:
Quirino Cristiani, The Untold Story of Argentina's Pioneer Animator
. Veroffentlicht in Graffiti, Ausgabe Dezember 1984, ASIFA-Hollywood, Ubersetzung von Charles Solomon.
- ↑
Quirino Cristiani ? The Mystery of the First Animated Movies. Press Kit.
In: quirinocristianimovie.com, abgerufen am 30. April 2020.
- ↑
Quirino Cristiani ? The Mystery of the First Animated Movies
. In: quirinocristianimovie.com, abgerufen am 30. April 2020.