Qaschqai

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Karawane der Qaschqai
In einem Qaschqaizelt

Die Qaschqai , Kaschkai , Kaschqai oder Kaschgai ( persisch ?????? , DMG Qa?q??? , aserbaidschanisch ?????? Qa?qay ; im Deutschen auch Ghaschghai und international auch Qashqai und Qashq?i ) sind ein Stammesverband und ein turksprachiges Volk im Suden Irans , vor allem in der Provinz Fars . Dem politischen Stammesbund der Qaschqai traten im Laufe der Zeit auch Kurden , Luren , Perser und arabischstammige Iraner bei. Von Bedeutung ist ihre Teppichproduktion (→ Perserteppiche ).

Siedlungsraum [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bei der Volkszahlung 1982 wurden rund 200.000 Angehorige der Qaschqai erfasst. Anderen Angaben zufolge bestanden die Qaschqai um 1980 aus 30.000 Familien, was etwa 400.000 Menschen entsprach. Das internationale linguistische Sammelwerk des Summer Institute of Linguistics ?Ethnologue“ schatzte 1997 ihre Zahl auf 1,5 Millionen. [1] Laut der Volkszahlung von 2015 betrug die die Gesamtanzahl der Qaschqai Ethnie zwischen 1.6 und 2,5 Millionen. [2] Das Volk siedelt vor allem in der iranischen Provinz Fars , also im Sudwesten des Landes und lebt bis heute teilweise nomadisch . In den Sommermonaten leben sie mit ihren Herden im Zagros -Gebirge und in den Wintermonaten im sudlichen Teil der Provinz. Ihr politisches Zentrum ist die Stadt Schiras .

Sprache und Religion [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die qaschqaische Sprache (Eigenbezeichnung oft Turki ?Turkisch“) ist dem Sudaserbaidschanischen , das heißt, mit der im Iran gesprochenen Variante des Aserbaidschanischen, nah verwandt. Aufgrund der iranischen Politik beherrschen nahezu alle Qaschqai auch die persische Sprache .

Die Qaschqai gehoren fast ausschließlich der Zwolferschia an. Einzelne Stammessplitter bekennen sich zur christlichen Religion . Der Glaube der Qaschqai ist mit archaischen Elementen durchsetzt, die Vorschriften des Islam werden weniger streng befolgt als anderswo.

Kultur und Gesellschaft [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Stamme [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Qaschqai bilden eine Stammesgesellschaft . Sie bestehen aus Stammen , deren wichtigste und großte die Dare Schuri , Schisch Baluki , Farsimadan , Kaschkuli und Amaleh sind. Letztere stellten traditionell den obersten Fuhrer, den Ilkhan . Weitere kleinere Stamme sind Karadscha , Rahimi und Safi Khani . Insgesamt gibt es rund 30.000 Familien im traditionellen Sinne. Die Stamme zerfallen wiederum in Familienverbande , die zwischen 40 und 200 Zelte umfassen.

Traditionelle Gesellschaftsstruktur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die traditionelle Gesellschaft der Qaschqai war in funf Klassen eingeteilt: Die Herrschaftsschicht, der die Ilkhane angehoren, die Schicht der Stammesfuhrer oder Kalantar , die Fuhrer der Familienverbande, die einfachen Stammesangehorigen und schließlich die niedere Kaste, zu der unter anderem die Handwerker zahlten.

Tochtern einer Schicht war die Heirat nur mit Angehorigen mindestens gleich hoher Schichten gestattet. Die Monogamie war die Regel. Ehen wurden arrangiert, der Brautpreis bestand aus Schafen, Pferden oder einer Geldsumme ( Bashluq ). Die Ehe wurde mundlich geschlossen, der Mann besaß das Recht, sie aufzulosen. Im Scheidungsfalle war die Mitgift zu erstatten. Besitz vererbte sich nur in mannlicher Linie. Die Versorgung einer Witwe oblag der Familie ihres verstorbenen Gatten.

Heutige soziale Situation [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Heute fuhrt nur noch eine Minderheit der Qaschqai eine nomadische Lebensweise. In der iranischen Volkszahlung von 1998 wurden in der Provinz Fars noch zwischen 145.000 (Winterquartier) und 170.000 (Sommerquartier) Nomaden erfasst. Die uberwiegende Mehrzahl ist somit sesshaft geworden, was nur von wenigen bedauert wird. Wenn damit auch viele Beschwerlichkeiten weggefallen sind, bleiben doch große soziale Probleme bestehen: Die Arbeitslosigkeit liegt zwischen offiziellen 20 % und inoffiziell geschatzten 35 %. Soziale Sicherungssysteme sind unterentwickelt, viele Familien haben mangels Krankenversicherung nur schwer Zugang zu arztlicher Versorgung. Viehzucht und Saisonarbeit sind die wichtigsten Erwerbsquellen, eine große Rolle spielt zudem die Teppichknupferei, die vor allem von jungen Frauen in Heimarbeit betrieben wird.

Qaschqai-Teppich mit dem verbreiteten ?Hebatlu“-Motiv

Teppichkunst [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Herstellung von Teppichen besitzt bei den Qaschqai eine jahrhundertelange Tradition. Unter der handwerklichen Produktion der Provinz Fars gelten die Qaschqai-Teppiche als die feinsten, weshalb auch andere Schiras-Ware besserer Qualitat unter ihrem Namen verkauft wird. Alte, von Nomaden hergestellte Qaschqai-Teppiche sind stets auf Wollkette geknupft. Ihr Muster ist zwar annahernd symmetrisch, aber leicht unregelmaßig, da es nicht nach einer Vorlage, sondern aus der spontanen Vorstellung des Knupfers entstand. Moderne Teppiche werden heute von sesshaften Knupfern zumeist auf Baumwollkette gefertigt. Sie sind zwar feiner, aber weniger ausdrucksstark, da starrer im Muster. Von herausragender handwerklicher Qualitat sind die Kaschkuli-Teppiche, die auch heute noch mit Naturfarben gefarbt werden. Besonders typische Qaschqai-Teppiche verwenden das ?Hebatlu“-Motiv mit vier hakenbesetzten Rauten in den Ecken und einer in der Mitte. Das Innenfeld ist von zahlreichen kleinen stilisierten Pflanzenelementen und auch Tierdarstellungen ubersat. Dominante Farben sind Rot und Dunkelblau.

Die Teppiche von Fars, insbesondere die der Qaschqai, enthalten haufig das heraldische Motiv der in Fars angeblich noch in den 1960er Jahren gesichteten Persischen Lowen . [3]

Tracht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kaschkuli-Qaschqai-Frauen beim Spinnen in traditioneller Tracht
Tracht der Qaschqai

Zur traditionellen Bekleidung der Qaschqai-Frauen gehoren wogende, ubereinander getrockene Unterrocke. [4]

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Von den Ursprungen bis zum ersten Ilkhan [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Qaschqai-Nomade aus Sepid?n mit Wasserpfeife ( hookah ).

Die Vorfahren der heutigen Qaschqai kamen vermutlich im Zuge der oghusischen Wanderung im 11. Jahrhundert in den Iran. Sie gehen mutmaßlich auf den Stamm der Khaladsch zuruck. Zunachst siedelten sie in der nordwestpersischen Provinz Ardabil . Im 15. Jahrhundert gehorten sie zum Staatsverband des Timur Leng und im Anschluss daran zur Stammesfoderation der Schwarzen Hammel . Spatestens seit Anfang des 16. Jahrhunderts leben die Qaschqai in der Provinz Fars. Dass sie erst von Schah Ismail I. dorthin entsandt wurden, um den sich dort festsetzenden Portugiesen entgegenzuwirken, ist weniger wahrscheinlich. Vielmehr scheinen ihre Sommerquartiere schon im fruhen 14. Jahrhundert in der Nahe der heutigen gelegen zu haben. Erster belegter Stammesfuhrer der Qaschqai war Amir Gazi Schahilu , der im 16. Jahrhundert lebte. Er scheint Ismail I. bei der Etablierung des Schiismus als iranischer Religion unterstutzt zu haben.

Wirkliche politische Bedeutung erlangte der Stammesverband erst im 18. Jahrhundert. Der Legende nach nahmen die beiden Sohne des damaligen Qaschqai-Khans Jani Agha am Indienfeldzug Nadir Schahs teil, gerieten jedoch mit ihm in Konflikt. In dessen Folge wurden die Qaschqai in die Provinz Chorasan vertrieben. Unter der Herrschaft von Karim Khan-e Zand wurde ihnen die Ruckkehr erlaubt, und Jani Aghas Sohn Ismail Khan stieg zum Herrscher uber die Stamme der Provinz Fars auf. Er galt als enger Vertrauter des Schahs. Nach Karim Khans Tod 1779 kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen um seine Nachfolge, in die auch die Qaschqai verwickelt wurden. Der Zand-Prinz Ali Murad Khan ließ Ismail Khan hinrichten. Dessen Sohn und Nachfolger Jani Khan unterstutzte den im Kampf um die Thronfolge spater ebenfalls unterlegenen Dschafar Khan . Nach der Einnahme von Schiras durch die Truppen des Aga Mohammed Khan 1788 begann dieser einen Feldzug gegen die Qaschqai, die jedoch gewarnt worden waren und sich ins Zagros-Gebirge zuruckzogen. Nach der Ermordung Dschafar Khans 1789 unterstutzte Jani Khan dessen Sohn, den letzten Zand-Prinzen Lotf Ali Khan . Nach dessen Niederlage 1794 musste Jani Khan wieder ins Gebirge fliehen, wo er sich bis zum Tod Aga Mohammed Khans 1797 versteckt hielt. Dieser vertrieb aus Rache Teile der Qaschqai in den Norden Persiens. Auf der anderen Seite schlossen sich zugleich zahlreiche lurische und kurdische Stamme, die ebenfalls unter Karim Khan in die Provinz Fars gekommen waren, dem Stammesverband der Qaschqai an. 1818/19 erhielt Jani Khan als erster den Titel eines Ilkhans , den seither alle Fuhrer der Qaschqai fuhrten.

Das 19. Jahrhundert [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach seinem Tod 1823/24 folgte ihm sein Sohn Mohammed Ali Khan. Aufgrund seiner schwachen Konstitution leitete dieser seine Amtsgeschafte uberwiegend aus seinem Palast in Schiras. Es gelang ihm dennoch, seine Macht auch auf andere bedeutende Stamme der Region auszuweiten. Ferner knupfte er uber arrangierte Ehen Verbindungen zur Dynastie der Kadscharen ? einer seiner Sohne heiratete eine Schwester des Herrschers Mohammed Schah . Dieser zwang ihn allerdings 1836 an den Hof in Teheran , wo er bis zum Tod des Schahs 1848 verbleiben musste. Nach Schiras zuruckgekehrt, starb er 1852. Ihm folgte sein Bruder Mohammed Kuli Khan. Der neue Herrscher in Teheran, N?ser ad-Din Schah , starkte die Zentralgewalt und sagte der Autonomie der Stamme den Kampf an. Der Ilkhan stand in Schiras quasi unter Arrest, und auf Betreiben Teherans spalteten sich die Bah?rlu , Aynallu , Nafar und Baschiri sowie arabische Verbande ab, um den Stammesverband der Khamseh (?Die Funf“) zu grunden.

Auf Mohammed Kuli Khan folgte 1867/68 sein wenig fahiger Sohn Sultan Mohammed Khan. Dieser zeigte sich der großen Herausforderung durch die dramatische Hungersnot zu Beginn der 1870er Jahre nicht gewachsen und zog sich 1871/72 aus seiner aktiven Rolle zuruck. Der Verband der Qaschqai begann zu zerfallen, etwa 5000 Familien schlossen sich den Bachtiaren an und ebenso viele den Khamseh. Es kam haufig zu rauberischen Ubergriffen gegenuber der sesshaften Bevolkerung. Diese Periode der Anarchie und des Zerfalls endete erst 1904, als Ismail Khan Sowlat al-Dowla neuer Ilkhan wurde. Unter der Herrschaft Mozaffar ad-Din Schahs (1896?1907) verlor die Zentralgewalt an Einfluss uber die Provinzen. Sowlat al-Dowla dominierte das Hinterland, wahrend sein Erzrivale Kawam al-Mulk von den konkurrierenden Kawami in Schiras herrschte. In der Konstitutionellen Revolution gehorten die Kawami zum Lager der Royalisten, woraufhin die Qaschqai die Konstitutionellen unterstutzten. Als 1909 nach der Einnahme Teherans durch die Bachtiaren der elfjahrige Ahmad Schah Kadschar eingesetzt wurde, grundeten die Qaschqai zusammen mit dem Scheich von Mohammerah und dem Wali von Ilam die gegen die Bachtiaren und die mit ihnen verbundeten Kawami gerichtete Sudallianz . Hierdurch fuhlten sich die Briten bedroht, die 1908 ihre erste Olkonzession in der Provinz Chuzestan erhalten hatten (→ Anglo-Persian Oil Company ). Sie machten Sowlat al-Dowla fur den hohen Wegezoll verantwortlich, der auf der Straße von Buschehr nach Schiras gefordert wurde. Am 19. Oktober 1910 gingen britische Marinetruppen bei Buschehr an Land und besetzten Schiras. Die Unruhen in der Provinz Fars kulminierten im Juli 1911, als Qaschqai-Kampfer zusammen mit regierungstreuen Truppen des Provinzgouverneurs Stellungen der Kawami in Schiras angriffen. Der britische Druck zwang die Ilkhane aber im September 1911 zum Ruckzug von der Szene. Im gleichen Jahr wurde die Zahl der Qaschqai auf 200.000 geschatzt.

Erster Weltkrieg und Herrschaft Reza Pahlavis [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Ersten Weltkrieg wurde die Provinz Fars wiederum zum Schauplatz von Auseinandersetzungen (→ Erster Weltkrieg in Persien ). Nachdem sich die von Enver Pascha gehegten Traume einer Erhebung der Turkvolker des Iran gegen die Englander (→ Panturkismus ) zerschlugen, betraute Deutschland den Diplomaten Wilhelm Wassmuss , vormals Konsul in Buschehr, mit der Aufgabe, die sudpersischen Stamme zum Widerstand gegen die Briten anzuhalten. Er stellte dem antibritisch gesinnten Sowlat al-Dowla Unterstutzung durch eine turkische Invasion Westpersiens in Aussicht. Im Mai 1918 griffen Qaschqai-Kampfer eine Abteilung der britisch gefuhrten South Persian Rifles Schutztruppe an. Britische Einheiten kamen zu Hilfe und brachten den zahlenmaßig uberlegenen Qaschqai eine entscheidende Niederlage bei.

Die Herrschaft Reza Schah Pahlavis (1925?1941) brachte den Qaschqai eine Periode der Unterdruckung. 1926 wurden Sowlat al-Dowla und sein altester Sohn Nasir Khan in den Madschles , das iranische Parlament, berufen. Faktisch wurden sie damit jedoch zu Gefangenen des Schahs. Sie wurden zur Zusammenarbeit mit der Zentralregierung gezwungen, deren Ziel die Entwaffnung der Qaschqai-Stamme war. Schließlich wurden beide nach Entzug ihrer parlamentarischen Immunitat inhaftiert. Den Stammen wurden Militargouverneure aufgezwungen, man unterwarf die Qaschqai der Wehrpflicht und neuen Steuergesetzen, wobei die Steuereintreiber haufig korrupt waren. Im Fruhjahr 1929 entlud sich der aufgestaute Unmut der Nomaden in einer breiten Rebellion in Sudpersien, in welcher die Qaschqai eine fuhrende Rolle spielten. Nach einigen Monaten Kampf unterzeichnete die Regierung ein Friedensabkommen. Sie setzte den Ilkhan und seinen Sohn wieder in den Madschles ein, zog die Militargouverneure aus den Stammesgebieten zuruck und verabschiedete eine allgemeine Amnestie. Dennoch blieb Reza Schah bei seinem Ziel, den Stammesherrschaften ein Ende zu bereiten. Nach den Luren, den Kurden und den Arabern traf es schließlich auch die Qaschqai. Eine erneute Rebellion im Jahr 1932 war erfolglos. 1933 kam Sowlat al-Dowla im Gefangnis zu Tode. Kurz darauf schnitt die Armee die Migrationswege der Qaschqai ab, um sie zur Sesshaftigkeit zu zwingen. Diejenigen, die im Gebirge blieben, litten unter starken Unterdruckungsmaßnahmen. Die Stammesaltesten wurden durch unfahige Gefolgsleute der Regierung ersetzt. Ihnen wurde der Zugang zu den Brunnen verwehrt, ihre Herden wurden dezimiert, und ihr Besitz wurde beschlagnahmt. Viele Nomaden wurden so zu Landarbeitern, oder sie kamen im Straßen- und Eisenbahnbau unter. Als Siedlungsgebiete blieben ihnen jedoch nur ungesunde, teils malariaverseuchte Regionen.

Nachdem die Bestrebungen von Reza Schah Pahlavi nicht ?fruchteten“, kehrten die meisten Qaschqai in ihre alte nomadische Lebensweise zuruck. Der Druck auf die Qaschqai, sie sesshaft werden zu lassen, hatte Anfang der neunzehnhundertsechziger Jahre wieder zugenommen, wurde durch die Landreform von 1963 verstarkt und fuhrte zu Aufstanden gegen die Regierung in Sud-Fars, die gegen Ende der achtziger Jahre militarisch niedergeschlagen wurden. Viele Tausende Qaschqai-Nomaden blieben dennoch nomadisch. [5]

Zweiter Weltkrieg und Irankrise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach dem Sturz des mit dem nationalsozialistischen Deutschland sympathierenden Reza Pahlavis durch die anglo-Sowjetische Invasion des Iran kamen der seit 1933 inhaftierte Nasir Khan und sein Bruder Chosrow Khan frei und kehrten unverzuglich in die Stammesgebiete zuruck. Nasir Khan erklarte sich zum Ilkhan und sorgte fur eine Wiederaufnahme der jahreszeitlichen Wanderungen. Die Stammesgebiete gewannen eine weitgehende Autonomie. So weigerte sich Nasir Khan, Steuern an Teheran zu zahlen. Seine Abneigung gegen die Briten trieb ihn in eine Allianz mit den Deutschen. Bernhardt Schulze-Holthus , Agent der Abwehr , wurde ab dem Fruhsommer 1942 militarischer Berater in Firuzabad. Auf britisches Drangen entsandte die Zentralregierung im Fruhjahr 1943 Truppen in den Suden des Landes. Es kam zu zahlreichen Zusammenstoßen mit den Qaschqai und anderen abtrunnigen Stammen. Nach mehreren verlustreichen Niederlagen schloss die Regierung mit Nasir Khan einen Waffenstillstand, der den Qaschqai ihre Autonomie und ihre Bewaffnung zusicherte. Im Gegenzug durften u. a. in Firuzabad persische Garnisonen errichtet werden. 1943 kehrten Nasirs Bruder Malek Mansur Khan und Mohammed Hussein Khan aus dem deutschen Exil zuruck in den Iran. Sie wurden jedoch von den Briten festgesetzt und 1944 gegen Schulze-Holthus ausgetauscht, dessen Anwesenheit fur Nasir Khan eine Belastung geworden war.

1946 kam es erneut zu einer Erhebung der Stammesbunde in Sudpersien. Dieses Mal wurde sie von der Zentralregierung unter Ministerprasident Ahmad Qav?m instrumentalisiert, die Unterstutzung in ihrem Widerstand gegen sowjetische Einflussnahme suchte (→ Irankrise ). Nasir Khan sah wiederum die Chance, als Fuhrer einer großen antisowjetischen Koalition in der iranischen Politik eine wichtige Rolle zu erhalten. Zugleich versuchte er, die Lebensbedingungen in der Provinz Fars zu verbessern. Eine im September 1946 einberufene Konferenz der Stammesfuhrer und religiosen Oberhaupter forderte unter anderem, Provinzparlamente zu bilden, die Reprasentation im Madschles zu verbessern und zwei Drittel der Steuereinnahmen der Provinz zugutekommen zu lassen. Als diese Forderungen zuruckgewiesen wurden, erhoben sich die Stamme zwischen Chuzestan und Kerman . Qaschqai-Kampfer besetzten die Stadte Abadeh und Kazerun und drangen in die Außenbezirke von Schiras vor. Das Kalkul der Regierung ging auf, im Oktober wurden die der prosowjetischen Tudeh-Partei angehorenden Minister entlassen. Der Ministerprasident Ahmad Qav?m gab den meisten Forderungen der aufstandischen Stamme nach, und Chosrow Khan wurde als Mitglied der Iranischen Demokratischen Partei Qav?ms als Vertreter der Qaschqai in den Madschles gewahlt. Das Parlament verwarf die sowjetischen Olkonzessionen im Iran, und die unter sowjetischem Schutz stehende kurdische Republik Mahabad wurde liquidiert.

Nachkriegszeit und Islamische Revolution [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Jahre 1945?1953 brachten den Qaschqai eine Blutezeit. Sie genossen unter Fuhrung der ?Vier Bruder“, Sowlat al-Dowlas Sohnen, nahezu vollstandige Autonomie. Nasir Khan und Malek Mansur Khan waren Stammesfuhrer in der Provinz Fars, wahrend Mohammed Hussein Khan und Chosrow Khan deren Interessen in Teheran vertraten. 1953 unterstutzten sie den Ministerprasidenten Mohammad Mossadegh in seinem Versuch, den Schah Mohammad Reza Pahlavi zu sturzen (→ Nationale Front ). Nach Mossadeghs Inhaftierung im Zuge der Operation Ajax drohten Qaschqai-Truppen mit der Besetzung von Schiras, um die neue Regierung unter Fazlollah Zahedi zur Freilassung Mossadeghs zu bewegen. In der Folge wurden die Vier Bruder 1954 ins Exil gezwungen und ihr Besitz beschlagnahmt. Im Anschluss erhohte die Regierung den Druck auf die Nomaden, sesshaft zu werden. Viele Stammesangehorige ließen sich in den Stadten nieder, um in Fabriken oder der Olindustrie zu arbeiten. Mit der traditionellen Lebensweise zerfielen auch die politischen Strukturen der Qaschqai. Im Zusammenhang mit der Weißen Revolution erklarte die Regierung 1963 schließlich die Stammesstrukturen fur aufgehoben, den verbleibenden Khanen wurden ihre Rechte aberkannt. Malek Mansur Khan und Mohammed Hussein Khan durften sogar in den Iran zuruckkehren, die Provinz Fars blieb ihnen allerdings verboten. Sozial ergaben sich allerdings auch Verbesserungen fur die Qaschqai-Nomaden. So brachten ihnen mobile Lehrkrafte große Fortschritte bei der Alphabetisierung .

An den Demonstrationen, die 1979 zum Sturz des Schahs fuhrten, nahmen auch viele Qaschqai teil. Im Zuge der Islamischen Revolution konnten Nasir Khan und Chosrow Khan in den Iran zuruckkehren. Sie standen zunachst dem neuen Regime unter Ajatollah Chomeini nahe. Dies anderte sich aber schnell, als die theokratische Regierung einen straffen Zentralisierungskurs einschlug. Chosrow Khan wurde beschuldigt, ein Agent der CIA zu sein. Als Revolutionsgarden im Juni 1980 versuchten, ihn in Teheran zu inhaftieren, kam es zum Bruch zwischen den Qaschqai und der Zentralgewalt. Chosrow Khan floh nach Firuz?b?d , wo er zusammen mit Nasir Khan den Widerstand organisierte. Mit 600 Qaschqai-Kampfern errichteten sie ein befestigtes Lager im nahen Gebirge, das sie zwei Jahre lang gegen die Angriffe der Revolutionsgarden verteidigten. Ein nachtlicher Uberraschungsangriff von mit Hubschraubern herantransportierten Revolutionsgardisten zwang die Qaschqai schließlich im April 1982 zur Aufgabe ihrer Stellung und zum Ruckzug ins Hochgebirge unter Zurucklassung ihres Materials. Als einige Tage spater Abdullah Khan, altester Sohn Nasir Khans und einziger Arzt, einem Herzinfarkt erlag, gab Nasir Khan den Widerstand auf. Mit kurdischer Hilfe konnte er im Mai 1982 aus dem Iran fliehen. Im Juli 1982 schloss Chosrow Khan mit der Regierung ein Abkommen zur Beendigung des Aufstands. Im September verurteilte ihn ein Revolutionsgericht in Schiras zum Tode. Das Urteil wurde am 8. Oktober 1982 offentlich vollstreckt. Andere Anfuhrer der Qaschqai, unter ihnen auch Malek Mansur Khan, wurden ebenfalls inhaftiert. Mit dem Tod Nasir Khans als letztem Ilkhan im Januar 1984 endet die Geschichte des Qaschqai-Stammesbundes.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Kashkay , in Ethnologue - Languages of the World (Webarchiv)
  2. Victoria R. Williams: Indigenous Peoples: An Encyclopedia of Culture, History, and Threats to Survival. 4 Bande. ABC-CLIO, 2020, S. 895.
  3. Karl Schlamminger, Peter Lamborn Wilson: Weaver of Tales. Persian Picture Rugs / Persische Bildteppiche. Geknupfte Mythen. 1980, S. 145?147 ( Die Lowen ) und S. 178?193 (Lowenteppiche der Qaschqai).
  4. Karl Schlamminger, Peter Lamborn Wilson: Weaver of Tales. Persian Picture Rugs / Persische Bildteppiche. Geknupfte Mythen. 1980, S. 172 f.
  5. K. W. Bash, J. Bash-Liechti: The Qashqai . In: Developing Psychiatry . Psychiatry Series. Band   43 . Springer, Berlin/Heidelberg 1987, ISBN 978-3-642-82915-4 , S.   96–109 , doi : 10.1007/978-3-642-82915-4_7 (englisch, Vorschau auf erste beiden Seiten ).