Pro Helvetia

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Pro Helvetia
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Rechtsform Stiftung
Grundung 20. Oktober 1939
Grunder Schweizerischer Bundesrat
Sitz Hirschengraben 22
8024 Zurich Schweiz   Schweiz
Zweck Forderung Schweizer Kultur
Vorsitz Philippe Bischof, Direktor
Charles Beer, Stiftungsratsprasident
Website Pro Helvetia

Pro Helvetia ist eine offentlich-rechtliche Stiftung , welche Schweizer Kunst und Kultur unterstutzt und verbreitet. Als Forderinstitution der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist sie fur die Promotion und Verbreitung von Schweizer Kultur im Ausland sowie fur Schweizer Landerauftritte an internationalen, kulturellen Grossanlassen zustandig. Zudem fordert sie den kulturellen Dialog zwischen den Landesteilen und unterstutzt die Kunste im uberregionalen Kontext.

Geschichte und gesetzliche Grundlage

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Gegrundet wurde Pro Helvetia durch den Bundesratsbeschluss vom 20. Oktober 1939 [1] als Organisation zur Forderung der Geistigen Landesverteidigung . [2] 1949 wurde sie in eine Stiftung des offentlichen Rechts umgewandelt. [3]

Das Pro Helvetia-Gesetz vom 17. Dezember 1965 erteilte der Stiftung folgenden Auftrag:

  • Erhaltung und Wahrung der kulturellen Eigenart des Landes
  • Forderung des kulturellen Schaffens , gestutzt auf die Verhaltnisse in den Kantonen wie in den Sprachgebieten und Kulturkreisen
  • Forderung des Kulturaustauschs zwischen den Sprachgebieten und Kulturkreisen in der Schweiz
  • Pflege der kulturellen Beziehungen mit dem Ausland

Das Pro Helvetia-Gesetz wurde 1970 und 1980 teilrevidiert und per 1. Januar 2012 durch das Kulturforderungsgesetz abgelost, welches den Auftrag der Pro Helvetia wie folgt definiert: ≪Die Stiftung fordert die Vielfalt des kunstlerischen Schaffens, macht das Schweizer Kunst- und Kulturschaffen bekannt, fordert die Volkskultur und pflegt den kulturellen Austausch.≫ [4] Dieser Auftrag wird durch die Kulturbotschaft konkretisiert, welche die Schwerpunkte der Kulturforderung auf Bundesebene fur jeweils vier Jahre festlegt. [5]

Die Bundesbeitrage an die Stiftung waren zunachst im Pro Helvetia-Gesetz geregelt und betrugen ab 1966 3.0, ab 1971 5.0 Mio. Franken jahrlich. Seit der Teilrevision des Gesetzes von 1980 finanziert die Eidgenossenschaft Pro Helvetia durch Kreditbeschlusse, die sich jeweils uber vier Jahre erstrecken und denen ein vom Stiftungsrat verabschiedetes Programm zu Grunde liegt. [6]

Die Aufgaben der Pro Helvetia umfassen gemass Kulturbotschaft die folgenden Punkte:

  • Unterstutzung des kunstlerischen Schaffens durch Werkbeitrage in den Bereichen Komposition, Literatur, visuelle Kunst, Theater, Musik, Tanz sowie neue Medien und digitale Technologien
  • Forderung des Kulturaustauschs zwischen den sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften der Schweiz durch Beitrage an Gastspiele, Lesungen, Konzertreihen, Ausstellungen, Festivals, Ubersetzungen oder Anlasse der Volkskultur
  • Verbreitung von Schweizer Kultur im Ausland durch die Unterstutzung von Lesereisen, Tourneen, Ausstellungen und Ubersetzungen sowie durch die Finanzierung von Landerauftritten an kulturellen Grossanlassen
  • Setzen von neuen kulturellen Impulsen (etwa in den Bereichen digitale Kultur oder interkulturelle Gesellschaft) durch eigene Programme oder durch die Forderung von Projekten Dritter
  • Nachwuchsforderung (Residenz- und Coaching-Programme, Vermittlung von Auftrittsmoglichkeiten, Vernetzungsangebote)
  • Beitrage an Projekte im Bereich der Kunstvermittlung

Mit Ausnahmen des Films ist Pro Helvetia in allen kunstlerischen Disziplinen tatig: Architektur, Bildende Kunst, Comics, Design, Fotografie, interaktive digitale Medien, Jazz, klassische zeitgenossische Musik, Literatur, Musiktheater, Performance, Pop, Tanz und Theater, zeitgenossischer Zirkus, innovative Volkskultur. Die Promotion des Schweizer Filmschaffens hat Pro Helvetia per 1. Januar 2004 [7] an die Stiftung Swiss Films ubergeben. [8]

Im Jahr 2018 erhielt Pro Helvetia gut 5'500 Beitragsgesuche, von denen sie rund 1600 kulturelle Vorhaben in der Schweiz und 4500 im Ausland unterstutzte. Das operative Jahresbudget betrug 42.1 Mio. Franken, von denen 25.7 Mio. fur Projekte von Gesuchstellenden, 6.2 Mio. fur Projekte der Aussenstellen, 4.7 Mio. fur Impuls- und Austauschprogramme, 0.5 Mio. fur Kulturinformation und 5.0 Mio. fur die Administration eingesetzt wurden. [9]

Die Strategie der Pro Helvetia wird durch den Stiftungsrat vorgegeben. Er besteht aus neun Personen, welche vom Bundesrat gewahlt werden. Stiftungsratsprasident ist Charles Beer.

Fur ihre operative Tatigkeit betreibt Pro Helvetia eine Geschaftsstelle in Zurich. Diese wird durch den Direktor Philippe Bischof geleitet. Inhaltlich wird die Geschaftsstelle durch eine Fachkommission mit 13 Mitgliedern sowie 37 unabhangige Experten unterstutzt, welche durch den Stiftungsrat gewahlt werden. [10]

Quelle Pro Helvetia Jahresbericht: [11]

  • 1939?1959: Karl Naef
  • 1959?1991: Luc Boissonnas
  • 1992?1997: Urs Frauchiger
  • 1997?1998: Rolf Keller (ad interim)
  • 1998?2001: Bernard Cathomas
  • 2001?2002: Francois Wasserfallen (ad interim)
  • 2002?2012: Pius Knusel
  • 2012?2016: Andrew Holland
  • 2016?2017: Sabina Schwarzenbach (ad interim)
  • seit 2017: Philippe Bischof

Quelle Pro Helvetia Jahresbericht: [11]

Prasenz im Ausland

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Pro Helvetia finanziert das Centre Culturel Suisse in Paris [12] und beteiligt sich an den Kulturprogrammen von drei Schweizer Institutionen im Ausland (Istituto Svizzero, Rom und Mailand [13] ; Swiss Institute, New York [14] ; Swissnex, San Francisco [15] ).

Zudem betreibt Pro Helvetia Verbindungsburos in Kairo (seit 1988), Johannesburg (seit 1998), New Delhi (seit 2007), Shanghai (seit 2010), Moskau (seit 2017) und ein dezentrales Verbindungsburo in Sudamerika (seit 2021). [16]

Im Jahr 2004 wurde im Centre Culturel Suisse in Paris die Ausstellung ≪Swiss-Swiss Democracy≫ von Thomas Hirschhorn gezeigt. Diese wurde insbesondere deshalb heftig kritisiert, weil ein Schauspieler andeutungsweise wie ein Hund uber ein Bild des damaligen Bundesrats Christoph Blocher urinierte. Die Kritik richtete sich auch gegen Pro Helvetia, welche die Ausstellung mit insgesamt 180'000 Franken finanziert hatte. [17]

Pro Helvetia distanzierte sich in der Folge von ≪allfalligen personlichen Angriffen auf Christoph Blocher≫, hielt aber zugleich fest: ≪Die Stiftung sieht es als eine der grossen Errungenschaften der demokratisch verfassten Gesellschaft, dass sie auch Kunstler unterstutzt, die eben diese Gesellschaft kritisieren. Die Kunstfreiheit ist uberdies in der Verfassung verankert.≫ [18]

Als direkte Konsequenz aus dem sogenannten ≪Hirschhorn-Skandal≫ entschied das Eidgenossische Parlament am 16. Dezember 2004, das Budget 2005 der Pro Helvetia um 1 Mio. Franken zu kurzen.

  • Franz Kessler: Die Schweizerische Kulturstiftung ≪Pro Helvetia≫ , (= Zurcher Studien zum offentlichen Recht , Band 112), Schulthess, Zurich 1993, ISBN 3-7255-3153-6 (Dissertation Universitat Zurich 1993, LI, 412 Seiten).
  • Ursula Amrein: ≪Los von Berlin!≫ Die Literatur- und Theaterpolitik der Schweiz und das Dritte Reich. Chronos, Zurich 2004. ISBN 978-3-0340-0644-6
  • Claude Hauser, Bruno Seger, Jakob Tanner (Hrsg.): Zwischen Kultur und Politik. Pro Helvetia 1939 bis 2009. Pro Helvetia/NZZ Libro, Zurich 2010. ISBN 978-3-03823-593-4
  • Thomas Kadelbach: ≪Swiss Made≫. Pro Helvetia et l’image de la Suisse a l’etranger (1945?1990). Editions Alphil, Neuchatel 2013. ISBN 978-2-940489-04-6
  • Georg Kreis : Vorgeschichten zur Gegenwart. Ausgewahlte Aufsatze, Band 2. Schwabe, Basel 2004. ISBN 978-3-7965-2080-8
  • Pauline Milani: Le diplomate et l’artiste. Construction d’une politique culturelle Suisse a l’etranger (1938?1985). Editions Alphil, Neuchatel 2013. ISBN 978-2-940489-11-4

Einzelnachweise

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  1. Franz Kessler. Die Schweizerische Kulturstiftung ≪Pro Helvetia≫. Zurich 1993, S. 39ff.
  2. Marcello Odermatt. Pro Helvetia ? Kind des Zeitgeists . Tagblatt, 15. Mai 2010.
  3. Franz Kessler. Die Schweizerische Kulturstiftung ≪Pro Helvetia≫. Zurich 1993, S. 57ff.
  4. Bundesgesetz uber die Kulturforderung (Kulturforderungsgesetz KFG) vom 11. Dezember 2009 (Stand am 1. Januar 2017), Art. 32, Abs. 1.
  5. ≪Kulturbotschaft≫ , Website des Bundesamts fur Kultur
  6. Wolfgang Bohler. Ein Buch reflektiert 70 Jahre Pro Helvetia . Codex Flores.
  7. Gemeinsame Promotion fur den Schweizer Film . Medienmitteilung der Pro Helvetia, 12. September 2003.
  8. Bettina Spoerri. Pro Helvetia. Vorwarts zur Gemutlichkeit? Wochenzeitung, 20. Mai 2010.
  9. Zahlen und Fakten , Pro Helvetia Website; Pro Helvetia Jahresbericht 2018 S. 18?22.
  10. Pro Helvetia Jahresbericht 2018 , S. 23?28.
  11. a b Claude Hauser, Bruno Seger, Jakob Tanner (Hrsg.) Zwischen Kultur und Politik: Pro Helvetia 1939 bis 2009. Pro Helvetia/NZZ Libro, Zurich 2010. S. 317; Pro Helvetia Jahresberichte
  12. https://www.ccsparis.com/
  13. https://www.istitutosvizzero.it/
  14. https://www.swissinstitute.net/
  15. https://www.swissnexsanfrancisco.org/
  16. Pro Helvetia Jahresbericht 2017, S. 16.
  17. Schweizer Fernsehen, ≪10vor10≫, 6. Dezember 2004; Missgriff im Schweizer Kulturzentrum in Paris , Neue Zurcher Zeitung, 6. Dezember 2004.
  18. Ein Kolloquium zur Demokratie: Thomas Hirschhorn am Centre Culturel Suisse in Paris . Medienmitteilung der Pro Helvetia vom 6. Dezember 2004.