Das
Prasidium des Obersten Sowjets
der UdSSR war von 1938 bis 1990 das kollektive
Staatsoberhaupt
der
Sowjetunion
.
Das hochste Staatsorgan der UdSSR, der
Oberste Sowjet
, umfasste zwei gleichberechtigte Kammern, den
Unionssowjet
und den
Nationalitatensowjet
, die bei gleicher Sitzungsperiode im Funfjahresrhythmus von den Burgern der UdSSR gewahlt wurden. Der Oberste Sowjet tagte zweimal im Jahr. Er wahlte aus den eigenen Reihen 24 Mitglieder in das Prasidium des Obersten Sowjets, dem außerdem die Vorsitzenden der Obersten Sowjets der Unionsrepubliken von Amts wegen angehorten. Das Prasidium war das standige legislative Organ der UdSSR. Es wahlte den
Rat der Volkskommissare
(seit 1946 Ministerrat).
Wie zuvor der Vorsitzende des Zentralen Exekutivkomitees (1922?1938) nahm der Vorsitzende des Prasidiums des Obersten Sowjets die protokollarische Funktion des Staatsoberhauptes wahr. Die politische Macht der Vorsitzenden war begrenzt. Im Machtsystem der UdSSR standen die
Generalsekretare
oder auch die
Politburomitglieder
der
KPdSU
uber den Prasidiumsvorsitzenden, soweit diese nicht eine dieser Funktionen auch wahrnahmen. Zwischen 1977 und 1985 und ab 1988 bestand eine
Personalunion
von Generalsekretar und Prasidiumsvorsitzenden.
Seit 1977 hatte das Prasidium 39 Mitglieder, die vom Obersten Sowjet meist einstimmig auf Vorschlag des
Zentralkomitees der KPdSU
gewahlt wurden.
Verfahrensweise und Funktion des Prasidiums anderten sich erst unter
Gorbatschow
nach der Konstituierung des Kongresses der Volksdeputierten im Mai 1989 und des 1990 eingefuhrten Prasidialsystems. Im Marz 1990 entstand der Prasidialrat der UdSSR, der Anfang 1991 vom Sicherheitsrat der UdSSR abgelost wurde.
Vorsitzende des Prasidiums bzw. Obersten Sowjets (ab 1990) und zugleich Staatsoberhaupter der Sowjetunion (bis 1922 Sowjetrussland) mit nachfolgenden Bezeichnungen waren:
1922?1938: Vorsitzender des Zentralen Exekutivkomitees der Sowjets
1938?1989: Vorsitzender des Prasidiums des Obersten Sowjets
1989?1990: Vorsitzender des Obersten Sowjets
1990?1991: Amter des Vorsitzenden des Obersten Sowjets und des Staatsprasidenten waren getrennt
Am 14. Marz 1990 wurde durch Gesetz der
Prasidialrat
gebildet, dessen Aufgabe darin bestand, Maßnahmen fur die ?Realisierung von Grundrichtungen der Innen- und Außenpolitik und der Sicherheit der UdSSR“ auszuarbeiten. Seine Mitglieder wurden durch den Prasidenten ernannt.
ab 23. Marz 1990
- Tschingis Aitmatow
,
kirgisischer
Schriftsteller
- Wadim Bakatin
, Innenminister
- Waleri Boldin
, Stabschef des Prasidenten
- Alexander Jakowlew
, Berater Gorbatschows, Politburomitglied
- Weniamin Jarin
, Mitbegrunder der ?Vereinigten Front der Werktatigen“
- Dmitri Jasow
, Verteidigungsminister
- Albert Kauls
,
lettischer
Kolchosvorsitzender
- Wladimir Krjutschkow
, Vorsitzender des Geheimdienstes
KGB
, Politburomitglied
- Juri Masljukow
, Vorsitzender der Staatlichen Plankommission (
Gosplan
), Politburomitglied
- Juri Osipjan
, Physiker, Vizeprasident der
Akademie der Wissenschaften
- Jewgeni Primakow
, Vorsitzender des Unionssowjets des
Obersten Sowjets
, Berater Gorbatschows
- Walentin Rasputin
, Schriftsteller
- Grigori Rewenko
, Erster Sekretar des Kiewer Gebietskomitees der
Kommunistischen Partei der Ukraine
- Nikolai Ryschkow
, Vorsitzender des
Ministerrates
, Politburomitglied
- Stanislaw Schatalin
, Okonom, Mitglied der Staatlichen Kommission fur die Wirtschaftsreform
- Eduard Schewardnadse
, Außenminister, Politburomitglied
ab 17. Juli 1990
ab 3. November 1990
Nachdem sich das Gremium als handlungsunfahig erwies, wurde es am 26. Dezember 1990 durch ein Gesetz wieder aufgelost.
[1]
- Spuler:
Regenten und Regierungen der Welt.
Minister-Ploetz Bd. 4 u. 5, 1964 und 1972,
ISBN 3-87640-026-0
.
- Michail Gorbatschow:
Erinnerungen.
Siedler-Verlag, Berlin 1995,
ISBN 3-88680-524-7
.
- ↑
Christian Schmidt-Hauer:
Das Machtzentrum der Sowjetunion: Gorbatschows neue Garde
. In:
Die Zeit
, 27. April 1990.