Als
Population
wird in den
Biowissenschaften
die Gesamtheit aller
Individuen
, in der Regel derselben
Art
, bezeichnet, die in einem bestimmten
Areal
vorkommt. Infolge der
sozialen
Interaktionen
zwischen den Mitgliedern dieser Bevolkerungseinheit kommt es u. a. zu einer standigen Vermischung ihres Erbguts durch
Genfluss
. Populationen sind daher auch ein Ausgangspunkt von
evolutiven
Veranderungen der betreffenden Art.
[1]
Welches die im Einzelfall interessierenden Interaktionen sind, ist innerhalb der biologischen Fachdisziplinen nicht immer deckungsgleich. So wird beispielsweise in der
Populationsgenetik
speziell darauf abgehoben, dass die Individuen aufgrund ihrer Entstehungsprozesse miteinander verbunden sind. In der
Populationsokologie
wird speziell darauf abgehoben, dass sich die Individuen zur gleichen Zeit in einem einheitlichen Areal aufhalten. In der
Demographie
und
Epidemiologie
spielen neben Eigenschaften von Individuen und ihrer Variation, genetischen und arealgeographischen Faktoren insbesondere auch soziale Interaktionen bei der Definition von Populationen eine wesentliche Rolle.
[2]
[3]
Neben diesen spezifisch biologischen Definitionen wird auch innerhalb der Biologie haufig in einem rein
statistischen
Sinn von einer ?Population“ als einer (beliebig definierten)
Grundgesamtheit
gesprochen, aus der anhand von
Stichproben
bestimmte Eigenschaften und deren Verteilung ermittelt werden.
Bei der Betrachtung genetischer und evolutionsbiologischer Fragestellungen ist eine Population meist definiert als eine Gruppe von Individuen derselben Art, die bei der
geschlechtlichen (sexuellen) Fortpflanzung
untereinander paarungsfahig sind und, zumindest prinzipiell, gemeinsame Nachkommen haben konnen. Dabei kommt es nicht nur auf die genetische und physiologische Fahigkeit zur Paarung an, sondern es muss sich auch eine Gelegenheit dazu bieten. Individuen einer Art, die in raumlich vollstandig voneinander getrennten Lebensraumen leben und nur bei experimenteller Manipulation durch den Menschen, etwa im Labor oder in Gefangenschaft, Nachkommen produzieren konnen, werden also (meist) zur selben Art, aber nie zur selben Population gerechnet. Eine Art umfasst also im Regelfall viele Populationen, bei sehr kleinen Bestanden, etwa von
Lokalendemiten
, moglicherweise auch nur eine einzige. Leben Individuen nebeneinander im selben Lebensraum, die physiologisch untereinander paarungsfahig waren, dies aber in der Praxis niemals tun (genannt: reproduktive
Isolation
), gehoren sie nicht zur selben Population. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu okologisch definierten Populationen. Auch Arten, die sich uber ungeschlechtliche Fortpflanzung vermehren, bilden ? in diesem Sinne ? keine Population aus.
Eine so definierte Population besitzt im Regelfall keine scharfe Grenze. Raumlich getrennte Lebensraume tauschen nicht selten
migrierende
Individuen miteinander aus, da Individuen oder, bei festsitzenden Arten, zumindest Fortpflanzungseinheiten wie
Diasporen
, beweglich sind. Hier wird unterschieden zwischen Lokalpopulationen mit fast unbeschrankter Fortpflanzung untereinander und benachbarten Populationen, die seltener, aber uber langere Zeitspannen betrachtet doch regelmaßig genug, an der Fortpflanzung beteiligt sind. Dies wird dann eine
Metapopulation
mit mehreren Subpopulationen genannt.
In der Modellannahme wird vereinfachend oft angenommen, dass es zwischen Individuen derselben Population keinerlei Paarungsschranken gibt. Damit ist die Paarung zwischen ihnen im statistischen Sinne zufallig. Diese wird
Panmixie
genannt. Im Falle der Panmixie sind alle Individuen einer Population Bestandteil desselben
Genpools
. Jeder Unterschied zwischen Teilgruppen von ihnen, der durch Zufall (
Gendrift
) oder aufgrund gerichteter Umweltfaktoren (
Selektion
) auftreten mag, wird durch
Genfluss
immer wieder eingeebnet werden. Eine solche Population bildet eine evolutive Einheit aus. Das bedeutet: Ihre
Merkmale
und die Frequenz der
Allele
kann sich verandern (
Anagenese
). Sie kann sich aber nicht von selbst in zwei Populationen, die letztlich irgendwann getrennte Arten ergeben konnten, aufspalten (keine
Kladogenese
). Statistisch wird der Unterschied zwischen zwei Individuengruppen oft mit einer Form des
F-Tests
untersucht. Unterscheiden sich ihre Allelfrequenzen nur unterhalb eines gewissen Schwellenwerts, ist von Genfluss zwischen ihnen auszugehen. Tatsachlich sind verschiedene Testverfahren und unterschiedliche Schwellenwerte dafur in Gebrauch, ob zwei Gruppen als zwei Populationen oder als zwei Subpopulationen einer einzigen Population angesehen werden.
[2]
Dies hangt auch von der Fragestellung ab: Ein Evolutionsbiologe, der die Merkmalsdivergenz bei einem moglichen Vorgang der Artbildung untersucht, wird andere Schwellenwerte verwenden als ein Naturschutzbiologe, der das Aussterben von kleinen Lokalpopulationen einer bedrohten Art aufgrund genetischer Faktoren verhindern will.
Eine
Mendel
-Population
bilden Organismen mit sexueller Fortpflanzung.
Die
Populationsbiologie
untersucht unter anderem die
Populationsdichte
, die
Populationsdynamik
, die
Populationsokologie
und die
Populationsgenetik
.
- Werner Kunz:
Was ist eine Art? In der Praxis bewahrt, aber unscharf definiert.
In:
Biologie in unserer Zeit.
32, Nr. 1, 2002,
ISSN
0045-205X
, S. 10?19.
- ↑
Formuliert in Anlehnung an:
Klaus Immelmann
(Hrsg.):
Grzimeks Tierleben
. Sonderband Verhaltensforschung.
Kindler Verlag, Zurich 1974, S. 634
- ↑
a
b
Robin Waples, Oscar Gaggiotti (2006):
What is a population? An empirical evaluation of some genetic methods for identifying the number of gene pools and their degree of connectivity.
In:
Molecular Ecology.
15: 1419?1439,
doi:10.1111/j.1365-294X.2006.02890.x
.
- ↑
Nancy Krieger (2012):
Who and What Is a “Population”? Historical Debates, Current Controversies, and Implications for Understanding “Population Health” and Rectifying Health Inequities.
In:
Milbank Quarterly.
90 (4): 634?681.