Ein
Partisan
(
italienisch
partigiano
?Parteiganger“) ist ein
bewaffneter
Kampfer, der nicht zu den regularen
Streitkraften
eines
Staates
gehort. Die Bezeichnung
Guerilla
bezieht sich auf
Widerstandskampfer
seit den
Napoleonischen Feldzugen auf der Iberischen Halbinsel
und in anderen Weltteilen im spanischen Sprachraum.
Partisanen fuhren Kampfhandlungen in einem Gebiet durch, in dem eine andere regulare Gewalt (Armee oder Polizei des eigenen oder eines fremden Staates oder zivile Verwaltung) offiziell den Herrschaftsanspruch erhebt. Partisanen kampfen meist nur innerhalb ihres eigenen Staatsgebietes, aber nicht immer regional, wie sich im
Spanischen Unabhangigkeitskrieg
von 1808 bis 1812 mit der Entstehung der
Guerilla
, im
Russlandfeldzug 1812
, im
Spanischen Burgerkrieg
, im
Deutsch-Sowjetischen Krieg
, bei den
Titopartisanen
oder bei
Mao Zedong
zeigte. Partisanen gibt es sowohl in
Burgerkriegen
und innerstaatlichen Konflikten als auch als Teil einer
Widerstandsbewegung
gegen Eroberer, Besatzer oder
Kolonialisten
. Bereits 1785 veroffentlichte
Johann von Ewald
in Kassel seine
Abhandlung uber den kleinen Krieg
, welche auf seinen Erfahrungen mit den Aufstandischen in den nordamerikanischen Kolonien beruhte.
Partisanen sind im Allgemeinen nur mit leichten Waffen ausgerustet. Zu ihren Kampfmethoden zahlen
Sabotage
,
Spionage
, Angriffe auf kleinere militarische Verbande des Feindes und Bekampfung von
Kollaborateuren
. Sie operieren meistens aus der Deckung einer
Zivilbevolkerung
heraus, binden regulare Truppen und sind nur schwer greifbar, insbesondere aufgrund ihrer oft genauen Ortskenntnis und der Moglichkeit, in der Bevolkerung unterzutauchen.
Aus militarischer Sicht werden die Begriffe
Partisan
und
Guerillero
oft
synonym
verwendet. Die Widerstandskampfer in den von den
Achsenmachten
im
Zweiten Weltkrieg
besetzten europaischen Landern werden gewohnlich als Partisanen bezeichnet, die Befreiungskampfer antikolonialer Bewegungen in der Regel als Guerilleros.
[1]
Einen eigenen rechtlichen Status fur den
Partisanen
kennt das Volkerrecht nicht.
[2]
Nach der
Haager Landkriegsordnung
galten vier Mindestkriterien, um den Status als
Kombattant
zu begrunden und damit einerseits zu Kriegshandlungen berechtigt zu sein und andererseits im Fall der Gefangennahme den Status als
Kriegsgefangener
zu genießen:
[3]
- Uniformierung,
- offenes Tragen der Waffen,
- Kriegfuhrung nach Brauch,
- feste Strukturen.
In den beiden Zusatzprotokollen vom 8. Juni 1977 zu den
Genfer Konventionen
von 1949 wurden diese Anforderungen verandert, so dass allein das offene Tragen der Waffen beim militarischen Aufmarsch und Angriff ausreicht, um als Kombattant zu gelten.
[4]
Personen, die die genannten Kriterien nicht erfullen, sich aber dennoch an Kampfhandlungen beteiligen, genießen trotzdem den im Protokoll I, Art. 75 festgelegten Schutz, etwa vor vorsatzlicher Totung, Folter o. A. Sie tragen jedoch die Verantwortung fur Straftaten, die sie begangen haben, nach den zum Tatzeitpunkt geltenden Gesetzen. Dabei ist es notwendig, die Person auf frischer Tat zu ertappen: Ein Partisan, der zwar gegen die oben genannten Kriterien verstoßen hat, aber erst nach erfolgreich verubter Tat in die Hande des Feindes fallt, verliert dadurch seinen Status nicht (
riskante Kriegfuhrung
).
Die
Haager Landkriegsordnung
(LKO) von 1907 hat in Anlehnung an die
Franc-tireurs
(franzosische Freischarler des
Deutsch-Franzosischen Krieges von 1870/71
) einen Kompromiss gesucht: Als Bedingung dafur, dass der improvisierte Krieger mit improvisierter Uniform als Kombattant im volkerrechtlichen Sinne anerkannt wird, verlangt die LKO verantwortliche Vorgesetzte, ein weithin sichtbares Abzeichen und offenes Tragen von Waffen.
Die LKO von 1907 wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch die vier
Genfer Konventionen
(12. August) von 1949 weitergefuhrt. Auch einige Facetten des Partisanen wurden nun den regularen Kampfern gleichgestellt und haben deren Rechte. Handelt eine der beiden Parteien gegen dieses im Kriegsrecht definierte Angriffsverbot, tritt nach ublicher Sicht das Recht auf Selbstverteidigung an seine Stelle. Werden Soldaten also von Nichtkombattanten angegriffen, durfen sie mit den ihnen zur Verfugung stehenden Waffen zuruckschlagen ? gegebenenfalls zum Schaden unbeteiligter Zivilisten (
Kollateralschaden
).
In einigen Staaten, etwa den
Niederlanden
oder
Belgien
, besteht die Ansicht, dass im Falle eines
Angriffskriegs
, da dieser dem
Volkerrecht
widerspricht, eine
Widerstandspflicht
gegen die illegale
Besetzung
bestehe. Entsprechend waren Angehorige der Widerstandsbewegung als Kombattanten zu behandeln, wenn sie die entsprechenden Kriterien erfullen. Die Erschießung von Angehorigen der belgischen
Armee secrete
oder der niederlandischen
Binnenlandse Strijdkrachten
wurde daher als Mord gewertet, ebenso die von Angehorigen der
Forces francaises de l’interieur
, die bei der Befreiung Frankreichs auf der Seite der Alliierten kampften (Bauer-Fall;
Rauter
-Fall).
In der Verteidigungsdoktrin der
Roten Armee
war der Partisanenkampf bis Mitte der 1930er Jahre fest eingeplant. In der jugoslawischen Armee wurde der Partisanenkampf nach
1945
zur Hauptstrategie erhoben, und die franzosische Resistance sah auch den Kampf gegen Kollaborateure als ihre Aufgabe an. Auch in Italien (
Resistenza
) und in Griechenland (
Andartis
,
ELAS
,
DSE
) spielten im Widerstand gegen die deutsche Besatzung und im
Griechischen Burgerkrieg
Partisanen eine entscheidende Rolle.
Einheiten von
SS
,
Wehrmacht
und
Ordnungspolizei
verubten zahlreiche
Massaker
an der Zivilbevolkerung bei der Bekampfung tatsachlicher oder vermeintlicher Partisanen (
Bandenbekampfung
). Der Partisanenkrieg in der Sowjetunion kostete etwa eine halbe Million Menschenleben und zahlt zu den großten
Verbrechen der Wehrmacht
.
[5]
Die Grundlage fur das Vorgehen gegen die
sowjetischen Partisanen
schuf dafur der
Kriegsgerichtsbarkeitserlass
Barbarossa
, der am 14. Mai 1941 vom
OKW
erlassen und von Generalfeldmarschall
Wilhelm Keitel
unterzeichnet wurde. Dieser sah vor,
Freischarler
?durch die Truppe im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen“, auch ?alle anderen Angriffe feindlicher Zivilpersonen […] auf der Stelle mit den außersten Mitteln bis zur Vernichtung des Angreifers niederzumachen“. Bis zum Kriegsgerichtsbarkeitserlass waren in den deutschen Vorschriften und Gesetzen gegen Freischarler kriegsgerichtliche Verfahren vorgesehen.
[6]
Dieser Erlass ermoglichte es nun, unter dem Vorwand der Partisanenbekampfung (damaliger Begriff
Bandenkampf
) einen
volkerrechtswidrigen
Vernichtungskrieg
zu fuhren. Er setzte an die Stelle der herkommlichen Militarjustiz uber die Zivilbevolkerung die ?sofortige Selbsthilfe“ in Form der Selbstjustiz der Truppe. Zugleich wurde den deutschen Soldaten in diesem Erlass Straffreiheit fur
Verbrechen
, die im Rahmen des Angriffs auf die Sowjetunion begangen wurden, zugesagt. Die Partisanen selbst setzten sich allerdings durch ihre Verbundenheit zu der Sowjetunion fur eine ahnliche Vorgehensweise ein, welche im historischen Kontext nicht außer Acht zu lassen ist (siehe
Stalinistische Sauberung
).
Dass die Partisanenbekampfung schon 1941 auch als ein willkommener Vorwand fur die Ausrottungspolitik gesehen wurde, belegt folgende Aussage Hitlers aus einer geheimen Besprechung mit fuhrenden NS-Großen:
?Die Russen haben jetzt einen Befehl zum Partisanenkrieg hinter unserer Front gegeben. Dieser Partisanenkrieg hat auch wieder seinen Vorteil: er gibt uns die Moglichkeit, auszurotten, was sich gegen uns stellt.“
[7]
Auf dem Hintergrund dieser Auffassung wurden in der Folge insbesondere Juden als ?Partisanen“ ermordet. Am 8. Juli 1941 außerte
Heinrich Himmler
bei einer Besprechung mit SS- und Polizeioffizieren in
Białystok
, dass ?grundsatzlich jeder Jude als Partisan anzusehen“ sei.
[8]
Ab 1942 wurde der Widerstand der sowjetischen Partisanenarmee hinter den deutschen Linien zunehmend zu einer ernsthaften Bedrohung fur die Wehrmacht, da er vor dem Krieg in den Planungen nicht berucksichtigt worden war und lange unterschatzt wurde. Der Kampf zwischen Wehrmacht und Partisanen wurde ab 1942 von beiden Seiten mit unerbittlicher Harte und verbrecherischen Handlungen gegen den Gegner sowie die Zivilbevolkerung gefuhrt.
[9]
Die Wehrmacht uberschritt den ohnehin schon relativ weiten Spielraum der legalen Partisanenbekampfung haufig in exzessiver und somit verbrecherischer Weise. Nicht nur tatsachliche Partisanen, auch vorgebliche ?Partisanenhelfer“ und ?Partisanenverdachtige“ wurden wahllos getotet, oft ohne jegliche Untersuchung oder Beweise.
[10]
Die Partisanenbekampfung betraf zunehmend mit der Partisanentatigkeit in keinem Zusammenhang stehende Personen, Ortschaften, und Bevolkerungsgruppen. Die judische Bevolkerung wurde pauschal mit ?dem Partisanen“ gleichgesetzt bzw. als dessen Helfer eingestuft und ermordet. Ferner ist anzumerken, dass trotz Stalins Aufruf zum Partisanenkampf vom 3. Juli 1941 selbiger lange nicht in Schwung kam und es sich bei im ruckwartigen Heeresgebiet aufhaltenden Rotarmisten meist um unorganisierte Soldaten handelte, welche sich oft nur aus Angst vor den Deutschen versteckten. In Hinsicht auf die ?Bekampfung“ dieser Personen spricht
Hannes Heer
fur den Zeitraum 1941 bis 1942 sogar von einem ?Partisanenkampf ohne Partisanen“.
[11]
Insgesamt wird die Zahl der Menschen, die bei der deutschen Partisanenbekampfung ermordet wurden, auf 345.000 geschatzt. Wenig mehr als 10 Prozent davon sollen tatsachlich Partisanen gewesen sein. 142.000 Menschen, darunter 14.000 Juden, wurden allein bei 55 Großaktionen getotet.
[12]
Diese 55 Großaktionen lagen allesamt auf dem Gebiet des deutsch besetzten Weißrussland, bei denen es vordergrundig darum ging, der Partisanentatigkeit durch Verwustung des Hinterlandes die Grundlage zu entziehen. Dabei war die Vernichtung der Zivilbevolkerung von vornherein eingeplant. Die beiden schlimmsten dieser Vernichtungsaktionen waren das im Februar 1943 durchgefuhrte
Unternehmen Hornung
und das drei Monate spater erfolgte
Unternehmen Cottbus
. Alleine schon die erstgenannte Aktion brachte uber 12.000 Menschen, darunter 3300 Juden, den Tod, wahrend die Zahl der Todesopfer der deutschen Truppen bei dieser sog. Partisanenbekampfung marginal blieb.
[13]
So wurde in den
Meldungen aus den besetzten Ostgebieten
Nr. 46 vom 19. Juni 1943 fur das Unternehmen Hornung zwei deutsche Tote und 27 ?fremdvolkische“ Tote, Angehorige der sog.
Schutzmannschaften
, die auf deutscher Seite eingesetzt wurden, gezahlt.
[14]
Das
Oberkommando der Wehrmacht
gab am 6. Mai 1944 das Merkblatt 69/2
Bandenbekampfung
heraus, das u. a. von den Operationsabteilungen der Generalstabe des Heeres und der Luftwaffe, den Abteilungen
Fremde Heere Ost
und
Fremde Heere West
, der
Abwehr
und mutmaßlich auch der
Waffen-SS
entwickelt worden war. Dieses
Handbuch
kam aufgrund der veranderten Kriegslage zwar kaum noch zur Anwendung, spielte aber eine bedeutende Rolle im
Diskurs
uber
Strategie
und
Taktik
im
Guerillakrieg
in der Fruhzeit des
Kalten Krieges
. Es wurde 1956 im Auszug von den britischen Offizieren C. Aubrey Dixon und
Otto Heilbrunn
in ihrem Werk
Partisanen. Strategie und Taktik des Guerillakrieges
[15]
als Anhang veroffentlicht. 2016 edierte der ehemalige Chefhistoriker des
United States Marine Corps
, Charles D. Melson, das Merkblatt vollstandig in englischer Ubersetzung unter dem Titel
Fighting the guerilla bands
.
Vergeltungsaktionen wurden zur Tatzeit unter Berucksichtigung von Kriegsvolkerrecht als gewohnheitsrechtlich erlaubt angesehen, selbst mit einer ?Repressalquote“ von zehn zu eins.
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]
Nach gelauterter Auffassung des
Bundesgerichtshofs
ist die Erschießung einer Vielzahl wehrloser, an dem mit einer ?Vergeltungsaktion“ zu ahndenden Geschehen individuell nicht unmittelbar beteiligter Personen ohne wie auch immer geartete Aburteilung als derart menschenverachtend einzustufen, dass sie nur als rechtswidrig zu werten ist.
[21]
Die Berufung auf einen entschuldigenden
Befehlsnotstand
nach § 47
Militarstrafgesetzbuch
(MStGB) komme bei einem offensichtlich verbrecherischen Befehl nicht in Betracht, wenn der Angeklagte den offensichtlich verbrecherischen Charakter des ihm erteilten Befehls auch positiv erkannte. Eine Verurteilung wegen Mordes setzt jedoch auch die Feststellung der subjektiven Voraussetzungen eines
Mordmerkmals
wie Grausamkeit oder niedrige Beweggrunde voraus.
[22]
[23]
Als Lied der Partisanenbewegung ist insbesondere das Lied der
italienischen Partisanen
Bella Ciao
bzw.
O partigiano
bekannt. Die uberlieferten Texte fanden ? ursprunglich in italienischer und spater in deutscher Sprache ? nach 1945 internationale Verbreitung. Sie wurden in politisch engagierten Kreisen, aber auch uber Liederbucher wie
Der Zupfgeigenhansl
verbreitet und aufgenommen.
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Regimekritik, Widerstand und Verfolgung in Deutschland und den besetzten Gebieten. Meldungen und Berichte aus dem Geheimen Staatspolizeiamt, dem SD-Hauptamt der SS und dem Reichssicherheitshauptamt 1933?1945.
Erschließungsband zur Mikrofiche-Edition. K.G. Saur, Munchen 2003,
ISBN 3-598-34418-X
(Dokumentation).
- Andreas Emmerich:
Der Partheyganger im Kriege oder der Nutzen eines Corps leichter Truppen fur eine Armee
, 1789, unter Herzog
Ferdinand von Braunschweig
im
Siebenjahrigen Krieg
und im
Amerikanischen Unabhangigkeitskrieg
auf englischer Seite. Englischer Originaltext:
The Partisan in War
(PDF; 388 kB);
Rezension
.
- Merkblatt 18/2 des Oberkommandos des Heeres ? Vorlaufige Richtlinien fur Sicherungsmaßnahmen der Truppentransporte und Urlauberzuge in bandengefahrdeten Gebieten ? 15. April 1943.
ISBN 978-3-7504-3242-0
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Chicago (Ivan R. Dee) 2011,
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Ingo von Munch
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Geschichte vor Gericht. Der Fall Engel
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BGH, Beschluss vom 17. Juni 2004 ? 5 StR 115/03
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BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2010 ? 1 StR 57/10
IV. 1. b)