Ottorino Respighi, Fotografie von 1934
Ottorino Respighi
(*
9. Juli
1879
in
Bologna
; †
18. April
1936
in
Rom
) war ein
italienischer Komponist
. Er gilt als fuhrender Vertreter der neueren italienischen
Instrumentalmusik
.
Respighi war der Sohn eines Klavierlehrers und erhielt als Kind
Violin
- und
Klavier
unterricht. Von 1891 bis 1899 studierte er am
Liceo musicale
in Bologna Violine und
Viola
bei Federico Sarti sowie
Komposition
bei
Luigi Torchi
und
Giuseppe Martucci
.
Nach seinem Abschluss am
Liceo
hatte er eine kurze Anstellung als
Bratschist
im Orchester der Stadt Bologna und nahm dann 1900/01 und nochmals 1902/03 ein Engagement an die
Opera Italiana
im Theater in
Sankt Petersburg
an. Dort begegnete er
Nikolai Rimski-Korsakow
, bei dem er einige Kompositionsstunden nahm und dessen farbige Orchesterbehandlung ihn stark beeinflusste. Von 1903 bis 1908 arbeitete er wieder als Orchestermusiker in Bologna und trat dabei zunehmend mit eigenen Kompositionen sowie mit Bearbeitungen
barocker
Werke hervor. Ein zweiter Aufenthalt in Berlin 1908/09, wo er seinen Lebensunterhalt als
Pianist
an der Gesangsschule Gardine-Gerster verdiente, weitete seinen musikalischen Horizont nochmals und brachte ihm erste kompositorische Anerkennung außerhalb Italiens ein.
Mit der Auffuhrung seiner
Solokantate
Aretusa
1911 wandte sich Respighi verstarkt der
Klavierbegleitung
zu. Da seine Hoffnung auf eine feste Anstellung am
Liceo musicale
in Bologna nicht in Erfullung ging, nahm er 1913 eine
Professur
fur Komposition am
Liceo musicale di S. Cecilia
in Rom an. Zu seinen Schulern gehorte ab 1915 die Komponistin und Sangerin
Elsa Olivieri Sangiacomo
, die Respighi 1919 heiratete. Die Ehe blieb kinderlos.
Respighis endgultiger Durchbruch als Komponist gelang 1916 mit der sehr erfolgreichen Auffuhrung seiner
Fontane di Roma
. 1923 wurde er Direktor des
Conservatorio di S. Cecilia
(wie das
Liceo musicale di S. Cecilia
seit 1919 hieß), gab diese Position jedoch 1926 wieder auf, da sie ihm nicht genugend Zeit zum Komponieren ließ. Seine Lehrtatigkeit setzte er aber bis 1935 fort.
In seinen spateren Jahren unternahm Respighi zahlreiche Reisen im In- und Ausland zur Auffuhrung seiner Werke, wobei er sowohl als
Dirigent
als auch als Klavierbegleiter (meist seiner Frau), gelegentlich auch als Solopianist auftrat. Seine Musik erfreute sich auch bei der
faschistischen
Regierung großer Beliebtheit, ohne dass sich Respighi jedoch enger mit ihr einließ.
Grab von Ottorino Respighi in Certosa di Bologna, Italien
Ab 1933 konnte Respighi aus gesundheitlichen Grunden keine Werke mehr vollenden. Er starb im Alter von knapp 57 Jahren an einem Herzleiden. Seine Frau
Elsa
uberlebte ihn um 60 Jahre und kummerte sich wahrend dieser Zeit intensiv um die Pflege seines musikalischen Erbes.
Nach eher
klassizistischen
Fruhwerken erweiterte sich Respighis Musiksprache nach dem Aufenthalt in Russland. Freie Form, erweiterte Harmonik und eine große Bandbreite im musikalischen Ausdruck bestimmten von nun an die Kompositionen. Nach
Piero Santi
ordnet man Respighi zusammen mit
Ildebrando Pizzetti
,
Gian Francesco Malipiero
und
Alfredo Casella
der
?Generazione dell’ottanta“
(Generation der um 1880 Geborenen) zu. Diese Komponisten traten gegen die Ubermacht der
veristischen Oper
von z. B.
Giuseppe Verdi
und einen aus ihrer Sicht zu starken Einfluss aus Frankreich und Deutschland auf die italienische Opernkultur ein und forschten in Bibliotheken und Archiven nach Quellen alterer italienischer Musik, die sie dann in ihren Werken zu einer zeitgenossischen Musikkultur, die auch Einflusse aus ganz Europa einfließen ließ, verarbeiteten.
[1]
Respighi selbst offnete sich in seiner Musik z. B. der
Bitonalitat
. Seine Orchesterwerke lassen Einflusse des franzosischen
Impressionismus
erkennen; die Klangsprache von
Maurice Ravel
war ihm sehr nahe. Doch Respighi war auch ein Vertreter des Klassizismus in Italien. Anders als in Frankreich, wo die Gruppe
Les Six
eine Neue Einfachheit propagierte, die vor allem die Leichtigkeit der
Wiener Klassik
wiedererweckte, wendete sich Respighi vor allem der italienischen Musik des
Barock
und der
Renaissance
zu, deren Musik er z. T. in ein neues Klanggewand goss (Orchester
suite
Gli Uccelli
[
Die Vogel
]) oder benutzte, um Werke
in
stile antico
wie z. B.
Antiche danze ed arie
per liuto
[2]
zu schreiben.
- Re Enzo
(dt.
Konig Enzo
; 1905). Komische Oper in drei Akten.
Libretto
: Alberto Donini. UA 12. Marz 1905, Bologna (Teatro del Corso).
- Al mulino
(1908). Fragment, unaufgefuhrt.
- Semirama. Poema tragico
(1910). Drei Akte. Libretto: Alessandro Cere. UA 1910 Bologna (Teatro comunale).
- Marie Victoire
(1912?1914). Oper in vier Akten (funf Bildern). Libretto: Edmond Guiraud (1912?1914; nach seinem gleichnamigen Schauspiel, UA 1911 Paris). UA 27. Januar 2004, Rom (Teatro dell’Opera); DEA 9. April 2009, Berlin (
Deutsche Oper
).
- La bella addormentata nel bosco. Fiaba musicale
(auch
La bella dormente nel bosco
, dt.
Dornroschen
; 1916?1921). Drei Akte. Libretto: Gian Bistolfi, nach
Charles Perrault
. UA 1922 Rom (Teatro Odescalchi).
- Belfagor. Commedia lirica
(1921?1922). Prolog, zwei Akte und Epilog. Libretto: Claudio Guastalla, nach Ercole Luigi Morselli. UA 1923 Mailand (
Teatro alla Scala
).
- La campana sommersa
(dt.
Die versunkene Glocke
; 1925?1926). Oper in vier Akten. Libretto: Claudio Guastalla, nach
Gerhart Hauptmann
. UA (in deutscher Textfassung von Werner Wolff) 18. November 1927, Hamburg (
Staatsoper
). Italienische Erstauffuhrung: April 1929, Rom (Teatro dell’Opera).
- Maria egiziaca
(dt.
Die agyptische Maria
; 1931?1932). Mysterium in einem Akt (drei Episoden). Libretto: Claudio Guastalla. UA 1932 New York und Venedig.
- La fiamma. Melodramma
(dt.
Die Flamme
; 1933). Drei Akte (vier Bilder). Libretto: Claudio Guastalla, nach
Hans Wiers-Jenssen
. UA 1934 Rom (Teatro dell’Opera).
- Lucrezia. Istoria
(1935/1936). Ein Akt (drei Szenen). Libretto: Claudio Guastalla. Fragment, erganzt von
Elsa Respighi
. UA Mailand 1937 (Teatro alla Scala).
- La boutique fantasque
(dt.
Der Zauberladen
; 1918). Ballett auf Themen von
Gioachino Rossini
. UA 1919 London (Alhambra Theatre)
- Scherzo veneziano. Azione coreografica
(1920). Libretto: Ileana Leonidov. UA 1920 Rom (Teatro Costanzi)
- Sevres de la vieille France
(1920). Ballett auf franzosische Themen des 17. und 18. Jahrhunderts. UA 1920 Rom (Teatro Costanzi)
- La pentola magica. Azione coreografica
(dt.
Der Zaubertopf
; 1920). Auf russische Volksliedthemen. UA 1920 Rom (Teatro Costanzi)
- Scherzo veneziano. Commedia coreografica
(1920)
- Gli uccelli
(dt.
Die Vogel
; 1928). Ballett auf Themen des 17. und 18. Jahrhunderts. UA 1933 San Remo (Casino municipale)
- Belkis, regina di Saba
(dt.
Belkis, Konigin von Saba
; 1931). Ballett in 7 Bildern. Libretto: Claudio Guastalla. UA 1932 Mailand (Teatro alla Scala)
- Romische Trilogie
, bestehend aus
- Fontane di Roma
(dt.
Die Brunnen von Rom
; 1916) ? La Fontana in Valle Giulia all’ Alba; La Fontana di Tritone al Mattino; La Fontana di Trevi al Meriggio; La Fontana di Villa Medici al Tramonto.
- Pini di Roma
(dt.
Die Pinien von Rom
; 1924) ? Die Pinien der Villa Borghese; Pinien in der Nahe einer Katakombe; Die Pinien auf dem Gianicolo; Die Pinien der Via Appia.
- Feste Romane
(dt.
Romische Feste
; 1928) ? Circenses, Das Jubilaum; Ottobrata; Befana.
- Vetrate di Chiesa
(dt.
Kirchenfenster
; 1926) ? Die Flucht nach Agypten; Der Erzengel Michael; Die Fruhmette der hl. Klara; St. Gregor der Große.
- Gli uccelli
(dt.
Die Vogel
; 1927)
- Impressioni brasiliane
(dt.
Brasilianische Impressionen
; 1927)
- Trittico Botticelliano
(dt.
Drei Bilder von Botticelli
; 1927)
- Christus
, Biblische Kantate (1900)
- Klavierkonzert
in a-Moll (1902)
- Burlesca
fur Orchester (1906)
- Pastorale
fur Violine und Streicherensemble (1908)
- Sinfonia drammatica
(1914)
- Drei Suiten
Antiche danze ed arie
per liuto
(dt.
Alte Tanze und Weisen fur Laute
; 1916/1923/1931) Transkription und Bearbeitung fur Orchester
- Adagio con Variazioni
fur Violoncello und Orchester (1921)
- Concerto gregoriano
fur Violine und Orchester (1921)
- Concerto all’antica
fur Violine und Orchester (1923)
- Rossiniana
, Orchestersuite nach Gioachino Rossini (1925)
- Concerto in modo misolidio
fur Klavier und Orchester (1925)
- Toccata
(1928)
- Metamorphoseon, Modi XII
(1930)
- Lauda per la nativita del signore
fur gemischten Chor, Soli und Orchester (1930)
- Concerto a cinque
fur Oboe, Trompete, Violine, Kontrabass, Klavier und Streicherensemble (1933)
- Klavierquintett f-Moll
- Streichquartett D-Dur
- Suite fur Orgel und Streicher
- Orgelmusik
- Lieder
- ?Variazioni“ fur Gitarre, Manuskript undatiert, entstanden wahrscheinlich um 1909; Neuausgabe bei Ricordi
- Bearbeitungen von Werken alter Meister, zum Beispiel
Passacaglia in c-Moll
nach einer
Vorlage von Johann Sebastian Bach
(1930)
- ↑
Beitext von Christian Kuhnt zur CD
Respighi ? Antiche danze de Arie ? Trittico Botticelliano ? Gli Ucelli, The Saint Paul Chamber Orchestra, Hugh Wolff
, 1994, Teldec 4509-91/729-2
- ↑
In diesem Werk greift Respighi auf von dem italienischen Musikwissenschaftler Oscar Chilesotti editierte Ubertragungen von Lauten- und Gitarrentabulaturen des 16. und 17. Jahrhunderts von u. a. Simone Molinaro,
Vincenzo Galilei
,
Ludovico Roncalli
,
Giovanni Batista Besardo
und anonymen Komponisten der damaligen Zeit zuruck. Im Untertitel nennt Respighi das Werk dann auch
Trascrizione libera per orchestra
(freie Transkription fur Orchester).