Otto von Freising

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Otto von Freising , auch Otto I. von Osterreich (* um 1112 vermutlich in Klosterneuburg bei Wien ; † 22. September 1158 im Zisterzienserkloster Morimond in Frankreich ), war seit 1138 Bischof von Freising und einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber des Mittelalters .

Darstellung Ottos von Freising im Brunnenhaus des Stiftes Heiligenkreuz bei Wien
Otto als Bischof von Freising, im Hintergrund die Bischofsstadt Freising ( Babenberger-Stammbaum , um 1490, Stift Klosterneuburg )
Otto von Freising auf einem Gemalde im Furstengang Freising
Wappentafel von Otto von Freising im Furstengang Freising
Denkmal fur Otto von Freising auf dem Freisinger Domberg von Caspar von Zumbusch
Kirchenfenster von Martin Hausle in der Pfarrkirche Liesing

Otto von Freising wurde um 1112 als funfter Sohn des heiliggesprochenen Babenbergers Leopold III. , Markgraf von Osterreich, und der Tochter Kaiser Heinrichs IV. , Agnes von Waiblingen , geboren. Unter seinen Brudern waren Leopold IV. , Herzog von Bayern, Heinrich II. , Herzog von Osterreich, und Konrad II. , Erzbischof von Salzburg . Seine Halbbruder aus der ersten Ehe seiner Mutter mit Friedrich I. von Schwaben waren Konig Konrad III. und Herzog Friedrich II. von Schwaben , der Vater von Kaiser Friedrich Barbarossa .

Seine erste Ausbildung erhielt er im Chorherrenstift Klosterneuburg , das sein Vater 1114 gegrundet hatte. Im Jahr 1126 wurde er von diesem zum Propst des Stiftes ernannt. Noch im gleichen oder im nachsten Jahr begab sich Otto zu Studien nach Frankreich, vor allem nach Paris , das sich als Zentrum der damals neuartigen Scholastik (im Gegensatz zur gangigen Monastik ) etabliert hatte. Otto verbrachte dort sechs Jahre und horte dabei Peter Abaelard , Hugo von St. Viktor und Gilbert de la Porree .

Im Jahr 1132 trat er zusammen mit 15 zum Teil hochgeborenen deutschen Studienkollegen in den Orden der Zisterzienser ein und kam als Novize in das Kloster Morimond in der Champagne . Sechs Jahre spater, im Jahr 1138, wurde er als 26-jahriger Monch zu dessen Abt gewahlt. Doch schon am Tag darauf erhielt er durch Konig Konrad III. die Ernennung zum Bischof von Freising und bemuhte sich von da an um die Erneuerung des kirchlichen Lebens in seiner Diozese und deren Klostern, von denen er Schaftlarn ( Pramonstratenser ), Schlehdorf ( Augustiner-Chorherren ) und Innichen ( Benediktiner ) eine neue Ordnung gab. Den Freisinger Dom befreite er von druckender weltlicher Vogtei , die Domschule fuhrte er zu einer beachtlichen Bedeutung. Die Kloster Schliersee (Kollegiatstift) und Neustift (Pramonstratenser) bei Freising grundete er neu. Merkwurdigerweise waren dies jedoch keine Zisterzienserkloster.

In der Zeit des Investiturstreites geriet er fast zwangslaufig in Konflikt mit den Wittelsbachern , vermittelte aber aufgrund seiner kaiserlichen Verwandtschaft erfolgreich in den Streitigkeiten zwischen Staufern , Babenbergern und Welfen . Er beteiligte sich auf den Ruf des Bernhard von Clairvaux hin als geistlicher Reichsfurst auch aktiv am Zweiten Kreuzzug , konnte jedoch zu dessen Ende hin nur mit Muhe mit einer kleinen Schar von Getreuen entkommen. Im Auftrag Konrads III. war er auch diplomatisch tatig: Er unternahm unter anderem drei Reisen nach Rom , unter Kaiser Friedrich Barbarossa war er bei der Beilegung des Streites mit Papst Hadrian IV. beteiligt. Sein Ideal, auch in der Frommigkeit, war das Maßhalten. Bernhard von Clairvaux blieb ihm zeit seines Lebens zuinnerst fremd.

Im Jahre 1157 wurde Otto von Kaiser Friedrich Barbarossa offiziell damit beauftragt, die Taten des Kaisers ( Gesta Friderici Imperatoris ) aufzuzeichnen. Otto konnte sein Werk nicht mehr vollenden. Er starb am 22. September 1158 auf dem Weg zum Generalkapitel nach Citeaux in seinem vormaligen Kloster Morimond . Otto wurde zunachst in der Klosterkirche von Morimond beigesetzt. Bis zum 17. Jahrhundert stand das Grab Ottos von Freising uber dem Boden erhaben und frei sichtbar vor dem dortigen Hochaltar . [1]

Heute befindet sich ein Reliquienschrein mit Knochen, die fur die des Seligen gehalten werden, in der Anbetungskapelle der Stiftskirche von Heiligenkreuz im Wienerwald .

In der Geschichte der Philosophie gilt Otto von Freising als einer der ersten, die den neuentdeckten Aristoteles nach Deutschland brachten. Von seinem literarischen Schaffen sind nur Bruchstucke erhalten. Verloren gingen seine philosophischen Schriften und seine Korrespondenz. Als Zisterzienser war Otto den religiosen Idealen und der Geisteswelt seiner Epoche aufs Engste verbunden, als Geschichtsschreiber schuf er die uberragenden Werke der fruhstaufischen Historiographie . Durch seine Verwandtschaft mit dem Kaiserhaus wurde ihm eine besondere Einsicht in Geschichte und Politik zuteil, wie sie nur wenigen seiner Zeitgenossen gegeben war. Otto gilt als einer der großten Geschichtsschreiber des hohen Mittelalters .

Sein erstes Werk, die Chronica sive Historia de duabus civitatibus , d. h. Die Geschichte der zwei Staaten , ist dem Werk De civitate Dei des Kirchenvaters Augustinus von Hippo nachempfunden. Es handelt sich um eine Weltgeschichte in 7 Buchern, im 8. Buch entfaltet Otto seine Vision des Jungsten Gerichts . Otto schrieb an diesem Werk zwischen 1132 und 1146 und uberarbeitete es nochmals im Jahr 1157. Das Werk wurde ein Hohepunkt der Geschichtsschreibung im Mittelalter: Es widmet sich der Umformung augustinischer bzw. platonischer Ideen, vor allem der Zweistaatentheorie. Im Mittelpunkt stehen die Weltreiche, die wie alle Kultur vom Osten nach dem Westen wandern und im Imperium Romanum ihre endgultige Gestalt bis zum Weltende finden. Entscheidend dabei ist, dass die Ecclesia Christi, die Kirche Christi , sich mit dem Imperium Romanum verbindet und so zur Civitas Dei wird, die vollkommene Harmonie der geistlichen und weltlichen Gewalt. Damit erfahrt die Civitas Dei im Gegensatz zu der des Heiligen Augustinus eine Verwirklichung auf Erden. Die Bedeutung des Werkes liegt somit in seiner geschichtstheologischen Dimension, die Augustinus’ Lehre von den zwei Civitates deutlich erweitert. Ein im 12. Jahrhundert konzipierter Bilderzyklus ist in zwei fruhen Kopien des Textes uberliefert. [2]

Um 1156 begann Otto die Gesta Friderici Imperatoris , d. h. Die Taten Kaiser Friedrichs Barbarossa . Unter dem Eindruck der hoffnungsvollen Regierung des Kaisers verfasste er die beiden ersten Bucher: Buch 1 behandelt die Zeit von Heinrich IV. bis Konrad III. , im Gegensatz zur Anschauung im Chronicon als Zeit der Vorbereitung der kommenden kaiserlichen Machtfulle unter Friedrich Barbarossa gedeutet. Buch 2 beschreibt Barbarossas Geschichte von 1152 bis 1158. Otto verwendete hier zum Teil wortlich, zum Teil auszuglich viele kaiserliche Aktenstucke als Quelle . Otto konnte nur die ersten beiden Bande beenden. Noch vor seinem Tod (1158) hatte er in weiser Vorausahnung seinen Schuler Rahewin beauftragt, sein Werk zu vollenden. Rahewin schrieb den dritten und vierten Band. Ein weiterer Fortsetzer war Otto von St. Blasien .

Die Gesta sind geschichtsphilosophisch weniger gedankentief, vermitteln aber hochst lebendige Charakteristiken kirchengeschichtlich bedeutsamer Personlichkeiten, unter anderem von Abaelard und Arnold von Brescia . In Bezug auf Barbarossa ist der Text nicht frei von subjektiven Formulierungen. Gerade die Darstellung der Staufer ist klar mit einer Zielsetzung verbunden, die man ? modern ausgedruckt ? propagandistisch nennen konnte. Otto ging es darum, das Haus Staufen in einem Licht darzustellen, das es zum Erfuller des gottlichen Willens pradestinierte.

Im Zisterzienserorden wird Otto seit langem als Seliger verehrt. Sein Gedenktag ist in der Erzdiozese Wien und im Erzbistum Munchen-Freising mit Genehmigung der romischen Ritenkongregation seit 1973 der 7. September. [3] Ein Standbild des Seligen befindet sich im Freisinger Dom. In der Anbetungskapelle der Abteikirche des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz befindet sich ein Reliquiar, das Gebeine des Seligen beinhalten soll. Im Zelebrationsaltar des Munsters St. Kastulus in Moosburg wurde eine Reliquie des Seligen Otto eingesetzt. 1995 wurde ihm auf dem Gelande des ehemaligen Klosters Morimond eine Gedenk stele errichtet. [4] Auf der Korbinianbrucke in Freising erinnert eine Bruckenfigur an ihn. Er wird haufig in Kirchenfenstern dargestellt, meist als schreibender Bischof, wie etwa in der Pfarrkirche Liesing und der Otto-von-Freising Kapelle in Gaaden .

Bemerkenswerterweise genießt dieser Selige bei Geschichtsschreibern und Germanisten eine großere Verehrung als beim katholischen Volk seiner Heimat. In diesem Zusammenhang entstand eine dem sel. Otto gewidmete Gedenktafel in der Walhalla bei Regensburg .

Kritische Editionen

Ubersetzungen

  • Otto Bischof von Freising: Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten (= Ausgewahlte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Bd. 16). Ubersetzt von Adolf Schmidt, herausgegeben von Walther Lammers. 4. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00174-5 (lateinisch/deutsch).
  • Bischof Otto von Freising und Rahewin: Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica (= Ausgewahlte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Bd. 17). Ubersetzt von Adolf Schmidt, herausgegeben von Franz-Josef Schmale . 4., gegenuber der 3. um einen Nachtrag von Fabian Schwarzbauer erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-01418-9 (lateinisch/deutsch).
Commons : Otto von Freising  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Leopold Grill : Ergebnis der Suche nach dem Grab Ottos von Freising. In: Annalen des Naturhistorischen Museums. Band 77, 1973, S. 421?424 ( zobodat.at [PDF]).
  2. Vgl. Franz Nagel: Die Weltchronik des Otto von Freising und die Bildkultur des Hochmittelalters , Marburg 2012.
  3. Erzdiozese Wien, Direktorium (PDF-Datei; 2,6 MB).
  4. Peter Pfister und Friedrich Wetter : Ihr Freunde Gottes allzugleich. Heilige und Selige im Erzbistum Munchen und Freising , Munchen 2003, S. 122.
Vorganger Amt Nachfolger
Heinrich I. Bischof von Freising
1138?1158
Albert I. von Harthausen