Olaf Nicolai

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Olaf Nicolai bei der Eroffnung seines Kunstwerks ?Monument for a Forgotten Future“ bei der Emscherkunst.2010

Olaf Nicolai (* 1962 in Halle (Saale) ) ist ein deutscher Kunstler , der von einem konzeptuellen Ansatz aus mit unterschiedlichsten Medien arbeitet.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nicolai wuchs in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz , auf. Sein Bruder ist der Kunstler und Musiker Carsten Nicolai . [1]

Olaf Nicolai absolvierte von 1983 bis 1988 ein Studium der Germanistik mit anschließender Promotion an der Universitat Leipzig . Das Thema seiner Doktorarbeit mit dem Titel Geste zwischen Expression und Kalkul. Zur Poetik der Wiener Gruppe , worin er die Spannung zwischen Ausdrucksformen und ihre strategische Umsetzung untersuchte [2] , findet sich auch in seinem eigenen kunstlerischen Werk. Seit Anfang der 1990er Jahre ist er mit Gruppen- wie mit Einzelausstellungen an inzwischen fast allen wichtigen Orten des zeitgenossischen Kunstgeschehens prasent. Olaf Nicolai war sowohl auf der Documenta X (1997) wie auf den Biennalen 49 und 51 von Venedig (2001 und 2005) vertreten. Er erhielt mehrere Stipendien, darunter das der Villa Massimo in Rom (1998). 1996 bekam er den Botho-Graef-Preis , 1999 den Bremer Kunstpreis und im Jahr 2002 wurde er mit dem Kunstpreis Junge Stadt sieht junge Kunst der Stadt Wolfsburg ausgezeichnet. Fur seine gemeinsam mit Frank Bretschneider realisierte Arbeit In The Woods There Is A Bird… erhalt Nicolai 2017 den Karl-Sczuka-Preis . Im Mai 2018 erhielt er den Wilhelm-Loth-Preis der Stadt Darmstadt . [3]

Seit 2011 ist Olaf Nicolai Professor fur Bildhauerei und Grundlagen des dreidimensionalen Gestaltens an der Akademie der Bildenden Kunste Munchen . [4]

Olaf Nicolai ist Mitglied im Deutschen Kunstlerbund . [5] Er lebt und arbeitet in Berlin- Prenzlauer Berg .

Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Denkmal fur die Verfolgten der NS-Militarjustiz in Wien
?Gadget“ am Flughafen Berlin Brandenburg

Der Kunstler arbeitet mit den unterschiedlichsten Materialien. Er kreiert kunstliche Landschaftsraume, vergroßert Konsumgegenstande ins Gigantische und arbeitet mit entfremdeten Werbegrafiken. Die Wiederholung ist ein wichtiges Arbeitsprinzip, zum einen werden bekannte Motive in neue Zusammenhangen gestellt, zum anderen geht es Nicolai um das Wiederholen von Bildern aus der Erinnerung. [6]

Der Kunstler arbeitet insofern konzeptuell, als er Fragen der Natur- und Geisteswissenschaften erforscht und in einem asthetisch konstruierten und damit neuen Kontext erfahrbar zu machen versucht; die Gegensatzlichkeit von Natur und Kunst, beziehungsweise von Naturlichkeit und Kunstlichkeit, stehen dabei nicht selten im Vordergrund. Mit seinem intellektuellen Ansatz zielt der Kunstler auf eine dem Betrachter durchaus vertraute Alltagswelt, deren Wahrnehmung er in seinen Werken steuert; nur selten gewinnt die Expression gegenuber dem Kalkul die Oberhand.

In seinen Naturbildern oder Landschaftsraumen ist die Natur, ahnlich wie die Kultur, nur noch als Kunst-Produkt vorhanden. So kreierte er fur die Documenta X eine Landschaft als Interieur. Auf handlichen Felsbrocken ? verteilt im Raum ? spross eine Art Bonsai-Gebirgswelt. Hinter dieser zerlegten Natur, an der Wand auf der Tapete, war die Vegetation zum Ornament erstarrt. Das Tonband produzierte dazu virtuell-naturalistisches Vogelgezwitscher.

In mehreren Arbeiten konfrontiert der Kunstler ? sozialistische Ideale unmittelbar mit ihrem erklarten Feindbild, der kapitalistischen Marktwirtschaft, und formuliert damit eine Ambivalenz und Widerspruchlichkeit zwischen gesellschaftsutopischen, pragmatisch-politischen, konsumistischen und asthetischen Aspekten .“ (Ausstellungsankundigung ? Galerie fur Zeitgenossische Kunst , Leipzig) [7] In Lenin: 8 qm steht der Verweis auf die sozialistische Idee der Umverteilung des Privateigentums dem schillernden, dem kapitalistischen Luxus entlehnten Paillettenstoff entgegen. Aus dem Namen Lenin , Symbol fur soziale Utopien und Veranderungen, wird eine beliebige Produktbezeichnung. In der Arbeit Die Flamme der Revolution, liegend (in Wolfsburg) (2002) bezieht sich Nicolai auf eine Plastik der DDR ? Monumentalkunst aus seiner Heimatstadt Halle/Saale aus dem Jahre 1967. Die dortige 24 Meter hohe und aus hyperbolischen Schalen zusammengesetzte Betonplastik transformierte er als Verkleinerung in die westdeutsche Stadt Wolfsburg, die selbst Symbol fur die kapitalistische Produktion ist, und legte sie nach links gedreht auf den Boden. Das einstige Symbol des Sozialismus schrieb sich auf diese Weise selbsterklarend in eine zeitgenossische kapitalistische Verwertungslogik ein.

2010 zeigte die Kestnergesellschaft in Hannover seine Werke mit dem Titel Faites le travail qu’accomplit le soleil unter anderem mit einer mehrflachigen, spiegelnden Skulptur unter der glasernen Kuppel des Ausstellungshauses.

2011 fand im Treppenhaus der Pinakothek der Moderne in Munchen die Performance-Reihe Escalier du Chant statt, fur die 12 Komponisten jeweils Lieder zu aktuellen politischen Ereignissen komponiert hatten. [8]

Deserteursdenkmal in Wien

Aus dem 2012 von der Stadt Wien ausgeschriebenen Wettbewerb fur ein Denkmal fur die Verfolgten der NS-Militarjustiz in Wien ging Nicolai als Erstpramierter hervor. Sein Entwurf fur das Denkmal am Ballhausplatz wurde am 24. Oktober 2014 durch Bundesprasident Heinz Fischer offiziell enthullt. Es besteht aus einer begehbaren Treppenskulptur in X-Form und der repetierenden Aufschrift ?all alone“, was einem Gedicht des schottischen Dichters Ian Hamilton Finlay entnommen ist. [9] [10]

Das Stadel Museum in Frankfurt am Main zeigt im Skulpturengarten Nicolais 2012 entstandene Skulptur Shutter’s Lullaby/Ellipse for Stadel .

2020 hat Nicolai im Museo d’Arte Contemporaneo di Roma ein Museum as Bureau of Communication eingerichtet; so kann der digitale Museumsbesucher an einen Adressaten seiner Wahl per E-Mail Texte zuschicken. Kuratoren wiederum wahlen je nach Text ein passendes Bildmotiv aus den Bestanden des Museums aus. In dieser kuratorischen Praxis der Postkarten on demand stellt ? im Gegensatz zur klassischen Postkarte ? das Bild einen Bezug zu den Texten her. [11]

Das 2023 von Nicolai geschaffene Kunstwerk Radiate from beyond the measured borders of time war das erste, das seit der Zeit August des Starken ausdrucklich fur das Dresdner Grune Gewolbe und seine Raume geschaffen wurde. Anlass war der Auftakt zum 300-jahrigen Jubilaum des barocken Schatzkammermuseums. [12]

Literatur/Kataloge [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Petra Gorduren, Dirk Luckow (Hrsg.): Dopplereffekt. Bilder in Kunst und Wissenschaft , Kunsthalle zu Kiel , 31. Januar bis 2. Mai 2010. DuMont Buchverlag, Kiel 2010, ISBN 978-3-8321-9295-2
  • Olaf Nicolai: ?Show Case“; Institut fur moderne Kunst Nurnberg, ISBN 3-933096-21-9
  • Olaf Nicolai: ?The Blondes“; Artimo, Amsterdam, 2005
  • Olaf Nicolai: ?Rewind ? Forward“; Hatje Cantz 2003.
  • Olaf Nicolai: ?Enjoy / Survive“; Die Gestalten Verlag , 2001
  • Olaf Nicolai: ?30 Farben“; Salon Verlag 2000
  • Olaf Nicolai: ?Stilleben“; Berlin 1999 / 2000
  • Wolfgang Trager u. a.: Plateau der Menschheit. 49. Biennale von Venedig . In: kunstforum international Bd. 156, 2001; S. 135

Offentliche Sammlungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Olaf Nicolai  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. ?In Frankfurt hat alles angefangen“: Erinnerungen an das Jahr 1990. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, 24. Januar 2005, abgerufen am 12. Marz 2019 .
  2. Petra Gorduren, Dirk Luckow (Hrsg.): Dopplereffekt. Bilder in Kunst und Wissenschaft , Kunsthalle zu Kiel 31. Januar bis 2. Mai 2010. DuMont Buchverlag, Kiel 2010, S. 239.
  3. Konzept- und Medienkunstler Olaf Nicolai erhalt den Wilhelm-Loth-Preis der Wissenschaftsstadt Darmstadt 2018. In: www.darmstadt.de. 15. Februar 2018, abgerufen am 23. Februar 2018 .
  4. Klasse Olaf Nicolai. In: www.adbk.de (Akademi der Bildenden Kunste Munchen). Abgerufen am 19. Marz 2018 .
  5. kuenstlerbund.de: Mitglieder "N" / Olaf Nicolai (abgerufen am 25. November 2015).
  6. Le Monde diplomatique Nr. 7131, vom 15. August 2003, wiedergegeben von der Galerie Eigen und Art im Marz 2007.
  7. Galerie fur Zeitgenossische Kunst Leipzig, Die Zukunft ist nicht, was sie einmal war, 2004/2005
  8. Lied die Treppe hinuntersteigend in FAZ vom 3. November 2011, Seite 34.
  9. http://www.osterreich.at/nachrichten/Entwurf-des-Deserteurs-Denkmal-praesentiert/108590901 .
  10. diepresse.com ? Blaues X als spate Ehre fur Deserteure . Artikel vom 24. Oktober 2014, abgerufen am 25. Oktober 2014.
  11. Suddeutsche Zeitung: Postkarten on demand. Abgerufen am 23. Mai 2020 .
  12. Einladung zum Pressegesprach. "Radiate from beyond the measured borders of time. Intervention von Olaf Nicolai im Grunen Gewolbe". Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 14. Februar 2023, abgerufen am 22. Februar 2023 .