Oktoberdiplom

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Basisdaten
Titel: Kaiserliches Diplom vom 20. Oktober 1860, zur Regelung der inneren staatsrechtlichen Verhaltnisse der Monarchie
Abkurzung: Oktoberdiplom
Typ: Kaiserliches Diplom
Geltungsbereich: Kaisertum Osterreich
Rechtsmaterie: Verfassungsrecht
Fundstelle: R.G.Bl. Nr. 226/1860 (= LIV. Stuck, S. 336)
Datum des Gesetzes: 20. Oktober 1860, kundgemacht 25. Oktober 1860
Gesetzestext: Original , Textformat
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung !

Oktoberdiplom nennt man in der osterreichischen Geschichtsschreibung das foderalistisch gepragte osterreichische Verfassungsgesetz vom 20. Oktober 1860 . Es wurde schon 1861 vom zentralistischen Februarpatent abgelost, dieses nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867 von der Dezemberverfassung , die in den nichtungarischen Landern der Monarchie bis zu ihrem Ende, 1918, galt. Der Titel des Gesetzes lautete Kaiserliches Diplom vom 20. Oktober 1860, zur Regelung der inneren staatsrechtlichen Verhaltnisse der Monarchie .

Das neoabsolutistische Regierungssystem war 1851 mit dem Silvesterpatent eingefuhrt worden. Kaiser Franz Joseph I. scheiterte damit jedoch 1859 militarisch in Oberitalien (Schlachten bei Magenta und Solferino ) und politisch in der ganzen Monarchie. Das wirtschaftlich erstarkende Burgertum verlangte politische Mitsprache nach westeuropaischem Muster. Das Oktoberdiplom war ein halbherziger Versuch, dem geschwachten Kaiser mehr Unterstutzung in seinen Landern zu verschaffen.

Das Oktoberdiplom wurde vom Kaiser in Form eines Manifestes und eines Diploms erlassen (RGBl. Nr. 225 und 226 / 1860). Es beinhaltete die Grundzuge einer neuen Verfassung in der Staatsform einer konstitutionellen Monarchie . Es wurde ein Reichsrat mit 100 Mitgliedern geschaffen, der in finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen beratende Funktion, in legislativer Hinsicht aber nur geringe Bedeutung haben sollte. Außen- und Kriegspolitik blieben weiterhin in der alleinigen Entscheidungskompetenz des Kaisers.

Das Diplom war ein Kompromiss zwischen den zentralistischen Tendenzen der deutschsprachigen (damals als deutsch bezeichneten) Bevolkerung und den foderalistischen Bestrebungen der ubrigen Nationalitaten. Die Landtage der einzelnen Kronlander sollten weitgehende Autonomie gegenuber dem Reichsrat erhalten.

Der Kompromiss konnte weder die Deutschliberalen noch die Magyaren zufriedenstellen, die auf ihre Einbeziehung in den gemeinsamen Reichsrat mit Steuerverweigerung reagierten. Der allgemeine Widerstand fuhrte vier Monate spater zu einer Revision des Oktoberdiploms im Februarpatent vom 26. Februar 1861, das die im Oktoberpatent gegebenen Verfassungsversprechen einloste, von Ungarn aber neuerlich abgelehnt wurde, bis es 1867 zum Ausgleich kam.

  • Walter Goldinger : Von Solferino bis zum Oktoberdiplom. In: Festschrift fur Leo Santifaller anlasslich seines sechzigsten Geburtstages, gewidmet vom Osterreichischen Staatsarchiv sowie von in- und auslandischen Archivaren und Freunden, 24. Juli 1950 (= Mitteilungen des Osterreichischen Staatsarchivs, Band 3). Wien 1950, S. 106?126.