Ng?g? wa Thiong’o
(Aussprache auf
Kikuyu
:
??o?e wa ði?ŋ?
, *
5. Januar
1938
in Kamiriithu,
Limuru
,
Kenia
) ist ein kenianischer
Schriftsteller
und Kulturwissenschaftler. Er schrieb zunachst in Englisch und schreibt seit 1977 in seiner Erstsprache Kikuyu, die von dem
gleichnamigen Volk
gesprochen wird. Ng?g? gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller Ostafrikas.
[1]
Ng?g? lehrte Vergleichende Literaturwissenschaft unter anderem an der
Yale University
,
New York University
und an der
University of California, Irvine
.
Ng?g?s Familie wurde wegen des
Mau-Mau-Aufstands
gefangen genommen, sein Stiefbruder starb und seine Mutter wurde gefoltert. Als er die englischsprachige
Missionsschule
Alliance High School
im Ort
Kikuyu
besuchte, wurde er ein glaubiger Christ. Danach studierte er an der
Makerere-Universitat
in
Uganda
und an der
University of Leeds
in Großbritannien. Dort veroffentlichte er 1964 seinen ersten Roman
Weep Not, Child
, der von einem Jungen vor dem Hintergrund des Mau-Mau-Aufstands handelt.
Ng?g? unterrichtete an der
Universitat Nairobi
am Fachbereich fur Englisch, an der Yale University, an der
Hochschule Amherst
, an der New York University und ist daruber hinaus Professor der vergleichenden Literaturwissenschaft an der University of California, Irvine.
Der Autor versteht sich als antikolonialer Schriftsteller. Vor diesem Hintergrund publiziert er seit 1978 in seiner Muttersprache, dem
Kikuyu
(auch
Gikuyu
genannt). Alle Werke wurden ins Englische und in zahlreiche andere Sprachen ubersetzt. Popular machten ihn nicht nur die aufklarerischen Themen, sondern auch sein Widerstand gegen die britische Kolonialpolitik und die spatere postkoloniale Herrschaft der Regierung von
Daniel arap Moi
sowie sein Bezug auf traditionelle afrikanische Theater- und Erzahlkunst. Ng?g? versteht
Englisch
als Mittel und Ausdruck eines anhaltenden politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und linguistischen
Kolonialismus
und
Imperialismus
.
[2]
In seinen
kulturkritischen
Essay-Sammelbanden
Decolonising the Mind
und
Moving the Centre
findet sich eine Auswahl von Vortragen und Artikeln, die grundlegend seine
postkoloniale
Kritik und seine kulturwissenschaftlichen Thesen verdeutlichen:
?I believe that my writing in Gikuyu language, a Kenyan language, an African language, is part and parcel of the anti-imperialist struggles of Kenyan and African peoples. In schools and universities our Kenyan languages ? that is the languages of the many nationalities which make up Kenya ? were associated with negative qualities of backwardness, underdevelopment, humiliation and punishment. We who went through that school system were meant to graduate with a hatred of the people and the culture and the values of the language of our daily humilation and punishment. I do not want to see Kenyan children growing up in that imperialist-imposed tradition of contempt for the tools of communication developed by their communities and their history. I want them to transcend colonial alienation.“
?
Ng?g? wa Thiong’o:
Decolonising the Mind. The Politics of Language in African Literature
. London 1986, S. 32.
(deutsch)
?Ich glaube, dass mein Schreiben in der
Kikuyu
-Sprache, einer kenyanischen Sprache, einer afrikanischen Sprache, fester Bestandteil des antiimperialistischen Kampfes der Volker Kenyas und Afrikas ist. In Schulen und Universitaten wurden unsere Sprachen ? die vielen Sprachen, die das Wesen Kenyas ausmachen ? mit negativen Eigenschaften von Ruckstandigkeit, Unterentwicklung, Demutigung und Bestrafung besetzt. Von uns, die wir dieses Schulsystem durchlaufen haben, wurde erwartet, dass wir bei unserem Studienabschluss mit Hass auf diese Menschen und ihre Kultur blicken, dass wir die Kultur und die Werte unserer taglichen Erniedrigung und Zuchtigung verinnerlicht haben wurden. Ich will nicht zusehen mussen, wie kenyanische Kinder mit dieser vom Imperialismus aufgezwungenen Tradition der Verachtung der Kommunikationswerkzeuge aufwachsen, die ihre Gemeinschaft und ihre Geschichte entwickelt hat. Ich will, dass sie die koloniale Entfremdung uberwinden.“
Das Theaterstuck
Ich heirate dich, wann ich will
(
Ngaahika Ndeenda
) war Anlass fur das Regime unter Prasident
Jomo Kenyatta
, ihn 1977 zu foltern und im Kamithi-Hochsicherheitsgefangnis in
Nairobi
ohne Prozess zu inhaftieren. Seine Bucher und Theaterstucke wurden von der Moi-Regierung verboten. Nur mit Schwierigkeiten fand er Anfang der 80er Jahre in England politisches Asyl. 2004 besuchte er nach dem Regierungswechsel zur ?Regenbogenkoalition“ unter Prasident
Mwai Kibaki
erstmals wieder Kenia, reiste aber nach einem Uberfall mit unbekannter Taterschaft in seinem Apartment auf sich und seine Frau, die vergewaltigt wurde, wieder zuruck in die USA.
Sein Roman
Weep Not, Child
wurde 1964 publiziert und machte ihn weltweit bekannt. Es folgten
The River Between
(1965),
A Grain of Wheat
(1967) und
Petals of Blood
(1977).
Devil on the Cross
(1980) schrieb er wahrend seiner Gefangenschaft auf Toilettenpapier. Es wurde sein erster Roman auf Kikuyu. Die folgenden zwei Romane,
Matigari
(1986) und
Wizard of the Crow
(2006), wurden ebenfalls zuerst auf Kikuyu geschrieben.
- Weep Not, Child
, (Roman) 1964.
- Ubersetzung:
Abschied von der Nacht.
Aus dem Englischen von Klaus Schultz. Verlag Volk und Welt, Berlin 1969.
- The River Between
, (Roman) 1965.
- Ubersetzung:
Der Fluß dazwischen.
Aus dem Englischen von Karl Heinrich. Verlag Neues Leben, Berlin 1970.
- Ubersetzung:
Der Fluß dazwischen.
Aus dem Englischen von Anita Jorges. Weismann Verlag, Munchen 1984.
- A Grain of Wheat
, (Roman) 1967
- Ubersetzung:
Preis der Wahrheit. Roman.
Aus dem Englischen von Klaus Schultz. Verlag Volk und Welt, Berlin 1971.
- Ubersetzung:
Freiheit mit gesenktem Kopf. Roman.
Aus dem Englischen von Klaus Schultz. Walter Verlag, Olten, Freiburg im Breisgau 1979.
- Secret Lives, and Other Stories
, (Erzahlungen) 1975.
- Ubersetzung:
Verborgene Schicksale. Kurzgeschichten.
Aus dem Englischen von Ruth Krenn. Verlag Volk und Welt, Berlin 1977.
- Ubersetzung:
Verborgene Schicksale. Erzahlungen.
Aus dem Englischen von Dagmar Heusler und Ruth Krenn. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982.
- Petals of blood
, (Roman) 1977.
- Ubersetzung:
Land der flammenden Bluten. Roman.
Aus dem Englischen von
Josef Zimmering
. Verlag Volk und Welt, Berlin 1980.
- Ubersetzung:
Verbrannte Bluten. Roman.
Aus dem Englischen von Susanne Koehler. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1982.
- Neuauflage:
Verbrannte Bluten.
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2011,
ISBN 978-3-7795-0349-1
.
[1]
- Devil on the cross
, (Kikuyu:
Caitaani m?tharaba-in?,
[2]
Roman) 1980.
- Ubersetzung:
Der gekreuzigte Teufel. Roman.
Aus dem Englischen von Susanne Koehler. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988.
- Detained. A Writer’s Prison Diary
, 1981.
- Ubersetzung:
Kaltgestellt.
Gefangnistagebuch
.
Aus dem Englischen von Susanne Koehler. Trickster Verlag, Munchen 1991.
- Decolonising the Mind: The Politics of Language in African Literature
, 1986.
- Ubersetzung:
Dekolonisierung des Denkens ? Essays uber afrikanische Sprachen in der Literatur.
Aus dem Englischen von Thomas Bruckner. Unrast Verlag, Munster 2017,
ISBN 978-3-89771-235-5
.
- Matigari
, (Roman) 1989.
- Ubersetzung:
Matigari. Roman.
Aus dem Englischen von Susanne Koehler. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1991.
- Moving the Centre: The Struggle for Cultural Freedom
, 1993.
- Ubersetzung:
Moving the centre: Essays uber die Befreiung afrikanischer Kulturen.
Aus dem Englischen von Jorg Rademacher. Unrast Verlag, Munster 1995.
- Wizard of the Crow
, (Roman) 2006.
- Ubersetzung:
Herr der Krahen. Roman.
Aus dem Englischen von Thomas Bruckner. A1 Verlag, Munchen 2011,
ISBN 978-3-940666-17-8
.
- Dreams in a Time of War. A Childhood Memoir
, 2010.
- Ubersetzung:
Traume in Zeiten des Krieges. Eine Kindheit.
Aus dem Englischen von Thomas Bruckner. A1 Verlag, Munchen 2010,
ISBN 978-3-940666-15-4
.
- In the House of the Interpreter. A Memoir
, 2012.
- Ubersetzung:
Im Haus des Huters. Jugendjahre.
Aus dem Englischen von Thomas Bruckner. A1 Verlag, Munchen 2013,
ISBN 978-3-940666-35-2
.
- Birth of a Dream Weaver: A Memoir of a Writer’s Awakening
. New Press, 2016,
ISBN 978-1-62097-240-3
- ↑
a
b
Rezension von Birgit Koß im
Deutschlandradio Kultur
vom 1. Marz 2012:
Unverbruchlicher Glaube an die Kraft der Menschen
- ↑
a
b
Christian Mair
:
English Linguistics ? An Introduction
. 3. Auflage. Narr Francke Attempto Verlag, Tubingen 2015,
ISBN 978-3-8233-6956-1
,
S.
233
f
.
- ↑
Honorary Members: Ng?g? wa Thiong’o.
American Academy of Arts and Letters,
abgerufen am 26. Marz 2019
.
- ↑
Ehrendoktorwurde der Universitat Bayreuth fur Professor Ng?g? wa Thiong’o
. Pressemeldung vom 23. April 2014 beim
Informationsdienst Wissenschaft
(idw-online.de)
- ↑
Yale awards honorary degrees to eight individuals for their achievements.
Mai 2017,
abgerufen am 22. Mai 2017
.
- ↑
Stadt Osnabruck Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis Aktuelles vom 22. Mai 2019:
Ng?g? wa Thiong’o erhalt den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis 2019
, abgerufen am 22. Mai 2019
- ↑
Ng?g? wa Thiong’o erhalt den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis 2019 ? Verleihung findet trotz Abwesenheit des erkrankten Schriftstellers statt.
Abgerufen am 4. Dezember 2019
(deutsch).