Nevin Alada?

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Porträt von Nevin Aladağ
Nevin Alada? (2015)

Nevin Alada? ( anhoren / ? ; * 1972 in Van , Turkei ) ist eine deutsche Bildhauerin und Installations- und Performancekunstlerin . Bezeichnend fur ihr mehrfach ausgezeichnetes und international renommiertes Werk ist der Einsatz von Musik und Klang, aber auch von Mustern und Ornamenten. Sie kombiniert oft unterschiedliche Disziplinen und arbeitet mit Humor und Ironie. [1]

Nevin Alada?s Familie hat turkische, kurdische und iranische Wurzeln. [2] Neun Monate nach ihrer Geburt wanderten die Eltern nach Deutschland aus. Ihr Vater, der wegen der kurdischen Herkunft in seiner Heimat als Lehrer keine berufliche Perspektive hatte, arbeitete in Stuttgart als Automechaniker und wurde spater Betriebsrat. [3]

Von 1994 bis 2000 [4] studierte Alada? Bildhauerei bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Kunste Munchen . [5] Inspiriert von Marcel Duchamps Gedankenwelt begann sie wahrend des Studiums, Alltagsphanomene kunstlerisch zu verarbeiten. [6] Schon in fruhen Videoarbeiten und Performances beschaftigte sie sich mit Musik und Tanz, u. a. Hip-Hop und Breakdance . [2] So ist im Video Familie Tezcan (2001) eine funfkopfige turkischstammige Familie zu sehen, die Breakdance als gemeinsames Hobby pflegt. Laut Kurator Adam Szymczyk nutzt u. a. die turkische Minderheit in Deutschland diese Kunstformen, um sich eine eigene Identitat fernab traditioneller, aber auch westeuropaischer Werte zu schaffen. Menschen und Kulturen in der Diaspora seien zentral fur Alada?s Schaffen. [7] Im Interview außerte die Kunstlerin selbst, dass Tanz fur sie eine ?individuelle und kunstlerische Ausdrucksform“ sei, die ?uberall [...] auch ohne Sprache“ funktioniere und immer ein Ausdruck von ?Unbandigkeit und Freiheit“ sei. [8]

2003 erhielt sie ein Stipendium des Kunstlerhaus Bethanien , das ihr laut eigener Aussage den Einstieg in die Berliner Kunstszene ermoglichte. [8]

2007 zeigte sie im Rahmen des Berliner Performance-Festival ?Abwehr“ erstmals die Arbeit Raise the Roof . [8] In dieser Performance tanzen sieben junge Frauen mit Stiletto-Absatzen auf Kupferplatten. Zu horen ist nur der Klang der Schuhe auf dem Kupfer, die Musik horen die Tanzerinnen uber Kopfhorer. Die Zuschauer konnen lediglich die Songtitel auf den T-Shirts der Frauen lesen, darunter Enjoy the Silence von Depeche Mode . Die Absatze erzeugen auf dem Kupfer ornamentale Muster und damit von der Performance unabhangige Skulpturen. Zehn Jahre spater war Alada? mit dieser Performance auch auf der Biennale di Venezia vertreten. Typisch fur die Kunstlerin ist dabei das Experimentieren mit Klangeigenschaften verschiedener Gegenstande, die Inspiration durch Alltagsmaterialien, die sie oft im stadtischen Raum findet, und das Spiel mit dem Zufall. [9]

Die Installation „Tusch“, in der eine Notenlinie an einer Wand gezeigt wird. Die eisernen Notenköpfe ähneln Kanonenkugeln
Eine Fortsetzung von Marsch : Tusch (2022)

2014 realisierte Alada? die Installation Marsch an der Ruckseite der Kunsthalle Basel . Die Wand befindet sich gegenuber der Elisabethenkirche . Alada? ließ die weiß gestrichene Wand mit Notenlinien bemalen, auf und zwischen denen aus Eisen gegossene Notenkopfe in unterschiedlich tiefer Versenkung angebracht wurden. Vorlage fur die Notenkopfe war eine Kanonenkugel aus dem 19. Jahrhundert, die die Kunstlerin in der Sammlung des Historischen Museums Bern gefunden hatte. Die Noten geben die Eroffnungspartie von Mozarts Rondo Alla Turca wieder, eines der bekanntesten Beispiele von Orientalismus in der westeuropaischen Kultur. Adam Szymczyk nennt diese Arbeit als Beispiel fur die zentrale Bedeutung von Musik in Alada?s Schaffen. [7]

Im Jahr 2017 zeigte Alada? auf der documenta 14 in Athen Musikzimmer : eine Installation, die sie zuvor schon in Berlin, Brussel und Istanbul aufgebaut hatte, immer in ortsspezifischer Auspragung. [10] Die Kunstlerin arrangierte dazu Mobel wie in Biedermeier -Salons, in denen einst regelmaßig der Hausmusik nachgegangen wurde. Die Mobel fand Alada? in Trodelladen oder auf Flohmarkten vor Ort und ließ sie von lokalen Instrumentenbauern zu Musikinstrumenten umarbeiten, die immer noch als Mobel funktionierten. Die Installation wurde anschließend fur Performances genutzt, bei denen ortliche Musiker auf den Mobel-Instrumenten spielten. [11]

2021 widmete die Munchner Villa Stuck Aladag eine erste Retrospektive: Im Rahmen der Ausstellung Sound of Spaces stellte Aladag u. a. einige Instrumenten-Mobel aus den vorangegangenen Musikzimmer-Installationen im ehemaligen Musikzimmer Franz von Stucks aus. Auch hier wurden die Mobel im Rahmen von Performances von Musikern bespielt. [12]

Seit 2019 ist Alada? Professorin fur interdisziplinares kunstlerisches Arbeiten an der Hochschule fur Bildende Kunste in Dresden. Seit 2002 lebt und arbeitet sie in Berlin.

Alle Bilder wurden 2022 in der Ausstellung ?Sound of Spaces“ in der Villa Stuck aufgenommen.

Position auf dem Kunstmarkt

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Im Kunstkompass belegte Alada? 2021 den siebten Platz auf der Liste der ?Stars von morgen“. [13]

Alada? ist die Großnichte des Schriftstellers Ya?ar Kemal . Ihr Bruder Bulent ist ebenfalls Autor, der Bruder Zuli Filmemacher, der Bruder Baris ist in der Musikszene aktiv und dreht Werbefilme [2] , ihre Schwester ist Juristin. Alada?s Lebensgefahrte ist der Kunstler Daniel Knorr . [6]

Auszeichnungen (Auswahl)

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Einzelausstellungen (Auswahl)

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Gruppenausstellungen (Auswahl)

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Werke in Sammlungen und Museen (Auswahl)

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  • Michael Buhrs, Dr. Helena Perena: Nevin Alada? ? Sound of Spaces. Hatje Cantz Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5143-8
  • Astrid Nielsen, Hilke Wagner (Red.): Musikzimmer Raise the Roof Nevin Alada?. Edition Metzel, Verlag Silke Schreiber, Munchen 2018, ISBN 978-3-88960-173-5
  • Rene Block (Red.): Nevin Alada? . Edition Metzel, Verlag Silke Schreiber, Munchen 2011, ISBN 978-3-88960-125-4
  • Boris Kremer (Red.), Vasif Kortun, Shaheen Merali: Nevin Aladag: freeze/spin . Kunstlerhaus Bethanien, Berlin 2003, ISBN 978-3-932754-41-8
Commons : Nevin Alada?  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Evelyn Vogel: Munchen: Die Soundspaces von Nevin Alada? im Museum Villa Stuck. In: Suddeutsche Zeitung. 9. November 2021, abgerufen am 31. Dezember 2021 .
  2. a b c Tobias Timm: Ihre Couch spielt Flamenco. In: Die Zeit. 9. September 2021, abgerufen am 30. November 2021 .
  3. ?Ich verstehe Identitat eher global“. In: Monopol. 9. November 2011, abgerufen am 7. Dezember 2021 .
  4. Michael Buhrs, Dr. Helena Perena (Hrsg.): Nevin Alada? ? Sound of Spaces . Hatje Cantz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5143-8 , S.   277 .
  5. Emscherkunst Nevin Alada? abgerufen am 23. April 2019
  6. a b Tim Ackermann: Musik und Muster . In: Weltkunst Spezial Documenta . Band   03 , 2017, S.   43?46 .
  7. a b Adam Szymczyk: In Eisen gegossener Sound, vom Wind verwehter Sand . In: Michael Buhrs, Dr. Helena Perena (Hrsg.): Nevin Alada? ? Sound of Spaces . Hatje Cantz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5143-8 , S.   253?254 .
  8. a b c Sabine Maria Schmidt: Nevin Alada?. Mustergultiges fur unsere Zeit . In: Kunstforum International . Band   08 , Nr.   262 , 2019, S.   204?215 .
  9. Helena Perena: Mit Kanonen eine Partitur schreiben . In: Michael Buhrs, Dr. Helena Perena (Hrsg.): Nevin Alada? ? Sound of Spaces . Hatje Cantz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5143-8 , S.   21   f .
  10. Elena Pinkwart: Die documenta geht, die Musik bleibt: Neues in der Neuen Galerie. In: Museumslandschaft Hessen Kassel. 25. April 2018, abgerufen am 1. Januar 2022 .
  11. Neue Galerie kauft Documenta-Arbeiten von Nevin Aladag. In: Monopol. 10. Juli 2017, abgerufen am 1. Januar 2022 .
  12. Stefan Trinks: Nevin Alada? in Munchen: Schlaft ein Lied in allen Stuhlen . In: Frankfurter Allgemeine Zeitung . ISSN   0174-4909 ( faz.net ).
  13. Die Stars von morgen . In: Capital . Nr.   11 , 2021, S.   155 .
  14. Nevin Alada?: Motion Lines. In: Artnet. Abgerufen am 1. Marz 2023 .
  15. Nevin Alada?: Interlocking. In: Max Ernst Museum Bruhl. Abgerufen am 7. Marz 2024 .
  16. Sisters & Brothers ? Kunsthalle Tubingen. In: Kunsthalle Tubingen. Abgerufen am 20. November 2022 .
  17. Nilbar Gure? und Nevin Alada? bei der Biennale Bregaglia 2022. In: Art Collection Telekom. Abgerufen am 1. Marz 2023 .
  18. Biography Nevin Alada?. In: Galerie Wentrup. Abgerufen am 29. Dezember 2021 .
  19. Sammlungen (Auswahl) . In: Michael Buhrs, Dr. Helena Perena (Hrsg.): Nevin Alada? ? Sound of Spaces . Hatje Cantz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5143-8 , S.   279 .