Das
Neue Jerusalem
(auch
Himmlisches Jerusalem
genannt) entspringt einer Vision aus dem
neutestamentlichen
Buch der
Offenbarung des Johannes
, Kapitel 21, wonach am Ende der
Apokalypse
eine neue Stadt, ein neues
Jerusalem
, entstehen wird. Dies geschieht, nachdem der alte Himmel und die alte Erde vergangen sind.
So beschreibt
Offb
21,1?2
EU
, dass bei der Apokalypse, dem
letzten Gericht
und dem Endkampf zwischen
Gott
und dem
Teufel
, letzten Endes Gott als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen wird. Daraufhin werden die Erde und der
Himmel
erneuert und eine Stadt wird aus dem Himmel herabfahren: das neue Jerusalem. In der Wirkungsgeschichte dieser Vision bildet oft der
Berg Zion
ein
pars pro toto
fur das eigentliche Jerusalem, und zwar seit den
Kreuzzugen
bis hin zu
pietistischen
Bestrebungen, mit Auslaufern bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts.
In
Offb
21,11?27
EU
folgt eine detaillierte Beschreibung der Stadt. Sie soll von gleißendem Licht strahlen, aus glasartigem Gold und von wurfelformiger Gestalt sein. Auf jeder der vier Seiten existieren jeweils drei Stadttore innerhalb der Stadtmauer, auf denen wiederum insgesamt zwolf Engel stehen. Auf den Toren, die jeweils aus einer Perle bestehen, stehen die Namen der zwolf Stamme Israels. Die zwolf Grundsteine der Stadtmauer bestehen aus zwolf verschiedenen Edelsteinen, die einzeln aufgezahlt werden und die die Namen der zwolf Apostel tragen. Die detaillierte Darstellung der Form, Gestalt und Große des Neuen Jerusalems ist stark von einer Lichtsymbolik durchdrungen, die auf der Verwendung von Glas und Edelsteinen als Baumaterialien der himmlischen Stadt fußt: So sind die Mauern aus grunem Jaspis errichtet, ihre Grundsteine werden von zwolf Edelsteinen geschmuckt werden, darunter Jaspis, Smaragd und Beryll (Joh. Off. 21, 20). Bei der Beschreibung der Stadt spielt auch das Quadrat eine besondere Rolle. Als geometrisches Grundmodul bestimmt es nicht nur den Umriss der Stadtmauer (
Ez.
48,16
EU
), sondern auch die Gestalt des Tempelbezirks (
Ez.
42,15?20
EU
), des Tempels (
Ez.
41,13?15
EU
), des Vorhofs (
Ez.
40,47
EU
) und des Allerheiligsten (
Ez.
41,4
EU
).
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Die Große der Stadt mit einer Seitenlange von 12.000=12×1000
Stadien
beschrieben, ihre Gebaude sollen 12.000 Stadien hoch sein (
Offb
21,16
EU
). Umgeben ist sie von einer 144=12²
Ellen
hohen Mauer. Rechnet man ein Stadion mit 185 m, ergibt sich eine Kantenlange von 2.220 Kilometern. Ob diese Zahlen wortlich zu nehmen sind, ist umstritten. Manche vertreten die Ansicht, dass aufgrund der in der Bibel haufig anzutreffenden
Zahlensymbolik
eher von einer den Zahlenangaben innewohnenden inneren Botschaft auszugehen sei. So wird etwa die Hohe der Mauer mit 3 × 4 × 12 angegeben; dabei steht die ?Drei“ fur eine sehr große Gewissheit, die ?Vier“ fur die vier
Himmelsrichtungen
und damit die gesamte Erde und die ?Zwolf“ fur die
zwolf Stamme
und damit das ganze
Volk Israel
.
Besonders wahrend der Zeit der
Kreuzzuge
war die Vorstellung weit verbreitet, dass die Befreiung des irdischen Jerusalems von den ?unglaubigen“
islamischen
Herrschern die Bedingung ware, dass das Himmlische Jerusalem kommen konne. Ein Beispiel fur die kunstlerische Rezeption dieses Gedankens ist der sogenannte
Barbarossaleuchter
in der Pfalzkapelle des
Aachener Doms
, ein
Radleuchter
.
Dem mittelalterlichen Verstandnis nach galten Kirchen, Kloster, aber auch Stadte, als irdische Manifestationen des Himmlischen Jerusalems, wobei die apokalyptischen Schriften des Alten und Neuen Testaments als Bauvorlagen dienten. Besonders deutlich wird dies nicht nur bei tetragonalen Anlagen, die die Beschreibung des Neuen Jerusalems in Ezechiel-Vision und der Johannes-Apokalypse ubernehmen, aber auch bei Details, wie die Verwendung von symbolischen Edelsteinen, die in Kirchen- und Klostermauern verbaut wurden.
[1]
Die
Taufer
nannten das von ihnen in den 1530er Jahren beherrschte
Munster
?Neues Jerusalem“, siehe
Tauferreich von Munster
.
Das Himmlische Jerusalem findet im letzten Abschnitt des
Requiem
,
In paradisum
, gleichsam als Synonym fur das Paradies Erwahnung:
In paradisum deducant te Angeli
:
in tuo adventu suscipiant te Martyres
,
et perducant te in civitatem sanctam Ierusalem
.
|
Ins Paradies mogen dich Engel geleiten:
bei deiner Ankunft sollen dich die Martyrer empfangen
und dich in die heilige Stadt Jerusalem fuhren.
|
Das Motiv des Himmlischen Jerusalems wird aufgegriffen im Lied
Jerusalem, du hochgebaute Stadt
.
[2]
Das Himmlische Jerusalem wird auch im Lied
Wachet auf, ruft uns die Stimme
besungen. Mit dem dritten Vers ?Gloria sei dir gesungen“, in dem die zwolf Perlentore des neuen Jerusalem genannt werden, schließt die
gleichnamige Kantate
von
Johann Sebastian Bach
.
[3]
Auch das deutschsprachige
Neue Geistliche Lied
Ihr Machtigen, ich will nicht singen
von
Christine Heuser
bezieht sich auf das Neue Jerusalem. Gesungen wird es zur Melodie von
Jerusalem aus Gold
. Inhaltlich ist der Text in mancher Beziehung auch an
Jerusalem aus Gold
angelehnt, so etwa in Hinblick auf das Sehnsuchts- und Heimkehrmotiv. Er stellt jedoch keine ? auch keine freie ? Ubersetzung des Originals dar, da er sich auf das Himmlische Jerusalem und nicht auf die Stadt in Israel bezieht.
[4]
Das Magnum Opus
Supper’s Ready
von
Genesis
nimmt im letzten Textvers Bezug auf das Neue Jerusalem.
[5]
- Christoph Auffarth
:
Himmlisches und irdisches Jerusalem. Ein religionswissenschaftlicher Versuch zur ?Kreuzzugseschatologie“ (1).
In:
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;
Himmlisches und irdisches Jerusalem. Ein religionswissenschaftlicher Versuch zur ?Kreuzzugseschatologie“ (2).
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.
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ISBN 978-3-8053-3706-9
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- Claus Bernet:
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Siegfried Mittmann
,
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=
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- Robert Konrad:
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In:
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Speculum Historiale. Geschichte im Spiegel von Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutung. (Johannes Sporl aus Anlass seines 60. Geburtstages dargebracht von Weggenossen, Freunden und Schulern).
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- Michael L. Rodkinson (Ubersetzung):
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1918, S. 25 (
Digitalisat
) (englische Ubersetzung eines einschlagigen Abschnitts des
Babylonischen Talmud
).
- ↑
Kerstin Gessner:
Bausteine fur das Himmlische Jerusalem Glasfoliierte Steine aus dem Kyritzer Kloster St. Johannis und die Bauallegorese der Franziskanerarchitektur
. In:
Zeitschrift fur Archaologie des Mittelalters, Jahrgang 42, 2014
. (
academia.edu
[abgerufen am 19. Februar 2023]).
- ↑
Evangelisches Gesangbuch
Nr. 150 und
Gotteslob
553.
- ↑
Evangelisches Gesangbuch EG 147, 3. Strophe mit Choralsatz von Johann Sebastian Bach, zusatzlich EG 535 als Abschluss des Stammteils. Im Gotteslob unter der Nummer 554 in der Rubrik ?Die himmlische Stadt“.
- ↑
Ihr Machtigen, ich will nicht singen.
(pdf, 44 kB) Keller.fateback.com, 2006, archiviert vom
Original
am
2. Februar 2014
;
abgerufen am 6. Mai 2017
.
- ↑
Mick Walllast updated:
Supper’s Ready by Genesis: the story behind the song.
19. November 2016,
abgerufen am 21. Dezember 2023
(englisch).