Nagelschmied (Zeichnung von 1529)
Nagelschmied
oder
Nagler
ist ein ehemaliger
Handwerksberuf
, der sich mit der Herstellung von
Eisennageln
beschaftigt.
Der Beruf entstand als ein Spezialzweig des
Schmiedehandwerks
. Nagelschmiede bzw. Nagler waren meist der
Zunft
der
Schmiede
und/oder
Kleinschmiede
angeschlossen, außer in besonderen Zentren wie z. B. Breslau, Nurnberg oder Wien. Der Nagelschmied unterteilte sich nochmals in die Schwarz- und die Weißnagelschmiede.
Weißnagel
waren
verzinnte
Nagel, wahrend
Schwarznagel
nach dem
Schmieden
mit
Leinol
schwarz gebrannt,
geblaut
oder roh belassen wurden. Alteste Belege fur Nagelschmiede finden sich in Stralsund (1340) oder Nurnberg (1349), wahrend eiserne Nagel bereits zur
Eisenzeit
verwendet wurden.
Der Nagelschmied zog ein im
Schmiedefeuer
zur
Weißglut
bei ca. 1350 °C erhitztes vierkantiges
Stabeisen
durch Schmieden und Gegenschmieden auf einem
Amboss
aus, so dass es zum Ende hin konisch geformt und angespitzt wird. Anschließend trennte er (Abschroten) den Stab und steckte den angefangenen Nagel mit der Spitze voraus in eines der Locher am Amboss oder in das daran befestigte (angeschlagene) geißfußformige
Nageleisen
und stauchte das uberstehende Ende zur gewunschten Kopfform. Manchmal kam dabei noch ein Gegen
gesenk
zum Einsatz, um eine spezielle Form, z. B. einen perfekten Rundkopf zu erzeugen. Nach Fertigstellung erleichterte ein kraftiger Hammerschlag auf den Amboss bzw. auf das Nageleisen oder Abschrecken mit Wasser das Herausnehmen des Nagels aus dem Vierkantloch. Kleinere Nagel wurden
in einer Warme
, d. h. in einem Arbeitsgang geschmiedet.
Ein geschickter Nagelschmied erbrachte ein Tagespensum von bis zu 2000 Schuhnageln. Fur einen Nagel waren ? je nach Nagelsorte ? 15 bis 60 Schlage erforderlich, fur beispielsweise große Schiffsnagel auch wesentlich mehr.
Das Rohmaterial, die
Zaine
oder
Zoan
, lange Stabe aus zahem Nagel- bzw. Krauseisen bezogen die Nagelschmiede von
Zainschmieden
. Die wiederum bezogen grobes, aus
Eisenschwamm
(Luppe)
verschweißtes
Stangenmaterial von den
Hammerschmieden
.
Als Werkzeuge dienten ihnen Amboss, Stappe, Nageleisen, Feder, Schrot,
Schmiedehammer
, kleine
Zangen
und der sogenannte Nagelstock, ein etwa 40 cm im Durchmesser und 70 cm hoher Abschnitt eines Eichenstammes.
Handgeschmiedeter Nagel; ca. 15 cm lang, der Kopf im Nageleisen geformt
Es wurden Nagel in den unterschiedlichsten Formen und fur verschiedenste Verwendungszwecke hergestellt. Es gab kantige und runde Nagel, Nagel mit kleineren und großeren, ganzen und halben, mit glatten, mit pyramidalen, mit konischen, halbkugeligen, sogenannten Champignonkopfen, mit dreieckigen und viereckigen (
Hufnagel
); ferner Brettnagel, Lattennagel, Schindelnagel, Schiefernagel, Kutsch-, Kuris-, Rosen-, Schloss-, Schocker-, Schieblings-, Reif- und Bandnagel, Blasbalgnagel, Schlossernagel, Maurernagel,
Schuhnagel
(Pinnen, Mauskopfl), Bootsnagel und Tornagel. Die großten hießen Schleusennagel und waren bis zu 45 cm lang,
Schiffsnagel
20 bis 25 cm. Andere wie die
Zwecken
(
broquettes
), die von Tapezierern,
Sattlern
und
Stellmachern
gebraucht wurden, waren so winzig, dass tausend Stuck lediglich 125 g wogen.
Die Lehrzeit eines Nagelschmieds betrug in der Regel drei Jahre, die sich anschließende
Gesellenzeit
zwei bis vier Jahre und wurden ab dem 15. Jahrhundert meist als
Wanderjahre
absolviert. Als
Meisterstuck
mussten verschiedene Nageleisen und eine bestimmte Stuckzahl von Nageln in genau vorgegebener Große abgeliefert werden. Dabei muss beachtet werden, dass der Rohstoff
Eisen
bis zur
industriellen Revolution
sehr teuer war.
Nach dem Aufkommen der maschinellen Fertigung von Nageln aus Draht um 1800 begann Mitte des 19. Jahrhunderts der Niedergang dieses Handwerks. Als eigenstandiger Berufszweig ist es inzwischen nahezu ausgestorben.
In der heutigen Zeit ubernehmen meist
Kunstschmiede
das Schmieden von Nageln fur spezielle Aufgaben, wie z. B. im Bereich
Restaurierung
, wo haufig traditionell geschmiedete Nagel eingesetzt werden, um den Anforderungen zu entsprechen. Des Weiteren ist ein moglichst live geschmiedeter Nagel ein beliebtes
Souvenir
. Die Nagel konnen je nach Ausstattung der Werkstatt eine Große bis zu 50 cm haben, deren Herstellung ein beeindruckendes Zeugnis handwerklicher Kraft und Geschicklichkeit sind.