Die
Neue Weltwirtschaftsordnung
(
NWWO
;
englisch
New International Economic Order
?
NIEO
;
franzosisch
Nouvel ordre economique international
?
NOEI
) bezeichnet einen Plan zur Reformierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zwischen
Entwicklungslandern
und
Industrienationen
zu Gunsten der Entwicklungslander.
Die stetig steigende
Auslandsverschuldung
und die bestehenden Unterschiede in
Wirtschaftskraft
und Lebensbedingungen zwischen Industrie- und Entwicklungslandern haben zur Forderung nach einer Anderung der Weltwirtschaftsbeziehungen gefuhrt. Die ursprungliche Idee geht auf die Havanna-Konferenz 1948 zuruck. Ein Forderungskatalog wurde seit Beginn der 1960er Jahre von Entwicklungslandern ausgearbeitet. Die Forderung nach einer Neuen Weltwirtschaftsordnung wurde von Entwicklungslandern formal erstmals 1973 nach der
UNCTAD
III in
Santiago de Chile
als Reaktion auf die
Olkrise
geaußert.
Die 6. Sondertagung der
UN-Generalversammlung
(zum Thema "Rohstoffe und Entwicklung", 6.4. ? 2.5.1974)
[1]
verabschiedete am 1. Mai 1974
Am 12. Dezember 1974 wurde durch die UN-Generalversammlung durch Resolution 3281 die ?Charta uber die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten“ verabschiedet
[4]
.
Die UNCTAD tagt hierzu alle 4 Jahre.
Ein wesentliches Element der Forderungen ist das ?Integrierte Rohstoffprogramm“, mit dem fur 18 Rohstoffe stabilere und angemessenere Preise erreicht werden sollen. Aus einem gemeinsamen
Fonds
sollen zwei Aufgaben bewaltigt werden:
- die Bildung von
Ausgleichslagern
(sog. “
buffer stocks
”), um Preisschwankungen auszugleichen, was durch Aufkauf von Rohstoffen bei niedrigem
Weltmarktpreis
und Verkauf derselben bei hohem Weltmarktpreis erreicht werden soll.
- Forschung, Entwicklung und Produktionsverbesserung fur Rohstoffe, fur die keine Ausgleichslager in Frage kommen, sollen finanziert werden, um die Marktstrukturen und Wettbewerbsfahigkeit zu verbessern
Ein Abkommen zur Preisstabilisierung durch Ausgleichslager existiert zurzeit nur fur
Kautschuk
; dieses ist allerdings im Jahre 2001 ausgelaufen (vgl. Deutscher Bundestag 2002, S. 3). Es gibt Ubereinkommen, die
Olivenol
,
Rindfleisch
,
Weizen
,
Jute
,
Tropenholz
,
Zucker
,
Kaffee
und
Kakao
betreffen, sie enthalten jedoch keine marktregulierenden Bestimmungen, sondern dienen der
Markttransparenz
und dem Informationsaustausch.
Die Industrielander sehen im Integrierten Rohstoffprogramm vor allem den zu hohen Finanzbedarf fur die Lagerung, die Gefahr einer
Uberschussproduktion
, die kunstlich hochgehaltenen Rohstoffkosten, mit entsprechenden Nachteilen fur die
Endverbraucher
und die Bestrafung der rohstoffreichen Entwicklungslander auf Kosten der armeren. Deshalb hat die
Bundesrepublik Deutschland
ein eigenes Stabilisierungsmodell fur die Rohstofferlose entwickelt. Demnach sollen alle Entwicklungslander, die ihre Exporterlose zu mehr als 50 % aus Rohstoffen erzielen und einen Exportruckgang, der einen bestimmten Schwellenwert ubersteigt, vorweisen konnen, besonders gunstige Kredite erhalten.
Kritik an der NWWO kommt jedoch auch aus den Entwicklungslandern, da diese darin keine Losung fur die bestehenden Missstande sehen, denn in ihren Augen ist die gegenwartige weltwirtschaftliche Verflechtung der Entwicklungslander Ursache der Probleme. Sie fordern deshalb eine Abkopplung vom Weltmarkt und eine eigenstandige Entwicklung auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet, gestutzt auf die Nutzung der nationalen Ressourcen (
Abkopplungsstrategie
).
- ↑
s. Resolutionen der 6. Sondertagung
(engl.)
- ↑
Resolution 3201 (S-VI):
(engl.)
;
(deutsch)
- ↑
Resolution 3202 (S-VI)
(engl.)
;
(deutsch: BT-Drs. 7/4293, S. 63?73)
- ↑
Resolution A/RES/3281(XXIX)
(engl.)
,
(deutsch)
- Herb Addo (Hrsg.)
Transforming the World Economy. Nine critical essays in the New international economic order
, London 1984.
- Jorg Goldberg:
Weltwirtschaftsordnung
, in: C.v. Braunmuhl u. a. (Hrsg.),
ABC der globalen (Un-) Ordnung
, Hamburg: VSA, 2019, S. 252 f.
- Alfred George Moss (Hrsg.):
A new international economic order: selected documents 1945?1975
, New York: UNITAR, 1976.
- Gilbert Rist
:
Le developpement, Histoire d'une croyance occidentale
, Presses de Sciences Po, Paris, 1996 ? englischsprachige Ausgabe:
The History of Development: From Western Origins to Global Faith
, 3. Auflage, London: Zed Books, 2008,
ISBN 1-84813-189-5
(ausfuhrliche Analyse in Kapitel 9).
- United Nations General Assembly, 6th Special Session, Resolution 3201, Declaration on the Establishment of a New International Economic Order, 1. Mai 1974
(multilingual)
- United Nations General Assembly, 6th Special Session, Resolution 3202, Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order, 1. Mai 1975
(multilingual)
- United Nations General Assembly, 28th Session, Charter of Economic Rights and Duties of States
(multilingual)
- Grober Uberblick zur historischen Entwicklung der NWWO von Robert Looney
(englisch)