Musee Sentimental

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Musee Sentimental ist ein Ausstellungskonzept des Schweizer Kunstlers Daniel Spoerri . Es revolutionierte seit den 1970er Jahren die Gestaltung von Ausstellungen mit historischem Bezug. Nicht mehr nur historisch bedeutende Ausstellungsstucke wurden ausgestellt, sondern insbesondere Alltagsgegenstande oder personliche Erinnerungsstucke, die einen Bezug zum Thema hatten. Somit wurde die Geschichte fur die Besucher besser nachvollziehbar und erlebbar. Der Begriff wird seitdem fur Ausstellungen, die dieses Konzept verfolgen, benutzt.

1979 wurde Daniel Spoerri vom damaligen Direktor des Kolnischen Kunstvereins Wulf Herzogenrath eingeladen, eine Ausstellung zu machen. Spoerri besann sich auf eine Idee, die er zwei Jahre zuvor mit seiner Gefahrtin Marie-Louise von Plessen in Paris zur Grundung des Centre Pompidou realisiert hatte: ein Musee Sentimental . Das Musee erweiterte Spoerris Idee des Fallenbildes ( Tableau piege ) auf ein ganzes Territorium. Objekte wurden zu einer Ausstellung zusammengetragen, die einen sentimentalen Bezug zu ihrem Thema aufwiesen. In Paris waren das beispielsweise der Schlussel zur Bastille , die Geige des Malers Ingres , die Stricknadeln der Marie-Antoinette und dergleichen. Die Anordnung innerhalb der Ausstellung erfolgte in der Tradition der Enzyklopadisten alphabetisch.

So entstand dann in Koln das Musee Sentimental de Cologne [1] in Zusammenarbeit mit Spoerris Studenten als ein Stadtmuseum auf Zeit, alphabetisch geordnet von Adenauer bis Zoo . Zu sehen waren Heinrich Bolls Bleistiftstummel, der Slip der ersten Mieterin des Eros-Centers, Adenauers Rosenschere und vieles mehr. Eine Unzahl an Kunst, Reliquien und profanem Mull fanden Eingang. Hauptsache war, dass diese Objekte Geschichte transportierten und mit entsprechenden Anekdoten behaftet waren, die in Ausstellung und Katalog nachvollziehbar wurden.

Fortsetzung fand das Musee in Berlin als Musee Sentimental de Prusse (1981) [2] und im Musee Sentimental de Bale (1989) [3] zur Stadtgeschichte der Stadt Basel . Am 27. Januar 2011 wurde in der Kulturhalle Tubingen das Studienprojekt Meta Sentimental ? Das Musee Sentimental revisited des Ludwig-Uhland-Instituts fur Empirische Kulturwissenschaft prasentiert, das die Kolner Ausstellung 1979 dokumentiert. Das Musee Sentimental hat die Museums- und Ausstellungslandschaft seit 1979 nachhaltig verandert. Nicht nur die hohe und allerseits akzeptierte Kunst fand in die Museumssammlungen Eingang, sondern auch die eher vernachlassigten Objekte des prosaischen Alltags. Sofern diese, mit nachgewiesener Geschichte behaftet, Auskunft und Bezug zum Vergangenen herstellten, sind sie seit dem Musee wurdig, auch in offizielle Museumssammlungen einzugehen.

  • Anke te Heesen, Susanne Padberg: Musee Sentimental 1979. Ein Ausstellungskonzept. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7757-3017-4 .
  • Grazgefluster. Einige Stichworte zu einem Musee Sentimental de Graz mit Daniel Spoerri. stadtmuseumgraz, Graz 2011, ISBN 978-3-900764-33-3 .
  • Kleines Raritatenkabinett der Kunstler im Giardino di Daniel Spoerri. Kunsthaus Grenchen, Grenchen 2004, ISBN 3-906747-11-5 . Ausstellung, Kunsthaus Grenchen, 22. August bis 3. Oktober 2004.
  • Entwurf zu einem Lexikon eines Musee Sentimental de Cologne : Reliquien u. Relikte aus 2 Jahrtausenden ?Koln incognito“ nach einer Idee von Daniel Spoerri. Katalog Kolnischer Kunstverein, Koln 1979.
  • Barbara Huber-Greub: Le Musee sentimental de Bale 1989. In: Basler Stadtbuch 1989, S. 175?177.

Einzelnachweise

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  1. Entwurf zu einem Lexikon eines Musee Sentimental de Cologne : Reliquien u. Relikte aus 2 Jahrtausenden ?Koln incognito“ nach einer Idee von Daniel Spoerri. Kolnischer Kunstverein, Koln 1979.
  2. Marie-Louise von Plessen (Hrsg.): Le Musee Sentimental de Prusse : aus grosser Zeit! 2. Auflage. Verlag Frolich und Kaufmann, Berlin 1981, ISBN 3-88725-015-X .
  3. Le musee sentimental de Bale : die Ausstellung ist eine Produktion der Galerie Littmann Basel, im Museum fur Gestaltung Basel, vom 30. September 1989 bis 14. Januar 1990. Galerie Littmann, Basel 1990, ISBN 3-85700-006-X