Das
Munsell-Farbsystem
(
Munsell Color System
oder
Munsell Color Order System
) geht zuruck auf den Kunstler
Albert Henry Munsell
(1858?1918), der das
Farbsystem
1898 bis 1905 veroffentlichte. Munsells
Farbatlas
wurde durch die
Optical Society of America
1929 nachgemessen und neu kalibriert.
Das Munsell-System ist eines der ersten vollstandigen, am weitesten verbreiteten und heute noch genutzten Farbsysteme. Es ist vor allem in den USA und in Japan weit verbreitet. Branchen, in denen es dort haufig verwendet wird, sind die
Architektur
, der
Maschinenbau
und der
Konsumguterbereich
. Im deutschsprachigen Raum findet das Munsell-System im Schwermaschinenbau (
Schiffbau
), in der
Kosmetik
und vor allem in der
Bodenkunde
und
Archaologie
Anwendung.
Ende des 19. Jahrhunderts gab es verschiedene Bestrebungen,
Farben
ubersichtlich und einheitlich zu bezeichnen, um eine uber die
Redundanz
der
Farbnamen
hinausgehende Kommunikation uber Farben zu ermoglichen.
Munsell erarbeitete einen dreidimensionalen
Farbraum
aus einer endlichen Anzahl von Farbmustern, die in einem Farbatlas prasentiert wurden. Als Kunstmaler und -lehrer war es sein Anliegen, Farbmuster so zu prasentieren, wie es der Empfindung entspricht. Die Abstande zwischen benachbarten Proben sollten als gleich empfunden werden, die
Harmonie
benachbarter Farbproben sollte stimmen. Dies erreichte er durch psychovisuelle Experimente, standigen Abgleich und Nachmischen. Zu Beginn seiner Untersuchungen nutzte Munsell unter dem Einfluss von
Roods
den
Farbkreis
als Basisebene seines Systems. Das System wurde spater fur die
Normlichtart
C und den 2° Normalbeobachter neu veroffentlicht. Weil es bei den verschiedenen Bunttonen unterschiedliche Buntheits- und Helligkeitsstufen gibt, entstand ein unregelmaßiger Korper.
Erstmals wurde das System 1915 im ?Munsell Book of Colors“ veroffentlicht, worin die Farbmaßzahlen der ?Munsell Book Notations“ definiert wurden. Das Munsell Book of Colors bestand aus zwei Reprasentationen: 1277 Farbmustern auf mattem und 1452 Farbmustern auf glanzendem Material. 1943 wurde in den
Munsell Renotations
der American Optical Society jede Farbe durch die
CIE-Farbmaßzahlen
x, y und Y definiert und an einigen Proben wurde durch die nun verbesserten Messmethoden nachgebessert. Das Munsell-System ist uniform und unabhangig von der Beleuchtung oder der Große der betrachteten Farbflache.
Die drei Ordnungsprinzipien sind
Hue
(
Farbton
),
Chroma
(
Sattigung
) und
Value
(Wertigkeit,
Helligkeit
). Vorrangiges Kriterium dieses Systems ist der Farbton.
Munsell wahlte funf
Hauptbunttone
- Rot (R)
- Gelb (Y)
- Grun (G)
- Blau (B)
- Purpur (P)
Zwischenbunttone
unterteilen die wahrnehmbaren Farbnuancen weiter
- YR (Gelb-Rot)
- GY (Grun-Gelb)
- BG (Blau-Grun)
- PB (Purpur-Blau)
- RP (Rot-Purpur)
Diese Anordnung ergibt eine 10-teilige
Farbflache
. Diese zehn Farbtone werden abermals in zehn Abstufungen unterteilt. Fur die Kennzeichnung der Bunttone werden zu den Buchstabensymbolen noch Zahlen (0 bis 10) zugesetzt: so werden die Farbtone (
Hue
) mit 1RP, 5P, 3Y oder auch 7,5 GY, 2,5 PB, und ahnlich bezeichnet.
Auf jeder Linie liegen Orte nach außen steigender Sattigung (Chroma).
Der Value kommt als dritte Dimension des Farbkorpers hinzu, die senkrechte Mittelachse. Diese reicht von V = 10 dem idealen Weiß bis V = 0 dem mit
Farbmitteln
darstellbaren Schwarz, so ergibt sich dann eine 10-teilige Grauskala.
Zur Benennung erhalt jedes Farbmuster im Munsell-System, also jede dargestellte Farbe ein Farbzeichen der Form ?H V/C“, wobei H (Hue) fur Buntton, V (Value) fur Helligkeit und C (Chroma) fur Sattigung steht.
Beispielhaft sei die Farbe 2,5 YR 5/10 beschrieben, ein Gelb-Rot, welches zum Rot tendiert, eine mittlere Helligkeit hat und maximal gesattigt erscheint.
Der
L*a*b*-Farbraum
ist ein dreidimensionales
Koordinatensystem
, bei dem jeder Farbe ein Wert in den drei Dimensionen L, a, und b (ahnlich wie x, y, und z) zugeordnet ist. Demgegenuber kann das Munsell-System als eine Mischung zwischen Vektordarstellung und Koordinate angesehen werden. Ein
Vektor
ist definiert durch seine Richtung (etwa ausgedruckt in Grad) und seine Lange. Ahnlich ist eine Munsell-Farbe definiert durch ihre Tonung (Richtung als Hue-Wert) und ihre Intensitat (Lange als Chroma), wahrend die Helligkeit eine Koordinatenkomponente darstellt.
Auf Grund der experimentellen und visuellen Entwicklung des Systems ist das System uniform und gleichabstandig.
- Uniform
ist das System, da sich Anderungen eines Parameters nicht auf die beiden anderen Parameter auswirken.
- Gleichabstandig
ist das System, da Munsell zur Festlegung benachbarter Muster mit Auge und Empfindung kontrolliert hat. Der Farbabstand zwischen allen benachbarten Farbmustern wird mithin von menschlichen Betrachtern als gleich empfunden.
- Hue: Die Drehung in der Basisebene um einen festen Betrag ergibt eine gleich empfundene Farbtonanderung (ohne Anderung von Helligkeit oder Sattigung).
- Chroma: Sattigungstufen je Farbton sind in unterschiedlicher Anzahl vorhanden. Die Distanz vom Mittelpunkt zum Farbpunkt (zum Rand hin) ergibt eine zunehmende Sattigung, ohne Anderung von Helligkeit. Entsprechend der (visuellen) Konstruktion bleibt der Farbton erhalten und andert sich nicht. Da die Intensitat der Farbigkeit bei unterschiedlichen Tonen verschieden ist (wie bei Gelb ist hohe Intensitat moglich und fur Blau nur geringe Intensitat), ist die Anzahl der Farbmuster innerhalb der Farbtone (Hue) entsprechend unterschiedlich. Das Gleiche gilt auch hinsichtlich verschiedener Helligkeitswerte (Value). Absolutes Weiß und Schwarz haben in keiner Hue-Richtung mehr irgendwelche vom menschlichen Auge wahrnehmbare Chroma-Werte.
- Value: Die Stufen zwischen Weiß und Schwarz liegen auf der Achse durch den Mittelpunkt der Basisebene. Dies ist eine (neutrale) Grauwertskala und reprasentiert die Helligkeit (Value). Sattigung oder Farbton der Muster werden dabei nicht geandert, das System ist so angelegt worden.
Die Farben des Munsell-Farbsystems lassen sich nicht in CIE-Farbwerte umrechnen. Nur der Value-Wert kann als CIE-Normfarbwert Y nach einer Umrechnungsformel ermittelt werden. Fur Konvertierungen werden deshalb Tabellen benutzt.
Ein Farbatlas kann nur
Remissionsfarben
darstellen.
- T. M. Cleland:
A Grammar of Color: Basic Treatise on the Color System of Albert H. Munsell
. Van Nostrand Reinhold, New York 1969,
ISBN 978-0-442-11343-8
- S. M. Newhall, D. Nickerson, D. B. Judd:
Final Report of O.S.A. subcommitee on the spacing of the Munsell Colors
. In:
Journ. Opt. Soc. Americ.
Bd. 33, Heft 7, S. 385ff., o. a. O. 1943.