Mit dem Begriff
Mundpflege
wird in der professionellen
Pflege
eine Kombination von Handlungen zusammengefasst, um Entzundungen bzw. Verletzungen der Mundumgebung und der
Schleimhaut
des
Mund
- und
Rachenraums
vorzubeugen oder zu behandeln. In der
Krankenpflege
,
Altenpflege
und
Palliativpflege
werden mit
Mundbefeuchtung
Mundtrockenheit
und
Durstgefuhl
gelindert; mit weiteren Maßnahmen der Mundpflege kann aber auch anderen Beschwerden ? wie vermehrtem Speichelfluss, Pilzbefall im Mundraum und Mundgeruch ? entgegengewirkt werden.
Das
Zahneputzen
oder die Zahnersatzreinigung, auch
Mundhygiene
zur zahnmedizinischen Prophylaxe
genannt, ist zwar ein Bestandteil, aber nicht Ziel und Hauptgegenstand der Mundpflege im Pflegebereich.
Auf regelmaßige Mundpflege muss besonders geachtet werden, wenn
- die Person
oral
keine Nahrung zu sich nimmt und deshalb Kaubewegungen fehlen, so dass die
Speichelproduktion
nicht ausreichend angeregt wird (zum Beispiel wegen Nahrungskarenz, Sondenernahrung, parenteraler Ernahrung).
- die Person aufgrund korperlicher oder geistiger Beeintrachtigung selbst nicht in der Lage ist, eine grundliche Mundpflege durchzufuhren (zum Beispiel Frakturen an beiden Handen oder Armen).
- Aspirationsgefahr
besteht (zum Beispiel wenn Spullosung nicht wieder ausgespuckt werden kann, wie bei hoher
Querschnittlahmung
,
Bewusstlosigkeit
,
Beatmung
).
- praoperativ eine
endotracheale Intubation
vorzubereiten ist.
- Erkrankungen der Mundhohle vorliegen, die eine spezielle Versorgung benotigen (Bspl.: Therapie und Pflege einer (chronischen)
Tonsillitis
,
Soor
).
- die Person im
Sterben
liegt.
Die Mundpflege wird von
Pflegepersonen
nur ubernommen, wenn die Maßnahmen nicht von der betroffenen Person selbst durchgefuhrt werden konnen.
Die Ziele der Mundpflege ergeben sich aus der individuellen Situation der unterstutzungsbedurftigen Person.
Die Mundhohle setzt sich sowohl im
Verdauungstrakt
wie in den
Atemwegen
fort. Beide schlauchartigen Hohlorgane sollen vor einer
Verkeimung
geschutzt werden. Im Vordergrund stehen die Vorbeugung gegen
Parotitis
und bei beatmeten Patienten die Vermeidung einer Aspirations-
Pneumonie
. Allgemein sind eine feuchte, saubere Schleimhaut, belagfreie Zahne, subjektives Wohlbefinden, die Vorbeugung gegen
Soor
, Schmerzen,
Austrocknung
und evtl. die Einbringung von
Medikamenten
zu nennen. Die Haufigkeit und der Umfang der Maßnahmen richten sich nach dem jeweiligen Ziel, aber ebenso nach dem Zustand und dem Willen des Betroffenen.
Sagittalschnitt durch die Mundhohle
Das Fachpersonal nimmt zunachst eine
Inspektion
der Mundumgebung und der
Mundhohle
vor, in der Regel mit Hilfe eines Spatels und einer kleinen Lichtquelle; dabei muss behutsam vorgegangen werden, um keinen Wurgereiz auszulosen. Bei Menschen, die keine orale Ernahrung erhalten, werden die
Parotiden
(Ohrspeicheldrusen)
palpiert
; Schmerzaußerungen konnen ein Hinweis auf eine Entzundung (Parotitis) sein. Uber entzundliche Veranderungen ist der behandelnde Arzt bzw. Zahnarzt zu informieren. Die Aktualisierung der
Pflegeplanung
(Evaluation) wird von der Pflegefachperson ausgefuhrt.
Grundsatzlich sollte das Kauen gefordert werden. Es massiert die Ausfuhrungsgange der Ohrspeicheldrusen und sorgt so fur Speichelproduktion. Bei nicht ausreichendem Speichelfluss und mangelnder Mundhygiene kann es zu unangenehmen Symptomen kommen, die moglicherweise die Nahrungsaufnahme oder das Sprechen beeintrachtigen. Fur Patienten mit
Mundtrockenheit
(etwa durch Medikamente oder bei Einschrankung der Flussigkeitszufuhr) kann das Lutschen von sauerlichen Bonbons bzw. das Kauen von Trockenobst, Kau- oder Fruchtgummi eine Alternative zu medizinischen Spullosungen sein.
Weitere Maßnahmen kann die unterstutzungsbedurftige Person gegebenenfalls ? nach Anleitung oder mit Hilfestellung ? selbst durchfuhren. Wird die Mundpflege von einer
Pflegeperson
oder einer Pflegefachkraft ubernommen, muss berucksichtigt werden, dass es sich dabei um einen Eingriff in eine der Intimzonen des Menschen handelt, der moglicherweise nicht toleriert wird.
Zu den weiteren Maßnahmen gehort
- die Reinigung der
Zahne
bzw. der
Zahnprothese
- das Aufweichen bzw. Entfernen von Borken und Belagen
- das Befeuchten der
Schleimhaute
mit geeigneten Losungen; bei der Auswahl wird der Geschmack des Patienten berucksichtigt
- Das Trocknen des Mundes mit Wattetragern und Absaugen der Mundhohle bei erhohter Speichelsekretion
- das Auftragen oder Einbringen von arzneimittelhaltigen Zubereitungen (Lokaltherapeutika), zum Beispiel ein Lokalanasthetikum bei schmerzhaften Rhagaden oder Mukositis
- Mundwinkel- und
Lippenpflege
(zum Beispiel mit
Dexpanthenolsalbe
oder
Vaseline
[1]
).
Im Rahmen einer Sanierung bei Besiedelung mit multiresistenten Keimen im Nasen-Rachenraum oder bei Pilzbefall (Soor) werden Einweg-Zahnbursten verwendet, um eine Neuinfektion zu verhindern. Bei erhohter Neigung zu Zahnfleischbluten (zum Beispiel bei Gerinnungsstorungen) wird auf das Abbursten der Zahne verzichtet.
Wird ein
Luftbefeuchter
eingesetzt, so ist dieser von einer dazu befahigten Person vor der Installation zu uberprufen, wenn es sich um ein aktives
Medizinprodukt
handelt. Bei thermischen Geraten muss auf ausreichenden Sicherheitsabstand geachtet werden.
- Beate Augustyn, Martina Kern:
Pflegerische Maßnahmen in der Symptombehandlung.
In: Eberhard Aulbert u. a. (Hrsg.):
Lehrbuch der Palliativmedizin.
Schattauer, Stuttgart 1997; 3., aktualisierte Auflage ebenda 2012,
ISBN 978-3-7945-2666-6
, S. 948?958, hier: S. 948?950.
- Claudia Bausewein
, Susanne Roller, Raymond Voltz (Hrsg.):
Leitfaden Palliative Care. Palliativmedizin und Hospizbetreuung.
5. Auflage. Elsevier, Munchen 2015,
ISBN 978-3-437-23313-5
, S. 146?155.
- Susanne Schewior-Popp
, F. Sitzmann, L. Ullrich (Hrsg.):
Thiemes Pflege.
Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009,
ISBN 978-3-13-500011-4
, S. 327?332 und S. 1394?1396.
- ↑
Renate Langenbach, Ilse Delagardelle:
Affekte der Mundschleimheit.
In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck,
Lukas Radbruch
(Hrsg.):
Lehrbuch der Palliativmedizin.
2012, S. 265?270, hier: S. 266.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient
nicht
der Selbstdiagnose und ersetzt
nicht
eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte hierzu den
Hinweis zu Gesundheitsthemen
beachten!