Mundpflege

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Mit dem Begriff Mundpflege wird in der professionellen Pflege eine Kombination von Handlungen zusammengefasst, um Entzundungen bzw. Verletzungen der Mundumgebung und der Schleimhaut des Mund - und Rachenraums vorzubeugen oder zu behandeln. In der Krankenpflege , Altenpflege und Palliativpflege werden mit Mundbefeuchtung Mundtrockenheit und Durstgefuhl gelindert; mit weiteren Maßnahmen der Mundpflege kann aber auch anderen Beschwerden ? wie vermehrtem Speichelfluss, Pilzbefall im Mundraum und Mundgeruch ? entgegengewirkt werden.

Das Zahneputzen oder die Zahnersatzreinigung, auch Mundhygiene zur zahnmedizinischen Prophylaxe genannt, ist zwar ein Bestandteil, aber nicht Ziel und Hauptgegenstand der Mundpflege im Pflegebereich.

Betroffener Personenkreis

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Auf regelmaßige Mundpflege muss besonders geachtet werden, wenn

  • die Person oral keine Nahrung zu sich nimmt und deshalb Kaubewegungen fehlen, so dass die Speichelproduktion nicht ausreichend angeregt wird (zum Beispiel wegen Nahrungskarenz, Sondenernahrung, parenteraler Ernahrung).
  • die Person aufgrund korperlicher oder geistiger Beeintrachtigung selbst nicht in der Lage ist, eine grundliche Mundpflege durchzufuhren (zum Beispiel Frakturen an beiden Handen oder Armen).
  • Aspirationsgefahr besteht (zum Beispiel wenn Spullosung nicht wieder ausgespuckt werden kann, wie bei hoher Querschnittlahmung , Bewusstlosigkeit , Beatmung ).
  • praoperativ eine endotracheale Intubation vorzubereiten ist.
  • Erkrankungen der Mundhohle vorliegen, die eine spezielle Versorgung benotigen (Bspl.: Therapie und Pflege einer (chronischen) Tonsillitis , Soor ).
  • die Person im Sterben liegt.

Die Mundpflege wird von Pflegepersonen nur ubernommen, wenn die Maßnahmen nicht von der betroffenen Person selbst durchgefuhrt werden konnen.

Ziele der Mundpflege

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Ziele der Mundpflege ergeben sich aus der individuellen Situation der unterstutzungsbedurftigen Person.

Die Mundhohle setzt sich sowohl im Verdauungstrakt wie in den Atemwegen fort. Beide schlauchartigen Hohlorgane sollen vor einer Verkeimung geschutzt werden. Im Vordergrund stehen die Vorbeugung gegen Parotitis und bei beatmeten Patienten die Vermeidung einer Aspirations- Pneumonie . Allgemein sind eine feuchte, saubere Schleimhaut, belagfreie Zahne, subjektives Wohlbefinden, die Vorbeugung gegen Soor , Schmerzen, Austrocknung und evtl. die Einbringung von Medikamenten zu nennen. Die Haufigkeit und der Umfang der Maßnahmen richten sich nach dem jeweiligen Ziel, aber ebenso nach dem Zustand und dem Willen des Betroffenen.

Sagittalschnitt durch die Mundhohle

Das Fachpersonal nimmt zunachst eine Inspektion der Mundumgebung und der Mundhohle vor, in der Regel mit Hilfe eines Spatels und einer kleinen Lichtquelle; dabei muss behutsam vorgegangen werden, um keinen Wurgereiz auszulosen. Bei Menschen, die keine orale Ernahrung erhalten, werden die Parotiden (Ohrspeicheldrusen) palpiert ; Schmerzaußerungen konnen ein Hinweis auf eine Entzundung (Parotitis) sein. Uber entzundliche Veranderungen ist der behandelnde Arzt bzw. Zahnarzt zu informieren. Die Aktualisierung der Pflegeplanung (Evaluation) wird von der Pflegefachperson ausgefuhrt.

Grundsatzlich sollte das Kauen gefordert werden. Es massiert die Ausfuhrungsgange der Ohrspeicheldrusen und sorgt so fur Speichelproduktion. Bei nicht ausreichendem Speichelfluss und mangelnder Mundhygiene kann es zu unangenehmen Symptomen kommen, die moglicherweise die Nahrungsaufnahme oder das Sprechen beeintrachtigen. Fur Patienten mit Mundtrockenheit (etwa durch Medikamente oder bei Einschrankung der Flussigkeitszufuhr) kann das Lutschen von sauerlichen Bonbons bzw. das Kauen von Trockenobst, Kau- oder Fruchtgummi eine Alternative zu medizinischen Spullosungen sein.

Weitere Maßnahmen kann die unterstutzungsbedurftige Person gegebenenfalls ? nach Anleitung oder mit Hilfestellung ? selbst durchfuhren. Wird die Mundpflege von einer Pflegeperson oder einer Pflegefachkraft ubernommen, muss berucksichtigt werden, dass es sich dabei um einen Eingriff in eine der Intimzonen des Menschen handelt, der moglicherweise nicht toleriert wird. Zu den weiteren Maßnahmen gehort

  • die Reinigung der Zahne bzw. der Zahnprothese
  • das Aufweichen bzw. Entfernen von Borken und Belagen
  • das Befeuchten der Schleimhaute mit geeigneten Losungen; bei der Auswahl wird der Geschmack des Patienten berucksichtigt
  • Das Trocknen des Mundes mit Wattetragern und Absaugen der Mundhohle bei erhohter Speichelsekretion
  • das Auftragen oder Einbringen von arzneimittelhaltigen Zubereitungen (Lokaltherapeutika), zum Beispiel ein Lokalanasthetikum bei schmerzhaften Rhagaden oder Mukositis
  • Mundwinkel- und Lippenpflege (zum Beispiel mit Dexpanthenolsalbe oder Vaseline [1] ).

Im Rahmen einer Sanierung bei Besiedelung mit multiresistenten Keimen im Nasen-Rachenraum oder bei Pilzbefall (Soor) werden Einweg-Zahnbursten verwendet, um eine Neuinfektion zu verhindern. Bei erhohter Neigung zu Zahnfleischbluten (zum Beispiel bei Gerinnungsstorungen) wird auf das Abbursten der Zahne verzichtet.

Wird ein Luftbefeuchter eingesetzt, so ist dieser von einer dazu befahigten Person vor der Installation zu uberprufen, wenn es sich um ein aktives Medizinprodukt handelt. Bei thermischen Geraten muss auf ausreichenden Sicherheitsabstand geachtet werden.

  • Beate Augustyn, Martina Kern: Pflegerische Maßnahmen in der Symptombehandlung. In: Eberhard Aulbert u. a. (Hrsg.): Lehrbuch der Palliativmedizin. Schattauer, Stuttgart 1997; 3., aktualisierte Auflage ebenda 2012, ISBN 978-3-7945-2666-6 , S. 948?958, hier: S. 948?950.
  • Claudia Bausewein , Susanne Roller, Raymond Voltz (Hrsg.): Leitfaden Palliative Care. Palliativmedizin und Hospizbetreuung. 5. Auflage. Elsevier, Munchen 2015, ISBN 978-3-437-23313-5 , S. 146?155.
  • Susanne Schewior-Popp , F. Sitzmann, L. Ullrich (Hrsg.): Thiemes Pflege. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-13-500011-4 , S. 327?332 und S. 1394?1396.

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Renate Langenbach, Ilse Delagardelle: Affekte der Mundschleimheit. In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, Lukas Radbruch (Hrsg.): Lehrbuch der Palliativmedizin. 2012, S. 265?270, hier: S. 266.