Dieser Artikel oder Absatz stellt die
Situation in Deutschland
dar. Bitte hilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern.
Tater
einer
Straftat
ist nach
§ 25
Abs. 1 1. Alt.
StGB
, wer die Straftat selbst begeht. In
§ 25
Abs. 1 2. Alt StGB ist die mittelbare Taterschaft geregelt, bei der der Tater sich zur Tatausfuhrung eines anderen Menschen als Werkzeug bedient.
Ein
Verdachtiger
wird abhangig vom aktuellen Verfahrensfortgang bezeichnet als
Beschuldigter
,
Angeschuldigter
,
Angeklagter
und erst nach Verurteilung als Tater.
Problematisch kann in manchen Fallen die Abgrenzung zwischen Taterschaft und
Teilnahme
sein. Die
Rechtsprechung
grenzt dabei vorrangig nach subjektiven Kriterien ab. Tater ist, wer die Tat als eigene will, also mit Taterwillen (
animus auctoris
) handelt. Als Teilnehmer wird dagegen bezeichnet, wer sie lediglich als fremde will (
animus socii
).
[1]
Dies fuhrte allerdings dazu, dass sich der
Bundesgerichtshof
vom Wortlaut des Gesetzes loste. Er verurteilte in der sogenannten
Staschinski-Entscheidung
einen Agenten des
KGB
, der in Deutschland mehrere Menschen getotet hatte, lediglich wegen
Beihilfe
zu einem Totungsdelikt, da dieser behauptet hatte, die Tat nicht als
eigene
gewollt zu haben. Gegenteiliges konnte ihm nicht nachgewiesen werden.
Danach vollzog die Rechtsprechung eine Wende und orientierte sich mehr in die Richtung, die in der Fachliteratur vertreten wird.
[2]
Danach ist Tater, wer die Tatherrschaft hat. Umstritten ist dabei, ob eine Gestaltungsmacht ausreichend ist (die z. B. auch der nur im Hintergrund tatige Bandenchef hat) oder ob ein Tater nur sein kann, wer ?Tatausfuhrungsherrschaft“ hat, also bei Tatbegehung vor Ort ist und das Geschehen in den Handen halt. Auch wenn die Rechtsprechung im Ergebnis haufig zu demselben Ergebnis kommt, verfolgt sie weiterhin ihren subjektiven Ansatz; fur sie ist Tatherrschaft lediglich ein
Indiz
dafur, dass der Betreffende mit Taterwillen (
animus auctoris
) handelte.
Das Gesetz unterscheidet drei verschiedene Formen der Taterschaft: Unmittelbare, mittelbare und Mittaterschaft. Daneben gibt es auch noch den gesetzlich nicht geregelten Begriff der Nebentaterschaft.
Nach
§ 25
Abs. 1, 1. Alt. StGB ist (unmittelbarer) Tater, wer die Straftat selbst begeht. Dies hangt maßgeblich von der Verwirklichung des objektiven (z. B. Wegnahme einer Sache) sowie des subjektiven Tatbestandes (z. B. Zueignungsabsicht) einer Strafnorm ab.
Mittelbarer Tater ist gemaß
§ 25
Abs. 1, 2. Alt. StGB, wer eine
Straftat
?durch“ einen anderen begeht. Man hat ihn sich vorzustellen als den ?uberlegenen Hintermann“, der sich eines ?Werkzeugs“ bedient, um einen tatbestandlich relevanten Erfolg zu erzielen.
[3]
Auch der mittelbare Tater muss aber die notwendige Taterqualifikation haben (z. B.
Amtstragereigenschaft
bei Falschbeurkundung im Amt nach
§ 348
StGB). Der andere muss als Werkzeug des Hintermannes (?Vordermann“) tatig werden, denn die Tatherrschaft ubt kraft besseren Wissens der ?Hintermann“ aus. Regelmaßig wird deshalb verlangt, dass derjenige, der als Werkzeug fungiert, ein ?Strafbarkeitsdefizit“ hat. Ihm darf sein Verhalten strafrechtlich nicht vorgeworfen werden konnen, sei es, weil er tatbestandslos (undolos/absichtslos), rechtmaßig oder schuldlos handelte. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der mittelbare Tater einen gutglaubigen Passanten bittet, ?seinen“ Koffer aus dem Taxi zu nehmen, der in Wirklichkeit einem Dritten gehort. In diesem Fall handelte das Werkzeug
unvorsatzlich
.
Umstritten ist, ob es auch einen ?Tater hinter dem Tater“ geben kann, ob mittelbare Taterschaft also auch moglich ist, wenn das Werkzeug voll verantwortlich handelt. Der
Bundesgerichtshof
hat dies bisher nur in zwei Situationen angenommen: bei organisierten
Machtapparaten
, die erhebliche Organisationsstrukturen aufweisen (
Mafia
, das
nationalsozialistische
sowie das
DDR
-Regime
[4]
), sowie dann, wenn der Tater in einem vermeidbaren Verbotsirrtum handelt (
Katzenkonigfall
[5]
). Daruber hinaus wird in der Literatur noch vertreten, dass ein solcher Fall ebenfalls vorliegt, wenn der unmittelbare Tater uber seinen konkreten Handlungssinn getauscht wird. Ein Beispiel dafur ware ein indirekter Einbruch in eine fremde Wohnung mit Hilfe eines herbeigerufenen Schlossers fur Notoffnungen, wenn der Auftraggeber dem Monteur falschlicherweise glaubhaft machen konnte, dass es sich um seine eigene Wohnung handelt.
In der Literatur wird eine mittelbare Taterschaft in Form des Taters hinter dem Tater auch fur Falle diskutiert, in denen der Vordermann sich zwar bewusst ist, strafbares Unrecht zu begehen, durch den Hintermann aber uber einzelne Tatumstande getauscht wird, beispielsweise uber den Wert einer Sache bei einer
Sachbeschadigung
.
[6]
Bezuglich des subjektiven Tatbestandes des Delikts mussen beim mittelbaren Tater Vorsatz und das Bewusstsein der Ausubung von Tatherrschaft sowie der mangelnden Verantwortlichkeit des ?Vordermannes“ vorliegen. An diese Konstellation knupfen sich gelegentlich
Irrtumsfragen
an. Geht namlich der Hintermann irrig davon aus, dass der Vordermann selbst schuldhaft handle (Irrtum bezuglich Schuld des Werkzeugs), kann er zur begangenen Tat nur wegen
Anstiftung
(
§ 26
StGB)
belangt werden, weil nur Anstiftungsvorsatz bestand. Gleiches gilt, wenn genau andersherum, beim Hintermann ein Irrtum uber die Schuld des Werkzeugs vorliegt, dieser also irrig davon ausgeht, dass der Vordermann schuldlos handelte, denn objektiv liegt nur Anstiftung vor. Der Irrtum uber Vorsatz des Werkzeugs fuhrt zur versuchten Anstiftung,
§ 30
StGB. Auch dieser Fall ist andersherum denkbar: Der Hintermann nimmt irrtumlich an, das Werkzeug handele gutglaubig. Da es wieder an der Tatherrschaft fehlt, wenn der Vordermann tatsachlich bosglaubig ist, kommt eine Bestrafung aus vollendeter Anstiftung (
§ 26
StGB) in Betracht.
[7]
Mittater gemaß
§ 25
Abs. 2 StGB sind Tater, die eine Tat gemeinschaftlich begehen. Dies setzt voraus, dass die Tater auf Grund eines gemeinsamen Tatplanes tatig werden. Erforderlich hierfur ist ein bewusstes (kognitives Element) und gewolltes (voluntatives Element) Zusammenwirken zur Verwirklichung des Tatplans. Dass zwei Tater lediglich zufallig am gleichen Tatort Straftaten veruben, gegebenenfalls bei gleicher Objektsbezogenheit, reicht dagegen nicht aus.
Mittaterschaft erfordert allerdings nicht, dass jeder der Tater den objektiven Tatbestand der Strafnorm unmittelbar selbst erfullt. Funktionelle Tatherrschaft reicht aus, wenn sein Beitrag im Rahmen der arbeitsteiligen Verwirklichung des Tatbestandes eine Zurechnung der Gesamttat rechtfertigt. Zurechenbar sind alle Unterstutzungs- oder Vorbereitungshandlungen, die die Tatausfuhrung ermoglichen. Nach den Lehren zur
Tatherrschaft
lenkt der sich die Tat im Ubrigen aneignende Tater planvoll das Geschehen oder gestaltet es in funktioneller Hinsicht mit. Letztlich bedarf es im Ergebnis der Erfullung aller Merkmale des objektiven Tatbestandes.
Fur den subjektiven Tatbestand, Vorsatz und Absicht bezuglich der verwirklichten Tatbestandsmerkmale, mussen diese bei jedem Mittater in eigener Person vorliegen beziehungsweise kraft Zurechnungswillens verwirklicht sein. Subjektiv zugerechnet werden konnen einem Mittater nur diejenigen Straftaten, auf die er sich ?vollumfanglich eingelassen“ hat. Daraus folgt, dass besondere subjektive Tatbestandsmerkmale nicht wechselseitig zugerechnet werden, z. B. die tatbezogene Zueignungsabsicht bei Diebstahl
§ 242
StGB
[8]
oder die taterbezogenen Mordmerkmale der Gruppen
1
und
3
des
§ 211
StGB
.
Sukzessive Mittaterschaft
liegt vor, wenn sich die Person erst nach Beginn der Ausfuhrungshandlung zwecks gemeinsamer Tatausfuhrung mit dem anderen Tater verbindet und mit ihm in wechselseitigem Einverstandnis weiter handelt.
Die Haftung der Tater besteht im Rahmen des gemeinsamen Tatplans. Geht ein Tater uber den gemeinsamen Tatplan hinaus (
Mittaterexzess
), sind die anderen fur diese Tat keine Mittater.
[9]
Ein
error in persona vel obiecto
, die Verwechslung der Identitat des Opfers, ist bei Gleichwertigkeit der Tatobjekte nach
herrschender Lehre
und Rechtsprechung auch fur den Mittater unbeachtlich.
[10]
Den Begriff des Nebentaters kennt das
StGB
nicht. Nebentater sind Tater, die unabhangig voneinander dasselbe
Rechtsgut
angreifen. Zu unterscheiden sind hierbei Nebentater bei kumulativer und bei alternativer
Kausalitat
. Kumulative Kausalitat liegt vor, wenn die Tatbeitrage der beiden Tater nur gemeinsam zum Erfolg fuhrten, z. B. weil verabreichtes
Gift
in der jeweiligen
Dosierung
allein nicht todlich gewirkt hatte. Alternative Kausalitat liegt vor, wenn der tatbestandliche Erfolg zwar eingetreten ware, wenn man den Tatbeitrag jeweils eines Taters wegdenkt, aber nicht beide Tatbeitrage weggedacht werden konnen, ohne dass der konkrete Erfolg ausbleibt. In diesem Fall (z. B. jeder verabreicht dem Opfer eine
todliche Dosis
Gift) konnte sich jeder Tater darauf berufen, dass sein Handeln nicht kausal fur den Erfolg geworden ist, was seine Strafbarkeit ausschließen wurde. Dies wird jedoch allgemein abgelehnt.
Die Nebentaterschaft kennzeichnet damit nur besondere Falle der Taterschaft, die fur die strafrechtliche Beurteilung eines Verhaltens nicht unbedingt einer besonderen Bezeichnung bedurft hatten.
Im
Ordnungswidrigkeitenrecht
geht man vom Einheitstaterprinzip aus. Jeder, der an einer Ordnungswidrigkeit ursachlich mitgewirkt hat, wird als Tater angesehen (vgl.
§ 14
OWiG
).
Auch im
Verkehrsrecht
geht der Gesetzgeber vom Einheitstaterprinzip aus. Die meisten Delikte werden ohnehin
fahrlassig
begangen und somit scheidet hier eine Abstufung der Taterschaft aus.
Allerdings gibt es Delikte, in denen die Teilnahme zum Tatbestandsmerkmal erhoben wurde. Wer als
Halter eines Kraftfahrzeuges
eine Person ohne
Fahrerlaubnis
mit seinem Fahrzeug fahren lasst, wird wegen Zulassens zum Fahren ohne Fahrerlaubnis bestraft (vgl.
§ 21
StVG
).
- ↑
Urs Kindhauser
:
Strafrecht Allgemeiner Teil
. 6. Auflage.
Nomos Verlag
,
Baden-Baden
2013,
ISBN 978-3-8329-6467-2
,
S.
327
.
- ↑
Vgl. etwa die Ubersicht bei
Munchener Kommentar zum StGB
(2003), Joecks, Anm. 9 bis 14 zu § 25.
- ↑
Urs Kindhauser
:
Strafrecht Allgemeiner Teil
. 6. Auflage.
Nomos Verlag
,
Baden-Baden
2013,
ISBN 978-3-8329-6467-2
,
S.
337
.
- ↑
BGHSt 40, 218
- ↑
BGHSt 35, 347
- ↑
Seier, JuS 1993, L75 ff.
- ↑
Strafrecht: Irrtumer bei der mittelbaren Taterschaft
- ↑
Wessels
/
Beulke
:
Strafrecht AT
, § 242, Rn. 207, 31. Auflage 2001.
- ↑
Taterschaft und Teilnahme, §§ 25, 26, 27 StGB.
(PDF; 79 kB) Juristisches Repetitorium hemmer,
S. 2
, archiviert vom
Original
am
17. Juni 2012
;
abgerufen am 22. Februar 2013
.
- ↑
Ingeborg Puppe
:
Der gemeinsame Tatplan der Mittater
, Bonn 2007 (
online
); Andere Auffassung Roxin:
Taterschaft und Tatherrschaft
, 11. Aufl. 2022, S. 287, Schreiber in JuS 1985, 876.