?Min Herzing“
ist im
Ostseebad
Warnemunde
eine Symbolfigur, die Heimatverbundenheit, Frohsinn und norddeutsche Schlagfertigkeit verkorpert.
Des Weiteren ist ?Min Herzing“ ein Fahrgastschiff der Warnemunder Reederei ?Fahrgastschifffahrt Kapp‘n Brass“.
Der Begriff ?Min Herzing“ (Mein Herzchen) geht auf die Marktfrau
Hedwig Anke
(1902?1983) zuruck. Diese verkaufte von den 1920er Jahren bis in die 1970er Jahre hinein auf dem Warnemunder Kirchenplatz Fisch und sprach dabei jeden Kunden, und auch jeden Passanten, forsch aber herzlich mit ?Min Herzing“ an.
1968 entdeckte die in Rostock ansassige
Ostsee-Zeitung
das in der Stadt legendare Wortspiel ?Min Herzing“ fur sich und entwickelte aus dieser Begrifflichkeit eine lokale Symbolfigur, die es sich unter den gesellschaftlichen Verhaltnissen in der
DDR
erlauben konnte, kritischer zu sein, als real existierende Autoren. Die fiktive Zeitungs-Figur außerte sich meist zu lokalen Missstanden. ?Min Herzing“ trat schon bald als robuste Fischfrau mit großer Klappe nicht nur in der Zeitung, sondern auch auf Volks- und Pressefesten auf ? oft gemeinsam mit einer weiteren Symbolfigur der
Hansestadt
Rostock
: ?Kapp'n Brass“ (auch ?Kapt'n Brass“). Im Kostum der ?Min Herzing“ verbarg sich lange Zeit die Schauspielerin
Inge Raths
. ?Kapp'n Brass“ wurde viele Jahre vom Sanger und Unterhaltungskunstler
Horst Kobbert
dargestellt.
Parallel zu den Auftritten der Symbolfiguren war Hedwig Anke noch lange Zeit als Marktverkauferin in Warnemunde, aber auch im Rostocker Stadtteil
Reutershagen
zu erleben. Besonders fur die Einheimischen blieb sie die ?echte Min Herzing“.
1974 trat mit der Gastronomin und Fachverkauferin Margot Thielk (1932?2014) eine Kollegin an die Seite von Hedwig Anke, die im Alltag bald auch die Rolle der ?echten Min Herzing“ ubernahm. In der Warnemunder Poststraße, wenige Meter von jener Stelle entfernt, an der Hedwig Anke uber Jahrzehnte mit ihrem offenen Verkaufsstand anzutreffen war, wurde 1974 eine ?Fischhalle“ gebaut, deren Leitung die Fischhandlerin Margot Thielk ubernahm. Bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben arbeitete Hedwig Anke noch stundenweise bei Margot Thielk.
Margot Thielk setzte die inzwischen legendar gewordene Szenerie des Fischverkaufes auf ihre Weise fort. Fur die Einheimischen wurde sie schnell die ?neue Min Herzing“. 1990 begrundete Margot Thielk das
markenrechtlich
geschutzte Unternehmen ?Min Herzing“, das sich mit Fischhandel und Gastronomie befasst. Die ?Min Herzing“-Restaurants, die heute von den Familien der Tochter Margot Thielks gefuhrt werden, sind in der Fischgastronomie erfolgreich. In Warnemunde wird heute gern zwischen ?Min Herzing I“ (Hedwig Anke) und ?Min Herzing II“ (Margot Thielk) unterschieden.
Die Rostocker Kunstler Theresia und Hans Rolfs schufen zu DDR-Zeiten zu Ehren der Marktfrau Hedwig Anke eine lebensgroße Plastik aus Beton. 'Min Herzing' kann in der Alexandrinenstr 27 in Warnemunde betrachtet werden.
Die Bezeichnung ?Min Herzing“ tragen heute verschiedene Unternehmen und Projekte, unter anderem:
- ein Feriendorf bei
Dranske
auf der
Insel
Rugen
- ein Fahrgastschiff im Ostseebad Warnemunde
- ?Essay uber ein Fischweib oder Min Herzing“, Dokumentarfilm von
Uwe Belz
1974
- ?Na, min Herzing, wisst`n Fisch?: die legendare Fischfrau aus Warnemunde“, Christiane Freuck in ?Hanse-Sail aktuell“ (2007), S. 72
- ?Min Herzing un anner Vertellers“, Gertrud Hennl, Rostock, 1981
- ?Fischweiber und Matrosen ? Portraits von Mecklenburgern im
DEFA
-Dokumentarfilm“,
DEFA-Stiftung
, Projekt der 4. Berliner Stiftungswoche, 4. bis 14. Juni 2013
- ?Min Herzing“, Ballade der Rockgruppe
Spill
(Rostock), 2013
- Min Herzing in ?Mit den Augen von Hansi Parczyk Warnemunde entdecken“ von Rosemarie Zaulich, Rostock, 2013
- Min Herzing in ?Eyke Duwel: Dorschgefluster | Der Teufel vom Alten Strom“, Rostock, 2015