Unter
Mieterschutz
versteht man im
Wohnraummietrecht
vertraglich nicht
abdingbare
gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des
Mieters
inner- und außerhalb des
Burgerlichen Gesetzbuchs
(BGB). Es handelt sich um eine Form des
Verbraucherschutzes
bei frei finanzierten Wohnungen neben den speziellen Regelungen zum
sozialen Wohnungsbau
und allgemeinen Benachteiligungsverboten wie
§ 2
Abs. 1 Nr. 8
AGG
.
[1]
Mieterschutzregelungen konnen auch vertraglich vereinbart werden. So konnen im Rahmen der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestande
Sozialchartas
vereinbart werden, welche den Mietern einen weit uber die gesetzlichen Regelungen hinausgehenden Mieterschutz einraumen.
Mieterschutzsrechte sind im
Vertragsrecht
oder speziell im Mietrecht der jeweiligen Staaten kodifiziert.
[2]
Siehe hierzu die Landesartikel
Gegenstand des Mieterschutzes sind insbesondere
- Einschrankungen des
Kundigungsrechts
des Vermieters
- Einschrankungen der Beendigung eines Mietverhaltnisses aus anderen Grunden
[3]
- Bestimmungen zur
Miethohe
[4]
- Sozialklauseln
,
[5]
das Eintrittsrecht von Haushaltsangehorigen bei Tod des Mieters (
§ 563
BGB) oder Bestandsschutz bei Veraußerung der Mietsache (
§ 566
BGB)
- sowie zu Kriegs- und Notzeiten auch die Wohnraumzwangsbewirtschaftung.
[6]
Der Gesetzgeber steht bei der Erfullung des ihm in
Art. 14
Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrages, Inhalt und Schranken des
Eigentums
zu bestimmen, vor der Aufgabe, das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus der verbindlichen Richtschnur des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, dieses Gebot auch im Rahmen privatrechtlicher Normierungen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu verwirklichen. Er muss hierbei beiden Elementen des im Grundgesetz angelegten dialektischen Verhaltnisses von verfassungsrechtlich garantierter Freiheit und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen und die schutzwurdigen Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhaltnis bringen. Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung zwingender mietrechtlicher Vorschriften sowohl die Belange des Mieters als auch die des Vermieters in gleicher Weise berucksichtigen. Das heißt freilich nicht, dass sie zu jeder Zeit und in jedem Zusammenhang dasselbe Gewicht haben mussten. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht aber mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang.
[7]
Zur Vermeidung von
Obdachlosigkeit
und Wahrung des
sozialen Friedens
folgt der Mieterschutz dem Gebot der Rucksichtnahme auf die Belange des einzelnen Rechtsgenossen, der auf die Nutzung des Eigentumsobjektes angewiesen ist und tragt ?der uberragenden Bedeutung der Wohnung als Mittelpunkt der menschlichen Existenz“ Rechnung.
Insbesondere die Aufhebung der Steuervorteile im gemeinnutzigen Wohnungswesen zum 1. Januar 1990
[8]
[9]
[10]
und eine faktische Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus mit dem Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13. September 2001
[11]
[12]
fuhrten zu einer weitgehenden Privatisierung des Wohnungsmarkts. In der Folge kamen etwa 3,3 Millionen mietpreisregulierte Wohnungen auf den freien Markt.
[13]
Der Mietwohnungsmarkt wird zunehmend bestimmt durch ein
Ungleichgewicht
von Angebot und Nachfrage und erschwert nicht nur
Geringverdienern
den Marktzugang.
[14]
Zur Behebung des
Wohnraummangels
wird unter anderem eine Wiedereinfuhrung der
Wohnungsgemeinnutzigkeit
diskutiert.
[15]
Eine
Evaluierung
der
Mietpreisbremse
zeigt, dass sich der Mietanstieg in den von der Mietpreisbremse ausgenommenen Wohnungen (Erstnutzung nach dem 1. Oktober 2014 oder Erstvermietung nach grundlegender Sanierung) durch die Mietpreisbremse beschleunigt hat.
[16]
Die prozentuale Begrenzung der
Modernisierungsumlage
erreicht das mutmaßliche Ziel, die Mieterhohung zu begrenzen, nicht, sondern verstarkt im Gegenteil die Belastung des Mieters durch hohere Mieten noch.
[17]
- ↑
Martin Haublein, Arnold Lehmann-Richter:
Mieterschutz in der Bundesrepublik Deutschland
Berlin (ohne Jahr)
- ↑
vgl. Benjamin Raabe:
Soziales Mietrecht in Europa
2019 (zur Rechtslage in Danemark, den Niederlanden und Osterreich)
- ↑
Mieterschutz
Gabler Wirtschaftslexikon, abgerufen am 30. August 2019
- ↑
Uwe Koch:
Mietpreispolitik in Deutschland. Eine empirische Studie unter besonderer Berucksichtigung des qualifizierten Mietspiegels
Augsburg, Univ.-Diss. 2005
- ↑
Ein kurzer Blick in die Geschichte des Mietrechts
Mieterecho, Nr. 262, Mai/Juni 1997
- ↑
Thomas Bussemer:
Wohnungspolitik und Wohnraumbewirtschaftung in der Weimarer Republik
9. Januar 2017
- ↑
BVerfG, Beschluss vom 23. April 1974 - 1 BvR 6/74 und 2270/73
Rdnr. 29 (zum Gesetz uber den Kundigungsschutz fur Mietverhaltnisse uber Wohnraum vom 25. November 1971 (
BGBl. I S. 1839
) - Wohnraumkundigungsschutzgesetz - WKSchG)
- ↑
Art. 21 § 1 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988,
BGBl. I S. 1093
- ↑
Christian Lieberknecht:
Was bedeutete das WGG und was passierte danach?: Die Entwicklungsphasen der Wohnungsgemeinnutzigkeit
Haufe.de, 20. September 2013
- ↑
Gemeinnutzigkeit der Wohnungswirtschaft
Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages
, Sachstand vom 23. Januar 2013
- ↑
BGBl. I S. 2376
- ↑
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Wohnungsbaurechts
BT-Drs. 14/5538 vom 13. Marz 2001, S. 34 ff., 36
- ↑
Jane Tversted, Martin Zahringer:
Wohnungsmarkt und Mitbestimmung Vom Mietrecht zu den Mieterrechten
Deutschlandfunk Kultur
, 16. Juli 2019
- ↑
Oliver Bohm, Ulli Raffel:
Wohnungspolitik in Deutschland: Eine Chronologie des Versagens
SWR
, 21. September 2018
- ↑
Neue Wohnungsgemeinnutzigkeit: Wohnungsunternehmen wollen keine Steuerbefreiung
Website des Berliner Mietervereins, 30. August 2017
- ↑
Deutsches Institut fur Wirtschaftsforschung
:
Evaluierung der Mietpreisbremse
Kurzfassung. Studie im Auftrag des
Bundesministeriums der Justiz und fur Verbraucherschutz
, Berlin 2018
- ↑
Bastian Kossmann, Georg von Wangenheim:
Missgluckter Mieterschutz - Wie die Senkung der Umlagequote bei Modernisierungskosten die Miete erhoht
Universitat Kassel, September 2015