Michael Buchberger

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Bischof Buchberger (1928)
Wappen Buchbergers als Bischof von Regensburg ab 1950 nach seiner Ernennung zum Erzbischof
Buchberger (ganz rechts im Bild) 1916 beim Frontbesuch mit Kardinal Franziskus von Bettinger (Bildmitte) bei dem bayerischen Divisionspfarrer Jakob Weis (ganz links)

Michael Buchberger (* 8. Juni 1874 in Jetzendorf ; † 10. Juni 1961 in Straubing ) war ein deutscher romisch-katholischer Geistlicher und Theologe. Er war der 74. Bischof der Diozese Regensburg seit ihrer Grundung 739.

Buchberger, Sohn eines Bauern, studierte in Freising und Munchen Theologie und Philosophie und empfing am 29. Juni 1900 im Erzbistum Munchen-Freising die Priesterweihe . Er war dann in Bad Reichenhall als Kaplan und in Freising als Seminarprafekt tatig. 1906 kam er zum Lyzeum in Regensburg , wo er sich als Professor vor allem der Jugendarbeit widmete, ehe er 1908 Dom kapitular in Munchen wurde. Er wurde dann Generalvikar und Dompropst . Im November 1923 ernannte Papst Pius XI. ihn zum Titularbischof von Athribis und bestellte ihn zum Weihbischof im Erzbistum Munchen-Freising. Die Bischofsweihe spendete ihm am 20. Januar 1924 Michael Kardinal von Faulhaber ; Mitkonsekratoren waren Johann Baptist Hierl , Weihbischof in Regensburg , und Adam Senger , Weihbischof in Bamberg . Vom 12. Marz 1928 bis zu seinem Tod leitete er das Bistum Regensburg . Der in der Kirchengeschichte bewanderte Buchberger engagierte sich in der Herausgabe mehrerer Kirchenlexika, bei der er auch als Autor tatig war. Er gab in Zusammenarbeit mit Karl Hilgenreiner , Johann Baptist Nisius , Joseph Schlecht und Andreas Seider von 1907 bis 1912 [1] das Kirchliche Handlexikon mit etwa 24.000 Artikeln, von 1930 bis 1938 das Nachfolgewerk, das Lexikon fur Theologie und Kirche , heraus. Das zehnbandige Werk startete mit 80.000 Artikeln.

Im von ihm als Herausgeber verantworteten Kirchlichen Handlexikon [2] [3] und in ahnlicher Weise auch noch in der von ihm herausgegebenen ersten Auflage (1930) des Lexikon fur Theologie und Kirche finden sich antijudaistische Positionen. [4] Auch in seinen eigenen Schriften außerte er Verstandnis fur diese Position. [5] [6] Als in Regensburg 1931 das gesellschaftliche Klima bereits sehr vergiftet war, außerte sich Buchberger unter anderem bezuglich der wirtschaftlichen Verhaltnisse vor Ort in judenfeindlicher Weise und bestarkte so den weitverbreiteten Antisemitismus in der Bevolkerung. [7] In seinem Buch Gibt es noch eine Rettung behauptete Buchberger, dass ?die Presse [H.i.O.], die ununterbrochen das religiose und sittliche Leben des Volkes“ unterwuhle und ?die zum Teil formlich vom Kampf gegen christlichen Glauben und christlicher Sitte“ lebe, zum guten Teil in judischen Handen sei.

?Viele judische Federn versundigten und versundigen sich bis heute durch eine massenhaft unter das Volk geworfene laxe und seichte, antireligiose und antichristliche Literatur, die an dem sittlichen Mark unseres Volkes, besonders auch unserer Jugend nagt. [...] Ein ubermachtiges judisches Kapital beherrscht das wirtschaftliche Leben und besonders den Handel in einer fur das Gemeinwohl schadigenden und doch sehr gefahrlichen Weise, so daß der kleinere deutsche Geschaftsmann, Handwerker und Unternehmer einfach nicht mehr mitkommen kann und daher zu Grunde gehen muß. In allen Stadten ziehen große judische Warenhauser Geschaft und Umsatz an sich, weil eben das großere Kapital immer das kleinere zum Erliegen bringt. Es muß ganz offen ausgesprochen werden, daß dies ein Unrecht am Volksganzen bedeutet, das Gemeinwohl und die Volkswohlfahrt schwer schadigt, Tausende von Existenzen zerstort und furchtbar viel Erbitterung ansammeln muß. Gegen diese Auswuchse sich in rechter und maßvoller Weise zu wehren, ist eine Art gerechter Notwehr.“ [8]

Im Einklang mit der damals gultigen katholischen Lehre, die nicht das Konzept von ?Rasse“ als solches, sondern lediglich dessen Relevanz in der nationalsozialistischen Lehre, die der Bedeutung des Taufsakraments entgegenstand, verurteilte, bezeichnete Buchberger diesen ?christlichen Antisemitismus“ ? im Gegensatz zu dem rassisch begrundeten ? als ?eine Art gerechter Notwehr“. [9]

Buchberger diffamierte auch andere gesellschaftliche Gruppen und Minderheiten als Kirchenfeinde, die ?wie Hausierer und Agenten, die jahraus jahrein die ganze Welt abwandern.“ Sie seien ?immer zu treffen in Versammlungen von Kommunisten, Sozialisten, Freidenkern , Adventisten , ernsten Bibelforschern , Feuerbestattern und aller moglichen Sekten.“ [10] Der Regensburger Theologe Andreas Angerstorfer kritisiert, dass Buchbergers antisemitische Schrift Gibt es noch eine Rettung von 1931 nach dem Krieg in einer zweiten unveranderten Auflage erneut verlegt wurde. [11]

Als der Regensburger Domprediger Johann Maier , der am 23. April 1945 offentlich eine kampflose Ubergabe der Stadt Regensburg an die US-Truppen gefordert hatte, von Polizisten festgenommen und am selben Abend durch ein Standgericht wegen Wehrkraftzersetzung verurteilt und sofort gehangt wurde, schwieg Buchberger und hielt sich in einem Luftschutzbunker versteckt. [12]

In einem Hirtenwort zum ersten Fastensonntag 1946 mahnte Buchberger, auch mit den Opfern ?der furchtbaren Verbrechen, die wahrend des Krieges“ begangen worden seien, ?herzlich mitzufuhlen“, ohne darauf einzugehen, wer diese Opfer seien. Zugleich tadelte er jene, die sich in der Verurteilung der nationalsozialistischen Verbrechen ?kaum genug tun“ konnten, jedoch ?keinen Schmerz und Abscheu uber den Gottesmord auf Golgatha “ kennen wurden. Jesus sei uberall ?vom Haß und Hohn des judischen Volkes“ verfolgt worden. Damit predigte und verbreitete er ? kaum ein Jahr nach der Befreiung von Uberlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager ? antisemitische Stereotype. [9]

Nach dem Krieg bemuhte sich Buchberger um den Wiederaufbau in seinem Bistum. Unmittelbar nach Kriegsende im Jahre 1945 wurden allein 95 caritative Einrichtungen neu begrundet. In den Folgejahren entstanden 175 neue Kirchenbauten.

Im Heiligen Jahr 1950 erhielt er von Papst Pius XII. den personlichen Titel eines Erzbischofs .

Bewertung von Buchbergers Wirken in der Zeit des Nationalsozialismus

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Der NS-Forscher Wolfgang Benz sieht im von Buchberger unterstutzten ?Wirken der Regensburger Domspatzen“ ein Beispiel ?fur den alltaglichen katholischen Kompromiss zwischen Kirche und Staat, Frommigkeit und Kommerz“. Buchberger habe ?lange Zeit gute Beziehungen zur Reichskanzlei (ge)pflegt.“ Dies sei ?eine Geschichte von Anpassung und Gleichschaltung, die das kirchliche Leben im nationalsozialistischen Staat charakterisiert.“ [13]

Eine stadtgeschichtlich ausgerichtete Artikelserie kommt zu dem Ergebnis, dass Bischof Michael Buchberger wie kaum ein zweiter Kirchenhierarch den Nationalsozialismus begrußt und nach Kriegsende Opfer des NS-Regimes instrumentalisiert habe. [14]

Fur den in Regensburg katholische Kirchengeschichte lehrenden Theologen Klaus Unterburger besteht kein Zweifel, ?dass in abstracto Buchbergers Sicht auf Welt und Politik erhebliche Divergenzbereiche zum Nationalsozialismus“ aufweise und seine konkrete Einstellung zum Nationalsozialismus ?durchgehend ablehnend-oppositionell“ gewesen sei. Dennoch habe es ?auf anderen Gebieten auch Konsens oder zumindest Beruhrungspunkte“ gegeben, etwa im massiven Antikommunismus, ?aber auch bestimmte antijudische Stereotypen, die er vor allem 1931 entfaltet“ habe. [15]

Commons : Michael Buchberger  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Michael Buchberger (Hrsg.): Kirchliches Handlexikon. Ein Nachschlagebuch uber das Gesamtgebiet der Theologie und ihrer Hilfswissenschaften. 2 Bande. Herausgegeben in Verbindung mit Karl Hilgenreiner , Johann Baptisti Nisius, Joseph Schlecht und Andreas Seider. Allgemeine Verlags-Gesellschaft, Munchen 1907?1912.
  2. Olaf Blaschke : Das ?pianische“ Jahrhundert als Blutezeit des katholischen Antisemitismus (1846?1945) ? und die Bluten katholischer Apologetik heute. In: Hans Erler, Ansgar Koschel (Hrsg.): Der Dialog zwischen Juden und Christen: Versuche des Gesprachs nach Auschwitz. Campus, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36346-1 , S. 115?126 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Olaf Blaschke: Katholizismus und Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1999, ISBN 3-525-35785-0 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Thomas Breuer: Die Haltung der katholischen Kirche zur Judenverfolgung im Dritten Reich. (2003)
  5. Othmar Plockinger: Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers ?Mein Kampf“ 1922?1945. Oldenbourg, Munchen 2006, ISBN 3-486-57956-8 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  6. Antonia Leugers : Die deutschen Bischofe und der Nationalsozialismus (II). 2005
  7. Andreas Angerstorfer: Die judische Geschaftswelt . In: Kunst und Gewerbeverein Regensburg e. V. (Hrsg.): Es ist eine Lust zu leben! Die 20er Jahre in Regensburg . Dr. Peter Morsbach Verlag=Regensburg, 2009, ISBN 978-3-937527-23-9 , S.   59 .
  8. Michael Buchberger, Gibt es noch eine Rettung , Pustet Verlag Regensburg, o.J. [1931] S. 97?98.
  9. a b Robert Werner: ?Mit Gott fur Deutschland“: Anmerkungen zu Bischof Michael Buchberger www.regensburg-digital.de, 12. April 2017
  10. Michael Buchberger, Gibt es noch eine Rettung , S. 63.
  11. Angerstorfer, 2009, S. 61.
  12. Werner Johann Chrobak: Domprediger Dr. Johann Maier ? ein Blutzeuge fur Regensburg. Zum 40. Todestag neue Forschungen und Studien. In: Verhandlungen des historischen Vereins fur Oberpfalz und Regensburg Band 125 (1985), ISSN   0342-2518 , S. 453?484 ( urn : nbn:de:bvb:355-ubr00050-0455-7 ).
  13. Wolfgang Benz: Im Widerstand: Große und Scheitern der Opposition gegen Hitler , Munchen 2019, S. 167.
  14. Robert Werner: ?Mit Gott fur Deutschland“: Anmerkungen zu Bischof Michael Buchberger , Regensburg 2017 (Bericht auf regensburg-digital von 2017).
  15. Klaus Unterburger: ?Gibt es noch eine Rettung?“ Michael Buchberger 1874?1961, Bischof von Regensburg 1927?1961 , in: Maria Anna Zumholz , Michael Hirschfeld (Hrsg.): Zwischen Seelsorge und Politik. Katholische Bischofe in der NS-Zeit , Munster 2018, S. 576 f.