Als
metallischer Wasserstoff
wird eine
Hochdruckmodifikation
des
Wasserstoffs
bezeichnet. Seine Existenz wurde theoretisch vorhergesagt und ist bislang nur bei sehr hohen Drucken und Temperaturen nachgewiesen worden.
Es wird vermutet, dass metallischer Wasserstoff im Inneren von
Gasplaneten
wie
Jupiter
vorkommt. Er soll dabei ? vermischt mit
Helium
? eine Schicht um den Kern unbekannter Zusammensetzung bilden; weiter außen soll dann ein Mantel aus molekularem Wasserstoff folgen.
[1]
Der
metallische
Zustand zeichnet sich dadurch aus, dass die jeweils außersten
Elektronen
eines
Elementes
? das sind genau diejenigen, die auch fur die
chemischen Bindungen
zustandig sind ? sich im elementaren Zustand im
Leitungsband
befinden. Da es beim Wasserstoff ? im Gegensatz zu allen anderen Elementen ? nur ein einziges Elektron je
Atom
gibt, musste der Einbau dieses Elektrons in das Leitungsband dazu fuhren, dass ein
Gitter
aus
Atomkernen
(
Protonen
) entsteht mit einem Abstand voneinander, der aufgrund nicht vorhandener
innerer Elektronen
eventuell wesentlich kleiner ist als der
Bohrsche Radius
, vergleichbar mit einer Elektronen-
Wellenlange
(siehe auch
Materiewelle
).
Obgleich das
Periodensystem der Elemente
von einer Spalte mit
Alkalimetallen
angefuhrt wird, ist Wasserstoff unter gewohnlichen Bedingungen selbst kein Alkalimetall.
Eugene Wigner
sagte jedoch 1935 die Moglichkeit voraus, dass sich die
Wasserstoffatome
unter extremem Druck wie die restlichen Elemente der ersten
Hauptgruppe
verhielten und ihren alleinigen Besitz uber ihre Elektronen aufgaben, d. h., die Elektronen wurden sich im
Leitungsband
aufhalten und sich somit wie in einem metallischen
Leiter
verhalten.
[2]
Der erforderliche extrem hohe Druck machte eine experimentelle Bestatigung lange Zeit unmoglich. Im Marz 1996 berichteten erstmals S. T. Weir, A. C. Mitchell und W. J. Nellis vom
Lawrence Livermore National Laboratory
, dass sie fur ungefahr eine
Mikrosekunde
bei mehreren tausend
Kelvin
und Drucken von mehr als 10
11
Pascal
(d. h. 100 GPa oder einer Million
Bar
) metallischen Wasserstoff hergestellt hatten, identifizierbar durch eine starke Abnahme des
elektrischen Widerstandes
. Hiermit war eine sechzigjahrige Suche erstmals erfolgreich. Sie benutzten dazu
Stoßwellen
, die flussigen Wasserstoff und
Deuterium
fur kurze Zeit sehr stark verdichteten und dabei auch aufheizten. Gleichzeitig zeigte sich, dass die
Leitfahigkeit
stark temperaturabhangig ist. Bei einer Temperatur von 3000 Kelvin betragt der Ubergangsdruck zur metallischen Phase etwa 140 GPa.
[3]
Forscher vom
Max-Planck-Institut fur Chemie
berichteten 2011, bei 25 °C und 2,2 Megabar (220 GPa) Druck Wasserstoff in einen
Halbleiter
zustand und bei weiterer Drucksteigerung auf 2,7 Megabar in einen metallischen Zustand gebracht zu haben.
[4]
Da Wasserstoff bei niedrigeren Temperaturen nicht
dissoziiert
vorliegt, ist es schwieriger, bei ihm eine
Phasenumwandlung
in eine metallische Modifikation zu erreichen und es bedarf deutlich hoherer Drucke. Im Januar 2017 berichteten Ranga P. Dias und Isaac F. Silvera in der wissenschaftlichen Zeitschrift
Science
,
[5]
bei Temperaturen von ?268 °C (5 K) und 495 GPa metallischen Wasserstoff in einer
Diamantpresse
durch die Zunahme der Reflexion der Probe nachgewiesen zu haben. Dabei verdunkelte sich die zuvor transparente Probe zunachst ab 335 GPa und reflektierte schließlich bei 495 GPa mehr als 90 % des einfallenden Lichts, was typisch fur Metalle ist.
[6]
Andere Wissenschaftler bezeichneten die publizierten Ergebnisse aber als nicht uberzeugend. So wurde kritisiert, dass die veroffentlichten Ergebnisse auf einem einzigen Versuch beruhten; andere mogliche Ursachen fur die Beobachtungen seien nicht ausreichend untersucht worden.
[7]
Liegt Wasserstoff dagegen in einem
Rydberg-Zustand
vor, so wird aufgrund der gemessenen
Bindungslange
von 150 pm vermutet, dass keine
Molekule
gebildet werden, sondern ein
Metallgitter
.
[8]
Metallischer Wasserstoff konnte auch ohne permanenten Druck und Tiefkuhlung stabil bleiben. Damit ware eine Verwendung als
Supraleiter
bei Raumtemperatur denkbar.
[6]
Eine Methode fur die
Kernfusion
besteht darin, einen
Laserstrahl
auf
Pellets
aus Wasserstoff-
Isotopen
zu richten. Das zunehmende Verstandnis fur das Verhalten von Wasserstoff unter extremen Bedingungen kann helfen, die Energieausbeute zu steigern.
[9]
- ↑
Fran Bagenal
, Timothy Edward Dowling, William B. McKinnon:
Jupiter: the planet, satellites and magnetosphere.
Band 1, Cambridge University Press, 2004,
ISBN 978-0-521-81808-7
.
- ↑
E. Wigner, H. B. Huntington:
On the Possibility of a Metallic Modification of Hydrogen.
In:
J. Chem. Phys.
1935, 3, S. 764?770,
doi
:
10.1063/1.1749590
.
- ↑
S. T. Weir, A. C. Mitchell, W. J. Nellis:
Metallization of Fluid Molecular Hydrogen at 140 GPa (1.4 Mbar).
In:
Phys. Rev. Lett.
1996, 76, S. 1860?1863,
doi
:
10.1103/PhysRevLett.76.1860
.
- ↑
Max-Planck-Institut fur Chemie:
Hoher Druck macht Wasserstoff metallisch.
17. November 2011, abgerufen am 18. November 2011.
- ↑
Ranga P. Dias, Isaac F. Silvera:
Observation of the Wigner-Huntington transition to metallic hydrogen
. In:
Science
. 2017,
doi
:
10.1126/science.aal1579
.
- ↑
a
b
Welt der Physik:
Wenn Wasserstoff zum Metall wird.
26. Januar 2017, abgerufen am 27. Januar 2017.
- ↑
Davide Castelvecchi.
Physicists doubt bold report of metallic hydrogen
,
Nature
, 26. Januar 2017.
- ↑
Shahriar Badiei, Leif Holmlid:
Experimental observation of an atomic hydrogen material with H?H bond distance of 150 pm suggesting metallic hydrogen.
In:
J. Phys. Condens. Matter.
2004, 16, S. 7017?7023,
doi
:
10.1088/0953-8984/16/39/034
.
- ↑
GSI Helmholtzzentrum fur Schwerionenforschung
:
Der andere Weg zur Kernfusion.
(
Memento
vom 11. Marz 2012 im
Internet Archive
). 11. August 2003, abgerufen am 27. November 2009.