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Abgrenzung zu
Human factor
,
Trennung Maschinen-/Anlagenbediener und personlicher Lebenskreis
/
Fehlverhalten zwischen Menschen/Kommunikation
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Als
menschlichen Fehler
bezeichnet man
Fehler
, die ein
Mensch
durch sein
Handeln
(
Fehlbedienung
) bzw.
Nichthandeln
oder durch seinen korperlich-geistigen Zustand zu verantworten hat. Fehlverhalten kann sowohl wissentlich als auch unwissentlich begangen werden.
Das Gegenstuck zu menschlichen Fehlern ist der
technische Defekt
.
Menschliche Fehler konnen in allen Lebensbereichen, Situationen und in jedem Personenkreis passieren.
Besonders folgenreich fur Andere sind Fehler bei
Maschinenfuhrern
, Anlagenbedienern oder ahnliches (z. B. Kraftwerke, Fahrzeuge, Computersysteme und medizinisches Personal); hier hat der sogenannte
Human Factor
eine große Bedeutung.
Menschliche Fehler haben oft folgende Ursachen:
Nach Levinthal und March
[1]
stehen Organisationen vor dem Dilemma, neue hochwertige Wissensquellen erschließen zu mussen, ohne das bestehende Wissen der Mitarbeiter zu vernachlassigen. Dieses Problem losen Organisationen durch (Uber-)Spezialisierung oder (Uber-)Simplifizierung der Lernprozesse. Insgesamt ergibt sich dadurch ein
Bias
zugunsten der Ausbeutung bestehender Wissensressourcen und vorhandener Erfahrungen, der sich als dreifache organisatorische Kurzsichtigkeit (
Myopia
) beschreiben lasst, und zwar im Hinblick auf Vorgange in entfernten Raumen, weit entfernten Zeiten (sowohl Vergangenheit als auch Zukunft) und bereits gemachte Fehler. D.h. Organisationen erkennen selten das Lernpotenzial, das in Fehlern steckt. Das gilt z. T. auch fur die ingenieurpsychologische Fehlerforschung.
[2]
Manche Fehlentscheidungen konnen sich durch Fehlerketten verselbststandigen, d. h. Fehler ? auch von technischer Seite ? bedingen einander (
Domino-Effekt
), wie z. B. bei der
Katastrophe von Tschernobyl
.
Viele
Unglucksfalle
sind auf menschliches Fehlverhalten zuruckzufuhren, zum Beispiel bedeutende
Katastrophen der Seefahrt
wie der Untergang der
Titanic
und der Unfall der
Exxon Valdez
vor Alaska. Menschliche Fehler haben fast immer Auswirkungen, sowohl im Innen- als auch im Außenverhaltnis.
Die Auswirkungen im Innenverhaltnis umfassen unter anderem negative
Emotionen
,
Vorwurfe
, ?schlechtes
Gewissen
“,
Traumata
,
Verzweiflung
und im Extremfall
Suizid
.
Die Auswirkungen im Außenverhaltnis konnen unter anderem sein: Ein
Unfall
oder eine
Katastrophe
,
Schadenseintritte
,
Umweltverschmutzung
,
Schuld
,
Strafe
,
Kundigung
, Trennung von Partnern,
Offentlichkeit
und im Extremfall Menschenleben.
Viele verhangnisvolle menschliche Fehler werden ausgewertet, damit sie sich durch Vorkehrungen in der
Zukunft
nicht wieder ereignen. Dies kann durch
Fortbildung
des Adressatenkreises, Modifikationen von
Vorgaben
bzw. technischer Ablaufe oder Konstruktionen, durch Neufassung von Vorgaben sowie durch
Innovationen
in der Technik erreicht werden.
Zur Vermeidung von menschlichen Fehlern existieren sehr haufig Kontrollinstanzen und Arbeitsanweisungen, z. B. Vorschriften des Staates, der Verbande, der
Berufsgenossenschaften
oder der Unternehmen.
Verantwortliche konnen je nach Schwere der
Schuld
und Vorwerfbarkeit einer Vielzahl von Rechtsfolgen ausgesetzt werden, z. B. zivilrechtlich und nach
Sanktionsnormen
. In schwerwiegenden Fallen kann durch ein
Strafgericht
auch ein
Berufsverbot
als
Nebenstrafe
zum Tragen kommen.
Zivilrechtlich kommt allgemein das
Vertretenmussen
in Betracht. Als Folgen sind finanzielle
Forderungen
(
Regress
/
Schadenersatz
),
Abmahnung
, Kundigung von Vertragen oder auch Versetzungen denkbar.
Dienstrechtlich
kommen die Bestimmungen uber das Verhalten (z. B. ?volle Hingabe“, ?Gesetzestreue“) sowie als Auswirkung beispielsweise
disziplinarrechtliche
Folgen in Betracht.
Im
Strafrecht
kommt hier die
Fahrlassigkeit
, gegebenenfalls mit der Sonderform
Leichtfertigkeit
, zum Tragen. Es kommen insbesondere folgende
Sanktionsnormen
zur Anwendung:
Fahrlassige Korperverletzung
,
Verkehrsstraftaten
(meist
Gefahrdung des Straßenverkehrs
) und
fahrlassige Totung
.
Der Begriff
menschliches Versagen
ist ein haufig verwendetes
Synonym
fur menschliche Fehler. Er beinhaltet jedoch eine Vorverurteilung des Menschen als Ursache ohne Berucksichtigung unzureichender Technik. In vielen Fallen hat der Mensch nicht versagt, sondern war aufgrund seiner Fahigkeiten nicht in der Lage, ein von ihm oder von der Technik ausgehendes Problem rechtzeitig zu losen.
Es gibt außerdem Auswirkungen, die sowohl auf menschliche Fehler als auch auf technische Defekte zuruckzufuhren sind. Da technische Defekte oft ihrerseits direkt oder indirekt wieder auf menschliche Fehler zuruckfuhren (Mangelnde Wartung, mangelhafte Qualitatskontrolle, Konstruktionsfehler, ausbleibende Vor- und Nachsorge), sind genaugenommen die Meisten Unfalle auf menschliche Fehler zuruckzufuhren. Jedoch kann es bei Technik auch durch zufallige Fehler zu einem Versagen kommen. Die Wahrscheinlichkeit dafur lasst sich zwar reduzieren, jedoch nicht auf 0. Siehe zum Beispiel
Soft Error
,
Bitfehlerrate
und
Fehlerkorrekturverfahren
.
Ein eigenes Forschungsgebiet ist das
Fehlermanagement
. Es beschreibt, wie ein Mensch in einem
Mensch-Maschine-System
mit Fehlern, unabhangig von deren Ursache, umgeht. Die Fahigkeit zum Fehlermanagement ist ein wesentlicher Grund, Menschen mit hoher Verantwortlichkeit im technischen System zu belassen. Gutes Fehlermanagement kann daruber entscheiden, ob ein
menschlicher Fehler
oder
technischer Defekt
zur Katastrophe fuhrt oder nicht.
- Petra Badke-Schaub, Gesine Hofinger, Kristina Lauche (Hrsg.):
Human Factors. Psychologie sicheren Handelns in Risikobranchen.
2. Auflage. Springer, Heidelberg 2012,
ISBN 978-3-642-19885-4
.
- Dietrich Dorner
:
Die Logik des Misslingens ? Strategisches Denken in komplexen Situationen
. Rowohlt, Reinbek 1993,
ISBN 3-499-19314-0
.
- Ulrich Frey:
Der blinde Fleck: Kognitive Fehler in der Wissenschaft und ihre evolutionsbiologischen Grundlagen
. Ontos, Heusenstamm 2007.
ISBN 978-3-938793-51-0
.
- Manfred Osten
:
Die Kunst, Fehler zu machen. Pladoyer fur eine fehlerfreundliche Irrtumsgesellschaft
. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006,
ISBN 978-3-518-41744-7
.
- James Reason:
Menschliches Versagen. Psychologische Risikofaktoren und moderne Technologien
. Spektrum, Heidelberg 1994. <EST: Human error, dt.>
ISBN 3-86025-098-1
.
- James Reason:
Human error
. Cambridge University Press, Cambridge 1990,
ISBN 0-521-30669-8
.
- ↑
Daniel A. Levinthal, James G. March,
The Myopia of Learning
, Strategic Management Journal, Volume 14, Special Issue S2, S. 95?112, Februar 1993
- ↑
Hans-Jurgen Weißbach
, Michael Florian, Eva-Maria Illigen u. a.,
Technikrisiken als Kulturdefizite
, Berlin: Sigma 1994, S. 43 ff.