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Ein
Mensch-Maschine-System
(MMS) ist die Beziehung beobachtbarer oder messbarer
Prozesse
, die bei der
Verrichtung
zielgerichteter, bewusst kontrollierter menschlicher
Tatigkeiten
zur Losung vorgegebener oder selbst gewahlter
Aufgaben
unter Einsatz von
Maschinen
auftreten, zu einem
System
. MMSe bestehen demnach aus mindestens zwei Komponenten: der handelnden Person sowie der benutzten Maschine. Zur vollstandigen Beschreibung von MMSen gehort ferner die Beschreibung der zielgerichteten Tatigkeiten in Form von Aufgabenbeschreibungen, Zielvorgaben und Teilhandlungsschritten.
Erfolgen die bei der Aufgabenbewaltigung erforderlichen Tatigkeiten schrittweise in mehreren Teilhandlungen, so ist davon auszugehen, dass das in jedem Schritt erreichte Ergebnis einer einzelnen Aktion mit dem gedanklich vorweggenommenen jeweils verglichen und im Folgeschritt gegebenenfalls korrigiert wird. Nach Sheridan (1987) hat man dabei verschiedene Formen von Wechselwirkungen zwischen den handelnden Personen (Operateure oder Operateurinnen) und Aufgaben zu unterscheiden: direkte Steuerung, manuelle Steuerung, Uberwachungssteuerung und vollautomatische Steuerung.
Bekannte Beispiele fur MMSe sind bei der Fuhrung von Fahrzeugen aller Art (Fahrrader, Autos, Schiffe, Flugzeuge usw.) zu finden, wo das Zusammenspiel von Mensch und Technik unmittelbar deutlich ist. Aber auch Fertigungsstatten, Operationssale, Forschungslaboratorien liefern Beispiele fur MMSe.
Interaktionsformen bei der Verrichtung zielgerichteter Tatigkeiten (nach Sheridan, 1987)
Die Bearbeitung der Aufgabe, das heißt das Einwirken des Operateurs auf den zu bearbeitenden Prozess, erfolgt fortlaufend und unmittelbar. Dabei kann die Aufgabe und ihr jeweiliger Bearbeitungszustand von dem Operateur oder der Operateurin unmittelbar wahrgenommen werden.
Zwischen Operateur und Aufgabe ist eine Maschine eingefugt. Die Einwirkung auf den zu bearbeitenden Prozess erfolgt indirekt, indem der Operateur Bedienelemente betatigt und damit Stellglieder (Aktuatoren oder Aktoren) der Maschine in Bewegung setzt, die auf das Objekt einwirken. Die Aufgabe und ihr momentaner Bearbeitungszustand konnen entweder unmittelbar oder vermittelt uber entsprechende Sensoren und Anzeigegerate (Displays) wahrgenommen werden.
Die Bearbeitung der Aufgabe erfolgt weitgehend selbsttatig, wobei aufgrund von Sensorinformation durch geeignete Algorithmen erzeugte Stellsignale dafur sorgen, dass die Stellglieder auf den zu bearbeitenden Prozess einwirken. Operateur oder Operateurin sind nur noch indirekt einbezogen; sie uberwachen durch Ablesen der Anzeigen die Vorgange und greifen gelegentlich in Konflikt- oder Storfallen ein.
Die Aufgabe wird ohne jegliche Beteiligung eines Operateurs vollstandig von einem Automaten bearbeitet.
Alle genannten Interaktionsformen einschließlich der vollautomatischen Steuerung sind beispielsweise beim Autofahren anzutreffen.
Wegen der Vielfalt der Einsatzmoglichkeiten von MMSen bei Produktions-, Bewegungs- oder Informationsprozessen (Johannsen, 1993) ist es notwendig, von deren konkreten Inhalten zu abstrahieren. Man vollzieht dabei die Schritte, die fur
Systembildungen
typisch sind. Die auftretenden Prozesse erhalten in der Regel
Signalcharakter
, d. h. die bei den unterschiedlichen MMSen anzutreffenden Prozesse werden als Informationsflusse und die entsprechenden MMSe als
Informationsverarbeitungssysteme
aufgefasst.
Bei der Bearbeitung einer
Aufgabe
sind drei Aspekte zu unterscheiden:
- Bearbeitungszustand,
- Bearbeitungsmittel und
- Bearbeitungsziel.
Ist einer dieser Aspekte nur unvollstandig bekannt, spricht man von
Problem
; die Bearbeitung einer solchen Aufgabe beinhaltet dann
Problemlosungsprozesse
.
Die Zeitskala, auf der die Aufgabenbearbeitung vorzunehmen ist, kann von Sekundenbruchteilen bis zu Stunden, bei
Management-Informationssystemen
beispielsweise sogar bis zu Monaten reichen. Entscheidend ist hierbei, in welchen Zeitabstanden und innerhalb welcher Zeitspanne die Eingriffe des Operateurs oder der Operateurin vorzunehmen sind. Des Weiteren ist zu unterscheiden zwischen
- einmaligen,
- mehrmaligen (intermittierenden, d. h. nicht regelmaßigen) und
- standigen (repetitiven, d. h. regelmaßig wiederkehrenden, kontinuierlichen oder quasikontinuierlichen)
Eingriffen. Nur bei einmaligen Eingriffen darf man davon ausgehen, dass das Gesamtverhalten des MMSs statisch ist. In allen anderen Fallen liegt ein
dynamisches System
vor, dadurch gekennzeichnet, dass der aktuelle Bearbeitungsschritt ? außer von dem Ziel ? auch von dem (oder den) Vorgangerschritt(en) abhangig ist.
Bei gleichzeitigem Auftreten von mehr als einer Aufgabe (
Multitasking
) muss entschieden werden, welche der Aufgaben mit Vorrang (
Prioritat
) zu erledigen ist. Diese Prioritat ist eine Eigenschaft der zugehorigen Prozesse und steht im engen Zusammenhang mit den zeitlichen Anforderungen an ihre Bearbeitung.
Die
Komplexitat
einer Aufgabe hangt zum einen davon ab, wie viele
Dimensionen
ihre Bearbeitungszustande umfassen. Zum anderen ist sie abhangig von dem Umfang, dem Grad der Determiniertheit und der vollstandigen Beschreibung der oben genannten Aspekte und deren wechselseitigen Abhangigkeiten.
Erkenntnisse uber Mensch-Maschine-Systeme werden durch Beobachtung in echten Situationen (zum Beispiel im Rahmen einer
Aufgabenanalyse
), durch den Einsatz von Versuchspersonen an simulierten technischen Systemen (zum Beispiel in Fahr-, Flug- oder Prozess-Simulatoren) oder anhand von
Modellen fur den Menschen
gewonnen.
- Gunnar Johannsen:
Mensch-Maschine-Systeme
. Berlin: Springer-Verlag, 1993.
ISBN 3-540-56152-8
.
- William R. Rouse:
Systems Engineering Models of Human-Machine Interaction
. New York, Oxford: North Holland, 1980.
- Gavriel Salvendy (Ed.):
Handbook of Human Factors
. New York: Wiley, 2006.
ISBN 978-0471449171
.
- Thomas B. Sheridan, William R. Ferrell:
Man-Machine Systems: Information, Control, and Decision Models of Human Performance
. Cambridge: MIT Press, 1974.
- Thomas B. Sheridan: Supervisory Control. In G. Salvendy (ed.):
Handbook of Human Factors
. New York: Wiley, 1987.
- Thomas B. Sheridan:
Humans and Automation: System Design and Research Issues
. New York: Wiley, 2002.
ISBN 978-0471234289
.
- Klaus-Peter Timpe, Thomas Jurgensohn & Harald Kolrep (Hrsg.):
Mensch-Maschine-Systemtechnik. Konzepte, Modellierung, Gestaltung, Evaluation
. Dusseldorf: Symposion, 2002.
ISBN 3-933814-83-9
.