Meisterhauser Dessau

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Meisterhaus Muche/Schlemmer (2009)

Die Meisterhauser in Dessau sind eine kleine Siedlung aus drei identischen Doppelhausern und einem Einzelhaus, die als Wohngebaude fur die Meister und den Direktor des Staatlichen Bauhauses in Dessau nach Entwurfen von Walter Gropius 1925 bis 1926 errichtet wurden. In unmittelbarer Nahe befand sich zudem eine von Ludwig Mies van der Rohe entworfene Trinkhalle . Ebenso wie beim Bauhausgebaude konnte das Bauhaus mit den Meisterhausern seine architektonischen und kunstlerischen Vorstellungen programmatisch verwirklichen. Die Siedlung gehort zu den wichtigsten Werken der modernen Architektur der Zwischenkriegszeit .

Das Direktorenhaus wurde von Walter Gropius genutzt, die Doppelhauser wurden von Laszlo Moholy-Nagy und Lyonel Feininger , Georg Muche und Oskar Schlemmer , sowie von Wassily Kandinsky und Paul Klee bewohnt. Nach dem Auszug der Bauhausmeister und Gropius durch die zwangsweise Schließung des Bauhauses 1932 wurden die Gebaude teilweise erheblich umgebaut. Nach Zerstorungen 1945 sind heute noch das Kellergeschoss des Hauses Gropius, die Halfte von Feininger des Hauses Moholy-Nagy/Feininger und die Hauser Muche/Schlemmer und Kandinsky/Klee erhalten. In der Zeit der DDR verfielen die Gebaude weiter, die Trinkhalle wurde in den 1960er oder 1970er Jahren abgerissen. Ab den 1990er Jahren wurden die Gebaude renoviert und sind seit dem teilweise museal besichtigbar.

Die zerstorten Gebaudeteile und die Trinkhalle wurden 2013 bis 2014 nach Entwurfen des Buros Bruno Fioretti Marquez als ?Neue Meisterhauser Dessau“ in ihrer Kubatur wiederhergestellt, ohne eine getreue Rekonstruktionen der zerstorten Hauser vorzunehmen.

Die Hauser befinden sich entlang der Sudseite der Ebertallee in lockerem Kiefernwald . Von Ost nach West sind es das Einzelhaus Gropius sowie die Doppelhauser Moholy-Nagy/Feininger, Muche/Schlemmer und Kandinsky/Klee. Die drei Doppelhauser wiesen identische Grundrisse auf, wobei die eine Halfte jeweils fast das um 90 Grad gedrehte Spiegelbild der anderen war. Die Hauser sind von der Straße zuruckgesetzt und durch schmale Beton- oder Kieswege erschlossen. Die Gesamtanlage ist stark durch die die Hauser umgebenden Kiefern gepragt, so dass sich der Eindruck einer Waldsiedlung ergibt.

Kennzeichnend fur die Architektur der Hauser sind die kubische Form mit Flachdach, große, einfarbige Flachen und große Fenster, die eine Verbindung von Innen und Außen herstellen. Diese Verbindung wird auch durch die großen Terrassen und Balkone sowie die zahlreichen Turen thematisiert: Von nahezu jedem Raum aus ist es moglich, durch eine Tur nach draußen zu treten. Stark von außen sichtbare Elemente sind neben den Außenwanden aus verputztem Jurkostein auch die Heizkorper der Zentralheizung, mit denen das ?Moderne“ nach außen fur jedermann sichtbar transportiert werden sollte. Dies fuhrte sogar dazu, dass z. B. in den Badezimmern die Heizkorper an thermisch ungeeigneten Stellen angebracht, dafur aber von außen gut durch die Fenster sichtbar waren. [ Beleg fehlt ]

Meisterhaus Gropius, Bauhaus Dessau
1927
Silbergelatine-Abzug,
5,5 cm × 8 cm

verlinkte Abbildung
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Das Haus Gropius ist ein zweigeschossiges, unterkellertes Gebaude mit Flachdach. Seine Form ist kubisch und eher flachgestreckt. Das Erdgeschoss ist annahernd rechteckig bis auf einen Rucksprung an der Nordostecke. Das zweite Geschoss springt im Osten und Suden wesentlich zuruck und ist im Norden und Westen bundig mit dem Erdgeschoss. Die rechteckige Grundform des zweiten Obergeschosses wird durch einen schmalen Gebaudeteil im Sudwesten erganzt, die uber das Erdgeschoss hinausreicht und auf der Terrasse auf Pfeilern steht.

Durch die Eingeschossigkeit etwa des ostlichen Viertels des Gebaudes, dem Rucksprung dieses Gebaudeteiles im Norden und dessen Fensterlosigkeit nach Norden, sowie eine in diesem Bereich orthogonal vom Gebaude abgehende Gartenmauer lassen die Nordfassade als Rechteck erscheinen. Der Haupteingang an der Nordseite befindet sich direkt links von der Mittelachse. Uber ihm befindet sich ein flaches Vordach.

Die zweigeschossigen Doppelhauser mit Flachdachern bestehen aus zwei quaderformigen eher hochgestreckten Baukorpern, die in Nord-Sud-Richtung verschoben sind und in Ost-West-Richtung mit etwas Abstand voneinander stehen. Zwischen diesen Baukorpern befindet sich ein eher flachgestreckter quaderformiger Verbindungsbau, der sich in der Nordost- und Sudwest-Ecke mit den hochgestreckter Baukorpern uberlappt.

Haus Emmer, 1956 auf dem Kellergeschoss des Hauses Gropius errichtet, 2011 abgerissen (Ansicht 2011)

Auf den wenigen vorhandenen historischen Aufnahmen der Inneneinrichtungen ist zu sehen, dass die Bewohner der Meisterhauser die Innenraumgestaltung sehr dem damaligen Zeitgeist anpassten, ganz entgegengesetzt dem außeren Erscheinungsbild. Nur Moholy-Nagy richtete sein Haus nach den Ergebnissen, Vorgaben und Produkten des Bauhauses ein. Im Haus Kandinsky ist heute eine Wand originalgetreu mit Blattgold belegt rekonstruiert.

Krieg und Nachkriegszeit

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Meisterhaus Muche/Schlemmer vor der Restaurierung (1991)

Die Meisterhauser von Gropius und Moholy-Nagy wurden durch ein Bombardement im Jahr 1945 vernichtet. Auf dem Kellergeschoss des zerstorten Hauses Gropius wurde 1956 ein Wohnhaus in traditioneller Satteldach-Bauweise errichtet (Haus Emmer). Die zerbombte Haushalfte von Moholy-Nagy wurde abgetragen und eine Freiflache geschaffen, sodass nur noch die ehemals von Lyonel Feininger bewohnte Gebaudehalfte erhalten war.

Halfte von Feininger des Meisterhaus Moholy-Nagy/Feininger vor dem Bau der Neuen Meisterhauser (2004)

Seit der Wiedervereinigung

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Die noch bestehenden Hauser wurden nach 1990 mit zum Teil privaten Mitteln aufwandig restauriert. Dabei wurde auch versucht, die ursprungliche farbliche Gestaltung der Innenraume, die auf die Farbenlehre des Bauhauses zuruckging, wiederherzustellen. Da die farbliche Gestaltung des Innenraums auch vom jeweiligen Bewohner abhing, findet man in den Raumen heute beispielhafte Farbgebungen, die jeweils nur den Zustand eines Raumes zu einer bestimmten Zeit wiederzugeben versuchen. Die erhaltene Halfte des Hauses Moholy-Nagy/Feininger wurde 1993 bis 1994 restauriert, das Haus Kandinsky/Klee im Jahr 2000 und das Haus Muche/Schlemmer mit Unterstutzung der Wustenrot Stiftung 1998 bis 2002. [1]

Nach einer vorhergehenden Diskussion, ob die zerstorten Hauser originalgetreu rekonstruiert werden sollten [2] , wurden diese und die in den 1960er oder 1970er Jahren zerstorte Trinkhalle auf Anregung des britischen Architekten David Chipperfield nach Entwurfen des Berliner Buros Bruno Fioretti Marquez als abstrakte Neuinterpretationen der ursprunglichen Architektur 2013 bis 2014 wieder aufgebaut. Die Innenwande wurden von dem Konzeptkunstler Olaf Nicolai mit unterschiedlichen Verputzarten und Weißtonen gestaltet, was je nach Lichteinfall einen wechselnden Eindruck ergibt. [3] Die offizielle Wiedereroffnung der Meisterhauser erfolgte am 16. Mai 2014 durch Bundesprasident Gauck. [4]

In den Jahren 2018 bis 2019 wurde das Haus Kandinsky/Klee mit Unterstutzung der Wustenrot Stiftung erneut Instand gesetzt. [5]

  • Walter Gropius: Bauhausbauten Dessau (=  Bauhausbucher . Band   12 ). Albert Langen, Munchen 1930 ( monoskop.org [PDF; 222,0   MB ]).
  • Hartmut Probst, Christian Schadlich: Walter Gropius. Der Architekt und Theoretiker (=  Werkverzeichnis . Teil 1). VEB Verlag fur Bauwesen, Berlin 1985, ISBN 3-345-00117-9 , S.   182?186 , Werkzeichnis-Nummer 67 .
  • Sabine Kraft: Gropius baut privat. Seine Wohnhauser in Dessau (1925/26) und Lincoln/Mass. (1938) . Jonas-Verlag, Marburg 1997, ISBN 3-89445-218-8 .
  • Gilbert Lupfer, Norbert Michels: Architektur und Kunst. Das Meisterhaus Kandinsky-Klee in Dessau . Seemann, Leipzig 2000, ISBN 3-363-00741-8 .
  • Wolfgang Paul: ?... Das Treppenhaus ist meine ganze Freude ...“. Meisterhauser in Dessau ? das Feiningerhaus (=  Edition Dresdner Bauspar AG . Band   5 ). Umschau/Braus, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-8295-6911-4 .
  • August Gebeßler (Hrsg.): Gropius. Meisterhaus Muche / Schlemmer. Die Geschichte einer Instandsetzung . Karl Kramer Verlag, Stuttgart / Zurich 2003, ISBN 3-7828-1513-0 .
  • Wolfgang Thoner, Monika Markgraf: Die Meisterhauser in Dessau (=  Bauhaus-Taschenbuch . Band   10 ). Spector Books, Leipzig 2014, ISBN 978-3-944669-76-2 .
  • Wustenrot Stiftung: Meisterhaus Kandinsky Klee. Die Geschichte einer Instandsetzung . Spector Books, Leipzig 2020, ISBN 978-3-96075-013-0 .

Neue Meisterhauser

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  • Regina Bittner, Ingolf Kern: Neue Meisterhauser fur Dessau. Die reparierte Siedlung . Stiftung Bauhaus Dessau, Dessau-Roßlau 2013.
  • Wolfgang Thoner, Alexia Pooth (Hrsg.): Neue Meisterhauser in Dessau, 1925?2014. Debatten. Positionen. Kontexte (=  Edition Bauhaus . Band   46 ). Spector Books, Leipzig 2017, ISBN 978-3-944669-61-8 .
Commons : Meisterhauser  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. August Gebeßler (Hrsg.): Gropius. Meisterhaus Muche / Schlemmer. Die Geschichte einer Instandsetzung . Karl Kramer Verlag, Stuttgart / Zurich 2003, ISBN 3-7828-1513-0 .
  2. Marcus Mrass: Hintergrunde zur Dessauer Rekonstruktions-Debatte. ( Memento vom 28. Dezember 2016 im Internet Archive ) In: DenkmalDebatten , November 2009.
  3. Ikonen der Moderne, revisited. Die Bauhaus Meisterhauser in Dessau wurden rekonstruiert. ( Memento vom 25. Marz 2013 im Internet Archive ). In: Deutschlandradio Kultur , 16. Mai 2014, Olaf Nicolai im Gesprach mit Britta Burger.
  4. Meisterhauser am Bauhaus Dessau werden wiedereroffnet. ( Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive ). In: Goethe-Institut , 16. Mai 2014.
  5. Wustenrot Stiftung: Meisterhaus Kandinsky Klee. Die Geschichte einer Instandsetzung . Spector Books, Leipzig 2020, ISBN 978-3-96075-013-0 .

Koordinaten: 51° 50′ 35,5″  N , 12° 13′ 13,8″  O