Max Spindler
(*
28. November
1894
in
Birnbaum
; †
9. April
1986
in
Neunkirchen am Brand
) war ein deutscher
Historiker
mit dem besonderen Forschungsschwerpunkt
bayerische Landesgeschichte
. Er war der Grunder des
Instituts fur Bayerische Geschichte
und Herausgeber des Standardwerks
Handbuch der Bayerischen Geschichte
.
Das Grab von Max Spindler und seiner Ehefrau Elly geborene Loers auf dem
Bogenhausener Friedhof
in Munchen
Max Spindler war der Sohn des
frankischen
Schullehrers Konrad Spindler. Er legte als Zogling des erzbischoflichen Knabenseminars
Ottonianum
das Abitur am
Neuen Gymnasium
in
Bamberg
ab und studierte anschließend Geschichte, Germanistik und Franzosisch an den Universitaten
Bonn
und
Munchen
. 1914 wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung
KDStV Aenania Munchen
. Er wurde 1926 bei
Michael Doeberl
in Munchen mit einer Studie zur Jugend des spateren
bayerischen Konigs
Ludwig I.
promoviert
. Bereits 1930
habilitierte
er sich in Munchen fur Mittlere und Neuere Geschichte.
Dem
Nationalsozialismus
stand Spindler, der an der Universitat Munchen außerplanmaßiger Professor war, ablehnend gegenuber. Folglich bedeutete die Regierungsubernahme der Nationalsozialisten 1933 fur ihn eine Stagnation seiner Karriere, wenngleich er 1937 in die
Kommission fur bayerische Landesgeschichte
bei der
Bayerischen Akademie der Wissenschaften
aufgenommen wurde. In diese Zeit fallt die Publikation seiner quellengestutzten Studie zu den Anfangen des bayerischen Landesfurstentums.
Nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur gewann er als politisch unbelasteter Wissenschaftler an der Universitat Munchen Einfluss. Bereits 1946 wurde er dort ordentlicher Professor und noch im selben Jahr in die
Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
kooptiert.
Ein Jahr spater grundete Spindler das noch bestehende Institut fur Bayerische Geschichte an der Universitat Munchen, dessen Leitung er ubernahm. Diese Grundung (wie uberhaupt der Aufschwung der landeshistorischen Forschung nach 1945) ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der deutsche Nationalstaat nachhaltig diskreditiert war und sich unter der Besatzungsherrschaft die kunftige staatliche Struktur Deutschlands als ungewiss darstellte. Folglich schienen die Lander, die sich in der amerikanischen Besatzungszone bereits 1945/46 konstituiert hatten, vorerst den einzigen staatlichen Rahmen und auch das einzige tragfahige Identifikationsangebot fur die Deutschen zu bieten. Im Ubrigen muss die Betonung der Landesgeschichte auch als bewusste Abwendung vom deutschen Nationalkult, dem viele Historiker angehangen hatten, gesehen werden.
Nach der
Emeritierung
Ende 1959 widmete sich Spindler vorrangig der Herausgabe des monumentalen
Handbuchs der Bayerischen Geschichte
, das als Standardwerk in Bayern offiziosen Status erlangte und fur ahnliche Werke in anderen Bundeslandern vorbildhaft wurde. Bemerkenswert war die breite Berucksichtigung der einzelnen Landesteile (Franken, Schwaben, Altbayern) sowie die Einbeziehung vormals bayerischer Gebiete wie etwa der
Rheinpfalz
. Gleichzeitig gelang es ihm, durch die Konzeption des Handbuchs die Landesgeschichte aus ihrer starken Orientierung am Mittelalter zu losen und fur die Neuzeit und Zeitgeschichte zu offnen.
Unubersehbar ist der wissenschaftspolitische Einfluss, den Spindler in jenen Jahren entfaltete. Zahlreiche seiner Schuler bzw. Mitarbeiter des Handbuchs wurden Professoren an bayerischen Universitaten. Besonders ausgepragt war dies an der neu gegrundeten
Universitat Regensburg
, wo sich in den 1970er und 1980er Jahren nahezu das gesamte Historische Institut ? darunter
Dieter Albrecht
,
Heinz Angermeier
,
Kurt Reindel
,
Wilhelm Volkert
,
Walter Torbrugge
,
Heiner Haan
und
Andreas Kraus
? aus Handbuch-Mitarbeitern rekrutierte. Durch die weitreichende Rezeption des Handbuchs und die genannten personlichen Netzwerke ist Spindlers Einfluss auf die historische Forschung in Bayern in jenen Jahren bedeutend. Durch die Ausbildung ganzer Generationen von Geschichtslehrern durch Spindler bzw. seine Schulerschaft hat sein Werk Breitenwirkung entfaltet.
Spindler wurde durch zwei umfangreiche akademische Festschriften geehrt: Zum einen in der
Zeitschrift fur bayerische Landesgeschichte
zu seinem siebzigsten Geburtstag
[2]
, zum anderen zu seinem neunzigsten Geburtstag in einer Festschrift, herausgegeben von
Andreas Kraus
[3]
.
- Joseph Anton Sambuga
und die Jugendentwicklung Konig Ludwigs I.
Schutte, Aichach 1927 (zugleich: Munchen, Universitat, Dissertation, vom 8. Febr. 1926).
- Die Anfange des bayerischen Landesfurstentums
(=
Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 26,
ZDB
-ID
504145-4
). Beck, Munchen 1937.
- Die kirchlichen Erneuerungsbestrebungen in Bayern im 19. Jahrhundert.
In:
Historisches Jahrbuch
.
Band 71, 1952, S. 197?211.
- Von der bayerischen Geschichte, ihrer Erforschung, Darstellung und Pflege seit dem Anfang des neunzehnten Jahrhunderts.
In: Karl Rudinger (Hrsg.):
Unser Geschichtsbild. Der Sinn in der Geschichte
(=
Das Bildungsgut der hoheren Schule. Geschichtliche Reihe.
Band 2,
ZDB
-ID
255781-2
). Bayerischer Schulbuch-Verlag, Munchen 1955, S. 81?98.
- als Herausgeber:
Handbuch der Bayerischen Geschichte.
4 Bande. Beck, Munchen 1967?1975 (auch Autor wesentlicher Beitrage).
- Signate Konig Ludwigs I.
7 Bande. Ausgewahlt und eingeleitet. Herausgegeben von
Andreas Kraus
. Kommission fur Bayerische Landesgeschichte, Munchen 1987?1997;
- Band 1:
1825?1831
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 1). 1987,
ISBN 3-7696-0401-6
;
- Band 2:
1832?1835
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 2). 1989,
ISBN 3-7696-0402-4
;
- Band 3:
1836?1838
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 3). 1991,
ISBN 3-7696-0403-2
;
- Band 4:
1839?1841
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 4). 1992,
ISBN 3-7696-0404-0
;
- Band 5:
1842?1844
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 5). 1993,
ISBN 3-7696-0405-9
;
- Band 6:
1845?1848
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 6). 1994,
ISBN 3-7696-0406-7
;
- Register
(=
Materialien zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 12). 1997,
ISBN 3-7696-0412-1
.
- Dieter Albrecht
:
Max Spindler.
In:
Historisches Jahrbuch.
Band 107, 1987, S. 214?218.
- Erika Bosl:
Spindler, Max.
In:
Karl Bosl
(Hrsg.):
Bosls bayerische Biographie.
Erganzungsband. 1000 Personlichkeiten aus 15 Jahrhunderten.
Pustet, Regensburg 1988,
ISBN 3-7917-1153-9
, S. 156 (
Digitalisat
).
- Andreas Kraus
:
Max Spindler. Personlichkeit und Werk.
In:
Zeitschrift fur Bayerische Landesgeschichte
.
Band 49, 1986, S. 579?596 (
Digitalisat
).
- Andreas Kraus:
Max Spindler 28.11.1894 ? 9.4.1986.
In:
Bayerische Akademie der Wissenschaften. Jahrbuch.
1986,
ISSN
0084-6090
, S. 1?4.
- Ferdinand Kramer
:
Max Spindler (1894?1986) und Karl Bosl (1908?1993).
In:
Katharina Weigand
(Hrsg.):
Munchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universitat
(=
Beitrage zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universitat Munchen.
Band 5). Herbert Utz, Munchen 2010,
ISBN 978-3-8316-0969-7
, S. 259?280.
- Ferdinand Kramer:
Spindler, Max.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010,
ISBN 978-3-428-11205-0
, S. 702 f. (
Digitalisat
).
- Markus Christopher Muller:
Max Spindler (1894?1986), ein staatsbayerischer Historiker mit frankischen Wurzeln.
In:
Frankische Lebensbilder.
Band 26, Neue Folge der Lebenslaufe aus Franken, Neustadt a. d. Aisch 2022, S. 191?246.
- ↑
Die Aventinus-Medaille.
Verband bayerischer Geschichtsvereine
,
abgerufen am 11. Dezember 2022
.
- ↑
Festgabe fur Max Spindler
(=
Zeitschrift fur Bayerische Landesgeschichte.
Band 18). Beck, Munchen 1955.
- ↑
Andreas Kraus (Hrsg.):
Land und Reich, Stamm und Nation. Probleme und Perspektiven bayerischer Geschichte. Festgabe fur Max Spindler zum 90. Geburtstag.
3 Bande. Beck, Munchen 1984;
* Band 1:
Forschungsberichte Antike und Mittelalter
(=
Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 78). 1984,
ISBN 3-406-10478-9
;
* Band 2:
Fruhe Neuzeit
(=
Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 79). 1984,
ISBN 3-406-10479-7
;
* Band 3:
Vom Vormarz bis zur Gegenwart
(=
Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte.
Band 80). 1984,
ISBN 3-406-10480-0
.