Martin Lindauer
(*
19. Dezember
1918
in Waldle (Ortsteil von
Bad Kohlgrub
); †
13. November
2008
in
Munchen
[1]
) war ein deutscher
Zoologe
. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Bienen- und
Verhaltensforscher
.
Obwohl Martin Lindauer vierzehn Geschwister hatte, wurde ihm der Besuch des Humanistischen Gymnasiums Landshut, heute
Hans-Carossa-Gymnasium Landshut
, ermoglicht. Im April 1939, eine Woche vor dem Abitur, wurde Lindauer zum
Arbeitsdienst
eingezogen und musste Schutzengraben ausheben, mit
Kriegsbeginn
kam er zur
Wehrmacht
. Im Juli 1942 wurde er an der russischen Front durch eine Granate schwer verwundet. Dies erwies sich letztlich als Vorteil: Von der Front abgezogen, erholte er sich 1943 in Munchen, und sein Arzt empfahl ihm an der Universitat die Vorlesungen des beruhmten Professors
Karl von Frisch
uber allgemeine Zoologie zu besuchen. So entschloss er sich mit dem
Biologiestudium
zu beginnen. Im gleichen Jahr heiratete er Franziska Fleck, mit der er eine Tochter und zwei Sohne hatte. Im Fruhjahr 1945 begann er unter Frischs Leitung mit den Forschungsarbeiten fur seine Doktorarbeit uber Honigbienen. 1948 wurde Lindauer mit einer Arbeit uber die Einwirkung von
Duftstoffen
und
Geschmackstoffen
auf die
?Tanze der Bienen“
promoviert
. Die
Bienen
, mit denen er bereits auf dem elterlichen
Bauernhof
in Beruhrung gekommen war, studierte er auf dem heutigen Gelande des Alten Botanischen Gartens in Munchen, der sich in der Sophienstrasse befindet. Die Bienen blieben seither das Objekt seiner
wissenschaftlichen Arbeit
.
1948 wurde Lindauer Assistent bei von Frisch in Graz und ging mit ihm 1950 zuruck an die
Universitat Munchen
, wo er sich 1955
habilitierte
. 1961 bis 1963 war Lindauer
außerordentlicher Professor
an der LMU Munchen, von 1963 bis 1973 Professor an der
Johann Wolfgang Goethe-Universitat Frankfurt
und von 1973 bis zu seiner
Emeritierung
1987 Professor am Zoologischen Institut der
Universitat Wurzburg
, an dem er auch als Mitvorstand wirkte.
In seinen bahnbrechenden Untersuchungen fuhrte Lindauer konsequent die Arbeit seines Lehrers Karl von Frisch weiter, so dass heute
Bert Holldobler
sogar von der ?Karl von Frisch-Lindauer-Schule“ der
Verhaltensbiologie
der Bienen spricht. Lindauer erforschte die Verstandigungsmethoden der Bienen bei der Nahrungs- und Wohnungssuche, die Arbeitsteilung im Bienenstaat, die Temperaturregulierung im Bienenstock und die Orientierung mit Hilfe des ?Sonnenkompasses“ sowie des
Erdmagnetfeldes
, die Formen- und Duftwahrnehmung der Bienen und ihr Lernvermogen und Gedachtnis. Die moderne
experimentelle
Verhaltensforschung
,
Sinnesphysiologie
und
Soziobiologie
sind durch seine Arbeiten wesentlich gepragt worden.
Zahlreiche wissenschaftliche Veroffentlichungen und Bucher zeugen von Lindauers Arbeit, darunter auch eine Sammlung von Aufsatzen des großen Pioniers der modernen Verhaltensforschung
Jean-Henri Fabre
, die Lindauer zusammen mit Jost M. Franz in deutscher Ubersetzung herausgab (
Jean-Henri Fabre: Wunder des Lebendigen
, Zurich 1989).
Martin Lindauer erhielt viele Auszeichnungen und Ehrungen, darunter die
Ehrendoktorwurde
der Universitaten in
Zurich
,
Umea
und
Saarbrucken
, er war Mitglied der
Leopoldina
, der
Bayerischen Akademie der Wissenschaften
und der
National Academy of Sciences
.
- Communication among Social Bees.
Harvard University Press, Havard 1971,
ISBN 978-0-674-42452-4
.
- Lernen, Gedachtnis, vergessen.
Steiner, Wiesbaden 1974,
ISBN 978-3-515-01985-9
.
- Die Kunst sich einzuordnen ? auch ein Bildungsziel?
In: Martin Lindauer,
Winfried Bohm
(Hrsg.):
?Nicht Vielwissen sattigt die Seele“. Wissen, Erkennen, Bildung, Ausbildung heute.
(=
3. Symposium der Universitat Wurzburg.
) Ernst Klett, Stuttgart 1988,
ISBN 3-12-984580-1
, S. 293?300.
- Zusammen mit Winfried Bohm (Hrsg.):
?Nicht Vielwissen sattigt die Seele“. Wissen, Erkennen, Bildung, Ausbildung heute.
1988.
- Zusammen mit
Karl von Frisch
:
Verstandliche Wissenschaft.
Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg usw.,
ISSN
0083-5846
.
- Zur Kontroverse uber die Bienen-Sprache.
In: Entomologia Generalis, Band 18, Nr. 3/4 (1994), S. 279?283.
[4]
- F. G. Barth
:
Martin Lindauer, on the occasion of his 80th birthday.
In:
Journal of Comparative Physiology.
Band 185, Nr. 3, 1999, S. 215?216,
doi:10.1007/s003590050380
.
- Bert Holldobler
:
Martin Lindauer, 19.12.1918 ? 13.11.2008.
Bayerische Akademie der Wissenschaften
, Jahrbuch 2008, S. 171 (
PDF
(
Memento
vom 7. September 2014 im
Internet Archive
)).
- Thomas Dyer Seeley
:
Obituary: Martin Lindauer (1918?2008).
In:
Nature
.
Band 456, 11. Dezember 2008, S. 718.
doi:10.1038/456718a
.
- William L. Abler:
Lindauer's genius showed evolution in a simple experiment.
In:
Nature.
Band 457, 22. Januar 2009, S. 379.
doi:10.1038/457379d
.
- Karl Daumer
:
Martin Lindauer ? Ein Leben fur die Bienenforschung.
In:
Biologie in unserer Zeit
.
Band 39, Nr. 1, 2009, S. 61?62,
doi:10.1002/biuz.200990011
.
- ↑
Traueranzeige
(
Memento
vom 26. Oktober 2017 im
Internet Archive
)
- ↑
Member History: Martin Lindauer.
American Philosophical Society,
abgerufen am 21. November 2018
.
- ↑
The Magellanic Premium of the American Philosophical Society
, Website der
APS
. Abgerufen am 29. Oktober 2019.
- ↑
Schweizbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.