Marino Morosini
, auch
Maurinus Mauroceno
(*
1181
in
Venedig
; †
1. Januar
1253
), war der 44.
Doge von Venedig
. Er regierte von seiner Wahl am 13. Juni 1249 bis zu seinem Tod. Die dieser Zahlweise der Dogen zugrundeliegende, haufig als
Tradition
bezeichnete Konvention der venezianischen Geschichtsschreibung, gilt, wie viele ihrer Behauptungen, als widerlegt.
Morosini wurde zum Statthalter Venedigs auf der Insel
Kreta
, war aber auch 1245 einer der Vertreter der
Republik Venedig
auf dem
Konzil von Lyon
, auf dem 1245 der Kaiser abgesetzt wurde.
Er war der erste Doge, der von 41 Elektoren gewahlt wurde, eine Zahl, die bis zum Ende der Republik Bestand hatte. In seiner kurzen Amtszeit wurden regelmaßige nachtliche Patrouillen unter Leitung der
domini de nocte
eingerichtet, der ?Herren der Nacht‘ ? auch diese Einrichtung bestand noch uber Jahrhunderte. Ein regional begrenzter Aufstand auf dem seit kurzem venezianischen Kreta wurde unterdruckt,
Chania
daraufhin starker befestigt. Ein Mosaik in der venezianischen Kirche
San Salvador
geht auf seine Initiative zuruck.
Aus der Familie Morosini sind vier Dogen hervorgegangen, außer Marino die Dogen
Domenico Morosini
(1147?1156),
Michele Morosini
(1382) und
Francesco Morosini
(1688?1694). Vier Frauen aus der Familie waren mit Dogen verheiratet und trugen den Titel
Dogaressa
: Tommasina Morosini war die Frau von
Pietro Gradenigo
, Francesca Morosini war mit
Andrea Dandolo
verheiratet, Dea Morosini mit
Niccolo Tron
und Morosina Morosini mit
Marino Grimani
.
Marino Morosini war mit einer Romerica verheiratet, doch hatte das Paar keine Kinder.
Im Laufe seiner politischen Karriere stieg Morosini zum
Duca di Candia
, einer Art Statthalter auf
Kreta
auf, er wurde 1229
Podesta
von
Treviso
, war Gesandter in
Genua
. Auf dem
Konzil von Lyon
, auf dem
Friedrich II.
1245 abgesetzt wurde, vertrat er gemeinsam mit dem spateren Dogen
Raniero Zeno
und Giovanni da Canal die
Republik Venedig
. Schließlich wurde er Prokurator von San Marco, womit er einen der wenigen lebenslangen Posten erlangte, der zugleich der zweitangesehenste nach dem des Dogen war.
Morosini wurde im Alter von 68 Jahren mit 21 zu 20 Stimmen von den zuvor auf 41 vermehrten Dogenwahlern zum Dogen gewahlt. Deren Zahl war namlich um eine erhoht worden, um ein mehrfaches Patt zu vermeiden, wie es sein Vorganger erlebt hatte. Diese am Ende durch Los entschiedene Wahl hatte nach 1229 zu Auseinandersetzungen zwischen den jeweiligen Anhangern der Tiepolo und der unterlegenen Dandolo gefuhrt.
[1]
Wahrend seiner Amtszeit von nur dreieinhalb Jahren erfreute sich die Republik weitgehenden außeren Friedens, wie Andrea Dandolo vermerkt, es sei ihm zudem bis zum Ende seiner Amtszeit gelungen, fur eine reichhaltige Lebensmittelzufuhr zu sorgen (?pacem et vicualium copiam suo tempore habere promeruit“). Allerdings erhielten die ?Veneti, qui ad submitendum Grecos in Creta missi fuerant“ erhebliche militarische Unterstutzung, so dass ein Gebiet namens ?Punta Despa“ in Feudalguter umgewandelt und aufgeteilt werden konnte. Auch wurde
Chania
starker befestigt (Andrea Dandolo, ed. Pastorello, S. 304).
Zwar kam es zu einem
Kreuzzug
unter Fuhrung
Ludwigs IX.
, des Konigs von Frankreich, der gegen Agypten gerichtet war. Doch hielt sich Venedig wegen seiner Handelsvertrage mit dem dortigen Sultan, die es nicht gefahrden wollte, aus dem Konflikt heraus.
In den Bemuhungen um ein besseres Verhaltnis zum Papst sah sich Venedig gezwungen, Konzessionen zu machen und die Einrichtung eines
Inquisitionsgerichtes
zu gestatten. Die Regierung behielt sich aber das Recht vor, die Richter zu ernennen. Trotzdem blieben die Spannungen zwischen Rom und Venedig bestehen.
In seinem zweiten Amtsjahr, so Andrea Dandolo, fuhrte er das Amt der
domini de nocte
ein, eine Art bewaffneter Wachter, die nachtlich patrouillierten ? daher ?Herren der Nacht‘. Diese Aufgabe hatten bis dahin die
domini contratarum
innegehabt, die Vorsteher der sechs
sestieri
, in die die Stadt seit den fruhen 1170er Jahren eingeteilt worden war.
Die
Kirche des hl. Salvatore
, seine Heimatgemeinde, ließ er mit Mosaiken ausschmucken.
Marino Morosini starb wohl am 1. Januar 1253 und wurde am 3. Januar (?die tercio ianuarii“) im
Narthex
des
Markusdoms
begraben.
[2]
- Ester Pastorello
(Hrsg.):
Andrea Dandolo, Chronica per extensum descripta aa. 460-1280 d.C.
, (= Rerum Italicarum Scriptores XII,1), Nicola Zanichelli, Bologna 1938, S. 302?304. (
Digitalisat, S. 302 f.
)
- Samuele Romanin
:
Storia documentata di Venezia
, II, Venedig 1854, S. 249?255. (
Digitalisat, S. 249
)
- Heinrich Kretschmayr
:
Geschichte von Venedig
, 3 Bde., Bd. II, Gotha 1920, S. 46, 571. (
Digitalisat
)
- Claudio Rendina:
I dogi. Storia e segreti
, Rom 1984, S. 148 f.
ISBN 88-8289-656-0
- Carlo Anti
:
La tomba del doge Marino Morosini nell'atrio di S. Marco
, in: Arte Veneta 8 (1954) 17?21.
- Promissione del Doge Marino Morosini 1249
, Naratovich, Venedig 1853. (
Digitalisat
)
- ↑
So schreibt
Andrea Dandolo
ausdrucklich: ?Nam, post renunciacionem precessoris, cives veneti in elecione ducis discordiam ex paritate vocum alias exortam evitare cupientes, sanxerunt, quod sicut dux a maiori parte XL
a
electorum eligebatur, ita nunc per maiorem partem XLJ
a
eligi debeat…“ (
Ester Pastorello
(Hrsg.):
Andrea Dandolo, Chronica per extensum descripta aa. 460-1280 d.C.
, (=
Rerum Italicarum Scriptores
XII,1), Nicola Zanichelli, Bologna 1938, S. 302).
- ↑
Michael Greenhalgh:
Marble Past, Monumental Present. Building with Antiquities in the Mediaeval Mediterranean
, Brill, Leiden/Boston 2009, S. 422.