Maria Goeppert-Mayer

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Maria Goeppert-Mayer (1963)

Maria Gertrude Goeppert-Mayer (* 28. Juni 1906 in Kattowitz , Oberschlesien ; † 20. Februar 1972 in San Diego , Kalifornien ) war eine deutsch - US-amerikanische Physikerin . Sie fuhrte das Schalenmodell des Atomkerns ein und erhielt dafur 1963 (als zweite Frau) den Nobelpreis fur Physik , [1] gemeinsam mit Hans Jensen , der unabhangig und gleichzeitig ebenfalls das Schalenmodell des Atomkerns fand.

Maria Goeppert war das einzige Kind der Maria Goppert, geborene Wolff, Lehrerin fur Sprachen und Musik, und des spateren Padiatrieprofessors Friedrich Goppert (1870?1927). Ihr Großvater vaterlicherseits war der Juraprofessor Heinrich Robert Goppert (1838?1882), ein Urgroßvater der Botanikprofessor Heinrich Goppert und ein Ururgroßvater bereits Professor fur Pharmazie. Im Alter von vier Jahren (1910) zog sie vom damals deutschen Kattowitz nach Gottingen . [2]

Fur ihre Eltern war es selbstverstandlich, dass sie nach dem Abitur 1924 studieren wurde. Zuerst wollte Goeppert Mathematikerin werden, wechselte dann aber nach drei Jahren in die Physik , nachdem sie ein Seminar beim spateren Nobelpreistrager fur Physik und Pionier der Quantenmechanik Max Born uber Quantenmechanik gehort hatte. 1930 promovierte sie Uber Elementarakte mit zwei Quantensprungen bei Max Born. Die Dissertation behandelte die spater in der Laserspektroskopie wichtige Zwei-Photonen-Absorption . Wie wissenschaftlich bedeutend die Universitat Gottingen damals war, zeigte sich auch daran, dass bei ihrem Rigorosum auch James Franck und Adolf Windaus anwesend waren.

Sie heiratete den Franck-Mitarbeiter Joseph Edward Mayer (1904?1983), den spateren Prasidenten der American Physical Society , und ging mit ihm noch 1930 in die USA. Das Paar hatte eine Tochter und einen Sohn. 1933 wurde sie US-Staatsburgerin. Sie lehrte unentgeltlich ? wahrend der Zeit der Great Depression wollte niemand die Frau eines Professors bezahlen, und es gab Nepotismus -Regeln an den amerikanischen Universitaten, die verhinderten, dass beide Ehepartner eine Stelle erhielten ? an der Johns Hopkins University (1930?1939), als volunteer associate , und an der Columbia University (1940?1946), wohin ihr Mann 1939 wechselte. Sie war Lecturer in der Abteilung Chemie der Columbia University und außerdem 1942 bis 1945 Lecturer am Sarah Lawrence College in New York. Sie publizierte zusammen mit ihrem Mann 1940 das Buch Statistical Mechanics . In den 1930er Jahren arbeitete sie eng mit Karl Ferdinand Herzfeld und ihrem Mann zusammen und befasste sich in dieser Zeit mit Anwendungen der Quantenmechanik in der Chemie, Gittertheorie der Kristalle und statistischer Mechanik. Auch beim Atomwaffenprogramm arbeitete sie mit, Anfang 1942 in der Berechnung der Eigenschaften von Transuranen , dann mit Harold Urey an photochemischen Methoden der Separation von Uranisotopen, was sich aber als nicht praktikabel erwies.

1946 ging sie mit ihrem Mann an die University of Chicago , wo sie volunteer professor am Enrico Fermi Institute war (erst 1959 wurde sie dort zur Professorin berufen), und arbeitete teils sowohl dort als auch am Argonne National Laboratory (als Senior Physicist 1940 bis 1960), das mit der Universitat verbunden war. Dort arbeitete sie mit Edward Teller uber den Ursprung der Elemente. 1960 wurde sie Professorin an der University of California, San Diego , erlitt aber bald darauf einen Schlaganfall, von dem sie sich bis zu ihrem Tod 1972 nicht vollstandig erholte. [2]

Maria Goeppert-Mayer bei der Arbeit

Maria Goeppert-Mayer ist vor allem bekannt fur die Entwicklung des Schalenmodells der Atomkerne gleichzeitig und unabhangig von Hans Jensen . [2] [3]

Bei ihrer Arbeit mit Edward Teller uber den Ursprung der Elemente, die die Erstellung von Isotopenlisten erforderte, bemerkte sie, dass Atomkerne mit 2, 8, 20, 28, 50, 82 oder 126 Protonen oder Neutronen besonders haufig und damit stabil waren. Diese Zahlen wurden von Eugene Wigner spater Magische Zahlen genannt. Das war schon vorher beobachtet worden und erinnerte an die Schalenstruktur der Elektronen im Atom. Man nahm aber uberwiegend an, dass ein Schalenmodell im Atomkern nicht moglich sei, einmal wegen des Erfolgs des Flussigkeitstropfenmodells fur Atomkerne ( Niels Bohr und andere), das den Atomkern wie eine Flussigkeit mit kollektiver Bewegung der Kernteilchen beschrieb, zum anderen weil die starke Wechselwirkung viel starker als die elektromagnetische Wechselwirkung der Elektronen im Atom war. Maria Goeppert-Mayer fand aber in weiteren Kerneigenschaften Unterstutzung fur das Schalenmodell, uber das sie im August 1948 erstmals in Physical Review publizierte. Eine Zentralkraft wie die Coulombkraft fur die Elektronenschalen im Atom kam aber nicht in Betracht, wenn man uber 20 Nukleonen im Kern hinausging. Enrico Fermi fragte sie, ob nicht eine Spin-Bahn-Kopplung der starken Wechselwirkung in Frage kame, und das erwies sich dann, wie sie sofort erkannte, als Losung des Problems. Wie Maria Goeppert-Mayer in ihrer Nobelrede ausfuhrte, war dies allerdings nur fur jemanden offensichtlich, der wie sie lange uber den Beobachtungsdaten gegrubelt hatte, Fermi blieb zunachst weiter skeptisch. Sie sandte ihre Arbeit an Physical Review, wo sie 1949 erschien. Dabei erfuhr sie auch, dass Hans Jensen mit Kollegen in Deutschland ebenfalls diese Losung gefunden hatte, und versuchte noch, die Veroffentlichung zu verzogern, damit die Arbeiten Seite an Seite in Physical Review erscheinen konnten, was aber nicht mehr moglich war; ihre Arbeit wurde im folgenden Heft veroffentlicht. Jensen kannte sie zuvor nicht, traf ihn aber spater, und zwischen beiden entstand eine freundschaftliche kollegiale Beziehung. Beide schrieben 1955 zusammen ein Buch uber das Schalenmodell und erhielten 1963 fur das Schalenmodell den Nobelpreis fur Physik.

In ihrer Dissertation 1931 beschrieb sie erstmals die Zwei-Photonen-Absorption. Die Einheit GM fur den Zwei-Photonen-Wirkungsquerschnitt ist nach ihr benannt.

Ehrungen und Mitgliedschaften

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Maria Goeppert-Mayer mit Konig Gustav VI. Adolf von Schweden 1963
Gedenktafel in Katowice

Goeppert-Mayer teilte sich 1963 mit J. Hans D. Jensen eine Halfte des Nobelpreises fur Physik ?fur ihre Entdeckung der nuklearen Schalenstruktur“, die andere Halfte ging an Eugene Paul Wigner .

1950 wurde sie zum korrespondierenden Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewahlt. Ab 1960 hatte sie einen Lehrstuhl fur Physik an der University of California . 1956 wurde sie zum Mitglied der National Academy of Sciences gewahlt. 1964 wurde sie in die American Philosophical Society [4] und 1965 in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen.

Seit 1986 verleiht die American Physical Society (APS) den Maria Goeppert-Mayer Award an Frauen, die herausragende Beitrage zur physikalischen Forschung geleistet haben. Im Jahr

Maria-Goeppert-Mayer-(MGM)- Professuren zur Starkung der Genderforschung an niedersachsischen Hochschulen ? mit Akzent auf dem Ausbau internationaler (Forschungs-)Beziehungen ? werden vom Niedersachsischen Ministerium fur Wissenschaft und Kultur im Rahmen des Maria-Goeppert-Mayer-Programms gefordert. [5]

Die American Physical Society stiftete einen nach ihr benannten Preis, mit dem junge Physikerinnen ausgezeichnet werden, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen [6] . Im Jahr 2011 hat der U.S. Postal Service eine Briefmarke mit ihrem Konterfei herausgegeben. [7]

In ihrer Geburtsstadt Katowice wurde eine Straße nach ihr benannt und an ihrem Geburtshaus eine Gedenktafel angebracht, weiterhin wurden Straßen in Lubeck [8] , Braunschweig [9] und Munchen [10] sowie in Hannover ein Platz [11] nach Goeppert-Mayer benannt.

  • Joseph Edward Mayer, Maria Mayer Goeppert: Statistical mechanics . John Wiley & Sons, 1940 (englisch, archive.org ).
  • Maria Mayer Goeppert, J. Hans D. Jensen : Elementary theory of nuclear shell structure (= Maria Mayer Goeppert [Hrsg.]: Structure of Matter Series ). John Wiley & Sons, 1955 (englisch, archive.org ).

Literatur uber Maria Goeppert-Mayer

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  • Piotr Greiner: Maria Goeppert-Mayer (1906?1972) . In: Joachim Bahlcke (Hrsg.): Schlesische Lebensbilder. Band XIII. Stiftung Kulturwerk Schlesien, Wurzburg 2021, ISBN 978-3-929817-11-9 , S. 359?369.
  • Daniela Wuensch : Der letzte Physiknobelpreis fur eine Frau? Maria Goeppert Mayer: Eine Gottingerin erobert die Atomkerne. Nobelpreis 1963. Zum 50. Jubilaum. Termessos Verlag Gottingen 2013, ISBN 978-3-938016-15-2 .
  • Judith Rauch: Werde nie eine Frau, wenn du groß bist . In: Charlotte Kerner : Nicht nur Madame Curie ? Frauen, die den Nobelpreis bekamen . Beltz Verlag Weinheim und Basel 1999, ISBN 3-407-80862-3 .

Einzelnachweise

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  1. Maria Goeppert Mayer: Das Schalenmodell des Atomkerns Nobel-Vortrag am 12. Dezember 1963 . In: Angewandte Chemie . Band   76 , Nr.   17 , 7. September 1964, S.   729?737 , doi : 10.1002/ange.19640761702 ( wiley.com [abgerufen am 13. April 2023]).
  2. a b c This Month in Physics History: August 1948: Maria Goeppert Mayer and the Nuclear Shell Model , APS News, Band 17, Nr. 8, August/September 2008
  3. The Nobel Prize in Physics 1963. Abgerufen am 1. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  4. Member History: Maria Goeppert-Mayer. American Philosophical Society, abgerufen am 23. August 2018 .
  5. Maria-Goeppert-Mayer-Programm. In: mwk.niedersachsen.de. Niedersachsisches Ministerium fur Wissenschaft und Kultur, abgerufen am 21. November 2011 : ?Das Programm ermoglicht Berufungen auf W3-, W2- oder W1-Professuren an Universitaten, kunstlerischen Hochschulen und Fachhochschulen.“
  6. Maria Goeppert Mayer Award, home page at The American Physical Society
  7. UCSD Nobel Laureate Maria Goeppert Mayer to Appear on New U.S. Postal Service Stamp June 16 . University of California San Diego News Center (englisch)
  8. Parkhauseroffnung in der Maria-Goeppert-Straße. In: ln-online.de. Lubecker Nachrichten, abgerufen am 4. Marz 2015 .
  9. Bekanntmachung von Straßenbenennungen. (PDF; 112 kB) In: braunschweig.de. Stadt Braunschweig, Fachbereich Stadtplanung und Umweltschutz, Abteilung Geoinformation, abgerufen am 21. November 2011 .
  10. Maria-Goeppert-Mayer-Straße. In: muenchen.de. Portal Munchen Betriebs-GmbH & Co. KG, abgerufen am 26. Februar 2018 .
  11. Maria-Goeppert-Mayer-Platz. In: Straßenbenennung (Neueingabe erforderlich). Hannover.de, abgerufen am 30. April 2023 .
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