Maria Eßlinger
(*
4. Marz
1913
in
Nurnberg
; †
1. Januar
2009
in
Braunschweig
) war die erste deutsche
Luftfahrtingenieurin
.
Maria Eßlinger wurde 1913 als Tochter des Rechtsanwaltes Ludwig Eßlinger in Nurnberg geboren. Nachdem der Vater 1917 im Krieg
gefallen
war, lebten ihr alterer Bruder, ihre Mutter und sie in einfachen Verhaltnissen, dennoch besuchte Eßlinger die Hohere Tochterschule und das Realgymnasium in Nurnberg.
[1]
Im Anschluss an das Abitur und ein 6-monatiges Praktikum bei der Firma
MAN
in Nurnberg begann sie Luftfahrzeugbau an der
Technischen Hochschule Danzig
zu studieren. Nach dem Vordiplom wechselte sie an die
Technische Hochschule Berlin
. Hier studierte sie bei
Herbert Wagner
und
Hans Reissner
.
[2]
Ihr Diplom erwarb sie im Jahr 1936; das Thema ihrer Diplomarbeit war die Konstruktion eines Sportflugzeuges.
[1]
Ihre erste Anstellung fand sie bei den
Dingler-Werken
in
Zweibrucken
. Sie arbeitete als Statikerin und befasste sich mit der Berechnung von Druckrohrleitungen, Behaltern und Windkanalen. 1944 wechselte sie zur Firma Stahlbau B. Seibert G.m.b.H. in
Aschaffenburg
.
[2]
Der Direktor der Firma, Bernhard Seibert, forderte Eßlinger. Er hielt sie an, ihre Erkenntnisse zu veroffentlichen, und ermoglichte ihr, ein Semester an der
Ecole nationale des ponts et chaussees
zu studieren.
[3]
Viele ihrer Schriften wurden spater auf Franzosisch verfasst.
Er unterstutzte sie bei ihrer Promotion, die im Jahr 1947 mit einer Arbeit uber die statische Berechnung von Kesselboden bei
Kurt Kloppel
an der
Technischen Hochschule Darmstadt
erfolgte, wobei sie erstmals systematisch das
Ubertragungsverfahren
auf die Berechnung von Rotationsschalen anwendete. Die Habilitation folgte 1953 an der
Universitat des Saarlandes
.
[2]
Nach der Habilitation arbeitete Eßlinger von 1955 bis 1958 fur die Firma
MAN
im Werk Gustavsburg. Dort entwickelte sie, gemeinsam mit
Walter Pelikan
, ein Verfahren zur Berechnung
orthotroper Platten
, welches sich schnell im Stahlbruckenbau durchsetzte und bis zur
Diffusionsphase
der Baustatik zum Standardverfahren zahlte.
[2]
Dieses Werk verschaffte ihr auch internationale Aufmerksamkeit und Beachtung.
[3]
Dann wechselte sie zur Dusseldorfer Stahlbaufirma Gollnow und war maßgeblich an der Entwurfsplanung fur eine neue
Hangebrucke
uber den
Tajo
in
Lissabon
beteiligt. Die Ausschreibung gewann jedoch der amerikanische Stahlkonzern
US Steel
und realisiert wurde der Bau nach Planen von
David B. Steinman
. Als Stipendiatin der
Deutschen Forschungsgemeinschaft
flossen ihre Erkenntnisse aus der Planung der Brucke in ein neues Computerprogramm ein.
[2]
Von 1963 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1978 arbeitete Maria Eßlinger am Institut fur Flugzeugbau der
Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt fur Luft- und Raumfahrt
in
Braunschweig
und forschte an der
Stabilitat von Schalen
, vor allem an dem Aspekt des
Nachbeulverhaltens
. Ihre Hochgeschwindigkeitsaufnahmen zum Beulverhalten dunnwandiger Modellzylinder erreichten große Aufmerksamkeit. Mit diesen Aufnahmen gelang es ihr, erstmals den komplexen Vorgang sichtbar zu machen. Ihre Erkenntnisse bilden heute die Grundlage der technischen Regelwerke uber das
Schalenbeulen
.
[2]
- Eßlinger, M., Geier, B.:
Buckling And Postbuckling Behavior Of Discretely Stiffened Thin-Walled Circular Cylinders.
(1998)
- Eßlinger, M., Ahmed, S. R., Schroeder,H.-H.:
Stationare Windbelastung offener und geschlossener kreiszylindrischer Silos.
(1998)
- Eßlinger, M., Geier, B., Poblotzki, G.:
Verification of computer programs by discussion of the results.
(1991)
- Eßlinger, M., Poblotzki, G.:
Naherungsrechnung fur die Beullasten von Kegelschalen unter Axiallast und Innendruck im elastischen Bereich.
(1991)
- Eßlinger, M., Poblotzki, G.:
Beullasten von Kegeln unter Aussendruck im elastoplastischen Bereich.
(1991)
- Eßlinger, M., Poblotzki, G.:
Beulen unter Winddruck.
(1991)
- Eßlinger, M.:
Flacheisenring an Zylindern unter Aussendruck.
(1991)
- Eßlinger, M., Poblotzki, G.:
Spannungs- und Stabilitaetsrechnung von Rotationsschalen unter nichtaxialsymmetrischer, grossflaechiger Belastung im elastoplastischen Bereich.
(1990)
- Eßlinger, M., Thaer, G., Weiss, H.P.:
Ein einfaches FEM-Programm fur dunnwandige Kreiszylinder die durch Langsrippen und Ringe ausgesteift sind.
(1983), KfK-CAD 207 (Mai 83)
- Eßlinger, M., Melzer, H.W.:
Berechnung der Spannungen und der endlich großen Deformationen von Rotationsschalen ohne und mit Vorbeulen unter nichtaxialsymmetrischer großflachiger Belastung.
(1982), KfK-CAD 192 (April 81)
- Eßlinger, M., Kerkhoff, H., Melzer, H.W., Taelmann, E.W.:
Berechnung der Beullasten von dunnwandigen Rotationsschalen unter axialsymmetrischer Belastung im elastischen Bereich. (Theoretische Grundlagen des Programms FO4BO7).
(1981), KfK-CAD 176 (Januar 81)
- Eßlinger, M., Thaer, G.:
Ein einfaches FEM-Programm fur die Berechnung dunnwandiger Kreiszylinder mit Langsrippen.
(1981), KfK-CAD 190 (Juli 81)
- Eßlinger, M., Kretschel, K., Melzer, H.W.:
Berechnung der Spannungen und der endlich großen Deformationen eines idealen Kreiszylinders unter nichtaxialsymmetrischer Belastung.
(1980), KfK-CAD 165(August 80)
- Eßlinger, M., Kerkhoff, H.:
Berechnung der Beullasten von ringversteiften Rotationsschalen unter axialsymmetrischer Belastung im elastischen Bereich.
(1979), KfK-CAD 137 (Mai 79)
- Kerkhoff, H., Eßlinger, M., Meier, F.:
Spannungsrechnung von allgemeinen Rotationsschalen mit axialsymmetrischer Belastung und von Kreiszylindern mit unsymmetrischen Randkraeften.
(1977), KFK-CAD 16
- Eßlinger, M., Meier, F.:
Berechnung der Spannungen in einer dunnwandigen Rotationsschale mit axialsymmetrischer Belastung ? Teil II: Große Deformationen.
(1977), KFK-CAD 38 (Juli 77)
- Eßlinger, Maria:
Windkanal des Lebens. Erinnerungen einer Ingenieurin.
Frieling, Berlin 2000,
ISBN 978-3-8280-1173-1
.
- ↑
a
b
Nachruf von Heinz Duddeck, TU Braunschweig auf shellbuckling.com
, abgerufen am 8. Oktober 2017
- ↑
a
b
c
d
e
f
Karl-Eugen Kurrer:
Geschichte der Baustatik. Auf der Suche nach dem Gleichgewicht
. 2. Auflage. Ernst, Berlin 2016,
ISBN 978-3-433-60642-1
,
S.
972
(
books.google.de
).
- ↑
a
b
Berechnung von einfachen und mehrfachen Rautentragern
. Springer-Verlag, 2013,
ISBN 978-3-642-85742-3
(
books.google.de
).