Maria Dorothea von Wurttemberg

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Maria Dorothea von Wurttemberg (Gemalde von Anton Einsle , 1847)
Maria Dorothea Prinzessin von Wurttemberg. Lithographie von Gabriel Decker , 1840.
Die Burg von Ofen um die Mitte des 19. Jahrhunderts

Maria Dorothea Prinzessin von Wurttemberg (vollstandiger Name: Maria Dorothea Luise Wilhelmine Karoline von Wurttemberg ; * 1. November 1797 in Carlsruhe (Pokoj) , Schlesien ; † 30. Marz 1855 in Ofen (heute Budapest )) war durch Heirat Erzherzogin von Osterreich und Palatinessa von Ungarn .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Herkunft und Jugend [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Maria Dorothea war das erste von funf Kindern [1] des Herzogs Ludwig von Wurttemberg , genannt Louis, und dessen zweiter Ehefrau Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg , Tochter von Furst Karl Christian und Prinzessin Karoline von Oranien-Nassau-Diez . Ihre Großeltern vaterlicherseits waren Herzog Friedrich Eugen von Wurttemberg und die Nichte des preußischen Konigs Friedrich II. , Prinzessin Friederike Dorothea Sophia von Brandenburg-Schwedt .

Die wurttembergische Prinzessin genoss eine ausgewahlte und umfassende Erziehung und Bildung. Als außerordentlich sprachbegabte Schulerin hatte sie die biblischen Sprachen erlernt, sodass sie in der Lage war das Alte Testament in der hebraischen und das Neue Testament in der altgriechischen Ursprache zu lesen. Es wird Maria Dorothea ein beachtliches theologisches Interesse attestiert, ihre Frommigkeit, von der Mutter beeinflusst, erfuhr wichtige Impulse von der Herrnhuter Brudergemeine . [2] Maria Dorothea genoss offenbar die Besuche bedeutender Geisteswissenschaftler und Theologen im Elternhaus und verfolgte aufmerksam deren Vortrage und die sich daraus ergebenden Diskussionen. Und so eignete sie sich die Stromungen der altpietistischen lutherischen Frommigkeit und den Spiritualismus Bengels bereits in fruhen Jahren an. Der Vater des schwabischen Pietismus , Johann Albrecht Bengel (1687?1752), soll ihr religioses Bild zeitlebens pragen und dessen ?Wurttemberger Frommigkeit“ wird sie bis zu ihrem Tode nicht mehr verlassen. Das ihr derart vermittelte christozentrische Weltbild und das wohltatige Wirken ihrer Mutter pragten unbeirrbar ihr ganzes weiteres Leben. [3]

Auch zeigte die junge Prinzessin ein großes musisches Talent. Dieses wurde von dem Komponisten Carl Maria von Weber , den Herzog Louis als Privatsekretar wie auch als Hauslehrer eingestellt hatte, gefordert und gepragt. Vor ihrer Ehe war sie bereits zur hoch gebildeten Frau herangereift, die ihr Wissen auch durch Lekture in englischer und franzosischer Sprache bereicherte. [4]

Ehe und Nachkommen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Am 23. August 1819 heiratete Prinzessin Maria Dorothea in Kirchheim unter Teck Erzherzog Joseph Anton Johann von Osterreich , Palatin von Ungarn, siebter Sohn Kaiser Leopolds II. aus dem Hause Habsburg-Lothringen und der Maria Luisa de Borbon , Infantin von Spanien. Die ? fur die damalige Zeit ungewohnliche ? okumenische Trauungszeremonie fand in Burgschloss Kirchheim unter Teck statt. Sie wurde vom katholischen Bischof Johann Baptist von Keller (1774?1845), sowie dem Konfirmator der Herzogin, dem ev.-luth. Pralaten August Heinrich d’Autel (1779?1835), der gleichzeitig Wurttembergischer Oberhofprediger war, zelebriert. [3]

Aus der Ehe gingen funf Kinder hervor:

? 1847 Erzherzog Ferdinand Karl von Osterreich-Este
? 1854 Erzherzog Karl Ferdinand von Osterreich
? 1864 Prinzessin Clotilde von Sachsen-Coburg und Gotha
? 1853 Konig Leopold II. von Belgien

Fur Erzherzog Joseph Anton von Osterreich war es bereits die dritte Ehe, denn seine beiden Frauen, zuerst die russisch-orthodoxe Großfurstin Alexandra Pawlowna , dann die reformierte Prinzessin Hermine von Anhalt-Bernburg-Schaumburg , waren im Kindbett gestorben. Der also schon zweifach verwitwete 43-jahrige Erzherzog fand in Maria Dorothea, einer Kusine seiner zweiten Frau, eine fursorgliche Stiefmutter fur die Kinder aus seiner zweiten Ehe, sie schenkte selbst noch funf Kindern das Leben.

Dass der Palatin drei konfessionsverschiedene Frauen heiratete, traf die konservative Familie der Habsburger hart, wiewohl dessen Bruder Erzherzog Karl von Osterreich ebenfalls mit einer reformierten Prinzessin verheiratet war, mit Henriette von Nassau-Weilburg , einer Kusine der Palatinessa, die als einzige evangelische Angehorige der Habsburger in der Wiener Kapuzinergruft bestattet werden durfte.

Die erste evangelische Kirche (und Schulhaus) am Burgberg zu Ofen um die Mitte des 19. Jahrhunderts (1896 abgerissen)

Des Palatins Neigung zu nicht-katholischen Brauten hat jedenfalls die Besorgnis genahrt, dass er womoglich, im Falle erneuter Witwenschaft, eine Judin geehelicht hatte. Diese ?Sorge“ scheint ein Indiz fur die antisemitische Stimmung in Ofen (und Pest) gewesen zu sein, von der sich das Interesse der Palatinessa am Judentum deutlich distanzierte. [5]

Ungarn [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die erzherzogliche Familie residierte im Burgschloss von Ofen. Der Stellung des Palatins entsprechend spielte auch die Frau an seiner Seite eine außerordentlich wichtige Rolle. Kurz nachdem das jung verheiratete Paar im Oktober 1819 auf der Burg zu Ofen ankam, wurden der Palatinessa sogleich Reprasentationsaufgaben ubertragen. Sie lernte ihre neue Umgebung und die offentlichen Einrichtungen ihrer neuen Heimat kennen. Uberall wurde sie freundlich als die ?neue“ Palatinessa begrußt. Maria Dorothea beherrschte die ungarische Sprache jedoch nicht. Und so bat sie Johann Ludwig von Schedius , welcher Professor an der Universitat und Inspektor (Kirchenvorsteher) der ev.-luth. Kirchengemeinde in Pest war, ihr ungarischen Sprachunterricht zu erteilen. Die sprachbegabte Palatinessa lernte schnell und leicht die Sprache ihrer neuen Heimat. Aufgrund ihrer pietistisch gepragten Glaubensuberzeugung begann sie sich aus christlicher Verantwortung auch karitativ zu betatigen. Sie bot den verschiedensten Institutionen materielle Hilfe an, grundete wohltatige Stiftungen und ubernahm die Schirmherrschaft uber den ?Wohltatigen Frauenverein“.

Die Kindererziehung und Volksbildung lag ihr besonders am Herzen, daher beteiligte sie sich an der Forderung von Schulen z. B. in Leutschau , Preßburg und Pest, aber auch in anderen Teilen Altungarns mit namhaften finanziellen Spenden.

Ihre besondere Fursorge und Zuneigung gehorte naturlich ihren evangelisch-lutherischen Glaubensgenossen. Sie unterstutzte die evangelische Kirchengemeinde von Pest und war auch mit der evangelischen Kirchengemeinde von Preßburg, wo sie sich als Begleiterin ihres Mannes wahrend der Sitzungen der Ungarischen Landtage haufig fur langere Zeit aufhielt, aufs engste verbunden. Die Palatinessa besuchte regelmaßig die Gottesdienste in der Großen Deutschen Kirche auf der Nonnenbahn zu Preßburg und unterstutzte die Gemeinde mit großzugigen Spenden. Von den Predigern der Gemeinde bevorzugte sie insbesondere Wilhelm Josef Jarius , da dieser grundsatzlich ein Verkunder des ?alten Evangeliums‘ war, was der Glaubensauffassung Maria Dorotheas sehr nahekam. In den Annalen der Preßburger Kirchengemeinde wird Maria Dorotheas ?als einer begeisterten Wohltaterin des Protestantismus in Ungarn“ gedacht. Als Dank bot ihr die Gemeinde von Preßburg in der Kirche einen abgesonderten prachtigen Ehrensitz an.

Dorothea pflegte zudem auch ein Interesse an hebraischer Literatur und glaubte an die Ruckkehr der Juden ins Heilige Land . Sie war mit Rabbiner Lazar Horowitz befreundet und machte 1851 auf sein Bitten hin die angeordnete Ausweisung von Hunderten judischer Familien aus Wien ruckgangig.

Im Fruhling des Jahres 1832 hielt sich die Palatinessa abermals in Preßburg auf. Es war wieder die Zeit des Ungarischen Landtages. Wahrend eines Gottesdienstes horte sie den jungen, gebildeten Pfarrer Georg Bauhofer predigen. Maria Dorothea war von Bauhofers Erweckungspredigt dermaßen begeistert, dass sie ihm ein prachtiges Buchergeschenk ubersandte. Fur beide war das der Beginn einer lebenslangen innigen Seelenbeziehung, die in Preßburg begann und nicht nur fur die Ungarlandische Evangelische Kirche A.B., sondern fur den gesamten ungarischen Protestantismus eine segensreiche Bedeutung hatte. Auf ihre Initiative hin wurde Bauhofer auf den Burgberg in Ofen immer wieder zu Glaubensgesprachen eingeladen. In diesen Gesprachen gab die Palatinessa ihre Absicht kund, dass die zahlenmaßig noch sehr kleine Gemeinde in Ofen selbstandig werden sollte; im Jahre 1844 betrug die Zahl der Evangelischen in Ofen lediglich 402 Seelen. Maria Dorothea wunschte, dass Bauhofer als erster Prediger dieser Gemeinde bestellt wurde und gleichzeitig das Amt des Hofpredigers auf der Ofener Burg innehaben sollte. Diesen Wunsch unterstrich sie mit einer großzugigen Stiftung von 20 000 Gulden. Es folgten jahrelange Verhandlungen mit der Kirchenleitung die letztlich mit Erfolg gekront waren. Bauhofer zog mit seiner Familie nach Ofen und konnte am 20. Oktober 1844 am Ofener Burgberg seine Antrittspredigt halten.

Schloss Alcsut zur Zeit Maria Dorotheas (zeitgenossischer Stich aus dem Jahre 1832)

Im Jahre 1846 gelang es mit Hilfe des Palatins auf den Burgberg zu Ofen (am St. Georgsplatz in der Nahe des Tores zur Wasserstadt) ein Grundstuck fur den Bau der ersten evangelischen Kirche in Ofen zu erwerben. Und bereits im Jahre 1847 konnte dieses Grundstuck mit einer kleinen Kirche, Schule und Pfarrhaus bebaut werden. Diese im Empirestil gehaltene Burgkirche diente der kleinen, anfangs rein deutschen evangelischen Kirchengemeinde von Ofen nahezu 50 Jahre lang. Im Jahre 1896 zog die Gemeinde in ihr heutiges Domizil, in die neue ? im Spatbarockstil gehaltene und im Jahre 1896 erbaute ? Kirche am Wienertor Platz (Becsi kapu ter) um.

Die Witwe [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die evangelische Maria Dorothea fand keine Anerkennung vom Kaiserhaus in Wien bzw. von dessen Mitgliedern in Ungarn, nicht nur wegen ihrer Religionszugehorigkeit. Fur die ungarischen Protestanten jedoch war die Furstin ein besonderer Glucksfall. 1819 fuhrte Erzherzogin Maria Dorothea den Christbaum in Ungarn ein, lange Zeit war der Name Dorotheenbaum gebrauchlich.

1847, nach dem Tod ihres Mannes, musste sie mit ihren Kindern Ungarn verlassen. Das Sorgerecht fur die Erziehung ihres Sohnes Joseph wurde ihr entzogen. [6] Ihren Wunsch, in Ungarn bleiben zu durfen, lehnte ihr Neffe, Kaiser Ferdinand I. entgegen dem vereinbarten Ehevertrag ab. Sie wurde sozusagen nach Wien verbannt, mit zugewiesenen Aufenthaltsort im Palais Augarten , wohl auch wegen ihres bewusst gelebten evangelischen Glaubens. Bereits am 25. Januar verabschiedete Georg Bauhofer und die kleine evangelische Gemeinde von Ofen die tranenuberstromte Palatinessa. Aber auch in Wien blieb sie die ?persona lutherana“, welche taglich in dem fur sie wichtigsten Buch, der Heiligen Schrift, las. Mit ihren Vertrauten, besonders jedoch mit Bauhofer und dem ersten Pfarrer der 1837 gegrundeten, ungarischen Gemeinde von Pest, Joseph Szekacs (1809?1876), blieb sie weiterhin im standigen Briefwechsel. Es schlossen sich, teils inkognito, teils legale Besuche in Ofen an. So war es fur die Palatinessa eine außergewohnliche Freude an den Feierlichkeiten zur Einweihung der neuen evangelischen Kirche von Ofen teilnehmen zu konnen.

In den letzten Lebensjahren wurde es still um Maria Dorothea. Sie widmete sich ihrer zahlreichen Familie, immerhin hatte sie funf Kindern das Leben geschenkt, von welchen drei das Erwachsenenalter erreichten. Nachdem die Palatinessa 1855 zu ihrer Tochter Elisabeth zu Besuch nach Ofen fuhr, erkrankte sie und verstarb am 30. Marz ganz plotzlich und unerwartet an den Folgen eines Gehirnschlages. Sie wurde nur 58 Jahre alt.

Das Begrabnis erfolgte am 4. April 1855 unter großer Anteilnahme. Neben Georg Bauhofer nahm auch der (spatere) Superintendent Jozsef Szekacs, sowie der Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde von Pest, Michael Lang an der Beerdigung teil. Von Bauhofer wurde eine bewegende Leichenrede gehalten, welcher er das Bibelwort aus den Spruchen Salomos (Spr. 20,6) zugrunde legte: ?Viele Menschen ruhmen ihre Gute; aber wer findet einen, der zuverlassig ist?“

Gedenktafel fur Maria Dorothea in der Dorottya utca (Dorothea Gasse) in Budapest

Die Palatinessa wurde in der Palatinusgruft in der Burg von Ofen an der Seite ihres Mannes, des Reichspalatins Joseph, beigesetzt. Das Abschiedsgebet sprach Pfarrer Michael Lang und der romisch-katholische Hofpropst Scholz nahm die Einsegnung vor, wahrend in ganz Altungarn die Glocken aller evangelischen Kirchen lauteten.

Im Spiegel der Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Portikus des 1945 zerstorten Schlosses Alcsut

Als sich die Turen der Palatinsgruft hinter Maria Dorothea schlossen, senkte sich allmahlich der ?Schleier des Vergessens“ uber die protestantische Habsburgerin. Die Jahre vergingen, die Zeiten anderten sich; es kam das 20. Jahrhundert mit zwei schrecklichen Kriegen, die ungarische Linie der Habsburger verließ Ungarn, das Familienarchiv, in dem von Maria Dorothea so geliebten Sommersitz Schloss Alcsut , verbrannte. Das Burgschloss von Ofen wurde zerbombt, aber wieder aufgebaut. Die Palatinuskrypta behielt als einzige im Burgareal ihre ursprungliche Gestalt, war jedoch fur die Offentlichkeit nicht zuganglich. Im Jahre 1973 wurde in die Gruft eingebrochen, die Sarge wurden mit brachialer Gewalt aufgebrochen, die Gebeine von Maria Dorothea und der anderen dort Ruhenden, auf der Suche nach Schmuck, in der ganzen Gruft zerstreut....ein Bild des Grauens... Den unermudlichen Engagement des ungarischen Anthropologen Istvan Kiszely [7] ist es zu verdanken, dass die verstreuten Gebeine wieder zusammengefugt und wurdevoll neu bestattet werden konnten.

Im Spiegel der Geschichte gehort Maria Dorothea ohne Zweifel zu den großen Frauengestalten des Protestantismus. Sie, die geburtige Deutsche hat durch ihren bewusst gelebten evangelischen Glauben, welcher immer die Wurzel ihres Handelns war, in ihrer neuen Heimat, dem Reich der Ungarischen St. Stephanskrone , sehr viel bewirkt. Durch ihre Verdienste gebuhrt ihr unbestritten ein Platz neben den bedeutendsten Wohltaterinnen des ungarischen Protestantismus, wie der ganz großen Zsuzsanna Lorantffy (um 1600?1660; Gattin des Kampfers fur den Protestantismus, Georg I. Rakoczi ), Kata Szidonia Petroczy (1662?1708), oder Katharina Bethlen (1700?1759). [8]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Maria Dorothea von Wurttemberg  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Maria Dorothea hatte noch vier jungere Geschwister: Amalie , Pauline , Elisabeth Alexandrine und Alexander .
  2. Karl W. Schwarz: Maria Dorothea (1797?1855) ? eine wurttembergische Pietisten in Ungarn . In: ?Von Leonhard Stockel...“, S. 101
  3. a b Anton Klipp: Fragmente zur Geschichte des Protestantismus in Altungarn . In: Karpatenjahrbuch 2006, S. 56
  4. Hamann, S. 318
  5. Karl W. Schwarz: Maria Dorothea (1797?1855) ? eine wurttembergische Pietisten in Ungarn , S. 10; siehe auch Jutta Hausmann: Maria Dorottya nadorne kora es a zsidomisszio (Die Judenmission in der Zeit der Paltinessa Maria Dorothea), Fabiny Tibor-emlekkonyv, Budapest 2009
  6. Brigitte Hamann: Die Habsburger, Ein biographisches Lexikon, Wien 1988
  7. Istvan Kiszely (* 14. Juni 1932 in Budapest; † 28. August 2012 ebd.) war ein ungarischer Anthropologe mit internationaler Reputation. Als junger Mann trat er in den Benediktiner Orden in der Erzabtei Pannonhalma ein und wurde nach einem Theologiestudium zum Priester geweiht. Nach Erteilung einer papstlicher Dispens trat er aus dem Orden aus und heiratete die Anthropologin Ildiko Hanko. Am 4. August 1960 wurde er unter dem Decknamen "Zsolt Feledy" inoffizieller Mitarbeiter der kommunistischen politischen Geheimpolizei AVH (' Allamvedelmi Hatosag ') und deren Nachfolgebehorde. 18 Jahre lang bespitzelte er katholische Priester, seine Mitarbeiter und selbst nahe Verwandte (u. a. die Schwester seiner Ehefrau, sowie seine eigene Tochter!) und meldete deren Tatigkeit regelmaßig bei der AVH. Seine, insgesamt 481 Meldungen sind in funf Banden auf 1500 Seiten dokumentiert. Er war letztlich fur die Verhaftung und Drangsalierung zahlreicher Priester und Regimekritiker verantwortlich.
  8. Anton Klipp: Fragmente zur Geschichte des Protestantismus in Altungarn . In: Karpatenjahrbuch 2006, S. 55 bis 61