Marcel Luthe
(*
31. August
1977
in
Bottrop
) ist ein
deutscher
Politiker
(parteilos, davor
FDP
). Er war von 2016 bis 2021 fur die FDP Mitglied des
Abgeordnetenhauses von Berlin
und bei den Berliner
Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021
Spitzenkandidat der
Freien Wahler
.
[1]
Luthe ist seit Februar 2022 Bundesvorsitzender der
Good Governance Gewerkschaft
.
Luthe studierte
Wirtschaftswissenschaften
an der
Universitat Essen
.
[2]
Er war ab 2002 Geschaftsfuhrer und Teilhaber einiger Gesellschaften, unter anderem der Plaza Coffee GmbH, Confabs GmbH, premior.de Betriebsgesellschaft mbH und alpha omega Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH.
[3]
Er entwickelte ein mobiles Coffeeshopsystem in Form eines Lastenfahrrads und meldete dieses 2006 in Deutschland als Gebrauchsmuster
[4]
und 2008 in den USA zum Patent an.
[5]
Von 2009 bis 2013 war er
Schoffe
am
Landgericht Berlin
.
[6]
Im Mai 2021 erschien Luthes Buch
Sanierungsfall Berlin: Unsere Hauptstadt zwischen Missmanagement und Organisierter Kriminalitat
.
Thilo Sarrazin
stellte Luthes Buch in einer
Laudatio
vor.
[7]
Wahrend des Studiums vertrat Luthe die Liberale Hochschulgruppe im Senat der Universitat-Gesamthochschule Essen. Im April 2002 wurde er zum Vorsitzenden des
Bundesverbandes Liberaler Hochschulgruppen
gewahlt.
[8]
Bei der
Bundestagswahl 2002
kandidierte er im
Wahlkreis Bottrop-Recklinghausen III
.
[9]
Bis 2005 war Luthe Kreisvorsitzender der FDP-Jugendorganisation
Junge Liberale
, ab 2014 Schatzmeister des Berliner FDP-Ortsverbands Wilmersdorf.
[10]
Bei der
Berliner Abgeordnetenhauswahl am 18. September 2016
trat er als Direktkandidat in
Wahlkreis Grunewald
an, wo die FDP ihr berlinweit bestes Erst- und Zweitstimmenergebnis erzielte, und zog uber die Bezirksliste
Charlottenburg-Wilmersdorf
ins Abgeordnetenhaus ein. Mit der Grundung des Vereins
Pro Tegel
wollte er den
Flughafen Berlin-Tegel
erhalten.
[11]
Im Abgeordnetenhaus setzte sich Luthe fur die Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses zum
Terroranschlag am Breitscheidplatz
ein, in dem er ebenfalls Sprecher der FDP-Fraktion war. Dort monierte er die Verschleppung der Aufklarung durch den
rot-rot-grunen Senat
und besonders den Innensenator
Andreas Geisel
.
[12]
Weiter kritisiert er die Abschiebung von wichtigen Zeugen durch die Generalstaatsanwaltschaft.
[13]
In der Affare um defekte Schießstande der Berliner Polizei erhob Luthe 2018 wiederholt schwere Vorwurfe gegen die damalige Polizeivizeprasidentin und Berliner Generalstaatsanwaltin
Margarete Koppers
.
[14]
Im Skandal um die mutmaßlich von Kriminellen unterwanderte
Polizeiakademie Berlin
warf Luthe der fur Personal zustandigen Polizeivizeprasidentin Koppers vor, die Missstande nicht aufzuklaren, sondern zu vertuschen.
[15]
Luthe vertrat seine Fraktion im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin und war auch deren innenpolitischer Sprecher. Seine Position als religionspolitischer Sprecher der Fraktion hatte er aufgegeben, nachdem seine Auffassung, dass sich eine ?Gleichsetzung von Angriffen auf Juden mit irgendwelchen anderen Angriffen auf Menschen in Deutschland“ vor dem Hintergrund des
Holocaust
in Deutschland verbiete, nicht den Beifall seiner Fraktion fand.
[16]
Im Mai 2018 hob das Abgeordnetenhaus Luthes
Immunitat
fur Ermittlungen wegen Unterhaltspflichtverletzung auf. Luthe bestritt die Vorwurfe. Erstmals in der Geschichte des Abgeordnetenhauses stimmte die gesamte Opposition gegen den Antrag, weil sie eine Einflussnahme durch den Justizsenator
Dirk Behrendt
aus politischen Grunden vermutete, da Luthe den Senat oft scharf attackiere.
[17]
Am 13. April 2020 reichte Luthe
Organklage
vor dem
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin
gegen den
Senat von Berlin
wegen der Berliner
Corona-Verordnung
ein.
[18]
und scheiterte damit. Am 3. Juli 2020 schloss die FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus auf einer Sondersitzung Luthe ?wegen des zerrutteten Vertrauensverhaltnisses“ einstimmig aus ihrer Fraktion aus. Die
FDP Berlin
forderte ihn auf, sein Mandat niederzulegen, was Luthe nicht tat.
[19]
Im Oktober 2020 trat er aus der FDP aus.
[20]
Luthe begrundete diesen Schritt unter anderem damit, dass er als Liberaler in der heutigen FDP keine Heimat mehr sehe, da diese nicht bereit sei, ?auch gegen eine ubergroße Mehrheit, gegen Anfeindungen und Angriffe seine Uberzeugung zu verteidigen und gegen den Strom zu schwimmen“.
[21]
In seiner Austrittserklarung kritisierte er insbesondere, es sei aus dem Blick geraten, dass nicht die Gesundheit, sondern die Wurde des Menschen das wichtigste Rechtsgut sei.
[22]
Er galt bis dahin als der bekannteste FDP-Abgeordnete in Berlin.
[23]
Am 17. April 2021 wurde Luthe zum Spitzenkandidaten der Freien Wahler Berlin fur die
Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021
gewahlt,
[1]
zudem kandidierte er fur die
Bundestagswahl 2021
im
Wahlkreis Berlin-Charlottenburg ? Wilmersdorf
[24]
. Er erzielte bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus 1,4 % der Erststimmen und seine Freien Wahler berlinweit 0,8 % der Zweitstimmen. Zur Wahl den Deutschen Bundestags erzielte er bei den Erststimmen 0,9 %. Mit
Konstituierung
des 19. Abgeordnetenhauses am 4. November 2021 schied Luthe aus dem Parlament aus.
Am 26. Oktober reichte Luthe Klage nach der von erheblichen Storungen belasteten
Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2021
beim
Verfassungsgerichtshof
ein und beantragte gleichzeitig, im Wege der Einstweiligen Anordnung den Zusammentritt des 19. Abgeordnetenhauses bis zur Klarung der Vorfalle zu verbieten.
[25]
Zu seiner Motivlage erklarte er in einem Gastbeitrag der
Berliner Zeitung
, er sei uberzeugt, dass die Vielzahl von Fehlern zu einem Ergebnis gefuhrt habe, das nicht den Willen des Souverans wiedergebe, so dass ein solches Parlament in einer
Demokratie
nicht existieren durfe.
[26]
Luthe hatte bereits kurz nach der Wahl Einsicht in die Originale der Wahlniederschriften aus den
Wahllokalen
beantragt, die ihm zunachst verweigert wurde.
[27]
Nachdem der Verfassungsgerichtshof auf Luthes Antrag diese Niederschriften beigezogen hatte, sichtete er diese als einziger Klager und zeigte die Fehler offentlich auf.
[28]
In seinem abschließenden Urteil, mit dem die Ungultigkeit der Wahlen festgestellt wurde, hob der Verfassungsgerichtshof ausdrucklich hervor, dass die Niederschriften ?in tatsachlicher Hinsicht“ die Entscheidung des Gerichts begrundet hatten und betonte: ?Alle Beteiligten hatten Gelegenheit, hierin Einsicht zunehmen; ein Beteiligter hat hiervon Gebrauch gemacht.“
[29]
Fur die gerichtlich notwendig gewordene
Wiederholungswahl 2023
zum Abgeordnetenhaus von Berlin war Luthe als Kandidat vom Berliner Landeswahlausschuss von der Wahlliste gestrichen, weil Luthe ?aus Berlin verzogen“ sei.
[30]
Eine erneute Spitzenkandidatur Luthes fur die Freie Wahler entfiel daher.
Im Februar 2022 grundete Luthe die
Good Governance Gewerkschaft
(GGG), die als Ziel hat ?gegen restriktive Corona-Maßnahmen und die drohende Impfpflicht in Betrieben [zu] kampfen“,
[31]
deren Bundesvorsitzender er wurde.
[32]
Die GGG wirbt unter anderem unter der Berliner Polizei um Mitglieder. Die
GdP
, die ein Großteil der Polizisten und Polizeiangestellte vertrat, erkannte Luthe daraufhin seine
Ehrenmitgliedschaft
ab und schloss ihn aus der GdP mit der Begrundung aus, dass es mit der Satzung der GdP unvereinbar sei, wenn Luthe Mitglied in einer ?Interessenvertretung aktiv ist, die gegen uns agiert“.
[33]
Luthe erklarte als Bundesvorsitzender der GGG, dass der
1. Mai
aufgrund ?steigender Inflation und sinkender Produktivitat in Folge immer massiverer Eingriffe in die freie Wirtschaft durch den Gesetzgeber“ als Feiertag abzuschaffen und durch einen steuerfreien Arbeitstag zu ersetzen sei, um ?mehr Netto und mehr
Kaufkraft
“ zu erzeugen. In diesem Zusammenhang bezeichnete Luthe die
Gewerkschaften
mit bundesweiten Veranstaltungen und Versammlungen am 1. Mai als ?
sozialistisch
“.
[34]
In der Amtszeit Luthes als Vorsitzender der GGG war diese Mitveranstalterin bzw. Unterstutzerin der vom 25. und 26. August 2023 stattfindenden ?8. Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz“ von
Klaus Kelle
mit prominenten Vertretern aus
AfD
und
CDU
.
[35]
Die
Thuringer Allgemeine
beurteilt, unter Bezugnahme auf Kelle selbst, dass sich mit der Vollversammlung ein ?
rechtskonservatives
Netzwerk“ treffe, das sich ?um neue, andere Mehrheiten“ bemuhe.
[36]
- Sanierungsfall Berlin: Unsere Hauptstadt zwischen Missmanagement und Organisierter Kriminalitat
. FinanzBuch Verlag,
ISBN 978-3-95972-446-3
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