Manfred ?Manni“ Kaiser
(*
7. Januar
1929
in
Zeitz
; †
15. Februar
2017
[1]
in
Lindau (Bodensee)
) war ein deutscher Fußballspieler, der von 1955 bis 1964 in 31 Landerspielen in der
DDR-Nationalelf
eingesetzt wurde.
Vereins-, Gemeinschafts- und Club- und Vereinsstationen
[
Bearbeiten
|
Quelltext bearbeiten
]
Mit zehn Jahren begann Manfred Kaiser 1939 bei der Jugendabteilung der
SpVgg Zeitz 1910
mit dem Fußballspiel, nachdem er zuvor schon beim TV Vater Jahn zwei Jahre geturnt hatte. Mit seinem Vater war er regelmaßiger Gast auf dem Fußballplatz. Da Zeitz in der Saison 1939/40 den Aufstieg in die
Gauliga Mitte
schaffte, hatte er von 1940 bis 1943 die Moglichkeit, Spiele der hochsten Liga zu verfolgen. In der Jugend spielte er immer im Sturm, zumeist auf Rechtsaußen und als Mittelsturmer. Er betrieb als Jugendlicher aber auch Sprint und Weitsprung in der Leichtathletik. Am 6. Januar 1946, einen Tag vor seinem 17. Geburtstag, spielte er zum ersten Mal in der 1. Mannschaft der SG Rot-Weiß Zeitz, dem Nachfolger der SpVgg. Er wurde als Mittelsturmer eingesetzt. In Sachsen-Anhalt wurde bis 1948 keine Landesmeisterschaft ausgespielt. Es gab lediglich Punktspiele in den einzelnen Klassen auf regionaler Ebene. 1949 stieg Zeitz in die Landesklasse Sachsen-Anhalt auf, doch noch vor Abschluss der Saison 1949/50 wanderte Kaiser den Verlauf der Weißen Elster sudlich und wechselte Anfang 1950 nach
Gera
in das ostliche Thuringen um in der neu gegrundeten
Oberliga
, der nun hochsten Spielklasse in Ostdeutschland spielen zu konnen.
Am 19. Februar 1950 bestritt Manfred Kaiser in Dessau fur die damalige
BSG Gera-Sud
sein erstes Spiel in der
Oberliga
. Die Umstellung von dem wochentlich zweimaligen Training in Zeitz auf das viermalige in Gera machten ihm am Anfang zu schaffen. Auf Grund seiner Schnelligkeit und technischen Veranlagung fand er sich dann aber bald zurecht. In der zweiten Saison in Gera gelang mit Mithilfe von Trainer
Erich Dietel
der Durchbruch zum Stammspieler auf der Rechtsaußen-Position. Kaiser absolvierte 32 Spiele und erzielte dabei sieben Treffer. Am 27. Mai 1951 spielte er zum ersten Mal in der Thuringer Landesauswahl beim 2:2 in Erfurt gegen Sachsen. Es reichte mit Gera aber nie zu vorderen Platzierungen. In der dritten Oberligarunde mit Gera ? 1951/52: 14. Rang in der Abschlusstabelle ? erlebte er Zuschauerausschreitungen gegen den Schiedsrichter nach dem Spiel gegen
Wismut Aue
am 21. Oktober 1951 die zu einer Platzsperre fuhrte. Im vierten Jahr erfolgte der Abstieg. Da der Abstieg von Gera fruhzeitig feststand, wollte der Bezirk Gera wenigstens der anderen Mannschaft (
Jena
) die Oberligazugehorigkeit sichern und Manfred Kaiser sollte zur Verstarkung nach Jena gehen. Er trainierte bereits in Jena mit, der
Deutsche Sportausschuß
erteilte jedoch keine Wechselfreigabe und deshalb spielte Kaiser ab Marz 1953 wieder fur Gera. Durch diese indirekte ?Zwangspause“ kam er in dieser Runde nur zu 23 Spielen mit vier Toren. In der Zweitklassigkeit reichte es 1953/54 hinter
Chemie Chemnitz
zu Platz zwei, damit war das Aufstiegsziel knapp verpasst. Nach 14 Einsatzen mit 13 Toren wurde Manfred Kaiser wahrend der Saison 1954/55 im Januar 1955 zusammen mit
Bringfried Muller
und Horst Freitag zum
SC Wismut Karl-Marx-Stadt
nach
Aue
in das westliche Erzgebirge in das Loßnitztal delegiert. Vorausgegangen waren mehrere internationale Freundschaftsspiele in der Wismut-Elf und die beharrliche Bearbeitung von Seiten der Funktionare. Seinen Wohnsitz beließ ?Manni“ Kaiser in Gera und nahm die Fahrten zum Training und den Spielen in das
Erzgebirge
auf sich.
Mit dem SC Wismut errang Kaiser innerhalb weniger Monate zunachst die DDR-Vizemeisterschaft hinter
SC Turbine Erfurt
und nach einem 3:2-Erfolg nach Verlangerung am 19. Juni 1955 in Leipzig gegen
SC Empor Rostock
(mit einem Treffer von Kaiser) den
DDR-Fußballpokal (FDGB-Pokal)
. Aue war 1951 in die DDR-Oberliga aufgestiegen und hatte bereits 1953 die Vizemeisterschaft hinter der
SG Dynamo Dresden
errungen. Das Team von Trainer
Karl Dittes
(2. November 1952 bis 24. Mai 1955) war auf dem Weg, sich zu einer Spitzenmannschaft zu entwickeln. Spatestens nach den Zugangen aus Gera hatte man mit dem Bruderpaar
Karl
und
Siegfried Wolf
,
Willy Troger
,
Armin Gunther
,
Erhard Bauer
(Kapitan von 1954 bis 1959) und
Klaus Thiele
ein Gerust von herausragenden Konnern zur Verfugung. Die Starken von Manfred Kaiser, die Schnelligkeit und Technik, das taktische Verhalten und fruhzeitige Erkennen der Spielsituation sowie sein Direktspiel, seine langen Passe und das Einsetzen der Mitspieler, konnte sich in diesem Rahmen leistungsfordernd entwickeln und zur wahren Konnerschaft ausreifen. Es folgten in der
Ubergangsrunde 1955
der erste Platz und die drei Meisterschaften
1956
,
1957
und
1959
. Beim dritten Titelgewinn wirkte
Dieter Erler
mit, der ebenfalls aus Gera nach Aue gewechselt war und damals als das großte Talent im DDR-Fußball galt.
Ein großer Auftritt mit der ?Kumpel-Elf“ fand am 6. Oktober 1956 im deutsch-deutschen Meisterduell vor uber 100.000 Zuschauern in Leipzig gegen den
1. FC Kaiserslautern
statt. Bei der 3:5-Niederlage erzielte
Fritz Walter
mit der Hacke das ?Jahrhundert-Tor“. Ab 1957 erlebte ?Manni“ Kaiser die sportlichen Herausforderungen im
Europapokal der Landesmeister
. Mit Aue spielte er ab
1957/58
gegen
Gwardia Warschau
,
Ajax Amsterdam
,
Young Boys Bern
,
IFK Goteborg
und
Rapid Wien
. Im heimischen
Otto-Grotewohl-Stadion
konnte sich die Bilanz mit 9:3 Punkten und 14:6 Toren aus sechs Heimspielen sehen lassen. War man im ersten Jahr im Europa-Cup im Achtelfinale gegen Ajax Amsterdam ausgeschieden, konnte man in der Runde
1958/59
den rumanischen und schwedischen Meister in die Knie zwingen und scheiterte erst im dritten Spiel an Young Boys Bern. Im Wettbewerb
1960/61
unterlag der SC Wismut wieder in einem dritten Spiel dem osterreichischen Meister Rapid Wien. ?Manni“ Kaiser bestritt alle 16 Spiele im Europa-Cup der Meister in den drei Runden 1958, 1959 und 1961 fur die Mannschaft aus dem Erzgebirge.
Personlich hielt der im Jahre 1958 in die Außenlauferposition gewechselte Mittelfeldspieler die Europa-Cup-Spiele sehr wertvoll fur seine personliche Entwicklung. Mit 36 Jahren bestritt er 1964/65 seine letzte Oberligarunde fur seine Mannschaft, die infolge der Auflosung des SC Wismut Karl-Marx-Stadt seit 1963 der BSG Wismut Aue angegliedert war. Der Ex-Meister landete auf dem neunten Tabellenplatz und der Routinier hatte nochmals 22 Spiele fur seine Mannschaft absolviert. Sein letztes Oberliga-Spiel war das Heimspiel am 30. Mai 1965 gegen Lokomotive Stendal. Nach 349 Spielen und 36 Toren beendete er seine Karriere in der DDR-Oberliga. In der zweitklassigen DDR-Liga der Jahre 1954 und 1955 kamen noch 38 Spiele mit 19 Toren hinzu.
[2]
Schon als Spieler von Wismut Gera hatte Manfred Kaiser im Oktober 1954 ein Spiel mit der B-Nationalmannschaft bestritten. Nach einem weiteren B-Landerspiel im September 1955 wurde Manfred Kaiser am 20. November 1955 in Berlin, beim 1:0-Erfolg gegen
Bulgarien
in der 46. Minute fur
Horst Assmy
auf Rechtsaußen erstmals in der
A-Nationalmannschaft
von Trainer
Janos Gyarmati
zum Einsatz gebracht. Der erste Hohepunkt in der Nationalmannschaft waren die WM-Qualifikationsspiele 1957 gegen Wales und die Tschechoslowakei. So gut wie der Beginn am 19. Mai mit dem 2:1-Erfolg gegen Wales in Leipzig vor mehr als 100.000 Zuschauer im Zentralstadion sich anließ, so negativ gingen die weiteren Spiele aus. Es folgten drei Niederlagen und damit war die Qualifikation zur
Fußball-Weltmeisterschaft 1958
in Schweden verspielt. Schlimmere Folgen fur ?Manni“ Kaiser hatte die 0:2-Niederlage am 21. Juni 1959 in Berlin in der EM-Qualifikation gegen Portugal. Nach dem verlorenen Spiel wurden Assmy, Meyer, Wirth und Kaiser wegen ?ungenugender kampferischer Leistungen“ aus der Mannschaft genommen. Fur den Mann aus Zeitz folgten zwei Jahre Pause in Nationalmannschaft. Fritz Godicke war vom 1. Mai 1958 bis 30. Oktober 1960 der verantwortliche Trainer der DDR-Nationalmannschaft; fur ein halbes Jahr folgte Heinz Krugel bis zum 16. April 1961 nach. Nicht nur fur Manfred Kaiser selbst, war seine langfristige Auswahlabstinenz sportlich nicht gerechtfertigt. Der ungarische Fußballfachmann
Karoly Sos
holte bei seinem ersten verantwortlichen Spiel am 14. Mai 1961 in der WM-Qualifikation in Leipzig gegen die Niederlande den 32-jahrigen Mittelfeldspieler in die Auswahl zuruck. Er spielte rechter Laufer und bestimmte mit Dieter Erler und Gunter Schroter auf der Halbsturmerposition das Spiel der Auswahl beim 1:1-Unentschieden. Im Jahre der
Fußball-Weltmeisterschaft 1962
in Chile beeindruckten die Freundschaftsspiele gegen die UdSSR und Jugoslawien. Zwar verlor man gegen beide Nationalmannschaften, in Moskau 1:2 und in Belgrad 1:3, aber das Kraftemessen mit Jaschin, Woronin, Netto, Tschislenko und Metreweli (Sowjetunion) sowie mit Soskic, Durkovic, Jusufi, Sekularac, Jerkovic, Galic und Skoblar (Jugoslawien) ragte doch weit uber Begegnungen mit Gegnern aus der zweiten Reihe heraus. Bei den EM-Qualifikationsspielen 1963 gegen die Tschechoslowakei (WM-Vize 1962) und Ungarn setzte sich Kaiser mit Masopust, Scherer, Albert und Bene auseinander. Zu den Hohepunkten muss aber auch das 51. Spiel der DDR-Auswahl am 2. Juni 1963 gegen England in Leipzig vor 90.000 Zuschauern gezahlt werden. Bei den Englandern waren bei deren knappen 2:1-Erfolg nach Toren von Hunt und Bobby Charlton mit Banks, Wilson, Moore, Hunt und dem bereits erwahnten Bobby Charlton schon funf Mitglieder der Weltmeisterelf von 1966 im Einsatz. Mit 35 Jahren, am 23. Februar 1964, beim Freundschaftsspiel in Accra gegen Ghana, beendete Manfred ?Manni“ Kaiser nach 31 Landerspielen seine Karriere in der Nationalmannschaft der DDR.
[3]
Nachdem Kaiser bereits in seiner aktiven Laufbahn zum Industriekaufmann ausgebildet worden war, absolvierte er noch als Spieler in Aue von 1961 bis 1965 bei der Leipziger
Sporthochschule DHfK
ein Trainerstudium. So konnte er nach seiner aktiven Zeit mit Beginn der Saison 1965/66 bis 1971 als Trainer bei Wismut Gera arbeiten. Anschließend war er unter
Siegfried Vollrath
und
Gerhard Baßler
Assistenztrainer beim FC Rot-Weiß Erfurt. Von 1975 bis 1977 trainierte er die DDR-Ligamannschaft von
BSG Chemie Zeitz
, danach war er bei Motor Hermsdorf, Chemie Bad Kostritz und zuletzt von 1986 bis 1993 bei der BSG Stahl / SV Elstertal Silbitz tatig.
Anfang Februar 1956 nahm Kaiser vom Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats,
Walter Ulbricht
, die staatliche Auszeichnung
Meister des Sports
entgegen und war somit einer von sechs Fußballspielern der DDR, die an jenem Tag diese Ehrung erhielten.
[4]
Manfred Kaiser wurde 1963 erster
Fußballer des Jahres
im
DFV
-Bereich. In der gleichen Saison wurde Kaiser von den DDR-Oberligatrainern zum besten
?Linker Laufer“
(Mittelfeld) gewahlt. In einer reprasentativen Umfrage ermittelte
Die neue Fußball-Woche
im Jahr 1989 die ?Superelf DDR 40“. Fur das Mittelfeld wurden ausgewahlt:
Gunter Schroter
,
Dieter Erler
,
Jurgen Noldner
und Manfred Kaiser.
Manfred Kaiser wurde nach fast 60-jahriger Ehe zwei Jahre vor seinem Tod Witwer. Aus der Ehe gingen zwei Sohne hervor; der altere Sohn
Matthias Kaiser
wurde ebenfalls Fußballspieler bei Carl Zeiss Jena und Wismut Gera. In seinen letzten Lebensjahren lebte Kaiser bei seinem jungeren Sohn in
Scheidegg
im bayerischen Allgau.
Dieter Erler antwortete auf die Frage nach seinem DDR-Fußballer aller Zeiten:
?Manni Kaiser. Ein Techniker und Stratege. Ein Genuss seine langen linearen Passe. Außerdem hatte er die Gabe, sich punktgenau auf einen Hohepunkt vorzubereiten. So habe ich ihn in gemeinsamer Zeit bei Wismut Aue und in der Auswahl bestaunt.“
[5]
- LIBERO
, Nr. D 10, 1995 und Nr. D 15, 1998,
IFFHS
.
- Michael Horn,
Gottfried Weise
:
Das große Lexikon des DDR-Fußballs.
Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004,
ISBN 3-89602-536-8
.
- Holger Joel (Hrsg.), Ernst Christian Schutt:
Chronik des deutschen Fußballs. Die Spiele der Nationalmannschaften von 1908 bis heute.
Chronik Verlag, Gutersloh 2005,
ISBN 3-577-16409-3
.
- Hardy Grune
:
Vom Kronprinzen bis zur Bundesliga
. In:
Enzyklopadie des deutschen Ligafußballs
.
Band
1
. AGON, Kassel 1996,
ISBN 3-928562-85-1
.
- Andreas Baingo
, Michael Horn:
Die Geschichte der DDR-Oberliga.
2. Auflage. Verlag Die Werkstatt, Gottingen 2004,
ISBN 3-89533-428-6
.
- Lorenz Knieriem,
Hardy Grune
:
Spielerlexikon 1890?1963
. In:
Enzyklopadie des deutschen Ligafußballs
.
Band
8
. AGON, Kassel 2006,
ISBN 3-89784-148-7
,
S.
180
.
- Hanns Leske
:
Die DDR-Oberligaspieler. Ein Lexikon.
AGON Sportverlag, Kassel 2014,
ISBN 978-3-89784-392-9
, S. 221?222.
- Gesprach mit Manfred Kaiser im November 2006
- ↑
Manfred ?Manni“ Kaiser gestorben
.
Website des 1. FC Zeitz, 15. Februar 2017, abgerufen 17. Februar 2017.
- ↑
Matthias Arnhold:
Manfred Kaiser - Matches and Goals in Oberliga.
RSSSF.org
, 3. Marz 2017,
abgerufen am 29. Marz 2023
(englisch).
- ↑
Matthias Arnhold:
Manfred Kaiser - Matches and Goals in Oberliga.
RSSSF.org
, 2. Marz 2017,
abgerufen am 29. Marz 2023
(englisch).
- ↑
Fußballer konnen stolz sein auf ihre Meister
. In:
Die neue Fußballwoche
(Fuwo)
.
Nr.
6
, 7. Februar 1956,
S.
1, 8
.
- ↑
Das große Lexikon des DDR-Fußballs, S. 22.