Mandschu

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Ein Mandschu in traditioneller Kleidung

Die Mandschu ( mandschurisch ᠮᠠᠨᠵᡠ Manju ; chinesisch   滿洲族  /  ?洲族 , Pinyin M?nzh?uzu , meist kurz: 滿族  /  ?族 , M?nzu ), auch Mandschuren ( 滿族人  /  ?族人 , M?nzuren ) sind ein tungusisches Volk in der Mandschurei im Nordosten Chinas . 2010 waren sie nach den Zhuang und den Hui-Chinesen die drittgroßte der 55 anerkannten ethnischen Minderheiten Chinas . Von den gut 10 Millionen Angehorigen der Gruppe sprechen die meisten heute Chinesisch im jeweiligen Dialekt ihres Wohnorts, also vor allem den Nordostdialekt . Nur noch einige Dutzend Menschen beherrschen die mandschurische Sprache (Mandschu) als Muttersprache. Mehrere tausend Menschen beherrschen Mandschu jedoch flussig als Zweitsprache. [1] Das verwandte Xibenisch , das im autonomen Kreis Qapqal der Xibe in Xinjiang gesprochen wird, ist jedoch tatsachlich ein Dialekt des Mandschurischen.

Seit 1980 erlebt die Sprache und Kultur der Mandschu eine Revitalisierung und wird von der lokalen Regierung gefordert. Soziale Veranstaltungen, Zeremonien und Sprachunterrichte zur Forderung der Mandschu-Kultur erfreuen sich großer Beliebtheit bei ethnischen Mandschu, aber auch bei Han . [2] [3]

Demographie und Autonomie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bei der Volkszahlung im Jahre 2010 wurden 10.387.958 Mandschu gezahlt. Ihre Bevolkerung verteilte sich (nach den 1990er Daten) folgendermaßen: 50,43 % der Mandschu leben in Liaoning , 17,6 % in Hebei , 12,06 % in Heilongjiang , 10,67 % in Jilin , 4,65 % im autonomen Gebiet Innere Mongolei und 1,68 % in Peking .

  • In der Provinz Liaoning betragt der Anteil der Mandschu 13 % der Bevolkerung, die fur sie eingerichteten sechs autonomen Kreise ( Benxi , Huanren , Kuandian , Qingyuan , Xinbin und Xiuyan ) umfassen uber 17 % der Flache dieser Provinz.
  • In der Provinz Hebei betragt der Anteil der Mandschu 3,2 % der Bevolkerung, ihre vier autonomen Kreise ( Fengning , Kuancheng , Qinglong und Weichang ) machen 12,3 % der Provinzflache aus.
  • In der Provinz Jilin betragt der Anteil der Mandschu 4 %, ihr autonomer Kreis Yitong macht 1,3 % der Flache aus.
  • In der Provinz Heilongjiang machen die Mandschu knapp 3 % der Bevolkerung aus und verfugen uber keinen autonomen Kreis; allerdings gibt es zahlreiche Nationalitatengemeinden der Mandschu, so z. B. Sijiazi , Nongfeng und Kunhe .

Herkunft [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Mandschu stammen von dem tungusischen Volk der Jurchen ab, die ihre Heimat in der nordlichen Mandschurei hatten und im 12. Jahrhundert ganz Nordostchina eroberten. [4] [5] Der Name ?Mandschu“ wurde 1635 offiziell von Huang Taiji ( 皇太? ), der den Jianzhou-Jurchen angehorte, eingefuhrt. Er durfte allerdings schon ab 1605 benutzt worden sein. Nurhacis Sohn Huang Taiji entschied sich, den Namen ?Mandschu“ zu verwenden, und verbot die Benutzung des Namens ?Jurchen“. Die ursprungliche Bedeutung des Begriffes steht zwar nicht fest, es wird jedoch vermutet, dass es ein altes Wort fur die Jianzhou-Jurchen war. Nach einer anderen Theorie stammt der Begriff von dem Bodhisattva Manjusri (das ?Bodhisattva der Weisheit“), dessen Menschwerdung Nurhaci zu sein behauptete. Vor dem 17. Jahrhundert waren die Vorfahren der Mandschu ein landliches Volk, das sich durch Jagen, Fischerei und teilweise Landwirtschaft ernahrte.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein Mandschu in traditioneller Kriegerpose

Spate Jin-Dynastie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Jahre 1616 errichtete der Mandschu-Anfuhrer Nurhaci die Spate Jin-Dynastie und den Staat Amaga Aisin Gurun , oder kurz Manju Gurun (?Staat der Mandschu“) und vereinigte die Mandschu-Stamme. Auf diese Zeit geht auch die Schaffung des Militarsystems der Acht Banner zuruck. Nach dem Tod Nurhacis 1626 anderte sein Sohn Huang Taiji den Namen der Dynastie in Qing .

Qing-Dynastie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Adlige Mandschu-Damen um 1900

Als Li Zicheng 1644 Peking eroberte, griff die Qing-Armee das chinesische Gebiet jenseits der Großen Mauer an und machte Peking nach Mukden (seit der Zeit der Streitenden Reiche eine chinesische Stadt) zur neuen Hauptstadt. Sie eroberten binnen weniger Jahre das gesamte Territorium der Ming-Dynastie.

In der Qing-Dynastie wurden alle wichtigen Amter des Reiches mit jeweils einem Han - und mandschurischen Mitglied besetzt, wodurch ein recht großer Anteil der Mandschu, deren Anzahl insgesamt vergleichsweise gering war, Regierungsbeamte waren.

Assimilierung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wahrend der Qing-Dynastie versuchte die Regierung, die mandschurische Kultur und Sprache zu erhalten. Diese Versuche waren langfristig nicht sehr erfolgreich, weil sich die Mandschu immer mehr den Brauchen der Han anpassten und auch deren Sprache nach und nach ubernahmen. Bereits im 18. Jahrhundert wurde selbst am Kaiserhof nur noch selten Mandschurisch gesprochen. In den 1880er Jahren berichtete der Sprachforscher Paul Georg von Mollendorff , die Sprache sei am Hof mundlich nur noch als feststehende Kommandos bei Zeremonien in Gebrauch. Die Mandschurische Schrift wurde aber bis zum Zerfall der Dynastie neben dem Chinesischen weiterhin als Schriftsprache fur offizielle Dokumente und die Kommunikation zwischen dem Kaiser und den Banneroffizieren verwendet.

Auf der anderen Seite hat auch die mandschurische die Han-Kultur in großem Ausmaß beeinflusst. Große Gruppen von Han, die so genannten Han-Bannerleute , wurden in einem gegenlaufigen Prozess seit dem 17. Jahrhundert mandschurisiert. Viele Dinge, die heute als typisch fur die nordchinesische Kultur angesehen werden, sind tatsachlich mandschurischen Ursprungs und Ergebnis einer umgekehrten Assimilierung.

Obwohl sich die Mandschu an die Han-Kultur assimilierten und sich selbst immer als Chinesen im Sinne von Angehorigen des Reiches der Mitte begriffen, wurden sie gegen Ende der Qing-Dynastie von chinesischen Nationalisten als auslandische Kolonialmacht dargestellt. Diese Darstellung verschwand aber schnell, weil das neue republikanische China nach der Revolution von 1911 die Mandschu in eine neue, republikanische nationale Identitat hineinkonstruierte.

Mandschukuo [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1931 errichteten die Japaner im Nordosten Chinas einen als Mandschukuo ( ?洲? , M?nzh?uguo , jap. まんしゅうこく , ?州? Mansh?koku ) bezeichneten Marionettenstaat . Zu dieser Zeit war das Gebiet bereits uberwiegend von Han bewohnt und selbst unter den Mandschu konnte dieses Projekt nicht viel Interesse erwecken.

Vermutlich wurde ein ?mandschurischer“ Staat nur deswegen errichtet, um eine Sezession zu rechtfertigen und damit nicht nur China, sondern auch den seit 1890 starken Einfluss Russlands in der Region weiter zu schwachen und eine Invasion Chinas vorzubereiten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Territorium wieder ein Teil Chinas.

Kultur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wahrend die meisten (nordlichen) tungusischen Volker ein nomadisches Leben fuhrten, betrieben die sudlichen Tungusen vorwiegend Landwirtschaft . Die antiken Mandschu lebten hauptsachlich in Dorfern und Stadten und praktizierten sowohl Landwirtschaft als auch die Jagd . [6] [7]

Sport [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Eislaufen ( ?????? ????? ???? , nisume efire efin ) gilt als traditionelle Sportart der Mandschu. [8] Wahrend der Qing-Dynastie galt das Eislaufen auch als Kriegskunst. Das Acht Banner Eislauf Bataillon" ( 八旗?鞋? ) bestand aus 1600 Eislauf-Bogenschutzen. [8]

Als traditionelle Sportarten gelten das Reiten , das Bogenschießen und das Eislaufen . Die Beizjagd spielte ebenfalls eine große Rolle. [9]

Religion [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ursprunglich folgten die Mandschu und ihre Vorfahren einer animistischen Religion des klassisch sibirischen Schamanismus mit einer Vielzahl an Gottern und Geistern, welche als Enduri bezeichnet werden. [10] Viele dieser Gotter waren einst menschliche Vorfahren, die sich durch besondere Leistungen oder Fahigkeiten auszeichneten oder aufgrund eines ausgepragten Ahnenkults verehrte Personen. [11] Nach der Eroberung von China im 17. Jahrhundert kamen die Mandschu in Kontakt mit der chinesischen Kultur. Sie wurden stark von der chinesischen Volksreligion beeinflusst und behielten nur wenige schamanische Riten bei. Schamanen galten fruher als hochst respektable und weise Personen, verloren im Laufe der Geschichte aber diese hohe Stellung. [10]

Ethno-religioses Zeichen der Mandschu und deren Volksreligion. In stilisierter Schrift: ?????; Manju.

Die Jurchen ? die Vorfahren der Mandschus ? wurden bereits im 10.?13. Jahrhundert vom Buddhismus der Reiche Balhae , Goryeo , Liao und Song beeinflusst. Die Regenten der Qing-Dynastie wurden immer ?Buddha“ genannt. Allerdings wurde der Buddhismus von den Regierenden benutzt, um auf die Mongolen und Tibeter Macht auszuuben. Fur die gewohnlichen Mandschus war der Buddhismus in der Qing-Dynastie von geringer Bedeutung.

Bestattung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Traditionell praktizierten die Mandschu Feuerbestattung und erbauten Grabanlagen und Monumente. Jedoch kam auch die Erdbestattung vor. [12]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Brunhild Korner, geb. Lessing: Der Ahnenkult der Mandschu in Peking. In: Baessler-Archiv . Neue Folge. Bd. 3. Berlin 1955, S. 175?193.
  • Michela Lovadina: Manchu Shamanic material rediscovered: a photographic documentation from the 1932 Sven Hedin expedition . Mit Fotografien und deutschen Texten von Gosta Montell . Shamanica Manchurica collecta. Bd. 6. Harrassowitz, Wiesbaden 1998. ISBN 3-447-04022-X .
  • F?n Ji?ng ? 江帆 : ?族生??民俗文化 M?nzu sh?ngtai y? minsu wenhua (Okologie und Folklore in der Kultur der Mandschu). Verlag der Sozialwissenschaften Chinas ? 中?社?科?出版社 , Beijing ? 北京 2006. ISBN 7-5004-5725-1 .
  • Qizong Jin, Giovanni Stary (Einl. u. Ubers.), Hartmut Walravens (Hrsg.): Geschichte und Leben der Mandschu. C. Bell, Hamburg 1984. ISBN 3-923308-23-X .
  • Qicong Jin: 金???北京的?族 (Jin Qicong spricht uber Mandschuren in Beijing). In: Zhonghua Book Company 2009. ISBN 7-101-06856-1 .
  • Xiaomeng Liu: ?代八旗子弟 (The Bannermen in Qing Dynasty) In: Liaoning Nationality Publishing House. ISBN 978-7-80722-563-8 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Mandschu  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. 人民大???培?班重新?? 缺?室是最大?? ? 中新? . In: chinanews.com. Abgerufen am 10. Dezember 2019 (chinesisch).
  2. 《?族?史》??? ? : ?族?史 (=  中?少?民族?史??(修?本) ). 民族出版社 , 2009, ISBN 978-7-105-08725-9 (chinesisch, douban.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  3. Eras Journal ? Tighe, J: Review of "The Manchus", Pamela Kyle Crossley. Pamela Kyle Crossley, The Manchus, Blackwell Publishing, Oxford, 1997 (paperback edition 2002) ? ISBN 1-55786-560-4 . In: arts.monash.edu.au. Arts Department, Monash University , 3. Marz 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 3. Marz 2011 ; abgerufen am 5. Juli 2023 (australisches Englisch).
  4. ?洲??史?? (=  孟森著作集 ). 中??局 , 2006, ISBN 978-7-101-05030-1 (chinesisch, douban.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  5. 竹??年校正.十四卷.光?五年刻本在???_??共享?料 . In: ishare.iask. sina.com .cn. Sina Corporation , abgerufen am 10. Dezember 2019 (chinesisch).
  6. Patricia Buckley Ebrey, Anne Walthall: East Asia: A Cultural, Social, and Political History . Cengage Learning, 2013, ISBN 978-1-285-52867-0 (englisch, google.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  7. Frederic E. Wakeman: The Great Enterprise: The Manchu Reconstruction of Imperial Order in Seventeenth-century China . University of California Press, 1985, ISBN 978-0-520-04804-1 (englisch, google.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  8. a b “?嬉”被乾隆定?“?俗” ??有八旗?鞋?(5)??中新? . In: chinanews.com. 20. Januar 2010, abgerufen am 10. Dezember 2019 (chinesisch).
  9. 本社 ? : ???(全60?) . 中??局 , 2008, ISBN 978-7-101-05626-6 (chinesisch, douban.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  10. a b Mark C. Elliott: The Manchu Way: The Eight Banners and Ethnic Identity in Late Imperial China . Stanford University Press, 2001, ISBN 978-0-8047-4684-7 (englisch, google.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  11. Xisha Ma, Huiying Meng: Popular Religion and Shamanism . BRILL, 2011, ISBN 978-90-04-17455-9 (englisch, google.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).
  12. Mark C. Elliott: The Manchu Way: The Eight Banners and Ethnic Identity in Late Imperial China . Stanford University Press, 2001, ISBN 978-0-8047-4684-7 , S.   264 (englisch, google.com [abgerufen am 10. Dezember 2019]).