Die
Mande-Sprachen
(kurz
Mande
genannt) bilden einen Primarzweig der
Niger-Kongo-Sprachen
.
Die etwa 60 Sprachen werden in den
westafrikanischen
Landern
Mali
,
Liberia
,
Elfenbeinkuste
,
Guinea-Bissau
,
Sierra Leone
,
Guinea
,
Senegal
,
Gambia
, im nordwestlichen und sudostlichen
Burkina Faso
und im Grenzgebiet von
Benin
und
Nigeria
von etwa 19 Millionen Menschen gesprochen.
Schon fruhzeitig haben Mande-Ethnien große Reiche in
Mali
und benachbarten Staaten gegrundet, so beherrschten die
Soninke
vom 8. bis 11. Jahrhundert das
Ghana-Reich
(innerhalb des heutigen Mali, das heutige
Ghana
hat außer seinem Namen keine Beziehung zu diesem Reich). Im 13. Jahrhundert grundeten die
Malinke
das
Reich Mali
(dessen Name von ?Malinke“ abgeleitet ist), die heutige
Verkehrs-
und Mehrheitssprache in Mali ist das
Bambara
, ebenfalls eine Mande-Sprache aus der Manding-Gruppe.
Die Mande-Sprachen haben sich ? wie die
kordofanischen
? ebenfalls relativ fruh von den ubrigen
Niger-Kongo-Sprachen
abgespalten und weisen etliche spezifische Merkmale auf, insbesondere besitzen sie keine
Nominalklassen
. Dennoch gilt ihre Zugehorigkeit zu den Niger-Kongo-Sprachen als gesichert, wenn auch Ahnlichkeiten mit dem heute als
nilosaharanisch
klassifizierten
Songhai
von mehreren Forschern festgestellt wurden. Als Gruppe verwandter Sprachen wurden die Mande-Sprachen bereits im 19. Jahrhundert identifiziert.
Sigismund Wilhelm Koelle
benutzte 1854 als erster den Namen ?Mandenga“ fur diese Gruppe, der auf einheimische Bezeichnungen zuruckgeht.
Mande zerfallt in zwei Hauptzweige, den großeren West-Mande-Zweig mit 16 Mio. Sprechern mit Manding-Sprachen als Kern und das Ost-Mande mit zusammen nur 2,5 Mio. Sprechern.
Die nach ihrer Sprecherzahl bedeutendsten Mande-Sprachen sind:
- Bambara
: 2,8 Millionen Muttersprachler, Verkehrssprache in Mali mit bis zu 10 Mio. Sprechern inklusive Zweitsprechern
- Dioula
(Jula): 1,5 Millionen Muttersprachler, 4 Mio. inklusive Zweitsprecher
- Maninka
: Ost-Maninka, 2 Millionen
- Mandinka
: Manding, Mandinga und Mandingo, 1,2 Millionen
Diese Sprachen gehoren alle dem Manding-Hauptzweig an. Weitere Millionensprachen des westlichen Mande sind:
Dan
(auch
Yakuba
): 1 Mio. Sprecher, gesprochen in der Elfenbeinkuste, ist die großte Sprache des ostlichen Mande-Zweigs.
Die folgende Klassifikation der Mande-Sprachen basiert auf Kastenholz (1996, West-Mande) und Dwyer (1989, 1996 Ost-Mande). Sie enthalt samtliche Sprachen der Gruppe mit ihrer Sprecherzahl (nach
Ethnologue
und dem unten angegebenen Weblink).
Klassifikation der Mande-Sprachen
- Mande
- West-Mande
- Zentral
- Jogo-Jeri:
Ligbi
(15 Tsd.), Jeri (weniger als 1 Tsd.)
- Manding-Vai
- Manding
- Ost
- Nordost
- Bambara
(Bamanankan) (2,8 Mio., S2 8 bis 10 Mio.),
Jula
(Dyula) (1,5 Mio., S2 4 Mio.),
Marka
(230 Tsd.)
- Sudost
- Maninka
(Ost-Maninka, Ost-Malinke) (2 Mio.); Wojenaka (120 Tsd.), Worodugu (80 Tsd.), Koro (40 Tsd.),
Koyaga (60 Tsd.), Mahou (Mauke) (170 Tsd.), Wasulu (Busch-Maninka) (15 Tsd.)
- Konyakan (130 Tsd.)
- Manya (70 Tsd.)
- West
- Mandinka
(Manding, Mandinga, Mandingo, Mandingue, Mandinque) (1,2 Mio.)
Malinke (West-Maninkakan, West-Malinke) (500 Tsd.)
Kita-Malinke (600 Tsd.),
Kasonke
(Xaasongaxango) (130 Tsd.), Kagoro (15 Tsd.)
- Bolon (20 Tsd.)
- Jahanka (15 Tsd.)
- Sininkere (10 Tsd.)
- Mokole: Kuranko (300 Tsd.), Lele (20 Tsd.), Mixifore (5 Tsd.), Kakabe (4 Tsd.)
- Kono-Vai:
Kono
(200 Tsd.),
Vai
(100 Tsd.)
- Susu-Yalunka:
Susu
(1 Mio.),
Yalunka
(Jalonke) (150 Tsd.)
- Sudwest
- Nordwest
- Soninke-Bobo:
Soninke
(1,1 Mio.),
Boso
(120 Tsd.);
Bobo Fing
(Bobo Madare) (230 Tsd.)
- Dzuun-Seeku: Duungoma (70 Tsd.), Dzungoo (15 Tsd.), Jowulu (10 Tsd.);
Seeku
, Bankagoma
- Ost-Mande
- Bissa-Samo
- Bissa
(500 Tsd.)
- Busa:
Boko
(110 Tsd.), Bokobaru (30 Tsd.),
Busa
(20 Tsd.), Tyenga (5 Tsd.), Shanga (10 Tsd.)
- Samo
(230 Tsd.)
- Sudost
- Guro-Dan:
Guro
(Kweni) (330 Tsd.), Mano (250 Tsd.);
Dan
(Yakuba, Gio) (1 Mio.)
- Nwa-Beng: Beng (20 Tsd.), Gagu (35 Tsd.); Mwan (Muan) (20 Tsd.), Wan (Nwa) (20 Tsd.)
Die Mande-Sprachen besitzen keine
Nominalklassen
wie die meisten anderen
Niger-Kongo-Sprachen
, weswegen ihre Zugehorigkeit zum Niger-Kongo haufiger in Frage gestellt wurde. Die Sprachen der Sudwestgruppe haben einen morphologisch konditionierten
konsonantischen
Anlautwechsel
. Fast alle Mande-Sprachen sind
Tonsprachen
mit bis zu funf Tonebenen. Es gibt
freie
und
gebundene
Nomina
, letztere werden grundsatzlich von einem Nomen oder
Pronomen
begleitet; dazu gehoren die Verwandtschaftsbezeichnungen und Namen von Korperteilen (also grundsatzlich ?meine, deine ... Hand“, aber nicht ?die Hand“).
Die folgenden
Wortgleichungen
zeigen die Nahe der Verwandtschaft der West-Mande-Sprachen. Sie stammen aus Dwyer 1989.
Sprache
|
Kopf
|
Mond
|
Vogel
|
Hacke
|
Bogen
|
gesund
|
Bambara
|
ku(n)
|
kalo
|
kono
|
.
|
kala
|
k?n?
|
Mandinka
|
kun
|
karu
|
kono
|
.
|
kala
|
k?nd?
|
Wasulu
|
kun
|
katu
|
.
|
.
|
.
|
.
|
Vai
|
wu
|
karo
|
konde
|
kali
|
kara
|
k?n?
|
Kpelle
|
wu(n)
|
galong
|
ngweni
|
kaali
|
kelan
|
k?n?
|
Mende
|
wu
|
yalu
|
nwani
|
kali
|
kala
|
k?n?
|
Susu
|
xuni
|
.
|
xoni
|
keri
|
xali
|
.
|
Einige Mandevolker in Sierra Leone und Liberia haben eine eigene
Silbenschrift
entwickelt, zunachst die
Vai
(die
Vai-Schrift
wurde bereits 1849 von S. W. Koelle entdeckt), spater auch die
Mende
mit der
Mende-Schrift
,
Loma
und
Kpelle
(
Kpelle-Schrift
). Eine Neuererfindung eines alphabetischen Zeichensatzes ist die sogenannte
N’Ko
-Schrift (1949), die z. B. fur das
Bambara
benutzt werden kann. N’Ko erfahrt eine zunehmend großere Verbreitung, zahlreiche Stichworte in der Bambara-Wikipedia werden in der N’Ko-Umschrift angezeigt, es existiert ein Unicode-Zeichensatz, in Guinea und Mali bestehen schon seit vielen Jahren Schulen, in denen N’Ko gelehrt wird.
- Joseph Greenberg:
The Languages of Africa.
Mouton, The Hague and Indiana University Center, Bloomington 1963.
- Bernd Heine und andere (Hrsg.):
Die Sprachen Afrikas.
Buske, Hamburg 1981.
- Bernd Heine und Derek Nurse (Hrsg.):
African Languages. An Introduction.
Cambridge University Press 2000.
- John Bendor-Samuel (Hrsg.):
The Niger-Congo Languages: A Classification and Description of Africa's Largest Language Family.
University Press of America, Lanham, New York, London 1989.
Darin: David J. Dwyer:
Mande.
- Dianne White Oyler:
Mande identity through literacy, the N'ko writing system as an agent of cultural nationalism.
African Studies Association, Toronto 1994.
- Souleymane Kante:
Methode pratique d’ecriture n’ko.
Kankan (Guinea) 1995 (Ersterscheinung 1961).
- Valentin F. Vydrine:
Souleymane Kante, un philosophe-innovateur traditionnaliste maninka vu a travers ses ecrits en nko.
Mande Studies Nr. 3, 2001, S. 99?131.