Ludwig Falkenstein
(*
6. April
1933
in
Aachen
; †
29. November
2015
) war ein deutscher
Historiker
und
Diplomatiker
.
Ludwig Falkenstein besuchte ab 1939 in Aachen die Grundschule und dann das
Kaiser-Karls-Gymnasium
. Falkenstein studierte an den Universitaten
Bonn
,
Munchen
,
Innsbruck
und
Koln
. In Munchen gehorte
Bernhard Bischoff
zu seinen akademischen Lehrern. In Rom arbeitete Falkenstein mit Hilfe eines dreijahrigen Stipendiums der
Deutschen Forschungsgemeinschaft
an dem von
Kassius Hallinger
geleiteten Unternehmen
Corpus Consuetudinum Monasticum
. Dabei konnte der erste Band
Initia consuetudinis Benedictinae
1963 erscheinen. An der
Universitat zu Koln
wurde er 1964
promoviert
. In seiner
Habilitation
arbeitete er uber die Reimser Briefsammlung um 1170. Falkenstein lehrte von 1965 bis 1998 an der
Rheinisch-Westfalischen Technischen Hochschule Aachen
. Er leistete Aufbauhilfe beim Historischen Institut, vor allem der Bibliothek.
Falkensteins Forschungsschwerpunkt war die mittelalterliche Geschichte Aachens. In seiner von
Theodor Schieffer
betreuten Dissertation befasste er sich mit der Ubertragung des Namens ?
Lateran
“ auf ein Gebaude oder einen Gebaudekomplex der
karolingischen
Pfalz zu Aachen
.
[1]
Die Namensubertragung spielt fur die Frage nach der Ubernahme romischer Tradition durch
Karl den Großen
eine Rolle. Die altere kunsthistorische Forschung zog aus der Namensgleichheit die Schlussfolgerung, dass der Aachener Lateran nach romischem Vorbild gebaut sein musse. Nach Falkenstein zeigten jedoch weder die schriftlichen Quellen noch die archaologischen Befunde, ?daß die Aachener Pfalz als ganze den Namen ,Lateran‘ getragen habe und als eine wie immer auch aufzufassende Nachahmung des romischen Patriarchiums zu verstehen sei“.
[2]
Vielmehr kommt Falkenstein zu dem Ergebnis, dass unter dem Aachener Lateran ein Gebaude zu verstehen ist, ?das der Palastkirche als Secretarium diente und sich ihr daher eng angeschlossen haben muß. Als Secretarium hatte es die Funktion einer
Sakristei
und diente zum Aufbewahren des Kirchenschatzes, bot aber auch großeren kirchlichen Versammlungen Raum“.
[3]
Er veroffentlichte eine Arbeit uber Karl den Großen und die Entstehung des
Aachener Marienstiftes
(1981) sowie uber
Otto III.
und Aachen (1998). Außerdem verfasste er Spezialstudien etwa zur Aachener Pfalz und zum
Vicus
Aachen in der Karolingerzeit.
[4]
Falkenstein galt als einer der besten Kenner mittelalterlicher Papsturkunden und des
kanonischen Rechts
. Er arbeitete fur die Gallia Pontificia (Papsturkunden in Frankreich), ein Forschungsprojekt zur Erschließung der ausgestellten fruh- und hochmittelalterlichen Papsturkunden, an den Banden fur die
Diozesen Reims
und
Chalons-en-Champagne
. Mit seinen Forschungen uber die Interaktion der Institutionen der Kirchenprovinz Reims mit dem Papsttum fand er rege Beachtung in der Geschichtswissenschaft. Zahlreiche Untersuchungen widmete er Papst
Alexander III.
[5]
Falkenstein war Mitglied der
Gesellschaft fur Rheinische Geschichtskunde
und seit 1993 auswartiges korrespondierendes Mitglied der
Societe des antiquaires de France
. Dabei hielt er 2003 vor der Societe des antiquaires de France einen Vortrag uber den
Reimser Erzbischof
Wilhelm von Blois
.
[6]
Am 18. November 2016 fand in Aachen mit der Tagung
Aachen, Frankreich und das Papsttum
organisiert von der RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Historischen Institut in Paris
ein Gedenkkolloquium zu Ehren von Ludwig Falkenstein statt.
Ein Schriftenverzeichnis erschien in:
Lotte Kery
,
Dietrich Lohrmann
,
Harald Muller
(Hrsg.):
Licet preter solitum. Ludwig Falkenstein zum 65. Geburtstag.
Shaker, Aachen 1998,
ISBN 3-8265-3636-3
, S. 287?292.
Ein Schriftenverzeichnis nach 1998 erschien in
Jean-Loup Lemaitre
:
Ludwig Falkenstein (1933?2015).
In:
Francia
, Bd. 43 (2016), S. 469?473, hier: S. 471?473.
- Otto III. und Aachen
(=
Monumenta Germaniae historica.
Bd. 22). Hahn, Hannover 1998,
ISBN 3-7752-5722-5
.
- Karl der Große und die Entstehung des Aachener Marienstiftes
(=
Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte.
N.F., Bd. 3). Schoningh, Paderborn 1981,
ISBN 3-506-73253-6
(
Digitalisat
).
- Der ?Lateran“ der karolingischen Pfalz zu Aachen
(=
Kolner historische Abhandlungen.
Bd. 13). Bohlau, Koln u. a. 1966 (Zugleich Koln, Dissertation 1964).
- Jean-Loup Lemaitre:
Ludwig Falkenstein (1933?2015).
In:
Francia
, Bd. 43 (2016), S. 469?473 (
online
).
- Lotte Kery, Dietrich Lohrmann, Harald Muller (Hrsg.):
Licet preter solitum. Ludwig Falkenstein zum 65. Geburtstag.
Shaker, Aachen 1998,
ISBN 3-8265-3636-3
.
- ↑
Vgl. dazu die Besprechung von Nikolaus Grass in:
Zeitschrift der Savigny-Stiftung fur Rechtsgeschichte
, Kanonistische Abteilung
55, 1961, S. 531?532.
- ↑
Ludwig Falkenstein:
Der ?Lateran“ der karolingischen Pfalz zu Aachen.
Koln u. a. 1966, S. 85.
- ↑
Ludwig Falkenstein:
Der ?Lateran“ der karolingischen Pfalz zu Aachen.
Koln u. a. 1966, S. 139.
- ↑
Ludwig Falkenstein:
Pfalz und ?vicus“ Aachen.
In:
Caspar Ehlers
(Hrsg.):
Orte der Herrschaft. Mittelalterliche Konigspfalzen.
Gottingen 2002, S. 131?181.
- ↑
Ludwig Falkenstein:
Alexander III. und der Streit um die Doppelwahl in Chalons-sur-Marne (1162?1164).
In:
Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters
.
Bd. 32 (1976), S. 444?494 (
Digitalisat
); Ludwig Falkenstein:
Alexander III. und die Abtei Corbie. Ein Beitrag zum Gewohnheitsrecht exemter Kirchen im 12. Jahrhundert.
In:
Archivum historiae pontificiae.
Bd. 27 (1989), S. 85?195; Ludwig Falkenstein:
Alexander III. und der Schutz unheilbar Kranker. Zu einem Streit in Epernay.
In:
Francia.
Bd. 38 (2011), S. 33?60 (
Digitalisat
).
- ↑
Ludwig Falkenstein:
Guillaume aux Blanches Mains, archeveque de Reims et legat du Siege apostolique (1176?1202).
In:
Bulletin de la Societe nationale des antiquaires de France
, Bd. 2003 (2007), S. 194?200.