Der
australische
Verlag
Lonely Planet Publications
(abgekurzt
Lonely Planet
oder
LP
, deutsch: ?einsamer Planet“) nimmt fur sich in Anspruch, der weltweit großte Verlag fur unabhangige
Reise-
und
Sprachfuhrer
zu sein. Die Reisefuhrer des Unternehmens, die mittlerweile zu fast allen Landern, Metropolen und Regionen erscheinen, sind besonders unter
Rucksacktouristen
weit verbreitet. Sie erscheinen in 14 Sprachen (u. a. Englisch, Franzosisch, Deutsch, Spanisch und Hebraisch). Die Gesamtzahl der Titel liegt bei etwa 650, die Gesamtauflage bei etwa 55 Millionen. Der Verlag beschaftigt uber 400 Angestellte in seinen Niederlassungen in
Melbourne
,
Oakland
,
London
und
Paris
und halt ein Kontingent von ca. 150 Autoren.
Der erste Reisefuhrer des Verlages mit dem Titel
Across Asia on the Cheap
wurde von Tony Wheeler und Maureen Wheeler verfasst und 1973 veroffentlicht. Dieses Buch hieß nach grundlichen Uberarbeitungen in folgenden Auflagen schließlich
South-East Asia on a shoestring
, das immer noch einer der
Bestseller
des Verlags ist. Im Jahre 1976 wurde
Nepal and Trekking in the Himalayas
veroffentlicht, 1977 gefolgt von einer Reihe von Reisefuhrern zu Australien, Europa, Afrika und Neuseeland. Als ?big break“ beschreibt der Verlag den Reisefuhrer
India
(1981), der in kurzester Zeit zum Bestseller avancierte. Zu dieser Zeit beschaftigte Lonely Planet lediglich zehn Mitarbeiter.
Der Name beruht auf einem ?
Verhorer
“ von Tony Wheeler, der beim Horen des Songs
Space Captain
von
Joe Cocker
und
Leon Russell
in dem Film
Mad Dogs & Englishmen
in der Textpassage ?once while travelling across the sky this lovely planet caught my eye“ (als ich einmal durch den Himmel reiste, fesselte dieser entzuckende Planet meinen Blick) statt ?lovely planet“ (entzuckender Planet) die Worte ?lonely planet“ (einsamer Planet) verstand.
[1]
Die ersten außerst erfolgreichen Bucher des Verlags richteten sich vor allem an junge Menschen aus
Australasien
und Europa (vor allem aus Großbritannien), die Reisen auf der Uberlandroute zwischen Australien und Europa (?
Hippie trail
“) via Sudostasien, Indien und den
Nahen Osten
planten.
Touristische
Infrastruktur ? vor allem fur Low-Budget-Touristen ? existierte in den meisten Landern auf dieser Route nur in beschranktem Umfang. So kam es in relativ großem Umfang zu einem Zustrom von Angehorigen der
Ersten Welt
in das engere Lebensumfeld von Bewohnern der
Entwicklungslander
. Die Reisenden benutzten so z. B. Uberlandbusse in Thailand, verpflegten sich an Straßenstanden in Indien oder fanden in Afghanistan bei Dorfbewohnern Unterkunft etc. Die Ratschlage in den Lonely-Planet-Fuhrern wurden daher als essenziell angesehen, um gesundheitliche Probleme, interkulturelle Schwierigkeiten usw. zu umgehen.
Die
Koinzidenz
eines neuen und schnell wachsenden Tourismusmarktes und des Bestehens eines Verlags, der sich auf die Zielgruppe der
Rucksacktouristen
(?backpackers“) spezialisiert hatte, fuhrte zu einer spezifischen Beziehung der Reisenden untereinander, die uber den Verlag vermittelt wurde und wird, indem er eine Art Community-Plattform darstellen konnte. Das
Feedback
der Leser spielt so eine bedeutende Rolle bei der Aktualisierung; Verlagsprodukte, in denen diese Informationen aufgegriffen wurden, enthalten lange Listen derjenigen Leser die auf veraltete und/oder falsche Informationen etc. in den Fuhrern aufmerksam gemacht haben und/oder dem Verlag neue Informationen zukommen ließen.
Die wachsende
Professionalisierung
des Verlagsmanagements und der Versuch, in den eintraglichen, aber konservativen (und somit auch erhohte Gefahren von Rechtsstreitigkeiten involvierenden) Markt der Vereinigten Staaten zu gelangen, veranderten den ursprunglich laienhaft-familiaren Stil der Reisefuhrer uber die Jahre zunehmend. So verschwanden beispielsweise aus dem Fuhrer
Africa on a shoestring
Tipps zum sicheren
Cannabiserwerb
.
Die anfangliche Starke des Verlags als Marktfuhrer fur Low-Budget-Tourismus-Literatur zeitigte bestimmte Probleme durch die Identifikation von
Rucksacktourismus
und Lonely Planet im Alltagsverstandnis vor allem in
anglophonen
Landern. Der Konzern versucht bereits seit Jahren diese Einengung zu vermeiden, um auch die eher burgerlichen Touristen als Klientel zu gewinnen und zu erhalten. Eine der Strategien war die zum 30-jahrigen Verlagsjubilaum durchgefuhrte Einfuhrung von verschiedenen Reihen von Reisefuhrern, die die Trennung von Produkten fur Rucksacktouristen einerseits und Produkten fur anspruchsvollere und finanzkraftigere Reisende andererseits klarer werden lassen sollten. Außerdem erweiterte Lonely Planet seine Produktpalette um Artikel, die ?Reisen zu Hause“ ermoglichen sollen, wie Reiseberichte, Kalender, Bildbande und Musik-CDs sowie einige
Merchandising
-Artikel.
Der Verlag ist im Internet mit Foren und Reisetipps vertreten. Unter anderem existiert auch der Dienst
Lonely Planet Images
, uber den Reisefotos aus aller Welt vertrieben werden. Der Verlag besitzt neuerdings auch eine Fernsehproduktion mit dem Namen
Lonely Planet Television
, die die Serien
Lonely Planet Six Degrees
,
The Sport Traveller
und
Vintage New Zealand
produziert hat.
Am 2. Oktober 2007 wurde bekannt, dass BBC Worldwide, eine Tochter der britischen Fernsehanstalt
BBC
, im September 2007 die Mehrheit an Lonely Planet Publications ubernommen hat. Die Verlagsgrunder Tony und Maureen Wheeler blieben weiterhin mit einem Viertel an dem Unternehmen beteiligt.
[2]
Im Februar 2011 zahlte die BBC fur die verbliebenen 25 Prozent 67,2 Millionen australische Dollar (rund 50 Millionen Euro) an die Verlagsgrunder. Damit gehorte der Verlag zu 100 Prozent der BBC.
[3]
Im Marz 2013 veraußerte die BBC den Verlag fur umgerechnet 60 Millionen Euro an die US-amerikanische NC2-Gruppe.
[4]
NC2 Media verkaufte Lonely Planet 2020 an das amerikanische Medienunternehmen Red Ventures.
[5]
Haufige Kritik zielt auf die durch die Reisefuhrer kolportierte Ermunterung zu Reisen auch zu kleinsten ethnischen Minderheiten in Entwicklungslandern. Diese Minderheiten wurden in ihrer sozialen Struktur und speziellen Okonomie durch den einfallenden Tourismus empfindlich gestort und gleichsam uberrollt, wodurch sie abhangig wurden von westlichen Reisenden, denen sie allein als exotische Attraktionen gelten.
In Großbritannien kritisierten die tourismuskritische Gruppe
Tourism Concern
und das Projekt
Burma Campaign
den Lonely-Planet-Reisefuhrer
Myanmar
(Burma)
mit dem Hinweis, dass er Reisen in ein Land schmackhaft mache, dessen Militardiktatur sich in großem Ausmaß durch den Tourismus finanziert. Es wurde gefordert, den Reisefuhrer vom Markt zu nehmen, wenngleich er auch Hinweise auf die politische Situation vor Ort enthalt, auf kritische Stimmen zum Myanmar-Tourismus aufmerksam macht und die birmanische Oppositionelle
Ma Thanegi
zu Wort kommen lasst.
Am 4. Februar 2011 setzte das Land vorubergehend einen zivilen Prasidenten als Staatsoberhaupt ein, bis das Militar mit einem
Putsch am 1. Februar 2021
die gesamte Staatsgewalt wieder an sich riss und die demokratisch gewahlten Volksvertreter festnahm. In Folge kam es zu weiteren tausenden Festnahmen und hunderten Todesopfern.
Im April 2008 gab der Autor des
Kolumbien
-Reisefuhrers zu, niemals dort gewesen zu sein und die Informationen nur vom Horensagen zu kennen. Als Rechtfertigung gab er Unterbezahlung durch den Verlag an.
[6]
Der
MairDumont-Verlag
aus
Ostfildern
hat mittlerweile mehrere Titel ? mit derselben Schrift und Gliederung, nun in Dunkelblau-Turkis mit dem Aufdruck ?Deutsche Ausgabe“ ? zu ahnlichen Preisen wie die Originale veroffentlicht. Neben europaischen Zielen wie Italien, Irland, Bulgarien, Norwegen und Stadten wie Berlin oder London sind auch Argentinien, Australien, Brasilien, Thailand und Indien darunter.
Eine beschrankte Anzahl von Reisefuhrern wurde durch den
Gisela E. Walther Verlag
(
Bremen
) ubersetzt und ? mit oft kritisierter zeitlicher Verzogerung ? herausgegeben. Außerdem kooperiert der Berliner
Stefan-Loose
-Verlag (mittlerweile zugehorig zum
DuMont-Verlag
) eng mit dem Verlag.
- ↑
https://www.lonelyplanet.de/service/ueber-lonely-planet.html
- ↑
Artikel im Stern
- ↑
?Lonely Planet“ gehort jetzt ganz der BBC
- ↑
Kult-Reisefuhrer: BBC verkauft Lonely Planet mit Riesenverlusten.
spiegel.de vom 19. Marz 2013, abgerufen am 19. Marz 2013
- ↑
Ruth Comerford:
Red Ventures secures Lonely Planet.
In:
The Bookseller.
2. Dezember 2020,
abgerufen am 27. Mai 2021
(englisch).
- ↑
Dunkle Schatten auf dem "Lonely Planet"
welt.de am 18. April 2008, abgerufen am 12. Marz 2019