Have Blue
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Have Blue Prototyp ?HB1001“
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Typ
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Tarnkappenflugzeug
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Entwurfsland
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Hersteller
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Lockheed
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Erstflug
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1. Dezember 1977
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Stuckzahl
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2
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Have Blue
war der Codename eines hochgeheimen Programms zur Entwicklung eines
Tarnkappenflugzeugs
durch die Sonderentwicklungsabteilung
Skunk Works
des US-amerikanischen Herstellers
Lockheed
. Aus den beiden
Erprobungstragern
Have Blue Experimental Survivable Testbed
(XST) ging die
F-117A
Nighthawk
hervor.
Die Ursprunge der F-117 lassen sich bis ins Jahr 1974 zuruckverfolgen. Zu diesem Zeitpunkt begann die
DARPA
, eine Organisation zur Erforschung neuer Technologien fur die US-Streitkrafte, im Rahmen des Projekts
Harvey
(der Name ist eine ironische Anspielung auf den unsichtbaren Hasen, der
James Stewart
im Film
Mein Freund Harvey
begleitet
[1]
) mit Studien uber Fluggerate mit geringer Entdeckungswahrscheinlichkeit. Verschiedene Unternehmen sollten untersuchen, wie groß der
Radarquerschnitt
(RCS) eines Kampfflugzeugs noch sein darf, um ein Uberleben im feindlichen Luftraum mit großer Luftabwehrbedrohung sicherzustellen. Die DARPA fragte bei Fairchild-Republic, General Dynamics, Grumman,
McDonnell Douglas
und
Northrop
an, wonach jedoch Fairchild und Grumman wegen zu geringer Ingenieurskapazitaten umgehend absagten. General Dynamics war der Ansicht, dass eine Verringerung des RCS als alleinige Maßnahme nicht ausreichen kann, um den Vorstellungen der DARPA zu genugen. Diese lehnte es jedoch strikt ab auch zusatzliche Maßnahmen zur aktiven Radarstorung in die Untersuchungen mit einzubeziehen. Daraufhin zog sich General Dynamics aus dem Programm zuruck.
Als letzte verbliebene Unternehmen erhielten danach Northrop und McDonnell Douglas jeweils einen mit 100.000 US-Dollar dotierten Vertrag. Die technischen Anforderungen waren sehr hoch, wenn man bedenkt, dass fur eine Reduzierung der Erfassungsreichweite eines Flugzeugs um 90 % sein RCS um den Faktor 10.000 verringert werden muss. Vorhergehende Versuche zur RCS-Reduktion fuhrten lediglich zu einer Verringerung um 50 %, was im realen Einsatz eine kaum erkennbare Auswirkung auf die Erfassungsreichweite hatte.
Lockheed war nicht zur Teilnahme an diesem Programm aufgefordert worden, da die Produktion des letzten entwickelten taktischen Kampfflugzeugs, der F-104, bereits zehn Jahre zuvor eingestellt worden war. Als
Clarence Johnson
, Lockheeds Chefentwickler, Kenntnis uber das DARPA-Programm bekam, wies er die DARPA deutlich auf die bereits mit der
SR-71
und
A-12
gemachten Erfahrungen im Hinblick auf eine Reduzierung des Radarquerschnitts hin. Nachdem sich das von McDonnell Douglas vorgeschlagene Konzept zu stark auch auf aktive Maßnahmen der Storung des feindlichen Radars stutzte, nahm die DARPA das Unternehmen aus dem Studienprogramm.
Fur die Phase I des sich anschließenden
Experimental Survivable Testbed
(XST) Programms wahlte die DARPA am 1. November 1975 offiziell die verbleibenden Unternehmen Lockheed und Northrop aus. Beide bauten zuerst vollmaßstabliche Holz-Modelle ihrer Entwurfe fur Untersuchungen in einer Radartesteinrichtung und in einem Windkanal. Fur die Radartests wurden die Modelle auf der
Holloman Air Force Base
in New Mexico auf eine hohe Pfahlkonstruktion gesetzt. Die Tests ergaben bei der Radarbeurteilung einen leichten Vorteil fur den Vorschlag von Lockheed, was zusammen mit dem bei den fruheren
Black Projects
bereits gewonnenen Know-how und den Erfahrungen bei der Bearbeitung von
Verbundwerkstoffen
zum Erfolg fur Lockheed fuhrte.
Im April 1976 erhielt Lockheed einen Vertrag uber 19,2 Mio. US-Dollar fur die Phase II des XST-Programms, den Bau von zwei flugfahigen Have-Blue-Prototypen, zum Nachweis der praktischen Umsetzbarkeit des Konzepts. Die Projektbetreuung wechselte in der Phase II von der DARPA zur
US Air Force
(USAF), die eine sehr hohe Geheimhaltungsstufe uber das Projekt verhangte, so dass praktisch keine Informationen uber die weitere Entwicklung mehr in die Offentlichkeit gelangten. Die beiden Demonstrationsflugzeuge erhielten weder offizielle USAF-Bezeichnung noch USAF-Seriennummern, intern wurden sie als HB1001 (BLUE-01) und HB1002 (BLUE-02) bezeichnet. Ublich waren auch die Bezeichnungen XST-1 und XST-2. Der Erstflug der HB1001 erfolgte am 1. Dezember 1977 auf dem Testgelande am
Groom Lake
in
Nevada
. Die Maschine ging am 4. Mai 1978 bei ihrem 36. Flug verloren, nachdem es Schaden am Fahrwerk gegeben hatte. Bei der Landung fuhr das rechte hintere Rad nicht komplett aus. Der Pilot, Lockheeds Testpilot Bill Park, versuchte, es mit Flugmanovern aus dem Schacht zu
rutteln
, was jedoch fehlschlug. Darauf hin stieg er mit dem
Schleudersitz
aus, wobei er sich verletzte und seinen Beruf aufgeben musste. Die zweite Maschine flog am 20. Juli 1978 zum ersten Mal. Ohne die außen angebrachten Messeinrichtungen, die bei der HB1001 noch verwendet wurden, war dieses Flugzeug durch luftgestutztes Radar praktisch nicht erfassbar. Lediglich der
Boeing E-3
AWACS gelang auf kurze Entfernung eine Erfassung. Wahrend des 52. Flugs brach nach einem Hydraulikschaden Feuer an Bord aus, woraufhin der Pilot Oberstleutnant Dyson aussteigen musste. Die Kosten des Have-Blue-Programms lagen bei insgesamt 43 Mio. US-Dollar fur beide Flugzeuge, wovon Lockheed selbst 10 Mio. US-Dollar trug.
Bei allen Testflugen wurde darauf geachtet, dass sich keine
Spionagesatelliten
uber der Region befanden, samtliches Personal ohne Zugang zu Have Blue wurde in die fensterlose Messe des Stutzpunktes geschickt, um keinen Blick auf das Flugzeug erhaschen zu konnen. Im Hangar waren die Prototypen abgedeckt, wenn nicht an ihnen gearbeitet wurde.
Die Erprobungsergebnisse des Have-Blue-Programms veranlassten
William Perry
, damals Staatssekretar fur Verteidigungsforschung und -entwicklung (Defense Under-Secretary for Research and Engineering), die Air Force dazu zu drangen, die Stealth-Technik auch an einem Einsatzflugzeug einzusetzen. Im Jahre 1980 gab Verteidigungsminister
Harold Brown
entsprechend bekannt, dass die Carter-Regierung die Ausgaben fur Stealth-Projekte um den Faktor 100 erhoht hatte. Der Großteil der Gelder floss in die Entwicklung und Produktion eines voll einsatzfahigen Stealth-Kampfflugzeugs mit der Code-Bezeichnung
Senior Trend
, das danach als
Lockheed F-117
bekannt wurde.
[2]
Die Bezeichnung
Have Blue
entstand nach den Vorgaben der Direktive CJCSM 3150.29, wobei der erste Begriff
Have
fest dem
Air Force Systems Command
(AFSC) zugeordnet ist, wahrend der zweite Namensbestandteil anscheinend beliebig gewahlt werden konnte.
[3]
[4]
Die Prototypen waren bei 6,8 m Spannweite 14,4 m lang. Sie wurden angetrieben von zwei
General Electric J85
-GE-4A-
Strahltriebwerken
ohne
Nachbrenner
mit je 13,1
kN
Schubkraft, die aus einer stillgelegten
North American T-2
B Buckeye ausgebaut wurden. Damit konnten die Maschinen ca. 970 km/h erreichen. Um die Produktion zu beschleunigen, wurden viele weitere Teile verwendet, die bereits in anderen Flugzeugen im Einsatz waren. So wurde zum Beispiel das
Fahrwerk
einer
A-10
verwendet, die Instrumente aus einer
F-5
. Das
Fly-by-Wire
-Steuersystem entstammt einer
F-16
, musste allerdings angepasst werden, da die Have Blues um alle drei Achsen instabil ausgelegt waren. Zur Geschwindigkeitsmessung hatte der erste Prototyp ein konventionelles
Staurohr
. Da dieses Staurohr die Radarreflektivitat des Flugzeuges erhohte, hatte der zweite Prototyp kein solches Messsystem. Des Weiteren hatten die Flugzeuge keine Waffenschachte.
- Dennis R. Jenkins, Tony R. Landis:
Experimental & Prototype U.S. Air Force Jet Fighters
, Specialty Press, 2008,
ISBN 978-1-58007-111-6
, S. 230?234
- David Donald (Hrsg.):
Black Jets ? The Development and Operation of America’s Most Secret Warplanes
, AIRtime Publishing, 2003,
ISBN 1-880588-67-6
, S. 62?73
- David C. Aronstein:
Have Blue and the F-117A ? evolution of the ?Stealth Fighter.“
American Institute of Aeronautics and Astronautics, 1997,
ISBN 1-56347-245-7
.
- Steve Pace:
Lockheed Skunk Works (Chapter 16)
, Motorbooks International, 1992, S. 219?226
- ↑
Black Jets, S. 8, AirTime Publishing
- ↑
Jim Goodall:
F-117 Stealth in action
, squadron/Signal publications aircraft No. 115, S. 5
- ↑
Code Names for U.S. Military Projects and Operations auf www.designation-systems.net
- ↑
Mit H beginnende Codenamen auf www.designation-systems.net