Larderello
ist ein Ortsteil (
Fraktion
, italienisch
frazione
) der Gemeinde
Pomarance
(
Provinz Pisa
) in der
Toscana
in
Italien
, der in 390 Metern
Hohe uber dem Meeresspiegel
liegt. Larderello hat 850 Einwohner und gehort vollstandig dem italienischen Stromversorger
ENEL
.
Der Ort liegt im Zentrum des so genannten
Tals des Teufels
(ital.
valle del diavolo
). Dieses Gebiet auf einer Flache von circa 200 Quadratkilometern im Tal des
Cecina
tragt seinen Namen von seinen
borhaltigen
Soffioni
, das heißt herausschießenden, weißen Dampffontanen, sowie von heißen Quellen gebildeten Tumpeln und Teichen (
lagoni
= große Seen).
Die
Etrusker
verwendeten die Borsalze, die sich aus den
lagoni
gewinnen ließen, als Medizin und benotigten sie als
Glasur
fur Keramiken. Romische Quellen berichten daruber und verzeichnen die korrekte geographische Lage. Zudem war das Gebiet im Mittelalter bekannt.
Im Jahre 1282 ereignete sich in dem Krater, der heute den 250 Meter durchmessenden Lago Vecchienna bildet, eine durch vulkanische Prozesse ausgeloste
Dampfexplosion
, in deren Folge das Gebiet mit einer mehrere Zentimeter dicken Schicht vulkanischer Asche bedeckt wurde.
Eine Siedlung grundete aber erst im 19. Jahrhundert
Francois Jacques de Larderel
, ein Industrieller franzosischen Ursprungs, der hier im Jahre 1827 die Produktion von Borsaure aus den borhaltigen Quellen perfektionierte, die seit 1818 an dieser Stelle betrieben wurde. Dabei stutzte er sich auf Vorstudien von
Uberto Francesco Hoefer
, dem Schirmherrn der toskanischen Apotheken und insoweit Berater am Hofe des Großherzogs. Kirche und Schule sind aus der ursprunglichen Siedlung noch vorhanden.
Im 20. Jahrhundert erfuhr die
Erdwarme
aus den Soffionen eine vollig neue Nutzung zur Stromerzeugung: 1904 wurde in Larderello das weltweit erste
geothermische
Kraftwerk
gebaut.
[1]
Die Stromgewinnung lauft seit 1913, und lange Zeit hatte Italien Alleinstellung in dieser Technologie.
Ab 1931 wurden Dampfbrunnen zur zusatzlichen Energiegewinnung gebohrt, die ab 1937 die ersten Kuhlturme notwendig machten. Schrittweise ließ die
Enel
SpA, die das Kraftwerk seit 1962 betreibt, eine Anlage bauen, die den Dampf direkt in Turbinen leitet und heute noch immer zu den weltgroßten Erdwarmekraftwerken gehort. Durch die mehrfache Weiterentwicklung der Anlagen erzeugen die Kraftwerke inzwischen eine Gesamtleistung von 545 MW.
[2]
Die von der Enel gebauten, geothermischen Kraftwerke in Larderello,
Travale
und am
Monte Amiata
erzeugen damit etwa 1,5 % der insgesamt in Italien produzierten Elektrizitat. In der Toskana betragt der Nutzungsanteil 45 %. (Stand 2006)
Das 1956 eingerichtete Museum unter einem Kuppelzelt dokumentiert die Entwicklung der Borgewinnung in der Vergangenheit und der Stromerzeugung heute. Ferner konnen Gruppen nach Vereinbarung ein
soffione
sowie einen rekonstruierten
lagone
besichtigen. Es gibt deutschsprachige Informationsblatter uber den Vulkanismus und die
Geothermie
in der Region.
[3]
Larderello ist als aktive Bor-
Lagerstatte
ein guter Fundort fur borhaltige
Minerale
. Neben dem bekanntesten Bormineral
Borax
und seinem Verwitterungsprodukt
Tincalconit
wurden hier unter anderem auch
Datolith
und
Sassolin
sowie verschiedene Sulfate und Silikate gefunden. Fur die Minerale
Ammonioborit
,
Biringuccit
,
Larderellit
,
Nasinit
,
Santit
und
Sborgit
gilt Larderello zudem als
Typlokalitat
.
[4]
- ↑
Herbert Brandt:
Das erste Vulkankraftwerk der Welt arbeitet
. In:
Das Neue Universum
. Ein Jahrbuch des Wissens und Fortschritts
, Jg. 70, Union Verlag, Stuttgart 1953, S. 101?105.
- ↑
PDF-Datei Informationen fur Lehrer und Schuler, Absatz Fakten: 3. Tiefe Geothermie...(Seite 4)
- ↑
Naheres, auch zu den dem Vulkanismus entsprechenden Mineralien der Region, siehe
Tal des Teufels
- ↑
Mindat - Typlokalitat Larderello, Pomarance, Pisa Province, Tuscany, Italy
43.235833333333
10.885555555556
Koordinaten:
43° 14′
N
,
10° 53′
O