Lajos Barta (1966)
Lajos Barta
[
?l?jo? ?b?rt?
] (*
9. Marz
1899
in
Budapest
; †
13. Mai
1986
in
Koln
) war ein
ungarischer
Bildhauer
.
Schon als Kind fiel Barta durch seine besondere zeichnerische Begabung auf. Als Funfzehnjahriger besuchte er die
Kunstgewerbeschule
in Budapest und erhielt ab etwa 1915 Privatunterricht bei dem Bildhauer
Eduardo Telcs
. Ab etwa 1916 schlossen sich Lehr- und Wanderjahre im heutigen Rumanien und der Slowakei an. Nach dem Krieg verbrachte Lajos mit seinem Bruder Istvan (einem Maler) langere Studienreisen und Aufenthalte in Wien, Mailand und Paris. Von 1927 bis 1938 arbeitete Lajos Barta wieder in Budapest und lernte dort 1932 den Maler Endre Rozsda kennen, mit dem ihn eine lebenslange, enge private und kunstlerische Partnerschaft verband. Erste Judengesetze in Ungarn und der Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich waren 1938 Anlass fur die Freunde, das Land zu verlassen und in Paris im XIV. Bezirk ein Atelier anzumieten. Noch im selben Jahr stellte Barta im
Salon d’Automne
aus. In den folgenden Jahren verfolgten beide Kunstler die aktuellen Kunststromungen und wurden vom
Surrealismus
beeinflusst. Barta interessierte sich auch fur die Ideen der Gruppe
Abstraction-Creation
, die sich bereits vor seiner Ankunft in Paris aufgelost hatte. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Paris war das Leben fur Juden zunehmend unsicherer geworden. Daher gaben die Kunstlerfreunde das Atelier auf, gingen in den Untergrund und kehrten mit gefalschten Papieren im Februar 1943 uber Berlin und Wien nach Budapest zuruck.
1943 in Budapest gelang Barta der Schritt in die
Abstraktion
. Erste ungegenstandliche Zeichnungen und Gipse behandelten das Thema der Balance und das Spiel mit dem Gleichgewicht. Kurz nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Budapest im Marz 1944 musste Barta den gelben Judenstern tragen und entging nur knapp einem Transport in die Vernichtung.
Nach Kriegsende wurde Barta Grundungsmitglied der Europai Iskola, der Europaischen Schule, die den Versuch unternahm, den 1919 gerissenen Faden der progressiven Kunst in Ungarn wieder aufzunehmen. Ziel war es, den Begriff ?Europa“, der 1945 auch geistig in Trummern lag, wieder aufzurichten. Die Gruppe veranstaltete insgesamt 38 Ausstellungen, darunter vier, an denen Barta teilnahm. Die V. und XV. Ausstellung in den Jahren 1946 bzw. 1948 war exklusiv den Kunstlern Rozsda und Barta gewidmet. Spatestens 1948 zahlte Barta zu den fuhrenden abstrakten Bildhauern in Ungarn. Unter dem Druck kommunistischer Krafte loste sich die Europaische Schule 1948 auf.
1949 wurde zu einem Epochejahr fur Barta. Das intensive Ausloten der Gestaltungsmoglichkeiten, die die Abstraktion eroffnet hatte, war in einen reifen Personalstil gemundet. Doch mit Grundung der
Volksrepublik Ungarn
im selben Jahr wurde abstrakte Kunst als formalistisch abgewertet und war unerwunscht. Barta geriet in Schwierigkeiten, musste um seine Existenz bangen und unterbrach seine Arbeit als Bildhauer. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, schuf er ein Modell fur einen Wettbewerb fur ein Stalin-Denkmal und reichte es ein, ohne fur den Wettbewerb eingeladen worden zu sein. Damit signalisierte er offentlich seine Bereitschaft, sich als Kunstler in den Dienst von Partei und Gesellschaft zu stellen und somit auch im Stil des
Sozialistischen Realismus
zu arbeiten. Sein Wettbewerbsentwurf wurde angenommen. Dennoch hielt Barta an seiner Uberzeugung eines freien Kunstler fest, wahlte als Zeichner den Weg in die innere Emigration und fuhrte sein abstraktes Schaffen unbeirrt fort.
Unmittelbar nach dem
Ungarischen Aufstand
Ende 1956 nahm Barta auch als abstrakter
Plastiker
seine Arbeit wieder auf und konnte in kurzer Zeit ein breites ungegenstandliches
Œuvre
entfalten. Bis 1958 war ein beachtlicher Teil seines plastischen Lebenswerks ausgeformt. Ab etwa 1959 bewarb er sich in staatlichen Wettbewerben darum, seine Werke vergroßern zu konnen. Vier seiner Modelle wurden angenommen und konnten bis 1961/62 realisiert werden: in Budapest, Siofok und Pecs. Dennoch musste Barta feststellen, dass der abstrakten Kunst in Ungarn die Anerkennung versagt blieb. Daran anderte auch der Ankauf eines seiner Hauptwerke 1963 durch die
Ungarische Nationalgalerie
nichts. 1964 wurden große Schwierigkeiten bei der Realisierung der Spielplatz-Plastik ?Drei Pferdchen“ hingegen zu einem unmissverstandlichen Hinweis. Spater im selben Jahr gab wohl ein hemmungsloser Verriss seiner Ausstellung in Kecskemet den ernsten Anlass dazu, den Entschluss zu fassen, die Heimat fur immer zu verlassen.
Vom Herbst 1965 an arbeitete Barta als Gast der ?arts and music GmbH“ im
Bahnhof Rolandseck
bei
Bonn
. Vom 28. Marz bis 30. April 1966 hatte er dort im großen Saal im Obergeschoss bereits eine Ausstellung mit seinen Plastiken und Zeichnungen aus den Jahren 1956 bis 1966. 1967 zog er nach
Koln
, wo er ? unterbrochen von haufigen Aufenthalten in Paris (1970?1974) ? bis zu seinem Tod lebte.
[1]
In Koln schloss er sich der
Freimaurerloge
Zum ewigen Dom
an. Große Anerkennung brachte ihm 1970 die Museumsausstellung im Bonner
Akademischen Kunstmuseum
ein. Sie fuhrte im Jahr darauf zur Einweihung der Plastik ?Schwingende“ im Bonner Stadtgarten am
Alten Zoll
. In den folgenden funfzehn Jahren nahm Barta im Rheinland immer wieder an Wettbewerben teil und erhielt eine ganze Reihe erster Preise. So konnten wichtige Arbeiten aus den 1950er und 1960er Jahren vergroßert und fur den offentlichen Raum realisiert werden. Diese freiplastischen Großformate bilden heute das offentlich zugangige kunstlerische Vermachtnis Bartas im Rheinland.
Im September 1982 traf Lajos Barta den bekannten ungarischen Fotografen Andre Kertesz, der sich zur photokina und seiner Einzelausstellung in der Kolner Galerie Wilde eine Woche in Koln aufhielt. Bei dem Besuch im Atelier Barta und anderen Treffen konnten beide sich in ihrer Muttersprache unterhalten.
-
Die Schwingende
(1957), seit 1971 im Bonner Stadtgarten am Alten Zoll
-
Couple
(1957), seit 1970 in Bonn und seit 1981 in Wuppertal
-
Fruhling
(1958), seit 1982 an der Universitat Siegen
-
Uralte Form
(1966), seit 1985 im
Hiroshima-Nagasaki-Park
, Koln
- Lajos Barta ? Emigration.
Hrsg. Martin-Lantzsch-Notzel-Stiftung. Mit einem Vorwort von Norbert Lammert. Texte von
Peter Kovacs
, Gabor Pataki, Ulrich Winkler. Hatje Cantz, Ostfildern 2015,
ISBN 978-3-7757-3994-8
.
- ↑
Barta, Lajos
(
Memento
vom 25. Dezember 2010 im
Internet Archive
) ? Enciklopedia Kiado, Budapest (auf Spanisch), abgerufen am 11. Mai 2024.