Lagerrisiko

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Unter einem Lagerrisiko versteht man in der Betriebswirtschaftslehre die Gefahr, dass Lagerbestande wahrend der Lagerhaltung mengenmaßig oder qualitativ beeintrachtigt werden, im Wert verlieren oder nicht verkauft werden konnen.

Das Lagerrisiko gehort insbesondere bei lagerintensiven Unternehmen zu den bedeutendsten Unternehmensrisiken . Hierzu zahlen vor allem der Handel ( Großhandel , Einzelhandel ) oder die Industrie ( Anlagen- , Flugzeug- oder Schiffbau ). Als lagerintensive Betriebe werden Unternehmen bezeichnet, bei denen der Anteil der Lagerkosten an den Gesamtkosten oder der Anteil der Lagervorrate an den gesamten Aktiva erheblich ist und mehr als 25 % der Aktiva ausmacht. [1] Lagerrisiken stellen ein Bestandsrisiko dar, zu dem auch das Risiko aus einem Portfolio gehort. Der Lagerbestand setzt sich aus Roh- , Hilfs- und Betriebsstoffen , Halbfabrikaten , Zwischenprodukten und Fertigerzeugnissen ( Waren , Commodities ) zusammen. Sie alle sind ? mit unterschiedlicher Intensitat ? Lagerrisiken ausgesetzt. Kein Lagerrisiko tragen rein auftragsbezogene Unternehmer (etwa der Kommissionar ), ein verhaltnismaßig geringes Lagerrisiko die Unternehmen mit Remissionsrechten wie der Buchhandel .

Lagerrisiken setzen sich aus Lagermengenrisiko, Lagerqualitatsrisiko und Lagerwertrisiko zusammen. [2] Das Lagermengenrisiko bezieht sich auf den ganzen oder teilweisen Verlust (durch Diebstahl , Schwindung ) oder die Vernichtung (durch Feuer , Naturkatastrophen , Vandalismus ) eingelagerter Vorrate. [3] Das Lagermengenrisiko kann auch in der Gefahr zu kleiner Lagerbestande bestehen, wodurch die Lieferbereitschaft beeintrachtigt wird. Das Lagerqualitatsrisiko besteht in der Gefahr des Verderbs , der Beschadigung , Korrosion oder Alterswertminderung . Das Lagerwertrisiko ist die Folge eines eingetretenen Lagermengen- und/oder Lagerqualitatsrisikos und besteht in der Gefahr der Wertminderung des Lagerbestands.

Die oft zu den Lagerrisiken gerechneten Gefahren des Marktpreisverfalls , des Modewechsels , des technischen Veraltens gelagerter Guter oder des Auftauchens von Konkurrenzprodukten sind weder ein Lagermengen- noch ein Lagerqualitatsrisiko, sondern ein Marktpreisrisiko . [4]

Versicherung und Bilanzierung

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Das Lagerrisiko ist nur gegen das Lagermengen- und Lagerqualitatsrisiko versicherbar ( Diebstahl -, Feuer- , Betriebsunterbrechungsversicherung ), so dass es im Versicherungsfall zur Schadensregulierung kommt. Eine zusatzliche Bilanzierung von Wertminderungen ist dann nicht statthaft. Nicht versicherbare oder versicherbare, aber nicht versicherte Lagerrisiken unterliegen beim Umlaufvermogen dem strengen Niederstwertprinzip des § 253 Abs. 4 HGB . Danach sind bei Vermogensgegenstanden des Umlaufvermogens Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Borsen- oder Marktpreis am Bilanzstichtag ergibt. Der Buchwert gestohlener oder sonst wie abhanden gekommener, nicht versicherter Lagerbestande ist als ?Verluste aus dem Abgang von Gegenstanden des Anlagevermogens“ als ?sonstige betriebliche Aufwendungen“ ( § 275 Abs. 2 Nr. 8 HGB) auszubuchen.

Betriebswirtschaftliche Aspekte

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Eine der wichtigsten Handelsfunktionen ist der Ausgleich zwischen dem Herstellungs - und Verbrauchszeitpunkt , der durch Lagerung uberbruckt wird. In den Handelsspannen des Handels ist daher das Lagerrisiko berucksichtigt.

Ein steigendes Absatzvolumen sorgt fur ein abnehmendes Lagermengenrisiko und umgekehrt. Je hoher die Bestellmenge bei der Beschaffung ausfallt, umso hoher ist der durchschnittliche Lagerbestand und umso hoher sind Lagerkosten und Lagerrisiko. Lagerrisiken allgemein konnen durch Just-in-time-Produktion gesenkt werden, weil sie fur eine Verringerung der Vorrate sorgt. Lagerrisiken hangen eng mit der betriebswirtschaftlichen Kennzahl der Lagerumschlagshaufigkeit zusammen, die vor allem in Industrie - und Handelsunternehmen mit intensiver Vorratshaltung von Bedeutung ist. Je hoher die Lagerumschlagshaufigkeit, umso geringer ist das Lagerrisiko sowie die Kapitalbindung und umgekehrt. Eine hohere Lagerumschlagshaufigkeit fuhrt zur Kapitalfreisetzung , die wiederum die Liquiditat eines Unternehmens verbessert [5] und Lagerrisiken vermindert. Eine hohe Lagerumschlagshaufigkeit verbessert auch die Rentabilitat und damit den Gewinn . Filialisten mit ihren hohen Raumkosten ( Mietpreise in bester Geschaftslage ) sind auf eine hohe Lagerumschlagshaufigkeit angewiesen, um den nachteiligen Kosteneffekt wieder auszugleichen. Schließlich verkurzt eine hohe Lagerumschlagshaufigkeit auch die Lagerdauer (die Verweildauer von Waren im Lager), wodurch wiederum die Lagerrisiken von Verderb, Beschadigung oder Schwindung sinken.

Einzelnachweise

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  1. Lorenz Wolkersdorf, Wesen und Bedeutung der Anlageintensitat im Industriebetrieb , 1956, S. 32
  2. Silvia Rogler, Risikomanagement im Industriebetrieb , 2002, S. 121
  3. Torsten M. Kuhlmann/Hans-Dieter Haas, Internationales Risikomanagement , 2009, S. 37
  4. Reinhold Henzler, Betriebswirtschaftslehre des Außenhandels , 1970, S. 77
  5. Willy Schneider/Alexander Hennig, Lexikon Kennzahlen fur Marketing und Vertrieb , 2008, S. 209