Kresy

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Entwicklung der polnischen Grenzen
Typische Landschaftsansicht der Kresy in der westlichen Ukraine, mit weiten Graslandern und Hugeln ( Sielec , Ukraine )
Wincenty Pol ? der Schopfer des Begriffs ?Kresy“ im modernen Sinne
Teilungen Polens

Als Kresy ( [?kr?s?] , polnisch ?Grenzland“ ), bisweilen auch Ostpolen , wurden die nach dem Zerfall der Kiewer Rus 1240 zum Konigreich Polen gekommenen ruthenischen Gebiete bezeichnet. Nach der Vereinigung mit dem Großfurstentum Litauen , zu welchem jene Territorien zu einem großen Teil gehorten, zur Koniglichen Republik Polen-Litauen , verstand man darunter ab 1569 die gesamten zur polnischen Krone gehorigen ostlichen Landesteile, die sich bis an den Dnepr , der die Grenze zum Khanat der Krim bildete, erstreckten. Bis zu den Teilungen Polens waren damit die ostlichen Grenzregionen von Polen-Litauen gemeint, die damals auch Wildes Feld ( polnisch Dzikie Pola ) genannt wurden. [1]

In der Zeit der Zweiten Polnischen Republik zwischen 1918 und 1939 bezeichnete man mit dem Begriff die ostlich der spateren Curzon-Linie gelegenen Gebiete, welche zu großen Teilen in den 1920er Jahren von Polen annektiert wurden. [2]

Im September 1939 fiel das Gebiet im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes unter sowjetische Besetzung . Die Territorien wurden innerhalb der Sowjetunion an die jeweiligen Sowjetrepubliken ruckgegliedert und sind seit dem Zerfall der Sowjetunion weiterhin Teil der ? nun unabhangigen ? Staaten Litauen , Belarus und Ukraine .

Etymologie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kresy ist der Plural von kres ?abgegrenztes Gebiet, Bezirk, Bereich“, auch ?Grenze, Begrenzungslinie“, einem seit dem 15. Jahrhundert im Polnischen gebrauchlichen Lehnwort aus dem Deutschen ( Germanismus ), das dt. ? Kreis “ entspricht. Als Bezeichnung fur die polnischen Gebiete an der Ostgrenze ist kresy indes erst seit dem 19. Jahrhundert gebrauchlich. [3]

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Polen-Litauen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein Teil der Kresy, damals auch Wilde Felder (poln. Dzikie Pola ) genannt, war seit dem fruhen 15. Jahrhundert Teil Polens. Mit der Bildung der Republik Polen-Litauen gelangten umfangreiche ruthenische Gebiete des Großfurstentums Litauen hinzu.

Teilungen Polens [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Jahr 1772 markiert den Anfang der russischen und osterreichischen Eroberungen Ostpolens, die 1795 mit der endgultigen Teilung Polens abgeschlossen wurde. Die Teilung wurde in drei Schritten vollzogen

  1. 1772 besetzte Russland etwa 92.000 km² im Osten und Osterreich rund 83.000 km² im Sudosten Polens. Gleichzeitig besetzte Preußen Territorien im Westen Polens.
  2. 1793 besetzte Russland große Gebiete ostlich der Druja-Pi?sk-Zbrucz-Linie, die etwa 250.000 km² umfassten. Preußen drangte weiter nach Nordosten, wohingegen sich Osterreich diesmal nicht beteiligte.
  3. 1795 besetzte Russland ein rund 120.000 km² großes Gebiet ostlich der Bug und der Niemirow-Grodno-Linie. Osterreich und Preußen besetzten die restlichen Gebiete Polens im Suden und Westen.

Diese Periode der Geschichte Ostpolens ist gepragt von religioser und nationaler Verfolgung, die in mehreren polnischen Aufstanden gegen Russland mundete ( Novemberaufstand , Januaraufstand ). Nach der Niederschlagung der Aufstande wurden Verfolgung und Unterdruckung noch intensiviert. Die Annexion Ostpolens durch Russland war jedoch nicht nur in dieser Hinsicht eine nationale Katastrophe. Auch die kulturelle und soziale Entwicklung stagnierte und ging sogar teilweise auf das russische Niveau zuruck. So z. B. gehorte das russisch besetzte Ostpolen zu den Regionen Europas, die am langsten von der Leibeigenschaft betroffen waren. Erst 1864 wurde sie abgeschafft (zum Vergleich: im preußisch besetzten Teil Polens und im Herzogtum Warschau wurde sie 1807 aufgehoben). Zu Beginn des Ersten Weltkriegs besetzten russische Truppen von August 1914 bis Juni 1915 weite Gebiete des zu Osterreich gehorenden Teilungsgebiets.

1918 bis 1939 [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Wiederbegrundung des polnischen Staates, der nach dem Ersten Weltkrieg in Abgrenzung von der Rzeczpospolita als ? Zweite Republik “ bezeichnet wurde, war in der Geschichte der Kresy eine sturmische und kriegerische Periode. Zwischen November 1918 und Marz 1921 fuhrte Polen zwei Kriege um diese Region; den Polnisch-Ukrainischen Krieg (1918?1919) sowie den Polnisch-Sowjetischen Krieg (1920?1921), der mit dem Frieden von Riga endete. Polen konnte das Kriegsziel, die historischen, nach 1772 verlorenen Gebiete zuruckzuerobern, nur teilweise erreichen.

1939 bis 1944 [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1939 bis 1941 [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ostpolen wurde im September 1939 nicht von der Wehrmacht , sondern infolge des am 23. August 1939 in Moskau unterzeichneten Geheimprotokolls des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts von der Roten Armee besetzt, nachdem zwei sowjetische Heeresgruppen am 17. September 1939 in Ostpolen einmarschierten. [4] Die neue deutsch-sowjetische Grenze wurde am 28. September im Grenz- und Freundschaftsvertrag festgelegt und hatte bis zum Beginn des deutschen Unternehmen Barbarossa am 22. Juni 1941 Bestand.

1941 bis 1944 [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Juni 1941 drangen die deutschen Truppen in wenigen Wochen mehrere hundert Kilometer nach Osten ein und besetzten somit fur knapp drei Jahre auch die Kresy. Bis Januar 1944 konnte die Sowjetunion die Gebiete ostlich der ehemaligen polnischen Ostgrenze vor dem 17. September 1939 zuruckerobern und bis Juli 1944 die im Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939 festgelegte Grenze erreichen, die fast genau der heutigen Ostgrenze Polens entspricht.

Nachkriegszeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach dem Krieg wurden die Gebiete ein Teil der Ukrainischen SSR , Weißrussischen SSR und Litauischen SSR und verblieben auch nach deren Unabhangigkeitserklarung Anfang der 1990er Jahre innerhalb ihrer Grenzen.

Nach Kriegsende lebte in den Kresy eine Bevolkerungsminderheit von rund 1,8 Millionen polnischen Staatsburgern. [5] Diese Polen wurden nach Kriegsende aufgefordert, freiwillig in den Westen zu ziehen, und mussten andernfalls mit der Zwangsumsiedlung rechnen. [6] Nach 1945 siedelten sie uberwiegend nach Polen um, vor allem aber in die ehemaligen Ostgebiete des Deutschen Reiches , uberwiegend nach Schlesien. Dennoch existiert in dem Gebiet nach wie vor eine polnische Minderheit.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Kresy  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Samuel Bogumił Linde : Worterbuch der polnischen Sprache. 1807.
  2. Krzysztof Jasiewicz: Zagłada polskich Kresow: ziemia?stwo polskie na Kresach Połnocno-Wschodnich Rzeczypospolitej pod okupacj? sowieck? 1939?1941. Warschau 1998, ISBN 83-86857-81-1 .
  3. Artikel kres in: Andrzej de Vincenz, Gerd Hentschel: Worterbuch der deutschen Lehnworter in der polnischen Schrift- und Standardsprache. Online-Publikation des Bundesinstituts fur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa im BIS-Verlag der Universitat Oldenburg, 2010.
  4. Hain Rebas : Vor 50 Jahren und heute: Estland zwischen Deutschland und der Sowjetunion ? Eine historiographisch-chronologische Einfuhrung. In: Robert Bohn, Jurgen Elvert, Hain Rebas, Michael Salewski (Hrsg.): Neutralitat und totalitare Aggression. Nordeuropa und die Großmachte im Zweiten Weltkrieg (= HMRG, Beiheft 1). Steiner, Stuttgart 1991, S. 32; Joachim Rohlfes : Historische Gegenwartskunde: Handbuch fur den politischen Unterricht. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1970, S. 548.
  5. Stanisław Ciesielski, Włodzimierz Borodziej: Przesiedlenie ludno?ci polskiej z kresow wschodnich do Polski 1944?1947 . Wydawnictwo Neriton, Warschau 2000, ISBN 978-83-8684256-8 .
  6. Thomas Urban : Der Verlust ? Die Vertreibung der Deutschen und Polen im 20. Jahrhundert . Beck, Munchen 2006, ISBN 978-3-406-54156-8 , S. 152?153.
  7. Siehe auch ders.: Nationale Geschichtspolitik, restriktive Sicherheit und illiberale Demokratie ? die polnische Ostpolitik unter der PiS-Regierung. In: Polen-Analysen. Nr. 237, 21. Mai 2019.