Kostendeckung
ist in der
Preiskalkulation
der
Grundsatz
, dass die
Gesamtkosten
durch die
Umsatzerlose
oder
Ertrage
gedeckt
sein sollen.
Jedes
Wirtschaften
der
Wirtschaftssubjekte
(
Privathaushalte
,
Unternehmen
und der
Staat
mit seinen Untergliederungen
offentliche Verwaltung
,
Staatsunternehmen
und
Kommunalunternehmen
) verursacht
Kosten
.
[1]
Diese Kosten sind zunachst von den Wirtschaftssubjekten zu tragen und verringern vorlaufig deren
Vermogen
. Durch den ? Kosten auslosenden ?
Produktionsprozess
erstellen sie
Produkte
oder
Dienstleistungen
, die durch die
betriebliche Funktion
des
Vertriebs
am
Markt
veraußert
werden und dadurch Umsatzerlose oder Ertrage erzielen. Damit diese Umsatzerlose die entstandenen Kosten (mindestens) decken konnen, muss die Preiskalkulation einen
Marktpreis
ermitteln, der (mindestens)
Vollkostendeckung
ermoglicht.
Derartige Fragen der Kostendeckung spielen sowohl bei
erwerbswirtschaftlichen
Unternehmen
als auch bei der
offentlichen Hand
eine Rolle. Wahrend erstere im Regelfall das
Unternehmensziel
der
Gewinnmaximierung
verfolgen, streben letztere entweder das
Kostendeckungsprinzip
(etwa kommunale
Wasserwerke
oder
Abfallwirtschaft
) oder das
Zuschussprinzip
(etwa kommunale
Museen
oder
Theater
) an.
[2]
Zur Ermittlung der Kostendeckung steht die
betriebswirtschaftliche Kennzahl
des Kostendeckungsgrades zur Verfugung. Der Kostendeckungsgrad gibt an, welchen Anteil die Gesamtkosten eines Unternehmens im Verhaltnis zu seinen Umsatzerlosen erreichen. Die sich aus
fixen Kosten
(
) und
variablen Kosten
(
) zusammensetzenden Gesamtkosten werden den erzielten
Umsatzerlosen
(
) gegenubergestellt:
.
Bei einem Kostendeckungsgrad von 100 % werden alle Kosten vollstandig durch die Umsatzerlose gedeckt, ein Kostendeckungsgrad von
fuhrt zu
Verlusten
, Kostendeckungsgrade von
bedeuten
Gewinne
. Da erwerbswirtschaftliche Unternehmen langfristig als gewinnorientiert gelten (
Gewinnmaximierung
), wird deren Kostendeckungsgrad im Regelfall uber 100 % liegen.
Die unternehmerische
Kalkulation
auf der Grundlage von
Vollkosten
ist vielfach Ausdruck
wirtschaftsethischer
Vorstellungen von einem
gerechten Preis
, der dem Hersteller neben einem Gewinnaufschlag seine Aufwendungen decken und seine Existenz sichern soll.
[3]
Vollkostendeckung bedeutet, dass ein Kostendeckungsgrad von 100 % der Erlose vorliegt.
Teilkostendeckung
mit einem
Kostendeckungsgrad
von <100 % deckt nur die
variablen Kosten
(
Grenzkosten
) und fuhrt zu Verlusten. Der Kostendeckungsgrad bestimmt die
Preisuntergrenze
. Die
taktische Preisuntergrenze
mit einem Kostendeckungsgrad von <100 % ist nur kurzfristig hinnehmbar, eine
strategische (langfristige) Preisuntergrenze
entspricht der Vollkostendeckung (zuzuglich Gewinnmarge).
Bei Vollkostendeckung erreicht ein Unternehmen die
Gewinnschwelle
(
break even
), wenn neben den variablen Kosten auch die
Fixkosten
der
Kapazitat
gedeckt sind. Der
Break even-Punkt
ist entsprechend der Deckungspunkt, bei dem die Gewinnschwelle uberschritten wird. Mit Hilfe der
Break even-Analyse
wird dasjenige
Absatzvolumen
ermittelt, bei dem die Vollkosten gedeckt sind. Die Erlose (E) decken die Gesamtkosten (K):
![{\displaystyle E=K}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8e98d36ebed0425bd7ecfc180ef5fdec05b32562)
Dabei setzen sich die Gesamtkosten aus den fixen
und den variablen Kosten (
) zusammen:
![{\displaystyle K=K_{\mathrm {f} }+K_{v}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/69d6a5b0f1b81f721e922d34348877bd3c41f6f1)
Jeder Preis, der unter den Vollkosten und uber den Grenzkosten liegt, deckt noch einen Teil der fixen Kosten; er wird daher
Deckungsbeitrag
genannt.
Unter dem
Kostendeckungsprinzip
versteht man bei
offentlichen Betrieben und Verwaltungen
den Grundsatz, dass die fur die Benutzung einer offentlichen Leistung erhobenen
Gebuhren
und
Abgaben
ihre
Kosten
decken sollen.
[4]
Die Kostendeckung wird als verfassungsrechtlich zulassiger Zweck der Gebuhrenerhebung angesehen,
[5]
sie ist Hauptzweck einer Gebuhrenerhebung. Die veranschlagten Gebuhreneinnahmen einer offentlichen Leistung durfen deren voraussichtliche Kosten nicht uberschreiten, es handelt sich um ein
Kostenuberschreitungsverbot
. Es kann auf alle
Verwaltungsgebuhren
,
Beitrage
und
Auslagen
Anwendung finden. Einerseits soll es haushaltsschutzend als
Kostendeckungsgebot
, andererseits als burgerschutzendes
Kostenuberschreitungsverbot
fungieren. Damit sind sowohl die Ober- als auch die Untergrenze offentlicher Gebuhren festgelegt. Das Kostendeckungsprinzip ist ein
Sachziel
, bei dem die
Preise
oder Gebuhren so
kalkuliert
werden, dass sie die
Gesamtkosten
ganz oder teilweise decken. Auf eine
Gewinnmarge
wird verzichtet. Nach dem Kostendeckungsprinzip arbeiten die
offentliche Verwaltung
(
Behorden
),
offentliche Unternehmen
und
Kommunalunternehmen
bei der Erfullung ihrer
offentlichen Aufgaben
(
Daseinsvorsorge
). Da Gewinnmargen fehlen, gibt es keine Konkurrenz aus der
Privatwirtschaft
.
Die formelle Berechtigung zur Erhebung von Gebuhren und Auslagen fur offentliche Leistungen ergibt sich aus
§ 1
Abs. 1
Bundesgebuhrengesetz
oder den entsprechenden Landesgebuhrengesetzen. Nach
Rechtsprechung
und
herrschender Meinung
genießt das Kostendeckungsprinzip keinen Verfassungsrang.
[6]
Gebuhren sind als
Gegenleistung
fur eine ?durch besondere Inanspruchnahme der Verwaltung ausgeloste besondere Leistung des Abgabenglaubigers zu erbringen“ (§ 1 Abs. 1 BGebG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 RAO).
[7]
Die Eigenschaft einer Abgabe als
Verwaltungsgebuhr
ist hiernach davon abhangig, dass die Abgabe als Gegenleistung fur eine den Einzelnen betreffende und von diesem veranlasste Amtshandlung zu zahlen ist. Das Kostendeckungsprinzip ist eine Veranschlagungsmaxime, die Anforderungen an die Zielsetzung der Gebuhrenerhebung stellt.
Der gesamte
offentliche Rundfunk
arbeitet nach dem Kostendeckungsprinzip, weil seine
Gesamtkosten
durch
Rundfunkbeitrage
und
Fernseh-
oder
Radiowerbung
gedeckt sein mussen.
Die Frage, ob das Kostendeckungsprinzip eingehalten ist, muss fur jedes
Haushaltsjahr
gesondert beantwortet werden. Denn die auf die Kostendeckung abgestellte Tarifgestaltung ist nur fur denselben Zeitraum moglich, fur den die Verwaltungsausgaben zu
veranschlagen
sind. Das bedeutet, dass die zustandigen Stellen ? falls sie nach sachgerechter Haushaltsschatzung und Tarifgestaltung wahrend des laufenden Haushaltsjahres erkennen sollten, dass eine unvorhersehbar gewesene Einnahmenentwicklung zur Uber- oder Unterschreitung des Ausgabenbedarfs fuhren werde ? nicht verpflichtet sind, den Gebuhrentarif fur das laufende Jahr ruckwirkend oder auch nur fur den Rest des Haushaltsjahres zu andern. Die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips ist der gerichtlichen Kontrolle insoweit zuganglich, als von sachfremden Erwagungen beeinflusste Haushaltsanschlage zu beanstanden und sich daraus ergebende unrichtige Gebuhrentarife als ungultig anzusehen sind.
[6]
Der Kostendeckungsgrad lasst sich auch im offentlichen Sektor ermitteln. Insbesondere ist die
Kennzahl
hier beim
offentlichen Personennahverkehr
(OPNV),
Kommunalunternehmen
und auch bei Ordnungsbehorden von Interesse. Eine Feststellung des Kostendeckungsgrades fur Leistungs- und Sozialverwaltungen kommt dagegen nicht in Betracht.
[8]
In den Kommunen gibt es nur sehr wenige Bereiche, die sich einem Kostendeckungsgrad von 100 % annahern; die durchschnittlichen Kostendeckungsgrade reichen von ca. 10 % bei
Bibliotheken
uber ca. 30 % bei
Kinderhorten
, 80 % im OPNV und bis zu ca. 95 % bei
Bestattungseinrichtungen
.
[9]
Der deutsche OPNV wies 2018 einen Kostendeckungsgrad von 74,4 % auf, so dass die restlichen 25,6 % aus dem
offentlichen Haushalt
finanziert werden mussten.
[10]
Jahr
|
Kostendeckungs-
grad
|
2000
|
68,8 %
|
2005
|
72,2 %
|
2010
|
77,1 %
|
2015
|
76,1 %
|
2016
|
76,3 %
|
2017
|
75,6 %
|
2018
|
74,4 %
|
2019
|
71,6 %
|
2020
|
58,7 %
|
Im Jahre 2020 loste die
Corona-Pandemie
eine Verringerung der Fahrgastzahlen um bis zu 80 % aus, was zu einem drastischen Einbruch des Kostendeckungsgrads auf 58,7 % fuhrte. Dies zeigt, dass der
Auslastungsgrad
erheblich zu einer
Kostendegression
beitragt. Jede Veranderung der
Tarifpreise
wie beispielsweise die Einfuhrung des
9-Euro-Ticket
wirkt sich unmittelbar auf den Kostendeckungsgrad des OPNV aus.
Kostenunterdeckung
und
Kostenuberdeckung
betreffen die Gegenuberstellung von
Istkosten
und
Sollkosten
in der
Plankostenrechnung
, die im Falle der Nicht-Ubereinstimmung als Kostenunter- und Kostenuberdeckung bezeichnet werden und somit keinen unmittelbaren Zusammenhang zur Kostendeckung aufweisen.
- ↑
Siegfried Reinhold/Franz Scheuring/Bernd Zurn,
Wirtschaftslehre fur Verkaufer
, 1980, S. 61
- ↑
Gunter Wohe
/
Ulrich Doring
,
Einfuhrung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
, 25. Auflage, 2013, S. 30;
ISBN 978-3800646876
- ↑
Klaus-Peter Kistner/Marion Steven,
Betriebswirtschaftslehre im Grundstudium 2
, 1997, S. 171.
- ↑
Thorsten Franz,
Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge
, 2005, S. 352.
- ↑
BVerfG, Urteil vom 19. Marz 2003, Az.: 2 BvL 9/98 =
BVerfGE 108, 1
- ↑
a
b
BVerfG, Beschluss vom 10. Marz 1998, Az.: 1 BvR 178/97 =
BVerfGE 97, 332
, 345
- ↑
BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1958, Az.: 2 BvL 31/56 =
BVerfGE 7, 244
, 251
- ↑
Silke Schmidt,
Gender Mainstreaming als Herausforderung fur eine zukunftsorientierte Personalarbeit
, 2003, S. 191
- ↑
Franz Dirnberger,
Praxiswissen fur Kommunalpolitiker: erfolgreich handeln als Gemeinde-, Stadt-, Kreis- und Bezirksrat
, 2008, S. 333.
- ↑
Statista
,
Verteilung der Kostendeckung im offentlichen Personennahverkehr in Deutschland von 1998 bis 2018
, 2022